Arbeitserziehungslager
Als so genannte Arbeitserziehungslager (AEL) wurden im Dritten Reich spezielle "Straflager" für Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen bezeichnet, die ab 1940 von der Geheimen Staatspolizei errichtet wurden. Dabei gab es auch spezielle AEL für Frauen, wie zum Beispiel in Fehrbellin, in Jenbach (für die Heinkel-Werke) und in der Stadt Salzburg (für ein Heeresbekleidungsmagazin); andere AEL, wie etwa Oberlanzendorf, hatten eigene Frauenabteilungen. Manche ausdrücklich von Verantwortlichen als "Arbeitserziehungslager" bezeichnete Haftstätten hatten andere Hintergründe, und gehören nur bedingt hierher (so etwa ein von der DAF Oberdonau in Absprache mit dem Gauleiter organisiertes Lager im Innviertel, wo vom Juni 1940 bis Jänner 1941 "arbeitsunwillige" Einheimische und einzelne Tschechen von SA-Wachen im Rahmen eines Entwässerungsprojektes gequält wurden). Anderseits wurden "eigentliche" AEL (nämlich die von Lotfi als "KZ der Gestapo" charakterisierten, in den späteren Phasen primär für AusländerInnen bestimmten Haftstätten) zeitweise auch anders bezeichnet: als "Arbeitsstraflager"(so das HGW-eigene AEL Salzgitter-Watenstedt bis 1941), als "Straflager" (so Dokumente für Eisenerz und Graz), oder auch als "Auffang- und Arbeitserziehungslager", so Lagerstempel des AEL Innsbruck - Reichenau. Dabei war aber auch dort in Vermerken anderer Behörden etwa bei An- oder Abmeldungen, wenn überhaupt ausdrücklich registriert, meist von "Straflager" die Rede, so etwa ein Meldevermerk aus Bludenz: „letzte Wohnung: Straflager Reichenau“.
Hier ist ein Wirrwarr von irreführenden Bezeichnungen und widersprüchlichen Dokumenten zu finden, das öfters zu öffentlichem Wirbel bei gedankenloser (oder auch absichtlich irreführend-verharmlosender) Verwendung von Begriffen wie "Straflager" führt. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen äußerem Anschein von Bezeichnungen und normale Ordnung vortäuschenden Dokumenten einerseits und der Realität, wie sie (oft untermauert von medizinischen Gutachten) in Schilderungen von Nachkriegsprozessen bis hin zu Anträgen in Sachen Zwangsarbeits-Zahlungen offenbar wird. Dabei darf man sich nicht dadurch täuschen lassen, dass etwa im Falle des AEL Kraut bei Seeboden die nutznießende Firma zumindest einen Teil der von ihr eingesetzten AEL-Häftlinge (v.a. Slowenen) sogar bei der Versicherung meldete. Bezeichnend ist, dass Häftlinge überhaupt nur in wenigen, speziellen Fällen Entlassungsdokumente bekamen; noch bezeichnender, dass in vielen Fällen danach Spitalsaufenthalte nachweisbar sind.
In ein AEL konnten örtliche Gestapo-Beamte kurzfristig Personen etwa wegen "Nichterfüllung ihrer Arbeitspflicht" deportieren lassen. Nach einem Rund-Erlass des Reichsführers-SS Heinrich Himmler vom 15. Dezember 1942 wurden zusätzlich in den größeren Betrieben, in deren Nähe kein AEL war, behelfsmäßige "Straflager" unter Aufsicht der Staatspolizei-Leitstellen geschaffen, in denen die Eingesperrten durch Angehörige des Werkschutzes bewacht wurden. Es gab auch entsprechende Strafkommandos kleineren Umfanges, zum Teil sogar mobiler Art. Das hier noch längst nicht alles erforscht ist, zeigt zum Beispiel eine Gruppe quasi-externer AEL-Häftlinge: Eindeutig außerhalb eigentlicher AEL-Strukturen zwangseingesetzte Personen, deren (durchwegs von der Linzer Polizeidirektion ausgestellte) Arbeitsbücher auf Ausweisfoto und spezieller Nummer "A.E.L."-Vermerke als offenkundiges Zeichen entsprechend harter Behandlung in speziellen Kommandos aufweisen.
