Carl Rottmann

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Carl Rottmann

Carl Anton Joseph Rottmann (* 11. Januar 1797 in Handschuhsheim (heute zu Heidelberg); † 7. Juli 1850 in München) war ein deutscher Landschaftsmaler und berühmtester Vertreter der Malerfamilie Rottmann (etwa zwischen 1770 und 1880).

Rottmann gehörte dem Künstlerkreis um den bayerischen König Ludwig I. an und wurde von ihm exklusiv mit der Erstellung großformatiger Landschaftsgemälde beauftragt. Er ist für mythisch-heroisierende Landschaftsmalerei bekannt.

Zu seinen Schülern gehörten die Landschaftsmaler Karl Lindemann-Frommel und Karl Ludwig Seeger.

Leben

Carl Anton Joseph Rottmann wurde im heutigen Heidelberger Stadtteil Handschuhsheim am 11. Januar 1797 geboren. Dort erhielt er den ersten Zeichenunterricht von seinem Vater, Friedrich Rottmann, welcher Zeichnen an der Universität Heidelberg lehrte, und malte dort in seiner ersten (künstlerischen) Periode atmosphärische Erscheinungen.

1821 zog er nach München, wo seine zweite Periode begann. 1824 heiratete er Friedericke Sckell, die Tochter seines Onkels Friedrich Ludwig von Sckell, welcher dort als Hofgartenintendant diente. Dies eröffnete ihm die Bekanntschaft mit König Ludwig I., der ihm 1826/1827 eine Italienreise ermöglichte, um sein Motivrepertoire, das bis dahin aus einheimischen Landschaften bestanden hatte, zu erweitern. Nach der Rückkehr erhielt er vom König den Auftrag zu einem Zyklus monumentaler italienischer Landschaften in den Arkaden des Münchner Hofgartens. Der 1833 mit 28 Wandbildern fertiggestellte, in Freskotechnik ausgeführte Zyklus gab der Verbundenheit Ludwigs I. mit Italien sichtbaren Ausdruck und hob die Landschaftsmalerei als Gattung auf die Höhe der Historienmalerei, der die übrigen Großaufträge des Königs im Bereich der Monumentalmalerei galten. Der König schrieb dazu je einen selbst gedichteten Distichon.

1834 erhielt Rottmann vom König den Auftrag zu einem zweiten, nun den Landschaften Griechenlands gewidmeten Zyklus, welchen man als seine dritte Periode bezeichnen kann. Ursprünglich ebenfalls für die Hofgartenarkaden vorgesehen, kamen die 23 großen Landschaftsbilder schließlich in der neu erbauten Neuen Pinakothek zur Aufstellung, wo ihnen ein eigener Saal zugewiesen wurde. 1841 wurde er vom König zum Hofmaler ernannt.

Rottmann starb im Alter von 53 Jahren am 7. Juli 1850 in München. Sein jüngerer Bruder Leopold Rottmann wurde von ihm unterrichtet.

Frühe Arbeiten

Ein großformatiges Aquarell aus dem Jahr 1815, das die Heidelberger Schlossruine, von Osten gesehen, in einer weiträumig angelegten Landschaftskomposition zeigt (Kurpfälzisches Museum der Stadt Heidelberg), ist ein bedeutendes Beispiel aus dem Frühwerk Carl Rottmanns und gilt allgemein als eine der ersten wirklich eigenständigen Leistungen des jungen Künstlers nach seinen frühen Schülerarbeiten. Es offenbart bereits eine herausragende Beherrschung der Aquarelltechnik, große Sicherheit im kompositionellen Aufbau des weit gefassten Landschaftsraums und ein gesteigertes Interesse für Lichtphänomene.

Rottmanns frühe Arbeit steht in der Tradition der Kompositionsschemata, die sich seit der Blütezeit der niederländischen Landschaftsmalerei bis hin zu den ideal verklärten Landschaften Claude Lorrains entwickelten.

