Frank-Rüdiger Hildebrandt

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Frank-Rüdiger Hildebrandt im Alter von 4 Jahren
Im Atelier von dem Maler Todt
Vor seiner Staffelei

Frank-Rüdiger Hildebrandt (* 29. Juni 1941 in Schönlanke, Posen-Westpreußen) ist ein deutscher Architekt, Maler und Hochschullehrer. Er zählt zu den Vertretern einer organisch, lebendigen Architektur.

1945 flüchtete seine Familie nach Stralsund an die Ostsee, wo sein Bruder in einem Kornspeicher zur Welt kam. Mit einem Kohlenfrachter gelangte die Familie nach Dänemark, wo sie zweieinhalb Jahre in verschiedenen Internierungslagers untergebracht war. 1947 wurden die Lager aufgelöst, und der neue Wohnort war Schledehausen bei Osnabrück. Im selben Jahr verstarb sein Vater. Der Besuch der Dorfschule und das ländliche Leben prägten seine Kindheit. Schon früh erlernte er die Technik der Malerei mit Ölfarben bei den Malern Kurt Hartung und Janos Todt und verkaufte seine ersten Bilder im Alter von zehn Jahren. Nach dem Abitur am Ratsgymnasium in Osnabrück und einem Baupraktikum folgte Hildebrandt dem Studium an der RWTH Aachen. Dort studierte er Architektur bei Rudolf Steinbach, Städtebau bei Gottfried Böhm und Malerei bei Hubert Berke. 1967 schloss er das Studium mit summa cum laude ab und erhielt von der RWTH Aachen die Springorum-Denkmünze.[1]

1967–1968 absolvierte er ein Büropraktikum bei dem Architekten Carlfried Mutschler in Mannheim und nahm an Projekten der kritischen Universität Heidelberg teil. 1968 gründete er das Architekturbüro „Planungskollektiv Architektur und Städtebau“ in Frankfurt am Main zusammen mit Rolf Hetterich, Heinz Michael Kleinert und Hartmut Lehmann. Als sein Bruder 1973 verstarb, verbrachte er einige Zeit als Mönch in der Benediktinerabtei Neresheim und erlernte Zen-Meditation bei Hugo Makibi Enomiya-Lassalle. Im Spätsommer war er Bauhelfer bei den Instandsetzungsarbeiten am in Alfter bei Bonn, der für den Studienbeginn der „Alanus Hochschule der musischen und bildenden Künste“ vorbereitet wurde. Mit dem ersten Studienjahr trat er in das Studium der Aquarellmalerei bei Wilfried Ogilvie ein. Verbunden mit der Malerei an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft war das Studium der Anthroposophie und die Teilnahme an Kursen in Bildhauerei, Sprache und Schauspiel, Musik und Eurythmie. Die Hochschule folgte dem Ideal des Zusammenklangs der Künste im Gesamtkunstwerk, inspiriert von Alanus ab Insulis.

Im Jahr 1974 gründete Hildebrandt das Architekturbüro „Alanus Bauhütte“ in Alfter mit den Hochschulkollegen Wilfried Ogilvie, Wilhelm Scheulen und Peter Ferger. Die Bauhütte war ein erster Schritt zur Einrichtung von Werkstätten an der Alanus Hochschule. Es folgten eine Schreinerei, eine Druckerei, eine Weberei und ein landwirtschaftlicher Betrieb. Diese Einrichtungen ließen sich jedoch nicht dauerhaft an die Hochschule binden, da das Engagement der Lehrkräfte im Lehrbetrieb zu stark war. Seit 1982 führt Hildebrandt das Büro als „Bauhütte im Schloss“ in eigener Regie weiter.

