Carrollit

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Carrollit
Silbrig glänzende Carrollit-Oktaeder mit weißem Dolomit, gelbem Siderit und grünem Malachit aus der Kamoya South II Mine, Demokratische Republik Kongo
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Cli[1]

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/C.01
II/D.01-040

2.DA.05
02.10.01.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakisoktaedrisch; 4/m32/m[4]
Raumgruppe Fd3m (Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227
Gitterparameter a = 9,48 Å[3]
Formeleinheiten Z = 8[3]
Zwillingsbildung nach {111} polysynthetisch und lamellar[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5 bis 5,5 (VHN100 = 507 bis 586)[5]
Dichte (g/cm3) gemessen: 4,5 bis 4,8; berechnet: 4,83[5]
Spaltbarkeit unvollkommen nach {001}[5]
Bruch; Tenazität uneben bis schwach muschelig;[5] sehr spröde[6]
Farbe hellgrau, silbergrau bis stahlgrau, kupferrot bis grauviolett anlaufend[5]
Strichfarbe grauschwarz[7]
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Carrollit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung CuCo2S4[2] und damit chemisch gesehen ein Kupfer-Cobalt-Sulfid sowie das Schwefel-Analogon von Tyrrellit. Da in natürlichen Carrolliten allerdings oft ein Teil des Cobalts durch Nickel ersetzt (substituiert) ist, wird die Formel in verschiedenen Quellen auch mit Cu(Co,Ni)2S4[3] angegeben. Strukturell gehört Carrollit wie sein Selen-Analogon Tyrrellit zur Gruppe der Spinelle.

Carrollit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt oft oktaedrische oder würfelförmige Kristalle und kubische Kombinationen wie beispielsweise Kuboktaeder, kommt aber auch in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate vor. Die undurchsichtigen (opaken) Kristalle sind von hellgrauer bis stahlgrauer Farbe und zeigen auf den Oberflächen einen metallischen Glanz. Mit der Zeit können die Flächen kupferrot bis grauviolett, gelegentlich auch buntfarbig,[8] anlaufen.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Carrollit in Mineralproben aus dem Eisen- und Kupferbergwerk Patapsco bei Finksburg im Carroll County des US-Bundesstaates Maryland. Die Erstbeschreibung erfolgte 1852 durch den Metallurgen und Bergbauingenieur W. L. Faber, der das Mineral nach dem County benannte, in dem dessen Typlokalität liegt.

Ein Aufbewahrungsort für das Typmaterial des Minerals ist nicht bekannt.[9]

Carrollit war bereits vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 bekannt und als Mineral in der Fachwelt meist anerkannt, auch wenn er unter anderem nach Hans Jürgen Rösler als Varietät von Linneit mit 10 bis 19 % Kupfer anstelle von Cobalt angesehen wurde.[10] Als sogenanntes grandfathered Mineral (G) wurde die Anerkennung von Carrollit als eigenständige Mineralart von der Commission on new Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen.[2]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die strukturelle Klassifikation der IMA zählt den Carrollit seit 2018 zur Spinell-Supergruppe, wo er zusammen mit Cuproiridsit, Cuprokalininit, Fletcherit, Florensovit, Malanit, Rhodostannit und Toyohait die Carrollit-Untergruppe innerhalb der Thiospinelle bildet.[11]

Die bekannten und zunächst nach chemischer Zusammensetzung ordnenden Mineralsystematiken ordnen den Carrollit in die Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ ein.

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Carrollit dort zur Abteilung der „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] M : S < 1 : 1“, wo er zusammen mit Bornhardtit, Daubréelith, Greigit, Indit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Reihe“ mit der System-Nr. II/C.01 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.01-40. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide mit [dem Stoffmengenverhältnis] Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Carrollit zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Cuprokalininit, Daubréelith, Fletcherit, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Linneit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit und Violarit die „Linneit-Gruppe“ bildet.[7]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Carrollit dagegen in die zunächst allgemeinere Abteilung der „Metallsulfide mit M : S = 3 : 4 und 2 : 3“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 3 : 4“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bornhardtit, Cadmoindit, Cuproiridsit, Cuprorhodsit, Daubréelith, Ferrorhodsit (diskreditiert, da identisch mit Cuprorhodsit; IMA 2017-H), Fletcherit, Florensovit, Greigit, Indit, Kalininit, Linneit, Malanit, Polydymit, Siegenit, Trüstedtit, Tyrrellit, Violarit und Xingzhongit die „Linneitgruppe“ System-Nr. 2.DA.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Carrollit in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein und dort ebenfalls in die „Linneitgruppe (Isometrisch: Fd3mVorlage:Raumgruppe/227)“ mit der System-Nr. 02.10.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 3 : 4“.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die idealisierte, theoretische Verbindung CuCo2S4 besteht aus 20,52 % Kupfer (Cu), 38,06 % Cobalt (Co) und 41,41 % Schwefel (S). Bei natürlichen Proben weichen die prozentualen Gewichtsanteile allerdings durch Mischkristallbildung beziehungsweise Fremdbeimengungen mehr oder weniger stark ab. So wurden unter anderem bei den analysierten Proben aus der Demokratischen Republik Kongo (ehemals Zaire), Gladhammar in Schweden und Siegen in Deutschland geringe Beimengungen von Eisen (Fe) zwischen 0,6 und 2,25 % gemessen.[5]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carrollit kristallisiert kubisch in der Raumgruppe Fd3m (Raumgruppen-Nr. 227)Vorlage:Raumgruppe/227 mit dem Gitterparameter a = 9,48 Å sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fast perfekter Carrollit-Kuboktaeder aus der Kamoya South II Mine, Demokratische Republik Kongo (Größe 2,3 cm × 1,4 cm × 1,2 cm)
Carrollit (silbrig glänzender Oktaeder) und Chalkopyrit (goldfarbig) auf Calcit aus der Kamoya South II Mine, Demokratische Republik Kongo (Größe 52 mm × 46 mm × 41 mm)
Bunt angelaufener Carrollit (größter Kristall 7 mm) aus der Kamoto Principal Mine, Demokratische Republik Kongo

