Yvan Goll

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Yvan Goll (auch Iwan oder Ivan Goll, eigentlich Isaac Lang; * 29. März 1891 in Saint-Dié, Frankreich; † 27. Februar 1950 bei Paris) war ein deutsch-französischer Dichter und der Ehemann der deutsch-französischen Schriftstellerin und Journalistin Claire Goll. Einige seiner Werke veröffentlichte der Schriftsteller unter dem Pseudonym Iwan Lassang.[1]

Lajos Tihanyi: Yvan Goll (1927)

Leben

Isaac Lang kam 1891 in Saint-Dié-des-Vosges in den Vogesen des nach 1871 französisch gebliebenen Teils von Lothringen zur Welt. Sein Vater war ein Tuchhändler aus einer jüdischen Familie aus Rappoltsweiler im Elsass. Nach dem Tode des Vaters, als er sechs Jahre alt war, übersiedelte die Mutter im Hinblick auf seine Schulbildung mit ihm nach Metz, dem Hauptort des 1871 zum Deutschen Reich geschlagenen Nordostens von Lothringen (nach 1918 als Département Moselle wieder zu Frankreich gekommen). In diesem überwiegend lothringisch-/französischsprachigen, westlichen Teil des Reichslandes Elsaß-Lothringen war wahlweise eine Grundschulbildung auf Französisch möglich, während die höhere Schule zwangsläufig in deutscher Sprache stattfand. Später ging er nach Straßburg und studierte an der dortigen Universität sowie in Freiburg und München zunächst Rechtswissenschaften und promovierte 1912 zum Doktor der Philosophie.

Als Pazifist vor dem Wehrdienst fliehend, emigrierte er zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 in die Schweiz, wo er in Zürich, Lausanne und Ascona lebte. Dort setzte er sich auch in Schriften im Rahmen einer Gruppe um Romain Rolland und Henri Guilbeaux in pazifistischem Sinne ein und lernte die deutsche Journalistin Clara Aischmann, geschiedene Studer kennen. In Zürich pflegte er den Kontakt mit (dem Straßburger) (Jean-)Hans Arp, Tristan Tzara und Francis Picabia, Köpfen des Dada. Nach Kriegsende zog es Goll in die französische Hauptstadt Paris. Hier heiratete er Claire Aischmann. Bei Freunden in Berlin lernte Ivan Goll die neun Jahre jüngere Lyrikerin Paula Ludwig kennen, mit der er eine leidenschaftliche Liebes- und Arbeitsbeziehung begann.

Mit seiner Frau Claire Goll floh Goll 1939 am Anfang des Zweiten Weltkriegs ins New Yorker Exil. Nach der Niederlage des Nationalsozialismus kehrten sie 1947 nach Frankreich zurück. Dort starb er in Neuilly-sur-Seine, einem Vorort von Paris, im Alter von 58 Jahren.

Goll bewegte sich sein Leben lang zwischen mehreren Identitäten. Seine Zugehörigkeit erläuterte er selbst mit den Worten: Durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch ein Stempelpapier als Deutscher bezeichnet.

Werk

Als Lyriker ging Yvan Goll vom deutschen Expressionismus aus. Zudem war er ab 1919 einer der Wortführer des französischen Surrealismus.

1920 erschien in der Anthologie Menschheitsdämmerung die Vers- und die Prosafassung seiner Dichtung Panamakanal. 1924 kam das von ihm 1919 verfasste satirische Drama Methusalem oder Der ewige Bürger in Berlin zur Uraufführung. Darin nahm Goll viele Elemente des absurden Theaters vorweg. Für die Insel-Bücherei (IB 215/2) übertrug er 1928 François Mauriacs Le Baiser au lépreux („Der Aussätzige und die Heilige. Roman“).

Eines seiner Hauptwerke ist der Gedichtzyklus Johann Ohneland (Originaltitel Jean sans terre), der postum 1957 veröffentlicht wurde. Hierin sind auch autobiografische Elemente zu sehen, denn Goll thematisiert die Ortslosigkeit des modernen Menschen.

Trotz seiner Bedeutung für Expressionismus und Surrealismus und seines dreisprachigen Schreibens in englischer, französischer und deutscher Sprache blieben Golls Werke in Deutschland recht unbekannt.

Nachlass

Ein Teil von Golls Nachlass liegt im Deutschen Literaturarchiv Marbach. Teile davon sind im Literaturmuseum der Moderne in Marbach in der Dauerausstellung zu sehen.[2]

Chronologie der Werke

  • 1912 Lothringische Volkslieder
  • 1914 Der Panama-Kanal (u. d. Pseudonym Iwan Lazang)
  • 1917 Requiem. Für die Gefallenen von Europa
  • 1919 Die Unterwelt Gedichte, S.Fischer Verlag Berlin
  • 1922 Methusalem oder Der ewige Bürger
  • 1922 Melusine. Schauspiel (Uraufführung 1956 in Wiesbaden)
  • 1925 Germaine Berton. Die rote Jungfrau. Berlin: Die Schmiede, 1925.
  • 1925 Poèmes d'Amour (mit Claire Aischmann)
  • 1926 Poèmes de Jalousie (mit Claire Aischmann)
  • 1927 Poèmes de la Vie et de la Mort (mit Claire Aischmann)
  • 1927 Die Eurokokke (französisch: Lucifer Vieillissant)
  • 1927 Le Microbe de l'Or
  • 1928 Der Mitropäer (Neuauflage 1987 in Berlin: Argon)
  • 1929 Agnus Dei
  • 1930 Sodome et Berlin
  • 1946 Fruit from Saturn
  • 1960 Dichtungen (Aus dem Nachlass) Darmstadt: Luchterhand 1960.
  • 1962 Ausgewählte Gedichte Stuttgart: Reclam 1962 u. ö
  • 1968 Gedichte. Eine Auswahl Hrsg. René A. Strasser, Magica, Meilen/Zürich [1968]
  • 1996 Die Lyrik Hrsg. Barbara Glauert-Hesse. Göttingen: Wallstein (4 Bände)
  • 2009 Gedichte. Berlin: hochroth Verlag
  • 2013: herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Barbara Glauert-Hesse: Claire Goll, Yvan Goll, Paula Ludwig. «Nur einmal noch werd ich dir untreu sein». Briefwechsel und Aufzeichnungen 1917–1966. Wallstein Verlag, Göttingen, ISBN 978-3-8353-1046-9.

Literatur

Weblinks

Commons: Yvan Goll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der Literatur Brockhaus. Band 5, Leipzig 1995, ISBN 3-411-11800-8, S. 106.
  2. Pressefotos der neuen Dauerausstellung.