1976 wurde er Hochschullehrer[2] im Fachbereich Malerei und ab 1978 zusätzlich Hochschullehrer für Entwerfen in der später startenden Architekturklasse. 1976 heiratete Hildebrandt die Bildhauerin Maja Draessler, mit der er zwei Töchter und einen Sohn hat. 1994 verstarb Maja Hildebrandt-Draessler, 1995 wurde eine weitere Tochter geboren. Im Jahr 2000 heiratete er die Pianistin und Eurythmistin Anne Dekker, die mit zwei Töchtern die Familie erweiterte. 2001 stellte Hildebrandt den Antrag zur staatlichen Anerkennung des Architekturstudiums, das bis dahin mit einem hochschuleigenen Diplom abschloss und dessen Absolventen den Titel „Architekt“ nicht führen durften. Er holte Professorengutachten ein, um die Gleichwertigkeit des Studiengangs mit staatlichen Hochschulen nachzuweisen. 2003 wurde der neu benannten „Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft“ vom Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf die staatliche Anerkennung als Kunsthochschule erteilt. Hildebrandt wurde die Professur für die Fakultät Architektur verliehen.

Von 2006 bis 2018 übernahm er mit seiner Gestaltlehre die praktische Einführung in die künstlerischen Grundelemente, die für Musik, Malerei, Skulptur und Architektur Gültigkeit haben. Dabei experimentierte er mit den Studierenden im eigens errichteten Raumlabor[3]

Projekte und Bauwerke

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Die Karriere des Artchitekten begann mit seiner Studienzeit an der RWTH Aachen (1962–67), wo er mehrere Architekturwettbewerbe gewann, darunter der 1. Preis für eine flexible Wohnhausgruppe und ein Studentencafé, sowie der 2. Preis für eine Kirchenbaulücke in Aachen. Diese Arbeiten wurden in sein Studium integriert und anerkannt.

Von 1968 bis 1969 absolvierte er ein Büropraktikum bei Carlfried Mutschler in Mannheim, wo er an der Realisierung einer Wohnhausgruppe in Mannheim-Vogelstang beteiligt war und einen Wettbewerb für ein kirchliches Gemeindezentrum in Mannheim gewann.

Zwischen 1969 und 1973 war er Teil des Planungskollektivs Architektur und Städtebau in Frankfurt am Main. Hier gewann er verschiedene Wettbewerbspreise, darunter den 1. Preis für das kirchliche Zentrum Darmstadt-Kranichstein und den Ortskern Flörsheim.

Von 1975 bis 1980 arbeitete er bei der Alanus Bauhütte in Alfter. Zu seinen realisierten Bauten zählen unter anderem die Drogenheilstätte 7 Zwerge in Salem und die Waldorfschule Rengoldshausen.

Seit 1980 leitete Hildebrandt die Bauhütte im Schloss in Alfter. Zu seinen Projekten zählen das evangelische Gemeindezentrum in Alfter und verschiedene Waldorfschulbauten, die das Konzept der „Schule ohne Flure“ umsetzen. Beispiele hierfür sind die Waldorfschulen in Heidelberg, Erlangen und Dinslaken. Weitere Projekte umfassen das Wohnhausgruppe im Lerchenfeld in Bergisch-Gladbach und den städtebaulichen Plan für die Alanus Hochschule.

Ein weiteres bedeutendes Projekt ist Hohenfried Heimat, ein Lebensort für Menschen mit Behinderungen in Bayerisch Bad Reichenhall, das auf einem städtebaulichen Plan von Hildebrandt basiert und verschiedene thematische Wohnheime umfasst.

Frank-Rüdiger Hildebrandts Bauwerke zeichnen sich durch eine organisch lebendige Gestaltung aus, die verschiedene Winkel und Formen einschließt, anstatt sich ausschließlich auf rechte Winkel zu beschränken. Dieser Ansatz führt zu freien Architekturformen, die als Organischer Funktionalismus bezeichnet werden können. Grundlage seiner Entwürfe ist das Menschenbild der Anthroposophie. Hildebrandt vertritt die Auffassung, dass Architektur durch Farbe, Form und Gestaltung auf verschiedenen Seinsebenen des Menschen positiv wirken kann: Die körperliche Gesundheit wird durch die Verwendung biologisch einwandfreier Baustoffe unterstützt, der sich bewegende Mensch wird durch rhythmische und bewegte Formensprache angesprochen, und der seelenvolle Mensch durch die Farbe und Geste des Bauwerks. Zudem soll das Unverwechselbare eines Bauwerks das Individuum ansprechen, weshalb sich verschiedene Gebäudetypen wie Schulen, Wohnhäuser, Kaufhäuser und Verwaltungsgebäude charakteristisch unterscheiden sollen. Die Architekturkonzepte Hildebrandts fördern durch platzräumliche Baukonzeptionen die soziale Interaktion und den Dialog. Dies zeigt sich insbesondere bei Schulbauten, bei denen einzelne Bauabschnitte in ein harmonisches Gesamtkonzept integriert werden, das sowohl Baukörper als auch Freiraum umfasst, um soziale Begegnungsräume zu schaffen. Ein Beispiel ist das evangelische Gemeindezentrum in Alfter, wo ein treppenförmiges Forum im Außenbereich als sozialer Raum dient.[4]

