Frederick Gardner Cottrell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Frederick G. Cottrell)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Frederick Gardner Cottrell

Frederick Gardner Cottrell (* 10. Januar 1877 in Oakland, Kalifornien; † 16. November 1948 in Berkeley, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Chemiker und Erfinder. Er galt als ein führender Forscher seiner Zeit[1] und war ein bedeutender Förderer der Wissenschaft. Er ist in der Elektrochemie durch die nach ihm benannte Cottrell-Gleichung bekannt, als Erfinder vor allem durch seine Entwicklung der Elektroabscheidung, die als das leistungsfähigste Verfahren zur Abscheidung von Stauben und Nebeln aus Schornsteinabgasen und Prozessgasen gilt.[2]

Akademische Ausbildung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Alter von 16 Jahren beendete Cottrell die High School und schrieb sich in Chemie an der University of California, Berkeley ein. 1896 schloss er den Studiengang als Bachelor (B.S.) ab. Nach einem Jahr universitärer Arbeit in Berkeley unterrichtete er an der High School in Oakland für weitere drei Jahre, anschließend führte er sein Studium in Deutschland weiter. Sein Weg führte ihn zuerst an die Universität Berlin, wo er bei Jacobus Henricus van't Hoff studierte. Später wechselte er an die Universität Leipzig zu Wilhelm Ostwald. Hier erwarb er 1903 seine Doktorwürde mit hervorragender Bewertung („summa cum laude“),[3] weil seine Arbeit[4] ein damals als Herausforderung geltendes Problem löste.[5]

Nach seiner Rückkehr in die USA arbeitete er als Dozent für in Chemie an der University of California, Berkeley, ab 1906 bis 1911 als Assistant professor.[6]

Cottrells Wirken

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frederick Gardner Cottrell ist in der Elektrochemie bekannt für die von ihm hergeleitete[4] und daher nach ihm benannte Cottrell-Gleichung, die die Zeitabhängigkeit eines Stromes bei einem Potentialsprung beschreibt, siehe Chronoamperometrie. Sie kann in der Elektroanalytik zur Konzentrationsbestimmung genutzt werden, wird aber meistens zur Bestimmung des Diffusionskoeffizienten verwendet.

Wichtiger jedoch war seine Rolle als der Erfinder des Elektrofilters für die Abscheidung von Partikeln aus Gasen. Diese Apparate werden allgemein zur Reduzierung von Emissionen durch Rauchgase aus Kraftwerken, Stäuben aus Zementöfen und anderen industriellen Quellen verwendet.

Während Industriekamine ein allgemeiner Anblick zur Jahrhundertwende wurden, stellte Frederick Cottrell fest, dass es wünschenswert wäre, der zunehmenden Luftverschmutzung Einhalt zu gebieten, aber auch, dass wertvolle Rohstoffe mit den unerwünschten Rauchgasen in die Atmosphäre entschwanden.

1906 stellte die Firma DuPont Cottrell als Berater an, um in ihren Pulverfabriken von Pinole (Kalifornien) Probleme bei der Herstellung von Schwefelsäure zu beseitigen. Beim Kontaktverfahren, das hier zur Herstellung der Schwefelsäure benutzt wurde, entstand auch Arsen, das die Katalysatoren verstopfte. Cottrell schloss, dass eine Zentrifuge das Arsen aus dem Schwefelsäure-Nebel entfernen würde. Anschließend musste der so gereinigte Schwefelsäure-Nebel abgeschieden werden. Er führte seine ersten Versuche der elektrostatischen Abscheidung an der University of California, Berkeley durch, um Nebeltröpfchen elektrisch aufzuladen, die dann zur gegenüber Elektrode abwanderten, an der sie gesammelt werden konnten. Dies verschaffte ihm den Einstieg in die Problematik der Emissionsminderung.

