Eduard Hamm

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Eduard Hamm vor 1921

Eduard Hamm (* 16. Oktober 1879 in Passau; † 23. September 1944 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Politiker (DDP) sowie ein Gegner und Opfer des Nationalsozialismus.

Leben und Beruf

Eduard Hamm wurde am 16. Oktober 1879 als Sohn eines Oberlandesgerichtsrates in Passau geboren. Nach dem Besuch der Gymnasien in Metten und Deggendorf sowie dem Abitur am Gymnasium bei Sankt Stephan in Augsburg nahm er ein Studium der Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München auf, das er 1902 mit dem ersten und 1905 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. Hamm war Stipendiat der Stiftung Maximilianeum. Während seines Studiums wurde er Mitglied des Akademischen Gesangvereins München.[1] Anschließend trat er in den bayerischen Staatsdienst ein. Er war seit 1906 als Hilfsarbeiter im bayerischen Justizministerium tätig, arbeitete dann als Dritter Staatsanwalt am Landgericht München II und wirkte 1908/09 als Rechtsrat in Lindau am Bodensee. Danach fungierte er als Assessor im Bezirksamt Memmingen. Hamm wurde 1911 ins bayerische Staatsministerium des Innern berufen und 1916 von diesem als Vorstandsmitglied in die Zentral-Einkaufsgesellschaft abgeordnet. In der Folgezeit war er als Rat im Berliner Kriegsernährungsamt tätig, bis er 1917 ins bayerische Innenministerium zurückkehrte. Anfang 1918 wurde er Legationsrat in der Handelsabteilung des Bayerischen Ministeriums des Äußern.

Dem Bayerischen Landtag gehörte Hamm vom 15. Juli bis zum 14. Oktober 1920 an. Sein Landtagsmandat legte er nieder, nachdem er bei der Reichstagswahl im Juni 1920 in den Deutschen Reichstag gewählt worden war, dessen Mitglied er bis 1924 war.

Vom 31. Mai 1919 bis zum 24. Juli 1922 war Hamm Minister für Handel, Industrie und Gewerbe in den von den Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann, Gustav Ritter von Kahr und Hugo Graf von und zu Lerchenfeld auf Köfering und Schönberg geführten Regierungen des Freistaates Bayern. Anschließend, 1922/1923, war er Staatssekretär in der Reichskanzlei unter Wilhelm Cuno. Er war Reichswirtschaftsminister in zwei Kabinetten von Reichskanzler Wilhelm Marx (Kabinett Marx I und Kabinett Marx II (30. November 1923 bis 15. Januar 1925)).

Nach seinem Ausscheiden aus der Reichsregierung war Hamm von 1925 bis 1933 geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Industrie- und Handelstages und gleichzeitig Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrates. Darüber hinaus betätigte er sich als Herausgeber der Deutschen Wirtschaftszeitung, in der er unter anderem wiederholt das Wirtschaftsprogramm der NSDAP kritisierte.

Eduard Hamm zählte zu den ersten Widersachern des Nationalsozialismus. Schon 1920/1921 nannte er deren „antisemitische Hetze“ in München beim Namen und war ihr entgegengetreten. Im bayerischen Kabinett beantragte er, den Völkischen Beobachter zu verbieten.[2] Nach der Machtübernahme des NS-Regimes wurde Hamm 1933 in den Ruhestand versetzt. Er zog sich aus dem aktiven politischen Leben zurück und war in den Folgejahren als Rechtsanwalt für Versicherungsfragen in Berlin und München tätig. Seine Kontakte pflegte er weiterhin, vor allem zur Widerstandsbewegung um Otto Geßler, Franz Sperr und Carl Friedrich Goerdeler. Der Widerstandkreis sah ihn für den Fall eines Umsturzes im Schattenkabinett Beck/Goerdeler als Landesverweser für Bayern vor. Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Hamm am 2. September in der Aktion „Gitter“ von der Gestapo verhaftet und in das Zellengefängnis Lehrter Straße verbracht. Eduard Hamm stürzte sich am 23. September 1944 nach Misshandlungen bei einem Gestapo-Verhör aus dem Fenster und erlag den Folgen des Sturzes. Dass Eduard Hamm bei den Verhören die Namen von Mitwissern nicht preisgab und schließlich lieber sein Leben opferte als sie zu verraten, rettete manchem seiner Mitverschwörer das Leben.[2]

Hamm ist auf dem Münchner Waldfriedhof beigesetzt.

Eduard Hamm war seit 1907 mit Maria von Merz verheiratet, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hatte.

Ehrungen

Gedenktafeln am Reichstag

Die Universität Erlangen verlieh Hamm 1927 die Ehrendoktorwürde. In Passau ist die Eduard-Hamm-Straße nach ihm benannt. Seit 1992 erinnert in Berlin in der Nähe des Reichstags eine der 96 Gedenktafeln für von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete an Hamm. Am 23. September 2011 wurde Eduard Hamm an seinem 67. Todestag durch die Gemeinde Reit im Winkl im Ortsteil Oberbichl unweit seines früheren Hofes ein Gedenkstein gesetzt.[3] Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel benannte am 70. Todestag Eduard Hamms die Bibliothek seines Ministeriums nach seinem Vorgänger im Amt.[4]

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Hardtwig: Der Weimarer Demokrat Eduard Hamm 1879-1944. Persönliches Profil und politisches Handeln zwischen Kaiserreich und Widerstand. In: ders., Deutsche Geschichtskultur im 19. und 20. Jahrhundert. München: Oldenbourg Verlag, 2013, S. 313-356.
  • Manuel Limbach: Eduard Hamm - Ein Weimarer Liberaler im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. In: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung 23 (2011), S. 241–255.
  • Markus Pöhlmann, Günther Grünsteudel: Hamm, Eduard. In: Stadtlexikon Augsburg (2. Auflage Druckausgabe).
  • Karlheinrich Rieker: Hamm, Eduard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 586 f. (Digitalisat).
  • Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft - Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild (Band I), Berlin 1930, S. 647
  • Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation. 3., erheblich erweiterte und überarbeitete Auflage. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5183-1.

Fußnoten

  1. Verband Alter SVer (VASV): Anschriftenbuch. Mitgliederverzeichnis sämtlicher Alten Herren. Stand vom 1. Oktober 1937. Hannover 1937, S. 153.
  2. a b Wolfgang Hardtwig, Manuel Limbach: Bürger gegen Hitler. Zum 70. Gedenken an den 20. Juli 1944 muss auch an den bayerischen Widerstandskreis um Franz Sperr erinnert werden. In: Süddeutsche Zeitung, 18. Juli 2014, S. 12. online
  3. Oberbayerisches Volksblatt, Ausgabe Chiemgau, 27. September 2011: Eduard Hamm starb vor 67 Jahren. Erinnerung an einen Nazi-Gegner
  4. BMWi, Pressemitteilung, 24. September 2014: [1]