Fairer Handel

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Zertifizierte Produzenten von gehandeltem Quinoa in Ecuador

Als Fairer Handel wird ein kontrollierter Handel bezeichnet, in dem die Preise für die gehandelten Produkte üblicherweise höher angesetzt sind als der jeweilige Weltmarktpreis. Damit soll den Produzenten ein höheres und verlässlicheres Einkommen als im herkömmlichen Handel ermöglicht werden. In der Produktion sollen internationale Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden.

Die Fairhandelsbewegung konzentriert sich hauptsächlich auf Waren, die aus so genannten Entwicklungsländern in Industrieländer exportiert werden. Er umfasst landwirtschaftliche Erzeugnisse (etwa Kaffee und Bananen) ebenso wie Produkte des traditionellen Handwerks und der Industrie und weitet sich zusehends auf neue Bereiche wie den Tourismus aus. Verkauft werden fair gehandelte Produkte in Bio- und Weltläden wie auch in Supermärkten.

Grundsätze

Fair gehandelte Produkte mit TransFair-Siegel

Der informelle Arbeitskreis FINE – bestehend aus den internationalen Dachorganisationen des fairen Handels FLO, IFAT, News! und EFTA – einigte sich 2001 auf folgende Definition des fairen Handels:

Fairer Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte ProduzentInnen und ArbeiterInnen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fairhandelsorganisationen (die von Verbrauchern unterstützt werden) sind aktiv damit beschäftigt, die Hersteller zu unterstützen, das Bewusstsein zu steigern und für Veränderungen bei den Regeln und dem Ausüben des konventionellen internationalen Handels zu kämpfen. Die strategische Absicht des fairen Handeln besteht aus folgenden Punkten:

  • Gezielt mit Herstellern und Arbeitern zusammenarbeiten, die an den Rand gedrängt wurden, um sie von einer sehr schwachen Position zu Sicherheit und Autarkie zu bewegen
  • Hersteller und Arbeiter als Teilhaber innerhalb ihrer eigenen Organisationen stärken
  • sich aktiv darum zu bemühen, eine größere Rolle in der globalen Arena zu spielen, um mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel zu erreichen.[1]

Fairer Handel kann auch als eine Variante des Handels mit Markenartikeln gesehen werden, wobei der Mehrwert der Marke dadurch dargestellt wird, dass mit dem Mehrpreis, den der Verbraucher bezahlt, wirtschaftlich schwächeren Menschen geholfen werden soll. Anders als z. B. bei Wohlfahrtsmarken soll diese Hilfe jedoch nicht unbeteiligten Dritten, sondern den Produzenten zugute kommen, sodass der Bezug zwischen Leistung und Einkommen gewahrt bleibt.

Zum Vergleich: Zusammensetzung des Verkaufspreises bei konventionell gehandeltem Kaffee
 44,9% Steuern, Zölle, Frachtkosten
 23,7% Einzelhandel
 17,8% Händler und Röster
 8,5% Plantagenbesitzer
 5,1% Löhne der Arbeiter

Befürworter des fairen Handels unterstützen generell die folgenden Prinzipien und Praktiken bei Handelsbeziehungen:

Chancen für wirtschaftlich benachteiligte Hersteller schaffen
Fairer Handel ist eine Strategie zur Linderung von Armut und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung. Sein Zweck besteht darin, Chancen für Hersteller zu schaffen, die wirtschaftlich benachteiligt oder vom bestehenden Handelssystem an den Rand gedrängt worden sind.
Transparenz und Verantwortung
Fairer Handel bedeutet transparente Geschäftsführung und kommerzielle Beziehungen, um fair und respektvoll mit Handelspartnern umzugehen.
Aufbau von Kapazität und Know-How
Der faire Handel ist für die Hersteller ein Mittel, um Unabhängigkeit zu entwickeln. Fairhandelsbeziehungen bringen Kontinuität, weil der Hersteller und deren Vermarktungsorganisationen ihre Kompetenzen im Management und ihren Zugang zu neuen Märkten verbessern können.
Zahlung eines fairen Preises
Die Bedingung, dass ein fairer Preis im lokalen und regionalen Zusammenhang gezahlt wird, der durch Dialog und Teilnahme zustande kam. Sie berücksichtigt nicht nur die Produktionskosten, sondern ermöglicht auch eine Produktion, die sozial gerecht und umweltfreundlich ist. Die Hersteller können faire Preise erzielen. Außerdem wird das Prinzip der gleichen Zahlung für gleiche Arbeit umgesetzt, das sicher stellt, dass Frauen und Männer dieselbe Bezahlung für dieselbe Arbeit erhalten. Die Unterstützer des fairen Handels garantieren ihren Partnern sofortige Auszahlung und helfen den Herstellern soweit wie möglich dabei, die Vorernte oder die Vorproduktion zu finanzieren.
Gleichberechtigung von Frauen
Fairer Handel bedeutet, dass Frauenarbeit auf die richtige Art geschätzt und entsprechend auch entlöhnt wird. Frauen werden immer für ihren Beitrag im Herstellungsprozess bezahlt und werden innerhalb ihrer jeweiligen Organisationen gestärkt.
Sozialverträgliche Arbeitsbedingungen
Fairer Handel bedeutet für die Hersteller ein sicheres und nicht gesundheitsschädigendes Arbeitsumfeld. Ausbeutung, Kinder- und Sklavenarbeit ist verboten.

Praxis

Bereiche des fairen Handels

Traditionell befasst sich der faire Handel mit landwirtschaftlichen Gütern, die aus Entwicklungsländern in Industrieländer exportiert werden. Das Zertifizierungssystem der FLO umfasst heute Kaffee, (Eis-)Tee, Bananen und weiteres frisches und getrocknetes Obst, Säfte, Kakao und Schokolade, (Rohr-)Zucker, Honig, Nüsse, pflanzliches Öl, Reis, Gewürze, Baumwolle und Wein. Daneben werden, vorwiegend in Weltläden, Produkte des traditionellen Handwerks aus fairem Handel angeboten. Für handgefertigte Teppiche existieren eigene Gütesiegel wie Rugmark, insbesondere seit die Problematik der Kinderarbeit in diesem Bereich durch Fälle wie Iqbal Masih bekannt geworden ist.

In jüngerer Zeit weitet sich der faire Handel auf industrielle Produkte wie Bekleidung und Fußbälle aus, und es gibt Initiativen, die ihn auf Computer, auf Erdöl oder Diamanten (siehe auch: Blutdiamant) ausweiten wollen. Dies ist jedoch umstritten. Auch im Tourismus wird fairer Handel vermehrt zum Thema. Angesichts sinkender Milchpreise in Europa bestehen vereinzelt Ansätze, die „faire Preise“ für europäische Milchbauern garantieren sollen.

Gütesiegel und Zertifizierung

Datei:FairTrade-Logo.svg
Das TransFair-Gütesiegel

Sogenannte Gütesiegel oder Labels machen Produkte aus fairem Handel für die Verbraucher als solche erkennbar. Für die Zertifizierung von Produkten und Produzenten und die unabhängige Überprüfung der Einhaltung der Kriterien ist die internationale Dachorganisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) verantwortlich. In ihr sind die nationalen Fairhandelsorganisationen zusammengeschlossen. Das Gütesiegel für fairen Handel heißt in Deutschland und Österreich TransFair, in der Schweiz Max Havelaar.

Neben den allgemeinen Kriterien – Einhaltung der Menschenrechte und der Konventionen der ILO bezüglich Gewerkschaftsfreiheit, Verbot von Kinderarbeit und Sklaverei in der Produktion, im Gegenzug Zahlung eines festgelegten „fairen“ Preises, der die Produktionskosten deckt und die Existenz der Produzenten sichert – sind für die einzelnen Produkte jeweils spezifische Kriterien festgelegt, insbesondere auch bezüglich Anbau(-ökologie). Biologische Landwirtschaft ist nicht zwingend vorgeschrieben, doch sind bestimmte Pestizide untersagt.

Akzeptanz

Einer Emnid-Umfrage in Deutschland zufolge kaufen 5,4 Prozent der Befragten regelmäßig fair gehandelte Produkte. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung sympathisiert mit der Idee des Fairen Handels und hält sie für unterstützenswert.