1907 beantragte er das Patent „Art of Separating Suspended Particles from Gaseous Bodies“[7] für eine Apparatur, die gleichgerichtete Hochspannung zu einer Sprühelektrode führte, welche die elektrische Ladung an Staubpartikel in vorbeiströmende Dämpfe übertrug. Diese aufgeladenen Staubpartikel wurden dann von einer Elektrode mit entgegengesetzter Ladung angezogen, an der sie gesammelt und als wertvolle Rohstoffe zurückgewonnen werden konnten.

1907 ergab sich für Cottrell die Chance seine entwickelte elektrostatische Apparatur in einem anderen Verfahren anzuwenden: Ein Gericht in Solano County, Kalifornien, hatte die Selby-Hütte dazu verurteilt, den stark schwefelhaltigen Rauch aus ihren Schmelzöfen zu reinigen. Die Bleipartikel wurden bereits durch ein Schlauchfilter, bestehend aus 2.000 wollenen Schläuchen von jeweils zehn Metern Länge, ausgefiltert. Durch Cottrells elektrostatischen Abscheider konnte auch der Schwefelsäure-Nebel abgeschieden und zurückgewonnen werden.[8]

Cottrell installierte später ähnliche Apparate in einer Kupferhütte und einem Zementwerk.[9] Außerdem passte er sein Verfahren zur Stofftrennung mittels elektrischer Hochspannung auch für die Trennung von Emulsionen an.[10] Damit konnte man Wasser aus kalifornischem Öl entfernen und so seinen Marktwert steigern, was sich – wie die Staubentfernung aus Abgasen – als lukratives Geschäft erwies.[11]

Cottrells Elektrofilter, der damals einfach als „Cottrell“ bekannt wurde, verwendete Hochspannung, um 90 bis 98 % der Asche, des Staubes und der Säure abzuscheiden, die Industriekamine damals in die Luft spuckten.

Elektrostatische Abscheidung ist eine zuverlässige Technologie seit den frühen Anfängen in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts. Heute werden Elektrofilter hauptsächlich in großen Kraftwerken, Zementwerken, Verbrennungsanlagen und in der Industrie zur Gasreinigung eingesetzt.

1911 wechselte er von Universität zu dem U.S. Bureau of Mines, wo er 1919 schließlich Direktor wurde. Dort arbeitete er in der Verfahrensentwicklung der Kriegsprogramme z. B. der Bindung von Stickstoff für Explosivstoffe (da die USA zu der Zeit keine Anlagen hatten, die das Haber-Bosch-Verfahren verwendeten) und um Helium aus der Luft zu gewinnen.

Von 1922 bis 1930 arbeitete er als Direktor des „Fixed Nitrogen Research Laboratory“ im Landwirtschaftsministerium, welches erfolgreich einen Katalysator für ein Haber-ähnliches Verfahren entwickelte.

Cottrell gründete 1912 die Research Corporation mit Hilfe von Charles Walcott, dem damaligen Sekretär der Smithsonian Institution. Die Research Corporation sollte Cottrells und andere Patente öffentlichkeitswirksam verwerten und mit der Wissenschaftsgemeinde geldbringend teilen. Vor dem Zweiten Weltkrieg, als die staatliche Unterstützung für wissenschaftliche Forschung gering war, stellte die Research Corporation dringend benötigtes Kapital z. B. für Ernest Lawrence’ Entwicklung des Zyklotrons und Robert Goddards Raketenexperimente zur Verfügung.

