Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton

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Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton
Beschuldigter Bill Clinton
(Präsident der Vereinigten Staaten)
Verfahrensleiter
(Senat)
William H. Rehnquist (Chief Justice)
Anklage erhoben am 19. Dezember 1998
Senatsverfahren 7. Januar 1999
bis 9. Februar
Grund Lewinsky-Affäre
Anklagepunkte Meineid/Behinderung der Justiz
Ausgang Meineid:
45 Senatoren stimmen für „schuldig“, 55 für „unschuldig“
Behinderung der Justiz:
50 Senatoren stimmen für Schuldig, 50 für Unschuldig
Resultat Freispruch in beiden Anklagepunkten
Congressional Record

Das Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton war das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Hintergrund war eine Anklage von Paula Jones, die Clinton sexuelle Belästigung vorwarf, sowie seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky. Infolge eines Ermittlungsberichts des unabhängigen Anwalts Kenneth Starr an das House Judiciary Committee, begann das Verfahren mit einem Votum des Repräsentantenhauses am 8. Oktober 1998, welches Clinton Lüge unter Eid, also Meineid, vor einer Grand Jury und Behinderung der Justiz vorwarf. Nachdem das Repräsentantenhaus die zwei "Articles Of Impeachment" verabschiedete, wurde das Verfahren im Januar dem US-Senat übergeben, der Clinton am 12. Februar 1999 in beiden Anklagepunkten freisprach.

Anlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wichtige Personen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Monica Lewinsky[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1995 absolvierte Monica Lewinsky ein Psychologiestudium am Lewis & Clark College. Im Juli erlangte sie ein Praktikum im Weißen Haus und begann noch im selben Jahr eine Affäre mit dem US-Präsidenten Bill Clinton. Späteren Aussagen zufolge übte sie mit Clinton neunmal Oralverkehr aus, bevor man sie im April 1996 ins Pentagon verlegte, da ihre Vorgesetzten glaubten, dass sie zu viel Zeit mit dem Präsidenten verbrachte.[1][2]

Linda Tripp[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Linda Tripp hatte unter der Regierung von George H. W. Bush im Weißen Haus gearbeitet und wurde später ebenfalls ins Pentagon verlegt.[3] Dort lernte sie 1996 Lewinsky kennen, die ihr bald die Affäre mit Clinton gestand.[4] Tripp nahm ihre Gespräche auf und übergab sie 1998 Kenneth Starr.[5][6] Folglich wurde die Affäre öffentlich und Clinton sowie Lewinsky wurden vor eine Grand Jury geladen, wo letztere sagte: "Ich hasse Linda Tripp".[7]

Kenneth Starr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kenneth Starr hatte schon zuvor wegen undurchsichtiger Immobiliengeschäfte in der Whitewater-Affäre Ermittlungen gegen Bill Clinton geführt[8] und begann bald mit der Erlaubnis von Justizministerin Janet Reno in der Lewinsky-Affäre zu ermitteln. Am 9. September 1998 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Ermittlungen, im sogenannten Starr Report.[9] Zudem brachte er elf mögliche Gründe für eine Amtsenthebung Clintons hervor.[10]

Paula Jones[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als die Affäre zwischen Clinton und Lewinsky publik wurde, nahmen die Anwälte von Paula Jones Lewinsky in eine Zeugenliste auf. Jones war Angestellte vom Präsidenten während seiner Zeit als Gouverneur von Arkansas gewesen und hatte 1994 eine Anklage wegen sexueller Belästigung gegen ihn erhoben.[11] Um die Anschuldigungen zu beweisen, suchten ihre Anwälte seither nach Frauen, die ähnliches mit Clinton erlebt hatten.

Gennifer Flowers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Ermittlungen im Januar 1998 gab Präsident Clinton seine außereheliche Affäre mit Gennifer Flowers zu.[12] Sie hatte behauptet, sie habe einen Job im Staat erhalten, während sie in einer sexuellen Beziehung mit Clinton war, während er Gouverneur war.[13]

Reaktion von Bill Clinton[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem die Anklage von Paula Jones 1998 abgelehnt worden war, legte diese Widerspruch ein.[14] Mit Clinton kam es später zu einer außergerichtlichen Einigung und er zahlte Jones $850,000.[15] Im selben Jahr erklärte er in einer Pressekonferenz, keine sexuellen Begegnungen mit Monica Lewinsky gehabt zu haben.[16] Diese übergab im Juli aber dem FBI ein blaues Kleid mit Clintons Spermien darauf; mithilfe einer Blutprobe konnte dies bestätigt werden und am 17. August 1998 gab Clinton vor der Grand Jury, und später vor der Nation, die Affäre zu:[17][18]

"Indeed, I did have a relationship with Ms. Lewinsky that was not appropriate. In fact, it was wrong. It constituted a critical lapse in judgement and a personal failure on my part for which I am solely and completely responsible."

„In der Tat hatte ich eine Beziehung zu Frau Lewinsky, die nicht angemessen war. Tatsächlich war es falsch. Es stellte ein kritisches Fehlurteil und ein persönliches Versagen meinerseits dar, für das ich allein und vollständig verantwortlich bin.“

Das Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegenstand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegenstand eines Amtsenthebungsverfahrens müssen gemäß U.S. Verfassung, Abschnitt 4(2) „high crimes and misdemeanors“, besonders schwerwiegende Vergehen, sein. Diese sind nicht in der Verfassung definiert, sondern werden jeweils politisch definiert.