Der Blick von Osten auf Schloss und Stadt Heidelberg mit der natürlich gegebenen Polarisierung von Enge und Weite, Nah- und Fernsicht sowie den im Abendlicht atmosphärisch verklärten Konturen war eines der beliebtesten Motive romantischer Stimmungsmalerei. Insbesondere von diesem Standpunkt aus bot sich den Künstlern ein optimaler Blick auf das – wie sie es sahen – von der Natur geschaffene Beispiel eines idealen Landschaftsbildes.

Spürbar wird in der Darstellung der abendlichen Gegenlichtsituation auch der Einfluss der atmosphärischen Gemälde des englischen Landschaftsmalers George Augustus Wallis (1761-1847) [1], der sich von 1812 bis 1816 in Heidelberg aufhielt. Wallis stand in engem künstlerischem Kontakt mit den drei jungen Heidelberger Malern Carl Rottmann, Carl Philipp Fohr und Ernst Fries, die Karl Lohmeyer später als das „Dreigestirn der romantischen Malerei in Heidelberg“ bezeichnete. Seine Werke übten insbesondere auf das Frühwerk der jungen Künstler einen starken Einfluss aus und bestärkten sie in ihrem Interesse an der Darstellung besonders stimmungsvoller Lichteindrücke, der intensiven Beschäftigung mit Farb- und Lichtphänomenen.

Griechenlandzyklus

Auftrag

Die Insel Delos, 1847

1830-33 hatte Rottmann für die westlichen Arkaden des Münchner Hofgartens 28 Fresken von Landschaften und Orten in Italien ("Aussichten in das Vaterland der Künste") gemalt. Bald nach der Einsetzung seines Sohnes Otto als König von Griechenland (1833) beschloss Ludwig I., die Ausmalung der Hofgartenarkaden mit einem Zyklus griechischer Landschaften von Schauplätzen der klassischen griechischen Geschichte fortzusetzen. Der Zyklus diente einer politischen Apologetik: Bei den Zeitgenossen, insbesondere der politischen Klasse Bayerns, sollte er Verständnis wecken für Ludwigs Schwärmerei für Griechenland, die Wiege der klassischen Bildung. Insbesondere im Lichte der kurz zuvor (1827) erfolgten Befreiung Griechenlands von der vierhundertjährigen osmanischen Fremdherrschaft sollte der Zyklus um Sympathie für das bayerische Engagement beim Aufbau des neuen griechischen Staates werben, das hohe finanzielle Belastungen mit sich brachte.

Griechenlandreise

Zur Vorbereitung des Zyklus unternahm Rottmann 1834-1835 eine zwölfmonatige, äußerst strapaziöse und entbehrungsreiche Studienreise durch Griechenland. In Zeichnungen und Aquarellen sammelte der Künstler Material für seine späteren Landschaftsbilder. Begleitet wurde Rottmann vom Architekten und Landschaftszeichner Ludwig Lange.

Die Hauptstationen der Reise waren Nauplia, Korinth und Athen. Von Nauplia aus besuchte Rottmann Tiryns, Mykene und Nemea. Von Athen aus reiste er auf den Peloponnes (Sparta), nach Böotien (Theben), nach Chalkis auf Euböa sowie auf die Inseln Delos und Naxos.

Das Land, das Rottmann vorfand, war jedoch mitnichten ein Arkadien voll idyllischer Landschaften. Griechenland war durch die Fremdherrschaft heruntergekommen und von den Auseinandersetzungen des sechseinhalbjährigen Befreiungskampfes gezeichnet. Die wenigen noch sichtbaren Überreste der antiken Hochkultur sowie die kriegsbedingten Zerstörungen standen in einem krassen Missverhältnis zu dem Bild einer ideal verklärten Antike, das Ludwig I. und andere Zeitgenossen pflegten, oft ohne das Land selbst bereist zu haben.

Werkprozess

Nach München zurückgekehrt (1835), entwickelte Rottmann aus den vor Ort angefertigten Naturstudien Kompositionsskizzen und Aquarellentwürfe für 23 Wandgemälde. Letztere entstanden in den Jahren 1838-50. Den größten Teil der Landschaften führte Rottmann in einer mit Harzen und Wachs modifizierten Ölmalerei aus. Diese wurde nicht, wie seinerzeit üblich, auf die verputzte Wand aufgetragen, sondern auf transportable, jeweils ca. 400 Kilogramm schwere Mörtelplatten.