Fairer Handel und politische Inhalte

Teile der Fairhandelsbewegung verbinden den eigentlichen Handel mit politischen Inhalten, indem gezielt politische Bewegungen in den Herkunftsländern unterstützt und den Verbrauchern entsprechende Informationen vermittelt werden. Am bekanntesten waren die Kampagne für den so genannten Nica-Kaffee und Nica-Bananen, mit deren Verkauf die Sandinisten in Nicaragua unterstützt wurden. Heute fördern verschiedene Initiativen beispielsweise den Verkauf von Kaffee zapatistischer Kooperativen in Chiapas (Süd-Mexiko).

Fairer Handel in der freien Wirtschaft

Der Faire Handel hat bisher auf jegliche Zwangsmaßnahmen, Subventionen oder Zoll-Initiativen verzichtet. Lobby-Arbeit gegen Wettbewerb ist nicht feststellbar. Insofern ist der Faire Handel voll kompatibel mit freier Marktwirtschaft. Fairer Handel unterliegt den gleichen Zöllen, Beschränkungen und Diskriminierungen wie jeglicher andere Warenhandel, insbesondere der Import aus nicht-EU-Ländern. Er setzt allerdings eine Bereitschaft der Kunden voraus, höhere Preise zu akzeptieren.

Wie jedes Handelsunternehmen müssen sich auch die Fair-Handels-Unternehmen auf dem oft stark umkämpften Markt behaupten. In Deutschland beträgt etwa der Marktanteil beim fair gehandelten Kaffee bei 1 Prozent gegenüber 99 Prozent Kaffee, der den Kriterien für Fairen Kaffeehandel nicht genügt. Entgegen dem Trend des sinkenden Kaffeeverbrauchs vermag sich der Faire Handel aber zu behaupten. Die Umsatzzahlen steigen langsam, aber stetig an.

Neben Fair-Trade-Organisationen wie dem gepa-Fairhandelshaus, El Puente und dwp Ravensburg engagieren sich auch Wirtschaftsunternehmen aus andere Branchen für gerechtere Handelsbeziehungen. So zum Beispiel der Naturkosthersteller Rapunzel, der ein eigenes Label namens „Hand in Hand“ eingeführt hat. Dieses Label genügt allerdings den gängigen Kriterien für fair gehandelte Produkte bisher nicht, etwa denen, externe Kontrollen durchführen zu lassen oder Transparenz in den Handelsbeziehungen herzustellen.

Seit 2006 werden auch bei Lidl fair gehandelte Produkte angeboten.

Studien über die Auswirkungen des fairen Handels

Mehrere unabhängige Studien haben in jüngster Zeit die Auswirkungen des fairen Handels auf benachteiligte Bauern und Arbeiter untersucht.

2002 befasste sich Loraine Ronchi von der Poverty Research Unit an der Universität Sussex mit den Auswirkungen des fairen Handels auf die Coocafe-Genossenschaft in Costa Rica. Sie fand heraus, dass der faire Handel die Herstellerorganisationen stärkte und schloss, dass „man mit Rückblick auf die Kaffeekrise der frühen neunziger Jahre sagen kann, dass der faire Handel seine Ziele erreicht hat, die Rückkehr kleiner Hersteller zu verbessern und sich auf ihre Lebensqualität sowie auf die Atmosphäre der Organisationen, die sie auf lokaler, nationaler und der darüber hinausgehenden Ebene auszuwirken.“

2003 führte die Forschungsgruppe für fairen Handel der Colorado State University sieben Fallstudien, die sich mit Kaffeeherstellern aus Lateinamerika (UCIRI, CEPCO, Majomut, Las Colinas & El Sincuyo La Selva, Tzotzilotic und La Voz) befassen, die sich dem fairen Handel verpflichtet haben und kam letztendlich zu dem Schluss, dass der faire Handel „innerhalb einer kurzen Zeit das Wohlbefinden der kleineren Kaffeebauern und ihren Familien verbessert habe“. Insbesondere fanden diese verschiedenen Fallstudien heraus, dass die bei fairem Handel einen größeren Zugang zu Ansehen und auswärtiger Entwicklungsfinanzierung haben. Ebenso fanden diese Studien heraus, dass diese Hersteller, im Vergleich mit gewöhnlichen Kaffeeproduzenten, einen leichteren Zugang zur Ausbildung und bessere Möglichkeiten haben, die Qualität ihres Kaffees zu steigern. Ebenso sollen die Familien der Hersteller ausgeglichener sein und die Kinder einen besseren Zugang zur Bildung haben als Familien, die konventionellen Kaffee herstellen.