Gesamtkunstwerk

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Schon in den ersten Alfterer Jahren entdeckt Frank-Rüdiger Hildebrandt die Besonderheiten des historischen Ortes Alfter. Er ruft den „Kulturerlebnisweg Alfter[5] ins Leben. Der Weg zwischen dem Johannishof und dem Schloss Alfter umfasst 23 Stationen,[6] darunter alte Häuser, Wegekreuze und Standplätze für Skulpturen von Studierenden und Lehrkräften der Alanus Hochschule. Die Route bietet Einblicke in das Leben und die Arbeitsweise der Anwohner und lädt die Öffentlichkeit zum Besuch der Alanusateliers am Johannishof und im Schloss ein. In Verbindung mit Veranstaltungen der Bücherei, der katholischen und der evangelischen Kirche sowie des Schlosses trägt der „Kulturerlebnisweg Alfter“ zur Integration der Alanus Hochschule und ihrer Studierenden bei. Der Weg ist durch Gruppenführungen bekannt geworden. In der Nähe entstanden anschließend der Erlebnisweg Witterschlick und der Skulpturenpfad Sankt Augustin.

Frank-Rüdiger Hildebrandt steht in einer Tradition von Künstlern mit der Doppelbegabung Malerei und Architektur. Er übernimmt die Farbgestaltung seiner Bauten und sieht große Flächen zur Bildhängung in den Gebäuden vor. 1980 eröffnet er die „Galerie im Schloss Alfter“. Zu diesem Anlass lässt er 24 europäischen Phantasielandschaften des belgischen Wandermalers Renier Roidkin in den Brüstungsvertäfelungen der Beletage restaurieren, ergänzt die Ausstellung mit Bildern von Hubert Berke und hängt in Korrespondenz zu den historischen Tafeln seine gegenstandslosen Bilder. Besucher der Galerie können jederzeit kommen, da das Architekturbüro über die Galerie erreicht wird. 1997 zum 25-jährigen Bestehen der Alanus Hochschule und zum gleichzeitig 50-jährigen Erinnerungstag an das Wirken der „Donnerstag-Gesellschaft im Schloss Alfter organisieren Hildebrandt und der Kunsthistoriker Jens Scholz eine Ausstellung im Schloss mit bis dahin ungezeigten Bildern von Hubert Berke, Hann Trier, Georg Meistermann und Eugen Batz aus dem Archiv der Fürstenfamilie auf Schloss Dyck. Sie legen zur Eröffnung der Ausstellung mit der Dokumentation Die Donnerstag-Gesellschaft eine frühe kunstgeschichtliche Würdigung zum progressiven Neubeginn der Nachkriegskünstler im Rheinland vor. Zwischen 1947 und 1950 kamen die Künstler der Donnerstag-Gesellschaft auf Einladung des Fürsten Salm-Reifferscheidt in das Schloß Alfter, um einem kunstinteressierten Publikum ihre Werke vorzustellen. Diese einmalige Künstlerbewegung war nicht nur in Alfter in Vergessenheit geraten und wird nun wiederentdeckt. Die tiefere Verbindung der zwei Jubiläen besteht auch darin, dass die Künstler der Donnerstag-Gesellschaft bereits von einer Vorgebirgsakademie träumten, die ohne Kenntnis von einander 25 Jahre später mit der Alanus Hochschule in Alfter entstanden ist.

