Österreichisch-Schlesien

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Gliederung des nach dem zweiten Schlesischen Krieg bei Österreich verbliebenen Teil Schlesiens (Karte von 1746)
  • Fürstentum Neisse
  • Herzogtum Jägerndorf
  • Herzogtum Troppau
  • Herzogtum Freudenthal
  • Herzogtum Teschen
  • Verwaltungsgliederung Österreichisch-Schlesiens 1900
    Oberschlesien im Jahr 1746
    Österreichisch-Schlesien 1880 (gelb)
    Österreichisch-Schlesien (ocker) innerhalb der heutigen politischen Einteilung der Tschechischen Republik (Mähren blau, Böhmen grün)
    Herzogtum Ober- und Niederschlesien: Im eichenlaubumrankten Schild der gekrönte Schlesische Adler, darüber der Herzogshut
    (Ströhl, 1890)

    Österreichisch-Schlesien, offizielle Bezeichnung Herzogtum Ober- und Niederschlesien, war ein inkorporierter Teil der Länder der Böhmischen Krone der österreichischen Monarchie. Es verblieb Österreich nach der Teilung Schlesiens 1742, bei der der Großteil an Preußen fiel. 1850–1918 war es Kronland des Kaisertums Österreich bzw. von Österreich-Ungarn.

    Nach dem Ausscheiden Ungarns aus dem Kaisertum und der Schaffung der Realunion Österreich-Ungarn 1867 wurden die verbliebenen Kronländer amtlich als Cisleithanien bzw. die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder bezeichnet. 1918 wurde Österreichisch-Schlesien großteils Bestandteil der neu gegründeten Tschechoslowakei.

    Geografie

    Die Landschaft ist geprägt von den Höhenzügen Gesenke (Altvater, 1490 m) und Beskiden (Lysá hora, Kahlberg, 1320 m), die Oder und ihr Nebenfluss Oppa sind die wichtigsten Flüsse. Das Gebiet des ehemaligen Österreichisch-Schlesien liegt heute zum größten Teil im Nordosten der Tschechischen Republik, lediglich der östlichste Teil um die Stadt Bielitz gehört heute zur polnischen Woiwodschaft Schlesien.

    Es gliederte sich in einen westlichen und einen östlichen Teil, getrennt durch den nördlichen Bereich der mährischen Bezirkshauptmannschaft Mistek. Nördlicher und westlicher Nachbar war die preußische Provinz Schlesien, der östliche Landesteil grenzte an Galizien und Ungarn. Die Flächengröße betrug 5.147 km². Verwaltungszentrum von Österreichisch-Schlesien war die Stadt Troppau.

    Geschichte

    Mittelalter

    Die zahlreichen deutschen Ortsnamen in Österreichisch-Schlesien zeugen davon, dass die meisten Städte und Dörfer von deutschen Siedlern gegründet wurden. Dieser Prozess begann mit dem Piastenherzog Heinrich I., der zu Beginn des 13. Jahrhunderts Bergleute, Handwerker, Bauern und Händler aus fränkischen, thüringischen und obersächsischen Gebieten anwarb. Den Städten wurde zumeist das Magdeburger Stadtrecht verliehen.

    Bis zur zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bildete das Gebiet um Troppau die Nordprovinz der Markgrafschaft Mähren, danach entstanden unter König Ottokar II. und seinen Nachkommen die böhmischen Herzogtümer Troppau, Jägerndorf und Leobschütz, die ab 1320 zu den oberschlesischen Herzogtümern gezählt wurden.

    Neuzeit

    Ab 1526 übernahmen die Habsburger in ihrer Eigenschaft als Könige von Böhmen die Herrschaft über die schlesischen Herzogtümer.

    Nach dem Sieg Preußens über Österreich im Ersten Schlesischen Krieg wurde der größte Teil Schlesiens durch den Vorfrieden von Breslau 1742 preußisch, nur das Herzogtum Teschen und die südlichen Teile der Herzogtümer Jägerndorf und Troppau sowie des Fürstentums Neisse blieben bei Österreich und wurden zum Herzogtum Schlesien erhoben; alle wichtigen Entscheidungen fielen am kaiserlichen Hof in Wien.

    Kronland Schlesien

    In der Folge der Märzrevolution 1848 wurde mit dem Schlesischen Konvent ein Parlament geschaffen. Mit der Reichsverfassung des Kaisertums Österreich von 1849 erhielt das Herzogtum den Status eines Kronlandes. Der Spielraum für eigenständige Entscheidungen blieb aber gering, da anfänglichem Föderalismus bald zentralistische Bestrebungen der k. k. Regierungen in Wien folgten: Industrielle und überregional tätige Handels- und Gewerbetreibende verlangten vom Staat einheitliche Regeln für ein möglichst großes Gebiet.