Eine 2005 von Nicolas Eberhart für die französische Nichtregierungsorganisation Agronomes et Vétérinaires sans frontières durchgeführte Fallstudie, die sich mit Herstellern von fair gehandeltem Kaffee aus Bolivien befasst, kam zu dem Ergebnis, dass die Zertifizierung des fairen Handels positive Auswirkungen auf den Kaffeepreis in der Region Yungas hatte, folglich davon wirtschaftlich alle Kaffeehersteller, egal ob sie ausgezeichnet worden waren oder nicht. Ebenso soll der Faire Handel die Herstellerorganisationen gestärkt und ihren politischen Einfluss erhöht haben.

Haltung der Politik zum fairen Handel

Europäische Politik

Im Juni 2006 legte der Europaabgeordnete der Grünen Frithjof Schmidt dem Entwicklungsausschuss den Bericht Fairer Handel und Entwicklung vor.

Der Bericht hebt hervor, dass der bedeutendste Anteil der erhöhten Verkäufe im fairen Handel mit Rücksicht auf die gekennzeichneten Produkte erreicht wurde und dass in den meisten europäischen Ländern Initiativen für die Kennzeichnung entwickelt wurden. Dem Bericht folgte eine Resolution, die die Europäische Kommission dazu drängte, eine Empfehlung für den fairen Handel abzugeben, indem sie ihre Rolle im Bestreben der Entwicklungs- und Handelspolitik der EU. Die Resolution empfahl auch, Mindestkriterien festzulegen, die ein Produkt benötigt, um mit dem fairen Handel in Einklang zu stehen, um die Missbrauchsrisiken zu reduzieren.[2]

„Diese Resolution reagiert auf das beeindruckende Wachstum des fairen Handels und demonstriert das wachsende Interesse europäischer Kunden, verantwortungsvoll einzukaufen“, so Frithjof Schmidt. Peter Mandelson, EU-Kommissar für den Außenhandel, entgegnete, dass diese Resolution von der Kommission allgemein sehr gut akzeptiert würde. „Fairer Handel bringt die Kunden zum Nachdenken und ist deshalb sogar noch wertvoller. Wir müssen ein zusammenhängendes Gerüst für die Politik entwickeln und diese Resolution wird uns dabei helfen.“.[3]

Die Resolution wurde am 6. Juli 2006 einstimmig angenommen.

Weltbank

Die Weltbank hat gegenüber dem fairen Handel eine positive Haltung. Laut ihrer Studie haltbarer Kaffeemärkte aus dem Jahr 2003 können haltbare Kaffees (sowohl aus dem fairen Handel als auch solche aus ökologischer Landwirtschaft „Vorteile wie verbesserten Umgang mit natürlichen Ressourcen bringen; in der Herstellung werden weniger landwirtschaftlich Chemikalien benutzt, was sowohl die Kosten als auch die Gesundheitsrisiken senkt. Außerdem steigt der Gebrauch ländlicher Arbeit, wodurch mehr Arbeit für diejenigen da ist, die dringend eine benötigen“.[4].