Um die Dimensionen und Hintergründe zu verdeutlichen: Im Linzer Arbeitsamtsbezirk (etwa die Hälfte "Oberdonaus" umfassend) waren im November 1943 31 Prozent aller Beschäftigten "fremdländisch" (bei den Männern 42%). Für die damalige "Kriegswirtschaft" waren sie unentbehrlich - und zugleich immer in Gefahr, in irgendeiner Form bestraft zu werden, wenn sie nicht so "spurten", wie erwünscht. Einweisung in ein AEL war da nur eine von mehreren Strafmöglichkeiten. Lotfi schätzt, dass "während des Krieges jeder zwanzigste ausländische Zivilarbeiter im Deutschen Reich von einer AEL-Haft betroffen war". Natürlich war das regional und zeitlich verschieden, da ja manche Gestapo-Stellen eher spät "ihr" AEL einrichteten, so etwa Linz - Schörgenhub erst im Frühjahr 1943, in diesem Falle mit der Reichsbahn als Hauptnutznießerin der Zwangsarbeit - sowie natürlich, wie üblich, mit der regionalen Gestapo als finanzieller Nutznießerin der "vermieteten" Häftlinge. Dort zahlte die Reichsbahn pro Person und Tag sechs Reichsmark, gegenüber jeweils rund 50 Pfennig eigener Kosten der Linzer Gestapo, wobei der Reingewinn teilweise aber an das Reichssicherheits-Hauptamt Berlin ging (dazu Rafetseder 2001). Da waren also analoge ökonomische Interessen (sprich: Geldgier) wirksam wie im Falle des SS-Apparates bei den Konzentrationslagern.
Inhaftierte der AEL waren insgesamt zu etwa zwei Dritteln ausländische, aus den kriegsbesetzten Ländern verschleppte Zwangsarbeiter oder Zwangsarbeiterinnen aus verschiedenen Betrieben, die einen Fluchtversuch unternommen hatten oder der Unbotmäßigkeit, der 'Bummelei' oder Sabotage beschuldigt worden waren. Ebenfalls fanden sich dort oft unversehens auch "Reichsdeutsche", deren Eigenwillen gebrochen oder "diszipliniert" werden sollte.
Mit "Arbeitserziehungslager" wurde bedroht: "wer die Arbeit niederlegt, andere Arbeiter aufhetzt, die Arbeitsstelle eigenmächtig verlässt". Die Gestapo-Willkür reagierte auf Anzeigen und Denunziationen von Arbeitgebern und Behörden, machte vom Instrument der "vorläufigen Schutzhaft" Gebrauch und wies in ein AEL ein. Diese Willkür zeigt sich auch etwa bei den Einlieferungen durch die Wiener Gestapo nach Oberlanzendorf (da gibt es eine das erste Halbjahr 1944 abdeckende Quelle): "Haftgründe" wie etwa "auf Anordnung von ..." diversen Gestapobeamten (ohne sachliche Begründung) oder auch bloßer "Verdacht" auf irgendein Delikt sind dort neben angeblich zutreffenden "eigentlichen" Haftgründen zu finden, die aber (wie ein Abgleich mit dazugehörenden Schilderungen Betroffener zeigt) in vieler Hinsicht irreführend sein können. Oft verstanden der deutschen Sprache nicht Mächtige kein Wort von dem, was ihnen vorgeworfen wurde, und fragten sich noch Jahrzehnte später, warum sie eigentlich dort inhaftiert waren. Besonders häufig wird naturgemäß "Arbeitsvertragsbruch" genannt (also Fluchtversuch), aber auch etwa "Bedenklicher Besitz eines Autoreifens", "Begünstigung von Kriegsgefangenen", "Beleidigung eines deutschen Arbeiters", "Beleidigung des Führers", "Bettelei", "Diebstahl", "freches Verhalten", "nächtliche Ruhestörung", "Nichttragen des Ostabzeichens", "Sabotage", "Tierquälerei", "Tausch von Zigaretten gegen Brotmarken", "Verbreitung beunruhigender Gerüchte", "Verfolgen der Frontbewegungen der Roten Armee", etc. etc. Gleiche Delikte konnten bei verschiedenen Nationalitäten bzw. auch etwa nach Gutdünken lokaler Verantwortlicher unterschiedliche Folgen haben; so konnte "unbefugter Waffenbesitz" zu AEL-Haft, längerer Gefängnis-Haft oder auch gleich zur KZ-Einweisung führen.