    Mit der Reichsverfassung 1861 erhielt Österreichisch-Schlesien wie die anderen Kronländer eine Landesordnung, der zufolge der Schlesische Landtag (seine Gesetze wurden im Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien[1] publiziert) und ein Landesausschuss als dessen Exekutivkomitee gebildet wurden.[2] Der vom Kaiser aus der Mitte der Mitglieder ernannte Vorsitzende von Landtag und Landesausschuss wurde als Landeshauptmann bezeichnet. Diesen autonomen Landesorganen stand der Statthalter als Vertreter von Kaiser und Zentralregierung gegenüber. In Schlesien trug der Statthalter (wie in nur vier anderen Kronländern) den Titel Landespräsident, sein Amt wurde als Landesregierung bezeichnet. In der 1867 gebildeten Doppelmonarchie Österreich-Ungarn war Schlesien Teil Cisleithaniens, der österreichischen Reichshälfte. Es entsandte bzw. wählte später Abgeordnete zum Reichsrat in Wien.

    Eine bedeutende Familie in der Region war das Adelsgeschlecht Widmann-Sedlnitzky, die einen erblichen Sitz im Herrenhaus, dem Oberhaus des österreichischen Reichsrates, innehatten.

    Teil der Tschechoslowakei bzw. Polens

    Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns am Ende des Ersten Weltkriegs konnte deutsch besiedeltes Gebiet nicht an Deutschösterreich gelangen (und mit ihm, wie geplant, der deutschen Republik beitreten). Im Gesetz- und Verordnungsblatt des Herzogtums wurden vom 22. November bis zum 3. Dezember 1918 gefasste Beschlüsse der in Troppau tagenden Landesregierung für das Sudetenland veröffentlicht. Die definitive Einrichtung der Provinz Sudetenland, die die deutsch besiedelten Teile Österreichisch-Schlesiens einbezogen hätte, wurde von tschechoslowakischen Truppen zum Jahreswechsel 1918/19 durch Besetzung des Gebietes verhindert. Das Land wurde an die Tschechoslowakei angeschlossen; der östliche Landesteil um Bielitz kam zu Polen und bildete dort den Grundstock der Woiwodschaft Schlesien. Der tschechoslowakische Teil blieb bis 1928 eine eigenständige Verwaltungseinheit (země Slezsko), dann wurde er mit Mähren zum Land Mähren-Schlesien (země Moravskoslezská) vereinigt.

    Als Folge des Münchner Abkommens wurde das tschechische Gebiet Schlesien überwiegend dem Deutschen Reich angegliedert und gehörte von 1939 bis 1945 zum Regierungsbezirk Troppau des Reichsgaus Sudetenland. Der nicht annektierte Teil im Raum von Schlesisch Ostrau und Friedeck gehörte ab 1939 zum Protektorat Böhmen und Mähren. Ab Mai 1945 war das gesamte Gebiet wieder Teil der Tschechoslowakei, ab Sommer 1945 wurden die Deutschen vertrieben (Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei, Beneš-Dekrete).

    Bevölkerung

    Nach der Volkszählung von 1910 hatte Österreichisch-Schlesien 756.949 Einwohner, von denen 43 % Deutsch, 31 % Polnisch und 26 % Tschechisch als Umgangssprache angaben. Der jüdische Bevölkerungsanteil stieg von 0,7 % im Jahr 1857 auf 1,5 % im Jahr 1880.[3]

    Städte mit mehr als 5.000 Einwohnern (1880):

    Infrastruktur

    Zu den wichtigsten Industriebereichen zählte der Bergbau (Steinkohle, Braunkohle, Eisenerz), die Verhüttung, Metallbearbeitung und Maschinenbau sowie die Textilherstellung. Daneben wurde Ackerbau und Viehzucht betrieben. Da der Warenexport sehr intensiv betrieben wurde, hatte das Land ein dichtes Verkehrsnetz. Die wichtigste Bahnlinie war die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn Wien–Krakau, die an der Ostgrenze des westlichen Landesteils verlief und mit zahlreichen Nebenstrecken alle größeren Orte erschloss.

    Siehe auch

    Literatur

    Weblinks

    Commons: Österreichisch-Schlesien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Historische Rechtstexte auf der Website der Österreichischen Nationalbibliothek
    2. Reichsverfassung 1861, RGBl. Nr. 20 / 1861 (S. 69); siehe beiliegende Landesordnungen
    3. Anson Rabinbach: The Migration of Galician Jews to Vienna. Austrian History Yearbook, Volume XI, Berghahn Books/Rice University Press, Houston 1975, S. 45, Table 1, basierend auf: Jacob Thon: Die Juden in Österreich. In: Veröffentlichungen der Bureau für Statistik der Juden. No. 4, Verlag L. Lamm, Berlin-Halensee 1908, S. 6–8; sowie Joseph Buzek: Das Auswanderungsproblem in Österreich. In: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Vol. 10, 1901, S. 492