Carrollit bildet sich in den durch hydrothermale Einflüsse gebildeten Erzgängen, wo er mit vielen Sulfidmineralen vergesellschaftet auftritt wie unter anderem Bornit, Chalkosin, Chalkopyrit, Digenit, Djurleit, Gersdorffit, Kobaltocalcit, Linneit, Millerit, Polydymit, Pyrit, Pyrrhotin, Sphalerit, Siegenit, Tetraedrit und Ullmannit.

Als eher seltene Mineralbildung kann Carrollit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Bisher sind rund 160 Fundorte[13] für Carrollit dokumentiert (Stand 2018). Außer an seiner Typlokalität im Bergwerk Patapsco konnte das Mineral im Carroll County noch in den Eisen- und Kupfergruben Mineral Hill bei Louisville sowie Florence und Springfield nahe Sykesville gefunden werden. Ein weiterer Fundort im Bundesstaat Maryland ist die Kupfergrube Bare Hills nahe dem gleichnamigen Ort im Baltimore County. Des Weiteren kennt man einige Fundpunkte in verschiedenen US-Bundesstaaten wie unter anderem Alaska, Colorado, Missouri, Montana und Wyoming.

In Deutschland trat Carrollit bisher vor allem im Bergbaugebiet um den Siegener Stadtteil Eiserfeld, beispielsweise in den Verbundgruben Eisenzecher Zug und Eiserner Union sowie den Gruben Brüderbund, Eisenhardt und Storch & Schöneberg, auf. Des Weiteren fand sich das Mineral in Nordrhein-Westfalen noch in der Grube Glanzenberg bei Silberg im Kreis Olpe. Weitere bekannte Fundorte sind verschiedene Gruben im Landkreis Altenkirchen (Westerwald) in Rheinland-Pfalz wie beispielsweise die Gruben Bindweide und Wingertshardt sowie eine unbenannte Kupfergrube bei Düppenweiler im saarländischen Landkreis Merzig-Wadern.

In Österreich konnte das Mineral bisher nur im Bergbaurevier Neufinkenstein-Grabanz am Mallestiger Mittagskogel in Kärnten und am Kaiblinggraben im Kleinveitsch-Tal (Veitschtal) in der Steiermark entdeckt werden.

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist die Mine de Baicolliou bei Grimentz im Kanton Wallis.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Carrollitfunde ist die Provinz Katanga in der Demokratischen Republik Kongo und hier insbesondere die Erzlagerstätten um Kamoya im Kreis Kambove sowie Kolwezi in der Provinz Lualaba, wo gut ausgebildete, hochglänzende Carrollit-Oktaeder und Kuboktaeder von bis zu 2 cm Größe zutage traten.[14]

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, China, Kanada, Norwegen, Polen, Russland, Sambia, Schweden und in weiteren Bundesstaaten der USA.[15]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Carrollit dient bei lokaler Anhäufung wie beispielsweise in den Lagerstätten der Demokratischen Republik Kongo als wichtiges Cobalt-Erz.[14]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. L. Faber: On carrollite, a new cobalt mineral. In: American Journal of Science and Arts. Band 13, 1852, S. 418–419 (englisch, rruff.info [PDF; 204 kB; abgerufen am 30. März 2020]).
  • W. F. Foshag: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 13, 1928, S. 32–34 (englisch, rruff.info [PDF; 183 kB; abgerufen am 30. März 2020]).
  • Thomas Wagner, Nigel J. Cook: Carrollite and related minerals of the linnaeite group: Solid solutions and nomenclature in the light of new data from the Siegerland District, Germany. In: The Canadian Mineralogist. Band 37, 1999, S. 545–558 (englisch, rruff.info [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 30. März 2020]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Carrollite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2020. (PDF; 2,44 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2020, abgerufen am 30. März 2020 (englisch).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 93.
  4. David Barthelmy: Carrollite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 30. März 2020 (englisch).
  5. a b c d e f g Carrollite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 117 kB; abgerufen am 30. März 2020]).
  6. Carrollite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. März 2020 (englisch).
  7. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  8. Bildbeispiel eines buntfarbig angelaufenen Carrollitkristalls. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. März 2020 (englisch).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 131 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 30. März 2020.
  10. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 320.
  11. Ferdinando Bosi, Cristian Biagioni, Marco Pasero: Nomenclature and classification of the spinel supergroup. In: European Journal of Mineralogy. Band 31, Nr. 1, 12. September 2018, S. 183–192, doi:10.1127/ejm/2019/0031-2788 (englisch).
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 30. März 2020 (englisch).
  13. Localities for Carrollite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 30. März 2020 (englisch).
  14. a b Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 38.
  15. Fundortliste für Carrollit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 30. März 2020.