380-kV-Leitung Wahle–Mecklar

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Leitung LH-10-3034 mit temporärer Unterführung der 220-kV-Leitung Lehrte-Hardegsen bei Strodthagen (Einbeck)

Die 380-kV-Leitung Wahle–Mecklar ist eine in Bau befindliche Drehstrom-Hochspannungs-Freileitung mit zwei 380-kV-Stromkreisen, die in ihrem Endausbau von der Umspannanlage Wahle in Niedersachsen zum Umspannwerk Mecklar in Hessen führen wird.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karte der EnLAG-Vorhaben
Vorläufiges Ende der Leitung am nördlichen Ende des Bauloses „B3“ bei Kuventhal (Einbeck), im Spätherbst 2020

Die Leitung ist mit einer Länge von knapp 230 km das längste Neubau-Projekt im Rahmen des Energieleitungsausbaugesetzes und soll von der Tennet TSO betrieben werden.[1] Im Gegensatz zu den Stromkorridoren des Bundesbedarfsplangesetzes (BBPlG) (s. „Südlink“) ist sie Teil des Ausbaus der Übertragungsnetze und dient weniger dem Transport der in Offshore-Windparks erzeugten elektrischen Energie. Sie löst die bisher in dem betroffenen Versorgungsgebiet verwendete 220-kV-Technologie ab.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Leitung ist in vier Bauabschnitte unterteilt, Abschnitt „A“ vom bestehenden Umspannwerk Wahle zum neuen Umspannwerk Lamspringe, Abschnitt „B“ weiter zum Umspannwerk Hardegsen,[2] von dort zur niedersächsisch-hessischen Landesgrenze (Abschnitt „C“) und als Abschnitt „D“ bis zum südlichen Endpunkt beim Umspannwerk Mecklar. Die einzelnen Abschnitte sind weiter in Baulose unterteilt.[3]

Neben dem eigentlichen Leitungsbau wird auch das Umspannwerk Hardegsen ertüchtigt und das Umspannwerk Godenau durch das neue Umspannwerk Lamspringe ersetzt. In der Nähe von Salzgitter und im Westen von Göttingen wird die Leitung als Erdkabel verlegt. Hierzu werden spezielle Kabelübergabestationen erstellt, eine weitere zur Anbindung des Pumpspeicherkraftwerks Erzhausen, das ebenfalls durch ein Erdkabel von ca. 1 km Länge angebunden werden soll.[4]

Die Leitung ersetzt unter anderem die seit 1931 bestehende 220-kV-Leitung Lehrte–Borken des ehemaligen Energieversorgers PreussenElektra. Diese muss allerdings bis zur Fertigstellung der neuen Leitung in Betrieb bleiben, um die Umspannwerke Godenau und Hardegsen zu versorgen und das Pumpspeicherkraftwerk Erzhausen anzubinden. Wo die neue Leitung sich mit der alten die Trasse teilt, wurde die alte Leitung unter Spannung auf temporäre Masten umverlegt, um den Neubau zu ermöglichen.

Archäologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem Trassenverlauf fanden vor dem Bau archäologische Untersuchungen statt. Dabei wurden Siedlungsreste aus der Jungsteinzeit, der vorrömischen Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit, eine Nadel aus der Bronzezeit und Flurgrenzen aus dem 17. und 18. Jahrhundert entdeckt. Im Göttinger Stadtteil Grone stießen die Archäologen auf eine 7000 Jahre alte jungsteinzeitliche Siedlung mit dem Grundriss von zwei 33 Meter langen und bis zu 12 Meter breiten Langhäusern. Aufgrund der schiffförmigen Grundrisse rechnen die Archäologen sie der Rössener Kultur zu. Unweit der Siedlung wurde eine Hockerbestattung entdeckt, die die Forscher aufgrund der Grabbeigabe in Form eines 4000 Jahre alten Keramikgefäßes der Glockenbecherkultur zuordnen.[5][6] Ein besonderer Fund wurde 2020 bei Störy in der Gemeinde Bockenem aus einer Tiefe von 2,5 Meter geborgen. Es handelt sich um einen etwa 80 cm langen Stoßzahn eines Wollhaarmammuts, der vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege restauriert wurde. Die Tiere lebten während der letzten Eiszeit bis vor etwa 12.000 Jahren in der Gegend.[7][8]

Baufortschritt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Neubauprojekt ist in insgesamt vier Abschnitte (A–D) unterteilt, diese wiederum in Baulose. Von den insgesamt 230 km Leitungsneubau werden 210 km als Freileitung und 20 km in zwei Teilstrecken als Erdkabel ausgeführt. Auf 78 km Länge werden bestehende Freileitungstrassen auf die neue Trasse gebündelt. Ein neues Umspannwerk in Lamspringe und die Erweiterung dreier weiterer Umspannwerke (Wahle, Hardegsen, Mecklar) sorgen für eine Verknüpfung mit dem nachgeordneten 110-kV-Netz.

