CDU/CSU
Als Union oder Unionsparteien werden in Deutschland die beiden Schwesterparteien CDU und CSU bezeichnet. Im Deutschen Bundestag bilden sie eine gemeinsame Fraktion, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, auch Unionsfraktion genannt. Mitglieder der beiden Parteien werden auch als Unionschristen bezeichnet.[1]
Die beiden Parteien sind finanziell, organisatorisch und programmatisch rechtlich völlig getrennt. Die CSU verzichtet auf Wahlteilnahmen außerhalb Bayerns, die CDU ist dort nicht aktiv.[2] Dennoch besitzen sie gemeinsame Bundesorganisationen, etwa die Junge Union.
Trennendes und Gemeinsames
CDU und CSU sind zwei unterschiedliche Parteien. Die CDU hat 15 Landesverbände, in jedem Bundesland einen mit Ausnahme von Bayern. Die CSU hat nur einen bayerischen Landesverband. Entsprechend sieht es mit den Parteigliederungen auf kommunaler Ebene aus. Bei Kommunal- und Landtagswahlen tritt die CDU in den 15 Ländern mit den jeweiligen CDU-Kandidaten an, die CSU stellt Kandidaten nur in Bayern auf.
Auch auf Bundesebene sind die Parteien als solche organisatorisch voneinander getrennt: Die Bundespartei CDU gibt es nur mit Bezug auf die 15 Länder. Folglich reicht die CDU bei Bundestags- und Europawahlen nur Landeslisten in den 15 Ländern ein, die CSU nur in Bayern.
Differenzierter sieht es bei der Durchführung des Wahlkampfes auf Bundesebene aus. CDU und CSU verkünden stets einen gemeinsamen Spitzenkandidaten (für den Bundestag: Kanzlerkandidaten). Meistens, aber nicht immer, gab es auch ein gemeinsames Wahlprogramm beider Parteien. Durch ein eigenes Wahlprogramm kann die CSU ihre Unabhängigkeit betonen, vor allem, wenn es personelle oder programmatische Meinungsverschiedenheiten mit der CDU gibt. Ebenso ist die CSU frei darin, ob sie CDU-Kandidaten zu bayerischen Wahlveranstaltungen einlädt oder CDU-Gesichter auf ihren CSU-Plakaten zeigt.
In Organen auf Bundesebene bzw. auf europäischer Ebene treten die Parteien stets gemeinsam auf. Im Bundestag bilden CDU und CSU zusammen eine Fraktion, im Europäischen Parlament zusammen eine CDU/CSU-Landesgruppe. CDU und CSU führen gemeinsam Koalitionsverhandlungen und beteiligen sich gemeinsam an Bundesregierungen: Gibt es CDU-Minister, gibt es auch CSU-Minister.
Die Union und Franz Josef Strauß
Die Bindung zwischen CDU und CSU war keineswegs immer fest: Zu Zeiten des CSU-Parteivorsitzenden Franz Josef Strauß kam es 1976 zum Kreuther Trennungsbeschluss der CSU, die seit 1949 bestehende gemeinsame Fraktion im 8. Bundestag aufzulösen. Ziel der CSU war es, mehr Redezeit im Parlament zu erhalten.
Bereits in den Jahren zuvor hatten sich in den deutschen Ländern außerhalb Bayerns „Freundeskreise der CSU“ gebildet, die sich u. a. zur Aktionsgemeinschaft Vierte Partei (AVP) entwickelten. Die Unterstützung für die AVP wurde aber von der CSU auf Drängen der CDU wieder aufgegeben. Die AVP zog drei Wochen vor der Bundestagswahl 1976 ihre Kandidatur wieder zurück. Nach der Wahl drohte Strauß, motiviert durch ein schlechtes Abschneiden der CDU und ein Ergebnis von 60 % für die CSU in Bayern, wieder mit der Gründung einer „Vierten Partei“. Diesen Gedanken ließ er aber fallen, nachdem die CDU mit ihrem Antreten in Bayern drohte.
Mitte 1979 wurde die Wahl eines Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 1980 zur nächsten Zerreißprobe für die Union. Strauß ernannte sich im Mai zum Kandidaten, während die CDU wenig später Ernst Albrecht zum Kandidaten kürte. Eine Abstimmung am 2. Juli 1979 gab Strauß eine knappe Mehrheit, er hatte wieder einmal mit der „Vierten Partei“ gedroht.
Strauß warnte in seiner „Brandrede von Sonthofen“ die Bundesrepublik vor einer großen Krise. Er kritisierte die sozialliberale Koalition und insbesondere auch die FDP. Vor dem Hintergrund des Deutschen Herbstes sprach er auch das Thema Terrorismus warnend an. Die Gegenaktion der „Linken“ hieß Stoppt Strauß und war damals, auch in Bayern, ein beliebtes Motiv für Anstecker.
