Ernst Weiß (Schriftsteller)

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Ernst Weiß (* 28. August 1882 in Brünn; † 15. Juni 1940 in Paris) war ein österreichischer Arzt und Schriftsteller jüdischen Glaubens.

Leben

Weiß war der Sohn des Tuchhändlers Gustav Weiß und dessen Ehefrau Berta Weinberg. Bereits am 24. November 1886 starb der Vater; doch trotz finanzieller Probleme bestand Weiß 1902 erfolgreich die Matura (Abitur). Anschließend begann er an den Universitäten Prag und Wien Medizin zu studieren. Dieses Studium beendete er 1911 mit seiner Promotion.

Im selben Jahr noch bekam Weiß eine Anstellung am Spital auf der Wieden. Später wirkte er als Chirurg in Berlin und Wien. Aus dieser Zeit stammt auch sein Briefwechsel mit Martin Buber. In den Jahren 1912/13 hatte er eine Anstellung als Schiffsarzt beim österreichischen Lloyd. Als solcher kam er u.a. nach Indien und Japan.

Während eines Urlaub in Berlin machte Weiß die Bekanntschaft von Franz Kafka. Dieser bestätigte ihn in seiner schriftstellerischen Tätigkeit und Weiß debutierte noch im selben Jahr mit seinem Roman die Galeere.

1914 wurde Weiß zum Militär einberufen und nahm im ersten Weltkrieg als Regimentsarzt in Ungarn und Wolhynien teil. Nach Kriegsende ließ er sich als Arzt in Prag nieder und wirkte in den Jahren 1919/20 im Allgemeinen Krankenhaus in Prag.

Nach einem kurzen Aufenthalt in München ließ sich Weiß 1920 für die nächsten zehn Jahre als freier Schriftsteller in Berlin nieder. 1928 wurde er vom Land Oberösterreich mit dem Adalbert-Stifter-Preis ausgezeichnet. Außerdem gewann Weiß im selben Jahr bei der Olympiade in Amsterdam eine Silbermedaille beim Kunst-Wettbewerb.

Nebenbei wurde er Mitarbeiter beim Berliner Börsen-Courier. Kurz nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 verließ er Berlin für immer und kehrte nach Prag zurück. Dort pflegte er seine Mutter bis zu deren Tod im Januar 1934. Vier Wochen später emigrierte Weiß nach Paris. Da er dort als Arzt keine Arbeitserlaubnis bekam, begann er für verschiedene Emigrantenzeitschriften zu schreiben; u.a. für die Sammlung, das Neue Tage-Buch und Maß und Wert. Da mit diesen Arbeiten sein Lebensunterhalt nicht im mindesten gedeckt wurde, unterstützten ihn die Schriftsteller Thomas Mann und Stefan Zweig.

Ernst Weiß´ letzter( Exil-) Roman "Der Augenzeuge" wurde 1939 geschrieben. Er zeigt Sommers antifaschistisches Engagement im Zusammenhang mit seiner fachlichen Kompetenz: In Form einer fiktiven ärztlichen Autobiographie wird von der "Heilung" des hysterischen Kriegsblinden A.H. nach der militärischen Niederlage in einem Reichswehrlazarett Ende 1918 berichtet. Nach der "Machtergreifung" der Nazis 1933 wird der Arzt, weil "Augenzeuge", in ein KZ "verbracht": Sein Wissen um die "Krankheit" des A.H. und ihre Geschichte könnte den Nazis gefährlich werden. Um den Preis der Dokumentenübergabe wird "der Augenzeuge" freigelassen und aus Deutschland ausgewiesen. Nun will er nicht mehr nur "Augenzeuge" sein, sondern praktisch-organisiert kämpfen und entschließt sich, auf der Seite der Republikaner für die Befreiung Spaniens und gegen den mit Nazideutschland politisch verbündeten Francismus zu kämpfen...

Als Weiß am 14. Juni 1940 den Einmarsch der deutschen Truppen in Paris von seinem Hotel miterleben musste, beging er Selbstmord. Weiß schnitt sich in der Badewanne seines Hotelzimmers die Pulsadern auf, nachdem er Gift genommen hatte. Im Alter von 58 Jahren starb Dr. Ernst Weiß am 15. Juni 1940 im nahegelegenen Krankenhaus.