Die Verfügung zur "Einweisung" erfolgte meist ohne Gerichtsverfahren und ohne Bekanntgabe der Haftdauer, wobei es aber auch ausdrückliche Urteile auf "AEL" oder auch "Straflager" gab (die dann etwa zur Abschreckung per Aushang in Firmen oder in Werkszeitungen aufgelistet wurden - ersteres etwa im Falle der Eisenwerke Oberdonau, letzteres im Falle der Enzesfelder Metallwerke nachweisbar, wo für ähnliche Delikte die so "angeprangerten" Tschechen und Franzosen ins AEL kamen, während über Einheimische nur Geldstrafen verhängt wurden). Die Inhaftierungsdauer war nominell meist begrenzt, damit die Häftlinge bald wieder am kriegswichtigen Arbeitsplatz zur Verfügung ständen. Die vielzitierte Grenze von 8 Wochen bzw. 56 Tagen war aber in der Praxis irrelevant. Zwar genügten oft zwei oder drei Wochen, um Betroffene krankenhausreif zu machen (sodass manche Firmen darauf verzichteten, weiterhin Leute ins AEL einweisen zu lassen; gelegentlich ist auch eine spezielle Baracke nachweisbar, wo Betroffene in ein oder zwei Wochen wieder "arbeitsfähig" werden sollten; generell war aber medizinische Versorgung dort höchstens mangelhaft, oft gar nicht vorhanden). Bei den Anträgen auf Zwangsarbeits-Zahlung sind aber auch etliche Fälle von längeren Inhaftierungen nachweisbar, in einigen Fällen ein halbes Jahr oder noch länger; da war viel Willkür seitens der lokal Verantwortlichen im Spiel, oder auch Interessen bestimmter Firmen. So verlangte eine mit dem Bau einer Talsperre bei Lüdenscheid befasste Firma offenbar erfolgreich, daß die Haftdauer im AEL Hunswinkel "auf mindestens drei Monate verlängert würde, damit die Gefangenen während der neuen Bausaison von Frühjahr bis Dezember 1941 nicht mehr so häufig wechselten" (so Lotfi).
In verschiedenen Phasen hatten einzelne AEL auch andere Funktionen als die "offiziell" angegebenen. So diente etwa Innsbruck - Reichenau zeitweise auch als Internierungslager für nordafrikanisch-italienische Familien, die auf Grund der Nürnberger Rassengesetze verfolgt wurden; Wien - Oberlanzendorf war anfänglich "Umerziehungslager" der Gemeinde Wien für "asoziale" Einheimische, zeitweise Durchgangslager etwa für serbische Zwangsarbeiter oder dann auch kurz für ungarische Opfer der Nürnberger Rassengesetze; Linz - Schörgenhub war zugleich zeitweise Internierungslager für politische (Nobel-)Häftlinge in einer abgesonderten Baracke (die keineswegs "KZ-ähnlich" behandelt wurden; für diese speziellen "AEL"-Insassen ist die Bezeichnung "AEL-Häftling" also eigentlich irreführend).
Außerdem war zum Beispiel in Schörgenhub, aber auch in vielen anderen AEL, zeitweise der Charakter eines "erweiterten Polizeigefängnisses" bzw. "Polizeilagers" gegeben, vor allem nach luftkriegsbedingter Zerstörung von innerstädtischen Gefängnissen, mit kompletter Transferierung Überlebender in ein AEL wie etwa im Falle von zwei Linzer Gefängnissen. Die Münchener Polizei löste ihr Platzproblem ab etwa Anfang 1944, indem sie im Komplex des Konzentrationslagers Dachau "zusätzlich eine eigene, separate Polizeihaftabteilung" installierte, "in die vor allem die zahlreichen "Ostarbeiter", die man im Verlauf von Razzien und größeren Polizeiaktionen festgenommen hatte, eingeliefert wurden" (so Andreas Heusler 1998) - kein Wunder, das auch etwa in Anträgen an den Österreichischen Versöhnungsfonds mehrfach ein "AEL Dachau" postuliert wird. Diese Bezeichnung ist zwar ein Horror für alle streng kategorisierenden, etwa "SS-Haftstätten" von "Gestapo-Haftstätten" gerne trennenden HistorikerInnen, aber die besondere Unberechenbarkeit von Instanzen der NS-Zeit zeigt sich eben auch in formalen Dingen (gerade beim Thema "Zwangsarbeit" auch daran, dass hier fließende Grenzen und enge Zusammenhänge zwischen formal "regulären Behörden" und eher irregulären Instanzen bzw. willkürlich entscheidenden Personen und Personengruppen bestanden; die "Doppelstaat"-Theorie Ernst Fraenkels hat eben sehr viel für sich).