Kritik

Ein Kriterium für die aktuelle Organisation des internationalen Handels, ob man in diesem Zusammenhang als „fair“ oder „unfair“ eingestuft wird, besteht darin, dass man bedingungslos und eindeutig für den fairen Handel eintritt. Während Entwicklungsländer Waren in die nördlichen Länder exportieren, stehen sie oft Zollgrenzen gegenüber, die viermal so hoch sein können wie die, auf die die nördlichen Länder treffen. Bekämpfer der Armut behaupten, dass diese Grenzen die Armen Länder hundert Milliarden Dollar pro Jahr kosten, zweimal soviel wie die Summe, die sie als Unterstützung erhalten. Befürworter des fairen Handels bestehen darauf, dass die Schwankung des Rohstoffpreises dazu führt, dass viele Hersteller in Entwicklungsländern keine Löhne erhalten, von denen sie leben könnten. Dies zwingt diese wiederum dazu, mit riesigen Schulden leben zu müssen. Marktpreise würden nicht die wirklichen Kosten widerspiegeln, die mit der Herstellung des Produktes während der externen wirtschaftlichen Effekte verbunden sind, zu denen ökologische und soziale Kosten gehören.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es mitunter schwer nachzuvollziehen ist, wer in der Wertschöpfungskette welchen Anteil von den Mehrerlösen erhält. Des Weiteren ist die Preisdifferenz fair gehandelter Produkte im Vergleich zu konventionell gehandelten deutlich höher als der Mehrbetrag, welchen der Produzent erhält. Dies wird mit den Verwaltungs- und Kontrollkosten der Organisationen erklärt, ist jedoch schwer nachzuprüfen. Aus ökonomischer bzw. marktliberaler Sicht wird kritisiert, dass der Preis nicht mehr durch wertfreie Preisbildungsmechanismen, die „unsichtbare Hand“ des Marktes gesteuert wird, sondern von Organisationen festgesetzt wird, was zu Korruption und Ineffizienz führen kann, weil der Erfolg der Produzenten nicht länger von ihrer Produktivität, sondern von der Mitgliedschaft in einer speziellen Organisation abhängt. Außerdem wird kritisiert, dass Fairer Handel das Problem der Überproduktion (namentlich beim Kaffee, siehe auch Kaffeekrise) nicht bekämpfe, sondern durch den höheren Verkaufserlös den Marktaustritt von Anbietern verhindert. Würde hingegen weniger Kaffee produziert, dann stiegen nach dieser Argumentation unweigerlich die Preise und damit tendenziell auch die Erlöse für die Kaffeebauern.

Eine von manchen Befürwortern des Fairen Handels – insbesondere von Vertretern des „Alternativen Handels“ – geäußerte Kritik besagt, dass der Faire Handel durch die zunehmende Ausrichtung auf Massenmärkte und die Zusammenarbeit mit großen Konzernen Gefahr laufe, sich von seinen ursprünglichen Zielen und Idealen zu entfernen.

Geschichte

Für die Geschichte des fairen Handels im deutschsprachigen Raum siehe Entwicklung des fairen Handels im deutschsprachigen Raum

Ursprünge

Die ersten Versuche, Produkte aus fairem Handel in Ländern auf der Nordhalbkugel zu kommerzialisieren, wurden in den vierziger und fünfziger Jahren von religiösen Gruppen und verschiedenen politisch orientierten nichtstaatlichen Organisationen unternommen. Das Mennonite Central Committee und die Church of the Brethren waren die ersten, die 1946 bzw. 1949, die Vorrat aus fairem Handel in Dritte-Welt-Ländern entwickelten.[5] Die Produkte waren fast ausschließlich Handwerk, das von aus Jute hergestellten Gütern bis zu sog. Kreuzstich-Arbeiten reichte, und wurden meisten in Weltläden verkauft. Die Sachen an sich hatten oft keinen anderen Zweck, als darauf hinzuweisen, dass Geld zur Verfügung gestellt wurde.[6]

Die Anfänge (1959 bis 1980)

Die Fairhandelsbewegung wie man sie heute kennt, wurde in Europa in den sechziger Jahren gebildet. Der faire Handel wurde zu der damaligen Zeit oft als Zeichen gegen den Neoimperialismus betrachtet: Radikale Studenten begannen, internationale Konzerne dafür zu kritisieren, dass Geschäftsmodelle herauskamen, die in den Traditionen stark beeinträchtigt würden. Das weltweite Modell der freien Marktwirtschaft wurde während dieser Zeit zunehmend angegriffen und Ideale des fairen Handels entwickelt, wonach der Preis mit den tatsächlichen Kosten direkt verbunden ist und wonach alle Hersteller Anspruch auf fairen und gleichen Zugang zu den Märkten haben. Der Slogan dieser Zeit, der „Trade not aid“ (dt.: „Handel statt Hilfe“) gewann 1968 Anerkennung, als ihn die United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) übernahm, um die Betonung auf die Etablierung der Fairhandelsbeziehungen mit den Entwicklungsländern zu legen.

