„Das Fräulein von Scuderi“ – Versionsunterschied

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Hoffmanns Erzählung spielt in [[Paris]] im Jahre [[1680]]. Das 73-jährige Fräulein von Scuderi ist eine angesehene Hofdichterin am Hofe von [[König]] [[Ludwig XIV.]] Zu dieser Zeit geschehen in Paris viele [[Mord]]e, deren Opfer durch einen [[Dolch]]stich mitten ins [[Herz]] getötet werden. Alle Morde geschehen nach dem gleichen Prinzip: Immer sind die Opfer [[adel]]ige Männer, die mit einem [[Schmuck]]geschenk auf dem Weg zu ihrer Geliebten sind, und immer wird dieses Schmuckstück gestohlen. Die Liebhaber wenden sich nun Hilfe suchend an den König, der bei einem Gespräch mit dem Fräulein von Scuderi folgende Worte von ihr hört:
Hoffmanns Erzählung spielt in [[Paris]] im Jahre [[1680]]. Das 73-jährige Fräulein Lukas M. von Scuderi ist eine angesehene Hofdichterin am Hofe von [[König]] [[Ludwig XIV.]] Zu dieser Zeit geschehen in Paris viele [[Mord]]e, deren Opfer durch einen [[Dolch]]stich mitten ins [[Herz]] getötet werden. Alle Morde geschehen nach dem gleichen Prinzip: Immer sind die Opfer [[adel]]ige Männer, die mit einem [[Schmuck]]geschenk auf dem Weg zu ihrer Geliebten sind, und immer wird dieses Schmuckstück gestohlen. Die Liebhaber wenden sich nun Hilfe suchend an den König, der bei einem Gespräch mit dem Fräulein von Scuderi folgende Worte von ihr hört:
:''„Un amant qui craint les voleurs,''
:''„Un amant qui craint les voleurs,''
:''n’ est point digne d’ amour.“''
:''n’ est point digne d’ amour.“''

Version vom 17. Januar 2011, 13:14 Uhr

Das Fräulein von Scuderi ist eine Novelle von E.T.A. Hoffmann aus dem Zyklus Die Serapionsbrüder, erschienen 1819/21. Sie handelt von einer rätselhaften Mordserie im Paris des 17. Jahrhunderts, um deren Aufklärung sich die französische Schriftstellerin Madeleine de Scudéry (1607–1701) bemüht, und gilt als erste deutsche Kriminalnovelle.

Inhalt

Hoffmanns Erzählung spielt in Paris im Jahre 1680. Das 73-jährige Fräulein Lukas M. von Scuderi ist eine angesehene Hofdichterin am Hofe von König Ludwig XIV. Zu dieser Zeit geschehen in Paris viele Morde, deren Opfer durch einen Dolchstich mitten ins Herz getötet werden. Alle Morde geschehen nach dem gleichen Prinzip: Immer sind die Opfer adelige Männer, die mit einem Schmuckgeschenk auf dem Weg zu ihrer Geliebten sind, und immer wird dieses Schmuckstück gestohlen. Die Liebhaber wenden sich nun Hilfe suchend an den König, der bei einem Gespräch mit dem Fräulein von Scuderi folgende Worte von ihr hört:

„Un amant qui craint les voleurs,
n’ est point digne d’ amour.“
(„Ein Liebhaber, der Diebe fürchtet,
ist der Liebe nicht würdig“)