Sein Suizid bildete die literarische Vorlage für den Roman Transit von Anna Seghers. Seit seinem Tod ist ein großer Koffer mit unveröffentlichten Manuskripten verschwunden und die Lage seines Grabes ist noch ungeklärt.

In den Jahren 1926 bis 1931 lebte und wirkte Dr. Ernst Weiß in Berlin-Schöneberg. Am Haus Luitpoldstraße 34 erinnert daran noch heute eine Gedenktafel.

Werke

  • Die Galeere, Roman, S.Fischer, Berlin 1913
  • Der Kampf, Roman, S.Fischer, Berlin 1916 (seit 1919 "Franziska")
  • Tiere in Ketten, Roman, S.Fischer, Berlin 1918
  • Das Versöhnungsfest, Eine Dichtung in vier Kreisen, in: "Der Mensch" (Zeitschrift), 1918
  • Mensch gegen Mensch, Roman, Verlag Georg Müller, München, 1918
  • Tanja, Drama in 3 Akten, UA 1919 in Prag
  • Stern der Dämonen, Erzählung, Genossenschaftsverlag Wien/Leipzig 1920
  • Nahar, Roman, Verlag Kurt Wolf, München 1922
  • Hodin, Erzählung, Verlag H.Tillgner, Berlin 1923
  • Die Feuerprobe, Roman, Verlag Die Schmiede, Berlin 1923
  • Der Fall Vukobrankovics, Kriminalreportage, Verlag Die Schmiede, Berlin 1924
  • Atua, Erzählungen, Kurt Wolff Verlag, München 1923
  • Männer in der Nacht, Roman (um Balzac), Propyläen Verlag, Berlin 1925
  • Dämonenzug, Erzählungen, Ulstein, Berlin 1928
  • Boëtius von Orlamünde, Roman, S.Fischer, Berlin 1928 (Adalbert-Stifter-Preis, Silbermedaille der Olympischen Spiele in Amsterdam (Fehlinterpretation als Sportroman)) (seit 1930 "Der Aristokrat")
  • Das Unverlierbare, Essays, Ernst Rowohlt Verlag, Berlin 1928
  • Georg Letham. Arzt und Mörder, Roman, Zsolnay Wien 1931
  • Der Gefängnisarzt oder Die Vaterlosen, Roman, Verlag Julius Kittls Nachf., Mährisch-Ostrau, 1934
  • Der arme Verschwender, Roman (Stefan Zweig gewidmet), Querido Verlag, Amsterdam 1936
  • Jarmila, Novelle, 1937
  • Der Verführer, Roman (Thomas Mann gewidmet), Humanitas Verlag, Zürich 1938
  • Ich, der Augenzeuge, Roman, Verlag Kreißelmeier, Icking b. München 1963 (ursprünglicher Titel: "Der Augenzeuge"; 1963 musste dieser Titel aufgrund von Rechtsstreitigkeiten zeitweilig geändert werden. In der damaligen DDR erschien Weiß´ Roman als "Der Augenzeuge" im Aufbau-Verlag (Berlin/Weimar 1986², 247 p.); auch der Frankfurter Suhrkamp-Verlag veröffentlichte als suhrkamp-taschenbuch 2000 Weiß´ Roman unter dem ursprünglichen Titel "Der Augenzeuge" (296 p., [ISBN 3-518-39622-6])
  • Der zweite Augenzeuge und andere ausgewählte Werke, 1978
  • Die Kunst des Erzählens, Essays, Aufsätze, Schriften zur Literatur, 1982
  • Gesammelte Werke, 16 Bände, suhrkamp taschenbuch 1982 (st 798)

Literatur

  • Engel, Peter (Hrsg.): Ernst Weiß. - Frankfurt/M. : Suhrkamp, 1982. - ISBN 3-518-38520-8
  • Pazi, Margarete: Ernst Weiß : Schicksal und Werk eines jüdischen mitteleuropäischen Autors in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. - Frankfurt/M. : Lang, 1993. - ISBN 3-631-45475-9


Weblinks