AEL dürfen keinesfalls mit "echten" oder auch angeblichen Schulungsstätten wie Berufserziehungswerk, Umschulungslagern, etc. verwechselt werden. Es ist sehr empfehlenswert, für die KZ-artigen Verfolgungsstätten nicht die vollständige Benennung, sondern nur die Abkürzung "AEL" zu verwenden, den vollständigen Begriff "Arbeitserziehungslager" - ähnlich wie bei den sogenannten "Straflagern" der NS-Zeit - aber höchstens in Anführungszeichen bzw. mit Zusätzen wie "sogenannte". Ein eigenes Problem stellen hier terminologisch auch die gelegentlich ebenfalls als "AEL" gesehenen "Umschulungslager" für Einheimische dar, die von den Nürnberger Rassengesetzen betroffen waren; selbst wenn dort nicht immer KZ-Überstellung, sondern auch oft Auswanderung folgte, zeigen viele Schilderungen, das schon dort zumeist von KZ-Ähnlichkeit gesprochen werden kann.
Formale Gerichtsurteile auf "Straflager" wurden oft nicht von AEL-Haft, sondern von Zwangsarbeit in Justizanstalten wie Göllersdorf oder Suben gefolgt (beide damals nominell "Arbeitshäuser", auch mit politischen Gefangenen, aber im Rahmen des formal regulären Justizapparates). Da kam es meist auf die Dauer an: Bei einem Salzburger Urteil auf "drei Monate Straflager" landete ein Pole im AEL-Innsbruck-Reichenau, bei einem Linzer Urteil auf "sechs Monate Straflager" war ein anderer Pole dann in Göllersdorf (die Vollzugsorte fehlen in den Urteilen normalerweise, werden dann eben etwa in Versöhnungsfonds-Akten offenbar). Dabei kam es oft zu Überstellungen zwischen Haftstätten verschiedener Art und in oft weit voneinander entfernten Gegenden, wie ein Abgleich entsprechender Fälle im Rahmen des Versöhnungsfonds zeigt (wo dementsprechend auch etwa diverse AEL außerhalb des heutigen Österreichs eine Rolle spielen). Urteile etwa auf "acht Jahre Straflager" hatten aber natürlich nichts mit AEL zu tun (so ein Urteil führte etwa zu Haft in Gefängnissen in Linz, Rawitsch und Suben). Kombinationen von AEL, Justiz-Haftstätte und KZ sind in verschiedenster Form nachweisbar, wobei die Betroffenen auch im Rückblick nicht mehr genau wissen, wo sie jetzt von welcher Behörde oder auch jeweils für welche Firma sie gerade zu Zwangsarbeit eingesetzt wurden (insbesondere konnten ja Leute in SS-Uniform dort überall eine Rolle spielen, auch wenn die Haftstätte keineswegs nominell dem "Reichsführer SS" unterstellt war).
Dabei hatten damals auch viele "normale" Justiz-Hafstätten spezielle Außenlager, die durchaus AEL-Charakter (bzw. in mancher Hinsicht eher KZ-ähnlich) sein konnten, zumindest von Betroffenen gelegentlich später auch als "AEL" bezeichnet wurden, und oft auch in verschiedener Weise mit AEL oder KZ-Außenkommandos zu tun haben konnten. Auch diese Dinge gehören im Rahmen der Zwangsarbeits-Zahlungen mit den AEL zum Komplex "sonstige Haftstätten" - KZ-ähnliche Stätten von Zwangsarbeit meinend, die nicht im Rahmen der eigentlichen KZ-Struktur standen. (Auch mehr zu jenen bisher vielfach praktisch unbekannten Gefängnis-Außenlagern demnächst in einer Publikation des Versöhnungsfonds-Historikers).