Schon 1902, bei einem Treffen in Ostwalds Haus, wurde bei einer Diskussion über internationale Sprachen Cottrells Interesse an diesem Thema geweckt.[5] Cottrell wurde zu einem Verfechter einer internationalen Hilfssprache und führte einen Ausschuss dazu.[12] 1923 gewann er Alice Vanderbilt Morris für dieses Projekt.[12] 1924 wurden sie Mitbegründer der International Auxiliary Language Association IALA, die die Plansprache Interlingua entwickelte.[13] Cottrell war vom Gründungsjahr 1924 bis zu seinem Tode 1948 Direktor der IALA.[13]

1904 heiratete Cottrell Jessie M. Fulton aus San Francisco. Die beiden Kinder dieser Ehe starben früh.[6]

Preise und andere Ehrungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Cottrell erhielt 1919 die Perkin Medal der Society of Chemical Industry, 1920 die Willard Gibbs Medal der American Chemical Society ACS, 1924 die Goldmedaille des American Institute of Mining, Metallurgical, and Petroleum Engineers[14] und 1937 die Holley Medal der American Society of Mechanical Engineers[15]. 1938 wurde Cottrell in die American Philosophical Society[16] und 1939 in die National Academy of Sciences aufgenommen. 1940 wurde er von der National Association of Manufacturers in eine Liste der 19 bedeutendsten amerikanischen Erfinder gewählt.[11] 1977, im hundertsten Jahr nach Cottrells Geburtstag, wurde der Asteroid (2026) Cottrell nach ihm benannt.[17][18] Außerdem wurde Cottrell 1982 in die Alpha Chi Sigma Hall of Fame aufgenommen[19] und 1992 in die National Inventors Hall of Fame[20]. Die Research Corporation vergibt seit 1994 den Cottrell Scholar Award.[21]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Harry James White: Frederick Gardner Cottrell 1877–1948. In: Journal of the Air Pollution Control Association. Band 27, Nr. 7, Juli 1977, ISSN 0002-2470, S. 680–681, doi:10.1080/00022470.1977.10470476.
  2. Chr. Gg. Enke: Entstaubung industrieller Gase mit Elektrofiltern. H. J. White (übersetzt aus dem Englischen) – 336 S., 195 Abb. u. 43 Tab. (16,5 × 23 cm/1969) – VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig – Kunstleder: 48,– DM. In: Materials and Corrosion. Band 21, Nr. 6, Juni 1970, ISSN 1521-4176, S. 532–532, doi:10.1002/maco.19700210624 (wiley.com).
  3. Informationen zu und akademischer Stammbaum von Frederick Gardner Cottrell bei academictree.org, abgerufen am 28. Januar 2018.
  4. a b Frederick Gardner Cottrell: Der Reststrom bei galvanischer Polarisation, betrachtet als ein Diffusionsproblem. In: Wilhelm Ostwald, Jacobus Henricus van ’t Hoff (Hrsg.): Zeitschrift für Physikalische Chemie. 42U, Nr. 4. Wilhelm Engelmann/De Gruyter, 1. Oktober 1903, ISSN 2196-7156, S. 385–415, doi:10.1515/zpch-1903-4229 (online im Internet Archive).
  5. a b Forrest F. Cleveland: Cottrell—Samaritan of Science. Frank Cameron. New York: Doubleday, 1952. 403 pp.; index. $4.50. In: Science. Band 115, Nr. 2995, 23. Mai 1952, ISSN 0036-8075, S. 579, doi:10.1126/science.115.2995.579.
  6. a b Vennevar Bush: Frederick Gardner Cottrell 1877—1948. A Biographical Memoir. Hrsg.: National Academy of Sciences (= National Academy Biographical Memoirs. Band 27). Washington 1952, OCLC 11829961, S. 1–11 (englisch, nasonline.org [PDF; 876 kB; abgerufen am 26. Oktober 2017]).
  7. Patent US895729: Art of separating suspended particles from gaseous bodies. Angemeldet am 9. Juli 1907, veröffentlicht am 11. August 1908, Anmelder: International Precipitation Company, Erfinder: Frederick Gardner Cottrell.