Die Union nach 1980
Die Wahl 1980 ging für die Unionsparteien verloren; viele Wähler waren zur FDP gewechselt. Für Strauß bedeutete dies das Ende seiner bundespolitischen Ambitionen. Für den Oppositionsführer der CDU Helmut Kohl war dies dagegen die Chance zur eigenen bundespolitischen Etablierung. Er näherte die Union der FDP an und kam schließlich 1982, nach dem FDP-Ausstieg aus der Koalition mit der SPD, durch ein Misstrauensvotum in das Amt des Bundeskanzlers.
Die Unionsparteien gewannen die folgenden vier Bundestagswahlen, 1983, 1987, 1990 und 1994.
1998, nach sechzehn Jahren Regierung, kam eine erneute Koalition aus den Unionsparteien und der FDP aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im neu gewählten Deutschen Bundestag nicht mehr zustande. Die drei Parteien bildeten (bis 2002 gemeinsam mit der PDS) bis zur Bundestagswahl 2005 die Opposition im Deutschen Bundestag. 2005 bis 2009 bildeten die Unionsparteien mit der SPD eine Große Koalition, während sie im 17. Bundestag wieder mit der FDP eine Koalition eingingen.
Nach der Bundestagswahl 2013, die zu einem Ausscheiden des bisherigen Koalitionspartners FDP aus dem Deutschen Bundestag führte und bei der die Unionsparteien nur knapp die absolute Mehrheit verfehlten, hatten sie nun neben einer Neuauflage der Großen Koalition mit der schwarz-grünen Koalition noch eine weitere Option, um zu regieren. Im Dezember 2013 kam es nach langen Verhandlungen aber zu einer Neuauflage der Großen Koalition.
Seit November 2005 führt Angela Merkel (CDU) die jeweiligen Bundesregierungen als Bundeskanzlerin an.
Gemeinsame Bundestagswahlergebnisse
Gemeinsame Bundestagswahlergebnisse[3] | ||||
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Jahr | Stimmenanzahl | Stimmenanteil | Sitze | Kanzlerkandidat |
1949 | 7.359.084 | 31,0 % | 139 | Konrad Adenauer |
1953 | 12.443.981 | 45,2 % | 249 | Konrad Adenauer |
1957 | 15.008.339 | 50,2 % | 277 | Konrad Adenauer |
1961 | 14.298.372 | 45,3 % | 251 | Konrad Adenauer |
1965 | 15.524.068 | 47,6 % | 251 | Ludwig Erhard |
1969 | 15.195.187 | 46,1 % | 250 | Kurt Georg Kiesinger |
1972 | 16.806.020 | 44,9 % | 234 | Rainer Barzel |
1976 | 18.394.801 | 48,6 % | 254 | Helmut Kohl |
1980 | 16.897.659 | 44,5 % | 237 | Franz Josef Strauß (CSU) |
1983 | 18.998.545 | 48,8 % | 255 | Helmut Kohl |
1987 | 16.761.572 | 44,3 % | 186 | Helmut Kohl |
1990 | 20.358.096 | 43,8 % | 319 | Helmut Kohl |
1994 | 19.517.156 | 41,4 % | 294 | Helmut Kohl |
1998 | 17.329.388 | 35,1 % | 245 | Helmut Kohl |
2002 | 18.482.641 | 38,5 % | 248 | Edmund Stoiber (CSU) |
2005 | 16.631.049 | 35,2 % | 226 | Angela Merkel |
2009 | 14.658.515 | 33,8 % | 239 | Angela Merkel |
2013[4] | 18.165.446 | 41,5 % | 311 | Angela Merkel |
2017[5] | 15.315.576 | 32,9 % | 246 | Angela Merkel |
Literatur
- Jochen Blind: Das Heimspiel der „Europa-Parteien“? Die Europawahlkämpfe der Union von 1979 bis 2009 (= Research). Springer VS, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-531-19354-0.
- Hans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Fraktion als Machtfaktor. CDU/CSU im Deutschen Bundestag 1949 bis heute, Pantheon, München 2009, ISBN 978-3-570-55107-3. (Rezension)
Einzelnachweise
- ↑ Duden, Stichwort: „Unionschrist“
- ↑ Partei und Fraktion – Aufgaben und Unterschiede
- ↑ Ergebnisse der Bundestagswahlen. In: wahlrecht.de. Abgerufen am 24. September 2017.
- ↑ Endgültiges Ergebnis der Bundestagswahl am 22. September 2013, wahlrecht.de. Abgerufen am 26. September 2017.
- ↑ Bundestagswahl am 24. September 2017 (Vorläufiges Ergebnis). In: wahlrecht.de. Abgerufen am 24. September 2017.