Für seine Naturstudien hatte Rottmann häufig weite Aussichten über die Landschaft gewählt, in denen der melancholisch verklärte Blick auf markante Formen fiel. Rottmann arbeitete die charakteristischen Landschaftsmerkmale heraus, überhöhte sie und gab ihnen ein monumentales Erscheinungsbild. Berge und Höhenzüge erschienen in den Gemälden mächtiger als in der Wirklichkeit. Meteorologische Phänomene, wie Regenbogen und Gewitterstimmungen, erhöhten die Vielfalt der Motive und steigerten die Bildaussage.

Rottmann inszenierte die Landschaften als eigenständige Zeugen großer geschichtlicher Ereignisse. Auf gängige Mittel der Historisierung, wie Personifizierung und Allegorisierung, verzichtete Rottmann. Dadurch gelang es Rottmann, der Gattung der Landschaftsmalerei in Deutschland ein ähnlich hohes Ansehen zu verleihen wie es bisher die Gattung der Historienmalerei genoss.

Präsentation

Als Rottmann 1850 wenige Wochen nach der Vollendung des letzten Bildes des Griechenlandzyklus starb, war er der am meisten bewunderte deutsche Landschaftsmaler. Als sichtbares Zeichen seiner Wertschätzung erhielt er in der 1853 eröffneten Neuen Pinakothek als einziger Künstler einen eigenen Raum. [2] Der nach Rottmann benannte Saal befand sich an der Westseite des Gebäudes und war mit 26,5 Metern Breite und 14,5 Metern Tiefe der größte des Museums. Er war ausschließlich Rottmanns Griechenlandzyklus, dem Hauptwerk der Pinakothek, gewidmet.

Rottmann-Saal in der Neuen Pinakothek, München (Modell)

Der Rottmann-Saal bildete den Abschluss und zugleich Höhepunkt des Rundgangs durch die Neue Pinakothek. [3] Die Bildtafeln waren in die Wände eingelassen und mit vergoldeten Leisten gerahmt. Zur Verstärkung der dramatischen Landschaftsinszenierung Rottmanns hatte man im Rottmann-Saal ein einzigartiges Beleuchtungskonzept realisiert: Durch einen säulengestützten Einbau wurde das Oberlicht so abgeschirmt, dass es nur auf die Bilder an den Wänden fiel. Dies verstärkte die Leuchtkraft der Farben und bot dem Betrachter in der Mitte des Raumes die Illusion eines Ausblicks auf die Landschaften.

Einundneunzig Jahre später, am 25. April 1944, wurden die oberen Ausstellungssäle der Neuen Pinakothek, darunter auch der Rottmann-Saal, durch Brandbomben zerstört. Rottmanns Gemäldeplatten hatte man wegen ihres hohen Gewichts nicht, wie andere Gemälde, außerhalb der Stadt in Sicherheit gebracht, sondern im Keller der Neuen Pinakothek eingelagert. Dabei erlitten etliche Gemälde große Schäden, unter anderem durch eine geplatzte Wasserleitung.

Anlässlich ihrer 150-Jahr-Feier im Jahr 2003 wurde in der Neuen Pinakothek (Neubau 1981) ein neuer Rottmann-Saal eingerichtet. In diesem werden seither 21 der ursprünglich 23 Gemälde des Griechenlandzyklus (davon 14 restaurierte) in zeitgemäßer Form präsentiert.