Diese Worte veranlassen den König, die Ermittlungen nicht zu verschärfen. Zu Beginn der Geschichte bringt ein junger, verstörter Mann nachts ein Kästchen mit edelstem Schmuck und einem Brief zum Fräulein von Scuderi. In diesem Brief bedankt sich die Mörderbande dafür, dass sich die Scuderi gegen die Aufstockung der Polizeikräfte ausgesprochen hat. Das Fräulein ist verängstigt und bittet die Maitresse des Königs um Hilfe. Sie finden heraus, dass der Schmuck von René Cardillac, dem angesehensten Goldschmied seiner Zeit, stammt. Eines Tages fährt das Fräulein von Scuderi in einer Glaskutsche durch Paris, als der verstörte Jüngling einen Zettel in die Kutsche wirft. Auf diesem wird sie aufgefordert den Schmuck binnen zwei Tagen zu Cardillac zu bringen, sonst bringe er sich in ihrem Hause um. Als sie den Schmuck erst am dritten Tagen zurückbringen möchte, wird bei ihrer Ankunft am Haus von Cardillac dessen Leichnam gerade weggebracht und der junge Mann, Olivier Brusson, der Cardillacs Geselle ist, als dessen Mörder verhaftet. Cardillacs Tochter Madelon ist tief bestürzt über Oliviers Verhaftung, dessen Geliebte sie ist. Das Fräulein nimmt Madelon bei sich auf und nach einigen Gesprächen mit ihr ist die überzeugt, dass Olivier unschuldig ist. Sie will ihm helfen und besucht ihn im Gefängnis. Erschrocken bemerkt sie, dass Olivier der Mann ist, der ihr den Schmuck und die Botschaft überbracht hat, und glaubt nun selbst nicht mehr, dass er unschuldig ist. Olivier will nun allerdings seine Aussage nur in Gegenwart des Fräuleins von Scuderi machen. Als es zu einem Gespräch kommt, stellt sich heraus, dass Olivier der Sohn der ehemaligen Pflegetochter der Scuderi ist. Olivier erklärt, dass René Cardillac, der sich nie wirklich von seinen Schmuckstücken habe trennen können (s. dazu Cardillac-Syndrom), der gesuchte Mörder ist. Er habe ihn einmal bei einem Mord beobachtet; habe aber der Polizei nichts gesagt, weil er Angst gehabt habe, Madelons Bild von ihrem Vater zu zerstören und ihre Welt zum Einsturz bringen zu lassen. Bei einem weiteren Mordversuch sei Cardillac von einem Offizier getötet worden. Dieser Offizier sei geflohen, weil er nicht in die Morde verwickelt werden wollte. Er selbst habe die Leiche ins Haus gebracht und sei so des Mordes verdächtig geworden. Nun meldet sich tatsächlich ein Offizier, der Graf von Miossens, bei der Scuderi, der durch seine Aussage die Aussage von Olivier unterstützt. Das Verfahren braucht jedoch einige Zeit und ist nur dank des Einsatzes der Scuderi beim König für Olivier zu gewinnen. Madelon und Olivier heiraten, müssen aber Paris – so der Wunsch des Königs – verlassen, da Madelon den König an seine frühere Geliebte erinnert. Sie ziehen nach Genf, wo früher die Eltern Oliviers gelebt hatten.

Entstehungsgeschichte

E.T.A. Hoffmanns Novelle Das Fräulein von Scuderi gehört zu einer Sammlung von 19 Erzählungen, Novellen und Märchen, die 1819–21 in vier Bänden unter dem Titel Die Serapionsbrüder in Berlin erschienen. Am Tag des heiligen Serapion am 14. November 1818 trafen Hoffmann und seine Schriftstellerfreunde nach langjähriger Pause wieder zusammen (Adelbert von Chamisso war von einer dreijährigen Weltreise zurückgekehrt). Dieses Ereignis inspirierte E.T.A.Hoffmann zum Titel und zur Fertigstellung seiner Sammlung. Die Serapionsbrüder tragen sich gegenseitig die Geschichten vor. Die Ereignisse um Das Fräulein von Scuderi gehen auf historische Vorgänge zurück, welche von Voltaire in seinem Siècle de Louis XIV. und von Johann Christoph Wagenseil in dessen Chronik der Stadt Nürnberg berichtet werden. Als Hintergrund dienten auch die Fälle der Marquise de Brinvilliers und der Catherine Monvoisin aus dem Pitaval, den Hoffmann als Jurist kannte. Die Erzählung erschien 1819 zuerst im Taschenbuch für das Jahr 1820. Der Liebe und Freundschaft gewidmet.