  8. Joseph A. Holmes, Edward Curtis Franklin, Ralph Amos Gould: Report of the Selby Smelter Commission. Hrsg.: Department of the Interior Bureau of Mines (= Bureau of Mines [Hrsg.]: Bulletin. Band 98). Government Printing Office, Washington 1915, OCLC 669340412, S. 16–19 (englisch, hawaii.edu [PDF; 32,8 MB; abgerufen am 26. Oktober 2017]): “The process is known as the “Cottrell electrical precipitation process.” It was found experimentally that the Cottrell process effectually precipitated these fumes, and the installation of a plant sufficient in size to handle all of them completely eliminated this element from the visible smoke issuing from the plant. […] The efficiency of the Cottrell-process apparatus, which amounts 99.5 per cent, eliminates any source of nuisance or injury from the parting-retort stack […] All of the sulphuric-acid fume coming from the parting retorts is passed through the Cottrell-process apparatus and is condensed to liquid sulphuric acid.”
  9. Frederick Gardner Cottrell: Recent progress in electrical smoke precipitation. A paper presented at the Second Pan-American Scientific Congress and reprinted in permission. In: The Engineering and Mining Journal. Band 101, Nr. 9. Hill Publishing Co., New York 26. Februar 1916, S. 385–392 (englisch, online im Internet Archive – frühe Übersichtsarbeit zur Elektroabscheidung): “installation on the copper converters at the Garfield smeltery, near Salt Lake City, Utha, […] at the plant of the Riverside Portland Cement Co. […] in the summer of 1911 [...] was begun at these works [...] finished in January, 1913 [...] maintaining over 95 % recovery of the dust”
  10. Patent US987116: Apparatus for separating and collecting particles of one liquid suspended in another liquid. Angemeldet am 12. Oktober 1910, veröffentlicht am 21. März 1911, Anmelder: Petroleum Rectifying Co, Erfinder: Frederick Gardner Cottrell, James Buckner Speed.
  11. a b Albert B. Costa: A matter of life and breath: Frederick Gardner Cottrell and the Research Corporation. In: Journal of Chemical Education. Band 62, Nr. 2, Februar 1985, ISSN 0021-9584, S. 135–136, doi:10.1021/ed062p135.
  12. a b Frank J. Esterhill: Interlingua Institute. a History. Hrsg.: Interlingua Institute. The Institute, New York 332 Bleecker St 2000, ISBN 0-917848-02-0, S. 2–3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. a b Mary Bray: Frederick Gardner Cottrell. In: biographias. Union Mundial pro Interlingua, 29. Dezember 2006, abgerufen am 28. Oktober 2017.
  14. The Mining and Metallurgical Society of America. (PDF) The Mining and Metallurgical Society of America MMSA, Januar 2008, abgerufen am 20. Oktober 2017.
  15. Holley Medal – Holley Medalists. In: Achievement Awards. The American Society of Mechanical Engineers ASME, 2016, abgerufen am 20. Oktober 2017.
  16. Member History: Frederick G. Cottrell. American Philosophical Society, abgerufen am 28. Juni 2018.
  17. Lutz D. Schmadel: Dictionary of Minor Planet Names. Hrsg.: International Astronomical Union, Commission 20. 5. überarbeitete Auflage. Band 1. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 2003, ISBN 3-540-00238-3, (2026) Cottrell, S. 164, doi:10.1007/978-3-642-29718-2 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 26. Oktober 2017]): “in the centennial of his birth [...] his valuable electrostatic precipitation rights”
  18. (2026) Cottrell = 1951 EL1 = 1955 FF = 1972 TE1. The Minor Planet Center, Smithsonian Astrophysical Observatory, 2017, abgerufen am 20. Oktober 2017.
  19. Alpha Chi Sigma Hall of Fame. (PDF) Alpha Chi Sigma, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Oktober 2016; abgerufen am 20. Oktober 2017.
  20. Frederick G. Cottrell. In: Inductee Search. National Inventors Hall of Fame, abgerufen am 13. August 2023.
  21. Cottrell Scholar Award. Research Corporation For Science Advancement, abgerufen am 29. Oktober 2017.