Werke

  • Wertheim am Main (Hamburg, Kunsthalle), 1822, Öl auf Leinwand, 32 x 48 cm
  • Inntal bei Neubeuern (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum), 1823, Öl auf Leinwand, 32 x 46 cm
  • Die Zugspitze, 1825
  • 28 italienische Landschaften (München, Hofgartenarkaden; heute: Residenzmuseum), 1830-33, Freskotechnik.
  • Olympia (Wien, Österreichische Galerie), 1836, Öl auf Karton
  • 23 griechische Landschaften (München, Neue Pinakothek), 1838-50, die ersten in der antiken Maltechnik der Enkaustik, ab 1841 in einer eigenen Mischung aus trocknenden Ölen, Dammar (einem Naturharz) und Bienenwachs.
  • Die Insel Delos (Karlsruhe, Kunsthalle), 1847, Öl auf Pappe, 35,5 x 45,5 cm
  • Landschaftgemälde mit Motiven vor allem im Berchtesgadener Land sowie im Inntal bei Brannenburg. Bekannt sind die Gemälde vom Watzmann, Hohen Göll und vom Hintersee bei Ramsau.

Anmerkungen

  1. Geboren 1761 in Merton (Surrey), gestorben 1847 in Florenz; siehe Monika von Wild: George Augustus Wallis (1761 - 1847), englischer Landschaftsmaler. Monographie und Oeuvrekatalog. Lang, Frankfurt/M. 1996, ISBN 3-631-49108-5.
  2. Der Rottmann-Saal bildete das Gegenstück zum Rubens-Saal der Alten Pinakothek. – Von der ursprünglich vorgesehenen Aufhängung des Zyklus in den nördlichen Hofgartenarkaden hatte man wegen der überragenden künstlerischen und malerischen Qualität sowie der Gefahr einer mutwilligen Zerstörung (Vandalismus) schon 1841 Abstand genommen.
  3. An den beiden Längswänden wurden neun bzw. acht (Eingangswand), an den beiden Schmalseiten je drei Bilder platziert. Im Uhrzeigersinn waren dies: Athen, Eleusis, Theben, Tiryns, Sikyon mit Parnass, Sikyon mit Korinth, Salamis, Olympia, Sparta Ebene, Sparta mit den Taygetos, Delos, Aulis, Epidauros, Marathon, Poros, Aegina, Chalkis, Naxos, Kopaissee, Pronia, Korinth, Mykene und Nemea.

Literatur

In chronologischer Reihenfolge:

  • Hyacinth Holland, Karl Obser: Rottmann, Karl. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 29, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 395–399.
  • Heilmann, Christoph; Rödiger-Diruf, Erika (Hrsg.): Landschaft als Geschichte - Carl Rottmann 1797 - 1850. Hofmaler König Ludwigs I.; Ausstellungskatalog (Kurpfälzisches Museum Heidelberg 16. November 1997 - 18. Januar 1998, Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München 30. Januar - 13. April 1998). München (Hirmer) 1998, ISBN 3-7774-7740-0
  • Bayerische Staatsgemäldesammlungen (Hrsg.): Neue Pinakothek. Katalog der Gemälde und Skulpturen, S. 320 - 333; Köln (DuMont) 2003, ISBN 3-8321-7349-8
    Ausführliche Beschreibung von "Der Eibsee bei Partenkirchen" (1825), Taormina mit dem Ätna (1829), Palermo mit dem Monte Pellegrino (wohl 1832), Sikyon mit Korinth (um 1836) und Die Landschaften Griechenlands (1839-1850)
  • Bayerische Staatsgemäldesammlungen (Hrsg.): Carl Rottmann. Die Landschaften Griechenlands; Katalog zur Ausstellung Zehn Tonnen Hellas. Carl Rottmanns Griechenlandzyklus (Neue Pinakothek München, 25. Januar - 29. April 2007), Ostfildern (Hatje Cantz) 2007, ISBN 978-3-7757-1843-1
  • Bierhaus-Rödiger, Erika, Carl Rottmann 1797-1850. Monographie und kritischer Werkkatalog. Mit Beiträgen von H. Decker und Barbara Eschenburg. München 1978.
  • Frese, Annette, Carl Rottmann (1797-1850) – Zum 200. Geburtstag des Landschaftsmalers. Erschienen in: Bildhefte des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg. Heft 5. Heidelberg 1997.
  • Lohmeyer, Karl, Heidelberger Maler der Romantik. Heidelberg 1935. S. 231-310.

Weblinks