Die Stiftung Steun voor Onderontwikkelde Streken (S.O.S., dt. „Unterstützung für unterentwickelte Regionen“) in den Niederlanden wurde im Jahr 1959 als erste sog. Alternative Handelsorganisation gegründet. Sie war nicht auf Gewinn ausgerichtet, sondern importierte Handwerk von nicht sehr wohlhabenden Ländern aus der südlichen Erdhalbkugel. 1967 begann diese Organisation mit dem Handel von Produkten aus der sogenannten Dritten Welt. Im April 1969 wurde im niederländischen Ort Breukelen der erste Weltladen eröffnet, der als Einzelhändler Produkte anbot, die in diesen „unterentwickelten Regionen“ hergestellt worden waren. Er wurde von Freiwilligen betrieben und war so erfolgreich, dass bald dutzende ähnlicher Läden in den Beneluxstaaten, Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern öffneten. Erwähnenswert bleibt aber, dass die Mehrheit der Produkte, die zu der Zeit in den Weltläden verkauft wurden, weiterhin aus dem Handwerk stammten. 1973 wurde in den Niederlanden der weltweit erste fair gehandelte Kaffee verkauft. 1980 wurde diese Fairhandelsorganisation S.O.S. in S.O.S. Wereldhandel umbenannt.

Produkte, die in Weltläden angeboten werden

Während der sechziger und siebziger Jahre arbeiteten wichtige Teile dieser Bewegung daran, Märkte für Produkte aus denjenigen Ländern zu finden, die aus politischen Gründen von wichtigen Welthandelsprogrammen isoliert worden waren. So verkauften Tausende Freiwilliger beispielsweise Kaffee aus Angola und Nicaragua in Weltläden, in Kirchen, bei sich daheim und von Ständen auf öffentlichen Plätzen.

Achtziger Jahre: Handwerk vs. Landwirtschaftliche Produkte

In den frühen achtziger Jahren nahmen die alternativen Handelsorganisationen eine große Herausforderung an: Das „Neue“ an den fair gehandelten Produkten war immer mehr verloren gegangen, die Verkaufszahlen stagnierten und die Handwerkprodukte begannen, auf dem Markt sehr altmodisch und nicht mehr modern zu wirken. Da der Markt für Handwerksprodukte immer weiter zurückging, waren die Unterstützer des fairen Handels dazu gezwungen, ihr Geschäftsmodell zu überdenken, und innovative Lösungen für die andauernde Krise in dieser Branche zu finden.

Waren aus der Landwirtschaft bildeten dabei den perfekten Ersatz zum schwindenden Markt für Handwerksprodukte: Sie boten eine erneuerbare Einkommensquelle und waren leicht zu vermarkten, da theoretisch jede einzelne Verbraucher ein potentieller Kunde werden konnte. Die ersten landwirtschaftlichen Produkte, die im fairen Handel verkauft worden waren, waren Kaffee und Tee, denen getrocknetes Obst, Kakao, Zucker, Fruchtsäfte, Reis, Gewürze und Nüsse schnell folgte

1983 gab es insgesamt ungefähr 2.500 Aktionsgruppen im Fairen Handel. Im November 1985 gab es ca. 350 Weltläden, 70 davon waren zu diesem Zeitpunkt in der AG3WL organisiert. 1986 waren in Deutschland ungefähr 400 Weltläden und etwa 4.000 Aktionsgruppen angesiedelt. Im Jahr 1988 wurde der Verein Dritte-Welt Partner Ravensburg e.V. (dwp Ravensburg) gegründet, der heute Deutschlands drittgrößter Importeur fair gehandelter Produkte ist. Im selben Jahr wurde von der niederländischen Organisation Solidaridad das Max-Havelaar-Gütesiegel für Fairen Handel eingeführt.

1989 wurde die International Federation for Alternative Trade (IFAT) als Weltverband alternativer Importorganisationen gegründet, der 1998 etwa hundert Fair-Handelorganisationen angehörten, darunter in Deutschland Dritte-Welt Partner Ravensburg, El Puente, gepa und TEAM. 1990 wurde die European Fair Trade Association (EFTA) als Zusammenschluss von elf alternativen Importorganisationen gegründet.

