Heinrich Schnee

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Heinrich Schnee als Gouverneur a. D.
Heinrich Schnee als Heidelberger Rhenane

Heinrich Albert Schnee (* 4. Februar 1871 in Neuhaldensleben; † 23. Juni 1949 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Kolonialbeamter, Politiker, Schriftsteller und Verbandsfunktionär.

Laufbahn

Schnee wurde in Neuhaldensleben als Sohn des Landgerichtsrats Hermann Schnee (1829-1901) und seiner Frau Emilie, geb. Scheibe (* 1840) geboren. Er besuchte das Gymnasium in Nordhausen und studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg (Mitglied des Corps Rhenania Heidelberg), Kiel und Berlin (Dr. jur., 1893). 1897 erhielt er eine Anstellung im Auswärtigen Amt, 1898 wurde er Richter und stellvertretender Gouverneur in Deutsch-Neuguinea. 1900 wurde er als Bezirksamtmann und stellvertretender Gouverneur nach Samoa versetzt. Nach 1904 war er als Legationsrat in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes wieder in Deutschland.

1905 wurde er Kolonialbeirat der Botschaft in London, 1906 Vortragender Rat, 1907 Dirigent und ab 1911 Ministerialdirektor sowie Leiter der politischen und Verwaltungsabteilung im Reichskolonialamt Berlin.

Schnee als Gouverneur von Deutsch-Ostafrika

Von 1912 bis 1919 war er letzter Gouverneur von Deutsch-Ostafrika. Geprägt war seine Amtszeit durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Als Gouverneur stand ihm die oberste militärische Befehlsgewalt zu. Allerdings kam es um die Verteidigung des Schutzgebietes bald zu Differenzen zwischen ihm und dem Kommandeur der Schutztruppe, General Paul von Lettow-Vorbeck, der sich letztlich mit seiner Taktik des Guerillakrieges durchsetzen konnte und mehr und mehr die Leitung der Operationen an sich zog. Am 2. März 1919 zogen Schnee und Lettow-Vorbeck an der Spitze der zurückkehrenden Ostafrikakämpfer durch das Brandenburger Tor in Berlin.

Politische Tätigkeit

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Schnee Reichstagsabgeordneter für die Deutsche Volkspartei, aus der er allerdings 1932 austrat. Ende 1932 wurde er in der deutschen Presse zeitweilig als möglicher Reichskanzler gehandelt. Von 1933 bis 1945 gehörte er für die NSDAP erneut dem Reichstag an. An einer aktiven Kolonialpolitik in dem Sinne, wie Schnee sie verstand und die der maßgebliche Grund für ihn war, sich weiter in der Politik zu engagieren, hatten die neuen Machthaber kein Interesse.

Schnee galt auch international als führender Repräsentant der deutschen Kolonialinteressen und wurde wiederholt zu Vortragsveranstaltungen in die Vereinigten Staaten und ins europäische Ausland eingeladen. Seine Reputation führte 1932 zur Berufung in die Mandschurei-Kommission des Völkerbundes (sog. Lytton-Kommission), die angesichts des militärischen Konflikts zwischen China und Japan um den Einfluss in der Mandschurei Verhandlungen mit den beiden Mächten führte und dem Völkerbund Bericht erstattete.

Schnee als Verbandsfunktionär

1926 wurde Schnee Präsident des Bundes der Auslandsdeutschen (bis 1933) und war von 1930 bis 1936 (letzter) Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft (DKG), die dann im Reichskolonialbund (RKB) aufging. Von den Alliierten wegen seines Reichstagsmandats für die NSDAP zunächst als belastet eingestuft, konnte Schnee nach dem Zweiten Weltkrieg seine Arbeit nicht mehr aufnehmen. Er starb 1949 bei einem Autounfall in Berlin und wurde auf dem Friedhof Heerstraße beigesetzt.

Historische Einordnung

Heinrich Schnee gilt als eine der prominenten Persönlichkeiten des deutschen Kolonial-Revisionismus. Durch Veröffentlichungen von Büchern und Aufsätzen, als Politiker, Verbandsfunktionär und Vortragender versuchte er, der „kolonialen Frage“ eine nationale Bedeutung zu verleihen und für die Rückgewinnung der ehemaligen Kolonialgebiete zu werben. Mit der Gleichschaltung der Kolonialverbände 1936 zeichnete sich ab, dass sein Einfluss erloschen war. Schnee wurde bei der Führung des RKB nicht mehr berücksichtigt und trat dem neuen Verband nicht mehr bei.

Grabmal Heinrich Schnee, Berlin, Friedhof Heerstraße

Auszeichnungen und Ehrungen

Veröffentlichungen

  • Bilder aus der Südsee. Unter den kannibalischen Stämmen des Bismarck-Archipels. Reimer, Berlin 1904.
  • Deutsch-Ostafrika im Weltkriege. Wie wir lebten und kämpften. Quelle und Meyer, Leipzig 1919.
  • Deutsches Koloniallexikon (Hrsg.), Quelle und Meyer, Leipzig 1920
  • Braucht Deutschland Kolonien?. Quelle und Meyer, Leipzig 1921
  • Die koloniale Schuldlüge. Sachers und Kuschel, Berlin 1924
    • englisch: German Colonization Past and Future. The Truth about the German Colonies, Nachdruck Kennikat Press, Port Washington/London 1970.
    • spanisch: La colonización alemana: El pasado y el future.La verdad sobre los colonias alemanes, con un prologo de José Vasconcelos. München, Editore Internacional 1929.
    • italienisch: La colonizzazione germanica: Il suo passato ed il suo futuro nach der englischen Übersetzung von 1926 übersetzt. Santoro, Rom 1932.
    • italienisch: La menzonga inglese della colpa colonial, Vallecchi, Florenz 1941.
  • Nationalismus und Imperialismus, Reimar Hobbing, Berlin 1928.
  • Zehn Jahre Versailles (Hrsg., zusammen mit Hans Draeger), 3 Bände, Brückenverlag, Berlin 1929/30
  • Völker und Mächte im Fernen Osten. Eindrücke von einer Reise mit der Mandschurei-Kommission. Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin 1933
  • Die deutschen Kolonien vor, in und nach dem Weltkrieg Quelle und Meyer, Leipzig 1935
  • Deutschlands koloniale Forderung. Wendt, Berlin 1937.
  • Kolonialmacht Deutschland, Deutsche Jugendbücherei No. 679–681, Verlag H.Hilger, Berlin 1940.
  • Als letzter Gouverneur in Deutsch-Ostafrika – Erinnerungen, hrsg. von Ada Schnee, Quelle und Meyer, Heidelberg 1964

Literatur