Ende September 2022 wurde der 105 km lange Abschnitt von Wahle bis Hardegsen offiziell in Betrieb genommen.[9]

Tabellarische Übersicht der Leitungsabschnitte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abschnitt Baulos
Status Länge
(km)
Bemerkungen
A (Wahle – Lamspringe) A1 (Wahle – Lesse) fertiggestellt (Sommer 2022) 56
A2 (Holle – Bockenem) fertiggestellt (Sommer 2022)
A3 (Bockenem – Evensen) fertiggestellt (Sommer 2022)
A4 (Evensen – Lamspringe) fertiggestellt (2021)
A5 (Lesse – Holle) fertiggestellt (2021) Erdkabel
B (Lamspringe – Hardegsen) B1 (Lamspringe – Greene) fertiggestellt (Sommer 2022) 49
B2 (Greene – Einbeck) fertiggestellt (Sommer 2022)
B3 (Einbeck – Moringen) fertiggestellt (2020)
B4 (Moringen – Hardegsen) fertiggestellt (2020)
B5 (Erdkabel-Abzweig PSW Erzhausen) Planänderung
C (Hardegsen – Landesgrenze Niedersachsen/Hessen) C1 (Hardegsen – Hetjershausen) im Bau (seit Frühjahr 2022) 47,1
C2 (Olenhusen – Jühnde) im Bau (seit Frühjahr 2022)
C3 (Jühnde – Lippoldshausen) im Bau (seit Sommer 2022)
C4 (Lippoldshausen – Münden) im Bau (seit Frühjahr 2022)
C5 (Münden – Landesgrenze Niedersachsen/Hessen) im Bau (seit Frühjahr 2022)
C6 (Hetjershausen – Olenhusen) im Bau (seit Frühjahr 2022) Erdkabel
D (Landesgrenze Niedersachsen/Hessen – Mecklar) D1 (Landesgrenze Niedersachsen/Hessen – Lohfelden) im Bau (seit Februar 2022) 65
D2 (Lohfelden – Wollrode) im Bau (seit Frühjahr 2022)
D3 (Wollrode – Röhrenfurth) im Bau (seit Frühjahr 2022)
D4 (Röhrenfurth – Morschen) fertiggestellt (Frühjahr 2022)
D5 (Morschen – Licherode) fertiggestellt (2021)
D6 (Licherode – Oberthalhausen) fertiggestellt (2021)
D7 (Oberthalhausen – Mecklar) fertiggestellt (November 2019)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: 380-kV-Leitung Wahle–Mecklar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. "EnLAG, Vorhaben 6: Wahle-Mecklar". Bundesnetzagentur, August 2017, archiviert vom Original am 5. August 2020; abgerufen am 25. März 2024.
  2. [1]
  3. Projektseite der Tennet, "Genehmigungsverfahren". Tennet TSO GmbH, abgerufen am 26. November 2020.
  4. Projektseite der Tennet, "Wahle-Mecklar". Tennet TSO GmbH, abgerufen am 23. November 2020.
  5. Bernd Schlegel: Erdkabeltrasse bei Göttingen: Alte Siedlung unter der Grasnarbe in HNA vom 12. Mai 2022
  6. Stromtrasse trifft bei Göttingen auf Steinzeitsiedlung in Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 11. Mai 2022
  7. Andreas Jaeger: Mammut-Stoßzahn bei Fundamentarbeiten entdeckt bei Tennet vom 2. Februar 2022
  8. Carolin Eberth: Bauarbeiter finden Mammut-Stoßzahn in der Gemeinde Bockenem in HNA vom 2. Februar 2021
  9. Neue Stromleitung bringt Windenergie nach Hessen. In: Die Zeit, 29. September 2022. Abgerufen am 13. Oktober 2022.