Erste Hälfte der neunziger Jahre: Aufstieg des Fair-Trade-Siegels

Die Verkäufe aus dem fairen Handel kamen allerdings erst richtig in Fahrt, als die ersten Initiativen für Fair-Trade-Siegel entstanden. Der faire Handel hatte zwar durch ständig wachsende Verkaufszahlen Auftrieb bekommen, jedoch war er größtenteils auf kleinere Weltläden beschränkt, die sich in ganz Europa und in einem geringeren Ausmaß auch in Nordamerika verstreut befanden. Viele waren der Meinung, dass diese Läden viel zu sehr von Rhythmus und vom Lebensstil von zeitgenössischen und entwickelten Gesellschaften getrennt waren.

Die einzige Möglichkeit, um die Verkaufsmöglichkeiten zu erhöhen, lag darin, fair gehandelte Produkte dort anzubieten, wo die Kunden normalerweise hingehen, nämlich in größere Kaufhausketten. Das Problem, das hierbei entstand war, dass die Verbreitung der Waren dahingehend erfolgen sollte, indem die Kunden den fair gehandelten Produkten und deren jeweiliger Herkunft bedingungslos vertrauen sollten. Nachdem es in der Folgezeit zu langen Debatten innerhalb der Kreise des fairen Handels gekommen, wurde 1988 durch die niederländische Organisation Solidaridad das erste Logo “Max Havelaar“ (s. o.) eingeführt. Dieses unabhängige Zertifikat machte es möglich, die Produkte auch außerhalb von Weltläden zu verkaufen und somit in den Mainstream zu gelangen, wodurch ein breiteres Spektrum an Kunden angesprochen werden konnte und die Verkaufszahlen des fairen Handels daraufhin deutlich anstiegen. Die Logos unterschieden sich oft von Land zu Land. Während “Max Havelaar“ in Ländern wie Belgien, der Schweiz, Dänemark und Frankreich verwendet wurde, wurden in anderen Ländern wie Deutschland, Österreich und Italien die Produkte mit dem „Transfair“-Siegel ausgezeichnet, in Großbritannien und Irland setzte man auf das Siegel „Fairtrade Mark“.

Am 12. Juni 1992 wurde die Organisation TransFair International als Träger des europäischen Fair-Trade-Siegels von der EFTA und TransFair Deutschland in Göttingen gegründet. Im Frühsommer 1993 wurde Unicef 27. Transfair-Mitglied. Das Network of European Worldshops (NEWS!, dt. „Netzwerk Europäischer Weltläden“) wurde beim Europäischen Weltladenkongress in Utrecht gegründet. Im Herbst 1994 meldete TransFair 33 Mitgliedsorganisationen. Der erste TransFair-gesiegelte Tee auf den Markt. Im Jahr 1994 wurden 5.000 Tonnen Rohkaffee zu TransFair-Bedingungen importiert.

Zweite Hälfte der neunziger Jahre

Anfang 1996 werden Schokolade (Kakao und Zucker) und Kakaoprodukte mit dem TransFair-Siegel eingeführt. Am 11. Mai 1996 findet, organisiert von NEWS (Network European World Shops), der erste Europäische Weltladentag unter dem Motto: Africa in European World Shops - Frühstücke mit Afrika! statt.

Im April 1997 schließen sich verschiedene internationale Siegelorganisationen zu der gemeinsamen Dachorganisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) mit Sitz in Bonn zusammen. Im Mai 1997 hatte TransFair 37 Mitgliedsorganisationen. Vom 2. bis 6. Juni 1997 wird der Weltgipfel des Fairen Kaffeehandels in Tutzing am Starnberger See durchgeführt. Am 6. Juni 1997 erscheint die erste Ausgabe des von Misereor und BDKJ herausgegebenen, dreiwöchigen Informationsdienstes Welt & Handel - Infodienst für den Fairen Handel.

Im Sommer 1997 kamen Bonbons mit dem TransFair-Siegel auf den Markt. Am 5. Juli 1997 startete die Eilaktion der Kampagne für Saubere Kleidung zur Einforderung eines Sozialfonds für thailändische Näharbeiterinnen. Sie wandte sich an die Konzerne C&A, Karstadt, Metro, Neckermann, Otto und Quelle. Im Oktober 1997 starteten die gepa und der Otto-Versand eine Kooperation. Verschiedene Handwerksprodukte der gepa wurden auf zwei Seiten des Otto-Katalogs Schöner schenken angeboten. Vom 6. bis 12. Okt. 1997 wurde die Aktion Mehr recht als billig - FAIR gehandelte Bananen durchgeführt. Rund 130 Weltläden nehmen an den Bananenaktionstagen des BanaFair e. V. teil.