Das Cardillac-Syndrom

Künstler müssen sich, um von ihrer Kunst leben zu können, von ihren Werken beim Verkauf trennen, doch fällt ihnen das oftmals sehr schwer, da sie wichtige Teile ihrer Identität darstellen. Cardillac konnte den Gedanken, dass andere seinen Schmuck tragen würden und er ihn nicht für sich behalten könne, nicht ertragen. So schlägt er die Käufer nachts auf offener Straße nieder oder ermordet sie, um den Schmuck wieder zu erlangen und ihn dann in einem eigens hergerichteten Schmuckraum nur für sich allein aufzustellen. Künstler behelfen sich vielfach mit sorgfältigem Führen von Erwerberlisten, gelegentlich auch vertraglichen Rückkaufsrechten. Arnulf Rainer behielt sich das Recht vor, ein verkauftes Werk jederzeit aufsuchen und ändern zu dürfen. Psychologisierend spricht man in diesem Zusammenhang in Anlehnung an E.T.A. Hoffmanns Novelle vom Cardillac-Syndrom.

Die Macht der Erzählung

Das Fräulein von Scuderi kann den zu Unrecht verdächtigten Olivier nur retten, indem sie den absolutistischen Herrscher Ludwig XIV. zu einer Begnadigung des vermeintlichen Mörders bewegt. Dieser allerdings hat den Fall in die Hände eines Sondergerichtshofs gelegt – der Chambre ardente – und will mit den ihm unangenehmen Geschehnissen nicht behelligt werden. Die Scuderi richtet es deshalb so ein, dass sie dem König in den Gemächern von Françoise d’Aubigné, marquise de Maintenon begegnet, seiner Vertrauten und Geliebten. Auffällig in schwarzen Samt gekleidet und verschleiert, trägt die Scuderi die schönen Schmuckstücke Cardillacs und macht den Alleinherrscher so auf sich aufmerksam. Als dieser sie anspricht, nutzt sie die Gelegenheit, ihn mit der Macht einer ebenso eindringlichen wie lebendigen Erzählung der Vorkommnisse in ihren Bann zu ziehen und zum Einlenken zu bewegen. Der Jurist Hoffmann wollte hier möglicherweise zeigen, welche Rolle Kunst in einem absolutistischen Staat hat, denn er zeigt mit der Scuderi als Hofdichterin und mit Cardillac als Goldschmied zwei verschiedene Künstlermodelle auf. Zugleich wird auf die Probleme absolutistischer Herrschaft hingewiesen.[1]

Verfilmungen

  • 1950: Die tödlichen Träume - Regie: Paul Martin
  • 1955: Das Fräulein von Scuderi - Regie: Eugen York
  • 1968: Cardillac - Regie: Edgar Reitz
  • 1976: Das Fräulein von Scuderi - (als westdeutsche Fernsehfilm-Produktion) - Regie: Lutz Büscher

Hörspiele

Vertonung

Theater

Literatur

  • Pfister, Wolfgang: E. T. A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi. Königs Erläuterungen und Materialien (Bd. 314). Hollfeld: Bange Verlag 2006. ISBN 978-3-8044-1767-0
  • Ekkehart Mittelberg und Dieter Seiffert: Das Fräulein von Scuderi. Text und Materialien. Reihe: Klassische Schullektüre. Berlin: Cornelsen ISBN 3-464-12124-0
  • Mittelberg, Ekkehart/ Seiffert, Dieter: Das Fräulein von Scuderi. Unterrichtskommentar. Reihe: Klassische Schullektüre. Berlin: Cornelsen ISBN 3-464-12124-0
  • E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi. Text und Kommentar, Suhrkamp BasisBibliothek ISBN 3-518-18822-4
  • Bernd Hesse: Die Kriminalerzählung "Das Fräulein von Scuderi" als Spiegel des Richteramts E.T.A. Hoffmanns. NJW 11/2008, 698-704.

Anmerkungen

  1. Wiele, Johannes: Vergangenheit als innere Welt. Historisches Erzählen bei E.T.A. Hoffmann, Frankfurt am Main, Berlin, Bern, New York, Paris, Wien 1996; ISBN 3-631-50005-X, S. 381-399