Im Repräsentantenhaus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Kenneth Starr bereits weitgehend Ermittlungen geführt hatte, übersprang man diese. Am 8. Oktober 1998 begann der Prozess im US-Repräsentantenhaus, in dem Republikaner die Mehrheit hatten. Durch ein Votum entschied das Haus mit einer Mehrheit von 258 zu 176 Stimmen, ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten; 31 Demokraten hatten neben den Republikanern dafür gestimmt.[19]

Am 19. Dezember wurde Clinton als zweiter amerikanischer Präsident nach Andrew Johnson angeklagt, da das Repräsentantenhaus formell zwei "Articles Of Impeachment" verabschiedete. Insgesamt hatte das House Judiciary Committee vier Artikel an das Haus weitergeleitet, darunter ein Artikel für Machtmissbrauch, Meineid im Fall Paula Jones, Meineid vor der Grand Jury und Behinderung der Justiz; nur die letzten beiden Artikel wurden mit Mehrheiten bestätigt.[20][21] Demokraten, die im Repräsentantenhaus für die "Articles" gestimmt hatten, waren unter anderem Virgil Goode, Ralph Hall, Paul McHale und Charles Stenholm.

Im Senat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Prozess im US-Senat begann am 7. Januar 1999 unter dem Vorsitz von William Rehnquist in seiner Funktion als Vorsitzender Richter des Obersten Gerichtshofes. Clinton wurde vom Juristen Cheryl Mills verteidigt und sein Beratungspersonal bestand unter anderem aus Charles Ruff und Dale Bumpers.[22] Der eigentliche Prozess startete am 14. Januar und dauerte knapp vier Wochen.[20] Am 8. Februar beendete man das Verfahren und am Folgetag beriet sich der Senat. Erst am 12. Februar begannen die Abstimmungen über die Anklageartikel. Vom ersten Artikel, der Clinton des Meineids beschuldigte, wurde er mit einer Mehrheit von 55 zu 45 Stimmen freigesprochen; ebenso sprach man Clinton im Anklagepunkt der Behinderung der Justiz frei, jedoch stimmte der Senat dabei mit einem Patt von 50 zu 50 ab.[23] Zwar hatte kein Demokrat in den Anklagepunkten gegen Clinton gestimmt, doch er erhielt Stimmen für den Freispruch von Republikanern insgesamt fünfzehnmal, darunter von John Warner, Slade Gorton, Richard Shelby, Ted Stevens, Susan Collins, Olympia Snowe, Fred Thompson, John Chafee und Jim Jeffords.[24][25]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nicol C. Rae, Colton C. Campbell: Impeaching Clinton: Partisan Strife on Capitol Hill. University Press of Kansas, Lawrence 2004, ISBN 978-0-7006-1281-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Amtsenthebungsverfahren gegen Bill Clinton – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Lewinsky and the first lady – USATODAY.com. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  2. Monica Lewinsky | Biography & Facts. Abgerufen am 22. Februar 2021 (englisch).
  3. Linda Tripp. Abgerufen am 22. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Marc Pitzke, DER SPIEGEL: "Ich war alleine": Was wurde aus... Monica Lewinsky? Abgerufen am 22. Februar 2021.
  5. Anita Gates, Katharine Q. Seelye: Linda Tripp, Key Figure in Clinton Impeachment, Dies at 70. In: The New York Times. 8. April 2020, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 22. Februar 2021]).
  6. Linda Tripp: Auslöserin der Lewinsky-Affäre ist tot. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 22. Februar 2021]).
  7. What goes around comes around? Tripp's under investigation – September 22, 1998. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  8. Ken Gormley: The Death of American Virtue: Clinton vs. Starr. 1. Auflage. Crown Publishers, New York 2010, ISBN 0-307-40944-9, S. 800.
  9. Washingtonpost.com Special Report: The Starr Report Narrative. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  10. The Overview: Starr Finds a Case for Impeachment in Perjury, Obstruction, Tampering. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  11. Washingtonpost.com: Jones v. Clinton Special Report. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  12. Sources: Clinton Admits Sexual Affair With Flowers - 01-22-98. In: cnn.com. 22. Januar 1998, abgerufen am 13. Februar 2024.
  13. Declaration of Gennifer Flowers In: The Washington Post, 13. März 1998. Abgerufen am 20. März 2008 
  14. From an Anonymous Tip to an Impeachment: A Timeline of Key Moments in the Clinton-Lewinsky Scandal. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  15. Jay Branegan: Clinton's Tormentor Finally Settles. In: Time. 23. November 1998, ISSN 0040-781X (time.com [abgerufen am 22. Februar 2021]).
  16. Washingtonpost.com Special Report: Clinton Accused. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  17. Jasmin Lörchner: Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident: Als Clinton das Impeachment traf. In: Spiegel Online. 9. Oktober 2019, abgerufen am 19. Januar 2021.
  18. President Bill Clinton address the nation after his grand jury testimony and apologizes for lying ab. 21. Juli 2015, abgerufen am 22. Februar 2021 (englisch).
  19. House approves impeachment inquiry – October 8, 1998. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  20. a b Andreas Rüesch: Wie liefen Impeachment-Prozesse in der Vergangenheit ab? In: Neue Zürcher Zeitung. 19. Dezember 2019, abgerufen am 19. Januar 2021.
  21. Judiciary Committee wraps up its case against Clinton – December 12, 1998. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  22. Washingtonpost.com Special Report: Clinton Accused. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  23. Peter Baker, Helen Dewar: The Senate Acquits President Clinton. In: Washington Post. ISSN 0190-8286 (washingtonpost.com [abgerufen am 22. Februar 2021]).
  24. Roll Call of Votes on Articles of Impeachment. Abgerufen am 22. Februar 2021.
  25. How the senators voted on impeachment -- February 12, 1999. Abgerufen am 22. Februar 2021.