Am 17. Januar 1998 begab sich die Asien-Gruppe des Global March Against Child Labour in Manila auf den Weg nach Genf. Am 25. Februar 1998 startete die Amerika-Gruppe in Sao Paulo und am 21. März die Afrika-Gruppe in Kapstadt. Am 9. Mai selben Jahres fand der dritte Europäische Weltladentag unter dem Motto made in dignity - Produktionsbedingungen in der Bekleidungsbranche statt. In Rom wurde im selben Jahr die achte Europäische Weltladenkonferenz durchgeführt.

Am 8. Mai 1999 wurde der vierte Europäische Weltladentag durchgeführt. Dies war gleichzeitig auch der Start der dreijährigen Kampagne Land Macht Satt.

2001 bis heute

2002 einigten sich 17 nationale Siegelorganisationen auf ein gemeinsames Logo, das künftig den internationalen Warenverkehr und die Öffentlichkeitsarbeit erleichtern soll. Darüber hinaus gab die Europäische Kommission bekannt, dass sie Fairen Handel unterstützen wolle. Auch die Weltbank hat eine positive Einstellung zum Fairen Handel.

Nach dem Kommentar zu einer Weltbankstudie im Jahr 2003 kann fair gehandelter Kaffee Vorteile haben, wie etwa verbessertes Ressourcenmanagement, geringerer Einsatz von Pestiziden was die Kosten und Gesundheitsrisiken reduziert und mehr ländliche Arbeitsplätze, für diejenigen schafft, die auf sie angewiesen sind.

Das Jahr 2004 wurde von den Vereinten Nationen zum Reis-Jahr erklärt. In den Niederlanden feiert man 2004 das 45-jährigen Bestehen der Fair-Trade-Organisation. Organisationen versuchten vermehrt, den Fairen Handel mit den wirtschaftlich schwächeren Partnern in das Regelwerk der WTO zu integrieren, was allerdings umstritten ist. Am 23. März 2004 findet eine Europäische Konferenz zum Thema „Fairer Handel - Ein Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung?“ im EU-Parlament in Brüssel statt, die federführend von EURO COOP, NEWS! und EFTA organisiert wurde.

2005 wurde von den Vereinten Nationen als Jahr der Mikro-Finanzsysteme ausgerufen. Im Jahr 2006 startete die NichtregierungsorganisationWeed“ eine Initiative zum fairen Handel mit Computern. Mit dem Projekt „PC global“ sollen Missstände bei der Computerherstellung aufgedeckt werden.

Innerhalb der letzten zehn Jahre erlebte der faire Handel weltweit einen regelrechten Boom. FINE schätzte, dass der Verkauf von Produkten aus fairem Handel, sowohl solchen mit Siegel als auch solchen ohne Siegel, etwa 260 Millionen Euro einbrachte. 2005 wurde die Summe auf 660 Millionen Euro geschätzt, was eine Steigerung um 154% und eine stetige Erhöhung um etwa 20% pro Jahr bedeutete. Auf ähnliche Weise entwickelte sich der Verkauf in Amerika und den Pazifikländern; dort erhöhten sich die Verkäufe von 291 Millionen im Jahr 2003 auf 376 Millionen im Jahr 2004.

Quellen

  1. European Fair Trade Association. (2006). Definition of Fair Trade URL vom 2. August 2006.
  2. European Parliament (2006). Fair Trade and Development - call for the Commission to act. URL vom 5. August 2006.
  3. Frithjof Schmidt MEP (2006). Parliament in support of Fair Trade URL vom 2. August 2006.
  4. The World Bank Group. (2003). The State of Sustainable Coffee: A Study of Twelve Major Markets
  5. International Fair Trade Association. (2005).Crafts and Food. URL vom 2. August 2006.
  6. Hockerts, K. (2005). The Fair Trade Story. p1