Die Menschen waren sehr häufig KZ-ähnlichen Bedingungen ausgesetzt, wie viele Schilderungen in Anträgen auf Zwangsarbeits-Zahlungen zeigen (sehr viele Todesfälle, sehr häufige körperliche Dauerschäden und psychische Traumatisierungen). Laut Ernst Kaltenbrunners vielzitierter (wenngleich mit Vorsicht zu betrachtender) Aussage seien im AEL "Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse" sogar "im allgemeinen härter als in einem Konzentrationslager gewesen". Die enge Verknüpfung mit dem KZ-System (trotz der unterschiedlichen Träger Gestapo bzw. SS) zeigt sich auch daran, dass gelegentlich AEL-Gruppen direkt neben KZ-Außenkommandos arbeiteten (so in einer Werkshalle der Nibelungenwerke St. Valentin). Wie erwähnt, gab es im Kontext des Konzentrationslagers Dachau zeitweise auch ein AEL, ebenso auch etwa im schlesischen KZ Groß-Rosen.
Die zumindest gelegentlich enge Verzahnung zeigt sich auch etwa daran, dass eine Gruppe polnischer Widerstandskämpferinnen aus einem schlesischen Gestapogefängnis zuerst für wenige Tage in das KZ Mauthausen und von dort in das AEL Schörgenhub transferiert wurde, das damals offenbar mit dem KZ eng kooperierte. Diese Kooperation betraf öfters auch die Wachmannschaften, die in manchen AEL von der SS gestellt wurde (so Berlin - Wuhlheide, von wo zumindest ein Häftling später im KZ Steyr-Münichholz war; die Abfolge AEL - KZ kam, etwa bei zweitem Fluchtversuch, oft vor; auch Fälle von zweimaliger, gelegentlich sogar dreimaliger AEL-Haft sind nachweisbar, wobei auch die erfolgreiche Angabe von Falschnamen beim Aufgegriffenwerden eine Rolle spielen konnte). Diverse Schilderungen weisen darauf hin, dass damals zumindest vor Ort in Aufschriften etc. gezielt mit dem KZ-Begriff gearbeitet wurde (wohl zu Einschüchterungszwecken, gerade dabei, wie etwa oft nachweislich die Linzer Gestapo oder auch andere damalige Behörden, offenbar gezielt die nicht "korrekte", aber "schärfere" Bezeichnung "KZ" anstelle der sonst eher "korrekten" Bezeichnung "K.L." verwendend). Auch das war mit ein Grund dafür, dass sogar viele Ex-Häftlinge mit eindeutigen, zeitgenössischen AEL-Dokumenten ihr Leben lang fest daran glaub(t)en, in einem KZ-Außenlager gewesen zu sein.
Zu Kriegsende waren auch diese Häftlinge vielerorts Kriegsendphasenverbrechen ausgesetzt, wie zum Beispiel im Rahmen von Todesmärschen. So wurde vor Kriegsende ein Teil der Häftlinge des AEL Oberlanzendorf auf einen "Todesmarsch" Richtung KZ Mauthausen getrieben. Wie beim KZ-Personal (allerdings in viel geringerem Ausmaß) kam es nach dem Krieg auch zu Prozessen gegen AEL-Wachpersonal. Nachweis bzw. Glaubhaftmachung von Zwangsarbeit in solchen Haftstätten war sowohl bei der deutschen Stiftung EVZ als auch (bei AEL auf heute österreichischem Gebiet) beim Österreichischen Versöhnungsfonds im allgemeinen Anlass für gleich hohe Zahlungen wie für eigentliche KZ-Zwangsarbeit.