Künstlerische Zusammenarbeit ergibt sich mit Anne Hildebrandt-Dekker in Form von Bildern und Farbstimmungen zu zeitgenössischen Melodramen, zu einer Klavierschule und zu verschiedenen musikalischen Themen. Diese Sammlung zählt 250 Aquarelle. Zu Frank-Rüdiger Hildebrandts malerischer Entwicklung gehören zwei Ateliers, in denen er großformatige Bilder bearbeitet. Der „Alte Dorfsaal Miel“, ein Jugendstil-Tanzsaal, mit einer Grundfläche von 220 Quadratmetern, einer Höhe von 8 Metern und 8 seitlichen Bogenfeldern, stellt Ausstellungsflächen zur Verfügung. Mit der Erfindung einer Bilderkammer können im großen Raum umherschweifende Besucher eingefangen werden, um dann ringsum von Bildern umgeben zu sein. Dazu werden vier fahrbare Flächen zu einer quadratischen Kammer zusammengeführt und geschlossen. Auf einem Drehhocker bewegt sich der Betrachter von Bild zu Bild. Die 2,40 x 2,40 Meter große Bilderkammer stellt in knapper Form die Symbiose von Bild und Raum, von Malerei und Architektur, dar.

Seit 2016 führt der Maler Frank-Rüdiger Hildebrandt seine Arbeit an großformatigen Bild-Meditationen im zweiten Atelier dem roten Kunstkubus „kukubu“ in Alfter fort.[7]

Einzelausstellungen

  • 1996 Gegenstandslose Bilder, Ev. Gemeindezentrum, Alfter
  • 2001– 2006 Neue Bilder, Galerie im Schloss Alfter
  • 2013 Metamorphose, Alanus Hochschule, Am Herrenwingert in Alfter
  • 2014 Doppelbilder, Alter Dorfsaal, Swisttal/Miel
  • 2018 Glückliche Reise 2, Bildreihe zu Bachvariationen von Michael Denhoff, St. Helena, Bonn
  • 2018 Bilder ohne Ende, Kunstkubus, Alfter
  • 2019 Glückliche Reise[8], Kirchenatelier Köln-Rondorf
  • 2020 changing M, Brotfabrik Bonn
  • 2023 Zen-Sinn, Kunstkubus, Alfter
  • 2024 Alles nur Farbe, Galerie Raum für Kunst und Natur, Bonn

Gruppenausstellungen

1982 24 Europäische Phantasielandschaften und freie Farbstimmungen, mit Renier Roidkin, Galerie im Schloss Alfter

1988 Die soziale Kraft der Kunst, mit Jo Bukowski, Kunstakademie in Posen

1994 Tatsuhiko Yokoo (Zen-Malerei) und Frank-Rüdiger Hildebrandt, Galerie im Schloss Alfter

1995 Hubert Berke und Frank-Rüdiger Hildebrandt, Galerie im Schloss Alfter

1997 Die Donnerstag-Gesellschaft, Galerie im Schloss Alfter

Veröffentlichungen

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Einzelnachweise

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  1. Alanus: Dipl.-Ing. Frank-Rüdiger Hildebrandt. Abgerufen am 26. Juni 2024.
  2. Zimmer 09. Abgerufen am 26. Juni 2024 (deutsch).
  3. Alter Dorfsaal Miel - Vita. Abgerufen am 26. Juni 2024.
  4. Heiko Haberle: Brauchen wir Ideale? Brauchen wir den Modulor? - Architekturtheorie. In: DABonline | Deutsches Architektenblatt. 29. September 2020, abgerufen am 26. Juni 2024 (deutsch).
  5. Kulturerlebnisweg Alfter.
  6. 23 Stationen
  7. Alter Dorfsaal Miel - Das Haus. Abgerufen am 26. Juni 2024.
  8. Alter Dorfsaal Miel - Ausstellungen und Veranstaltungen. Abgerufen am 26. Juni 2024.