Übersicht zu Arbeitserziehungslagern 1940-45 (provisorisch)
Heutiges Land, Bundesland, Gebiet | Unterstellt Gestapo | Ort | Nutznießende Firma | Produkt | Sonstige Info |
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Frankreich | mehrere wechselnde Orte | Organisation Todt | Westwall | ||
Deutsches Reich | viele wechselnde Orte | Organisation Todt | Reichsautobahn | ||
Schleswig-Holstein | Arbeitserziehungslager Nordmark bei Kiel am Russee | Holsten-Brauerei, Land- und See-Leichtbau GmbH, Betonbaufirma Ohle & Lovisa, Nordland Fisch-Fabrik | Kiesgrube, Bunkerbau | ||
Hamburg | Hamburg-Wilhelmsburg | ||||
Bremen | Marinelager Bremen-Farge, zuletzt Rekumer Heide | Bau von U-Boot-Bunkern | mehrmals verlegt ab 1943 | ||
Niedersachsen | Ohrbeck bei Osnabrück an der Hase | Klöckner Werke GM-Hütte | Eisenerz | Arbeitserziehungslager und Arbeitszuchtlager "Augustaschacht Ohrbeck" | |
Niedersachsen | Liebenau bei Nienburg/Weser|Nienburg an der Weser | Wolff & Co und ihre Tochterfirma EIBIA | Pulverfabrikbau | ||
Nordrhein-Westfalen | Aachen | Aachen-Burtscheid | [1] | ||
Nordrhein-Westfalen | Aachen, Gestapochef Kriminalrat Richard Bach | Eilendorf | EBV | Bergbau | [2] |
Nordrhein-Westfalen | Aachen, Gestapochef Kriminalrat Richard Bach | Hückelhoven | EBV, Grube Sophia Jacoba | Bergbau | [3] |
Nordrhein-Westfalen | Aachen, Gestapochef Kriminalrat Richard Bach | Alsdorf | EBV, Grube Anna | Bergbau | [4] |
Nordrhein-Westfalen | Lahde an der Weser mit Außenkommando in Steinbergen | Preußische Elektrizitäts-Aktiengesellschaft (PreussenElektra) | Bau eines Steinkohlekraftwerks und Staustufe des Mittellandkanals in Petershagen | ||
Nordrhein-Westfalen | Hunswinkel bei Lüdenscheid | Firma "Hochtief" | Schotter für Gleis- und Straßenbau, Bau der Versetalsperre | ||
Nordrhein-Westfalen | Ahaus | Juteverarbeitung | "Arbeitszuchtlager für deutsche Bummelantinnen (AZL)" | ||
Hessen | Arbeitserziehungslager Frankfurt-Heddernheim, mit Außenstellen Hirzenhain und Hundstadt | Rangierlokbau | Breuer-Werke | ||
Hessen | Affoldern | ||||
Rheinland-Pfalz | |||||
Saarland | |||||
Bayern | Allach | Bayerische Motoren Werke AG, Porzellan-Manufaktur, OT Bau | |||
Bayern | Augsburg | BMW], OT Bau | |||
Baden-Württemberg | Oberndorf-Aistaig | Mauser-Werke AG (Oberndorf am Neckar), Maschinenfabrik MAFELL (Aistaig), Buntweberei Sulz GmbH | |||
Mecklenburg- Vorpommern |
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Sachsen-Anhalt | |||||
AEL Römhild mit Außenstellen Poppenhausen (Thüringen) | |||||
Berlin | Berlin | AEG | |||
Brandenburg | AEL Fehrbellin, zentrales Frauen AEL bei Berlin | Flachs- und Hanfentholzung | |||
Sachsen | Rattwitz | AEL Radwietz | |||
Sachsen | Zwickau | Basser, Flugzeugreparaturwerk | |||
Polen | |||||
Österreich | Atzenbrugg | Hydrierwerk Moosbierbaum | Flugbenzin |
Literatur
- Thomas Albrich: Ein KZ der Gestapo: Das Arbeitserziehungslager Reichenau bei Innsbruck. In: Klaus Eisterer (Hrsg.): Tirol zwischen Diktatur und Demokratie (1930-1950). Beiträge für Rolf Steininger zum 60. Geburtstag. Innsbruck u.a. 2002, S. 77-113;
- Berliner Geschichtswerkstatt (Hrsg.): Arbeitserziehungslager Fehrbellin. Zwangsarbeiterinnen im Straflager der Gestapo. Berlin 2004. 162 S. (AutorInnen: Cord Pagenstecher, Daniela Geppert, Gabriele Layer-Jung, Gisela Wenzel; online auf http://www.politische-bildung-brandenburg.de/publikationen/pdf/fehrbellin.pdf ;
- Andreas Heusler: Ausbeutung und Disziplinierung. Zur Rolle des Münchner Sondergerichts und der Stapoleitstelle München im Kontext der nationalsozialistischen Fremdarbeiterpolitik. In: forum historiae iuris 1998. Erste europäische Internetzeitschrift für Rechtsgeschichte, online auf http://www.rewi.hu-berlin.de/FHI/articles/9801heusler.htm (darin zum Frauen-AEL Berg am Laim und dem Männer-AEL Moosach)
- Volker Issmer: "Das Arbeitserziehungslager Ohrbeck bei Osnabrück". Steinbacher, Osnabrück 2000. 535 S. ISBN 3-9805661-9-6;
- Gabriele Lotfi: "KZ der Gestapo. Arbeitserziehungslager im Dritten Reich". Stuttgart, München 2000. Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verl. 2003. 451 S. (Zugl.: Bochum, Univ., Dissertation 1998) ISBN 3-596-15134-1;
- Andreas Maislinger: Ergänzung einer Ortschronik. "Arbeitserziehungslager" und "Zigeuneranhaltelager" Weyer (Innviertel). In: Oberösterreich-Österreich in Geschichte und Literatur mit Geographie, 32. Jahrgang, Mai-Juni/Juli-August 1988, Heft 3-4;
- Josef Prinz: Erziehung zur Arbeit - Arbeit als Erziehung? Zum Stellenwert von Arbeitserziehung im nationalsozialistischen Lagersysten am Beispiel Oberlanzendorf bei Wien. In: Betrifft Widerstand. Zeitschrift des Zeitgeschichte Museums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee Nr. 73, Juni 2005, S. 31-39; online auf http://bob.swe.uni-linz.ac.at/Ebensee/Betrifft/73/prinz.pdf, dazu ca. 2007 ds. ausführlicher im Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich
- Hermann Rafetseder: "Ausländereinsatz" zur Zeit des NS-Regimes am Beispiel der Stadt Linz. In: Fritz Mayrhofer und Walter Schuster (Hrsgg.): Nationalsozialismus in Linz, Band 2. Linz 2001, 1107-1269, dort zu AEL v.a. 1193-1196.
- Hermann Rafetseder: Das "KZ der Linzer Gestapo". Neue Quellen im Rahmen des Österreichischen Versöhnungsfonds zum "Arbeitserziehungslager" Schörgenhub. In: Stadtarchiv und Stadtgeschichte. Forschungen und Innovationen. Festschrift für Fritz Mayrhofer zur Vollendung seines 60. Lebensjahres. Hrsg.: Walter Schuster, Maximilian Schimböck, Anneliese Schweiger (Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2003/2004). Linz 2004, S. 523-539. ISBN 3-900388-56-3 (auf ähnliche Weise werden vom Historiker des ehemaligen Versöhnungsfonds derzeit auch andere AEL sowie etliche andere Aspekte der NS-Zwangsarbeit für eine Publikation bearbeitet; in diesen Wikipedia-Artikel sind auch noch nicht publizierte Dinge aus jenem "work in progress" von Hermann Rafetseder vorausgreifend eingeflossen);
- Gunnar Richter: "Das Arbeitserziehungslager Breitenau (1940 - 1945) : ein Beitrag zum nationalsozialistischen Lagersystem". Kassel, Univ., Diss., 2004. 649 S.; https://kobra.bibliothek.uni-kassel.de/handle/urn:nbn:de:hebis:34-1189;
- Horst Schreiber: Das Arbeitserziehungslager Reichenau; online auf http://www.zeitlupe.at/projekte/reichenau/schreiber.htm
- Andrea Tech: "Arbeitserziehungslager in Nordwestdeutschland 1940 - 1945". (Bergen-Belsen-Schriften 6) Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003. 331 S. ISBN 3-525-35134-8;
- Matthias Wagner: "'Arbeit macht frei' - Zwangsarbeit in Lüdenscheid 1939-1945". Lüdenscheid 1997.
- Volker Issmer: "Niederländer im verdammten Land", Steinbacher Druck, 1998, ISBN 3-9805-6610-2.
Weblinks
- http://www.historisches-centrum.de/zwangsarbeit/haft.htm Haftstätten und Gefängnisse der Gestapo
- http://www.maerkischer-kreis.de/zwangsarbeit/das_arbeitserziehungslager.html Chronik jener "Vernichtung durch Arbeit" im AEL Hunswinkel bei Lüdenscheid u.a.]
- http://www.berliner-geschichtswerkstatt.de/zwangsarbeit/fehrbellin.htm Das AEL Fehrbellin in Nordwest-Brandenburg war das zentrale Frauenstraflager für Berliner Zwangsarbeiterinnen]
- http://www.requis-deportes-sto.com/colloque/pages/page54_57.html Vortrag von Henri Braun, Président de l’Amicale des Rescapés des Arbeitserziehungslager (AEL) auf einer Tagung vom Dezember 2001: La Main d'oeuvre francais exploitée par le IIIe Reich. Colloque International, 13-14-15 DECEMBRE 2001, Mémorial de la Paix à Caen