Kernkraftwerk Südukraine
Kernkraftwerk Südukraine | ||
---|---|---|
Lage | ||
| ||
Koordinaten | 47° 49′ 0″ N, 31° 13′ 0″ O | |
Land | Ukraine | |
Daten | ||
Eigentümer | National Nuclear Energy Generating Company Energoatom | |
Betreiber | National Nuclear Energy Generating Company Energoatom | |
Projektbeginn | 1975 | |
Kommerzieller Betrieb | 2. Dez. 1983 | |
Aktive Reaktoren (Brutto) |
3 (3000 MW) | |
Bau eingestellt (Brutto) |
1 (1000 MW) | |
Eingespeiste Energie im Jahr 2006 | 16.746 GWh | |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme | 329.175 GWh | |
Stand | 21. April 2013 | |
Die Datenquelle der jeweiligen Einträge findet sich in der Dokumentation. |
Das Kernkraftwerk Südukraine, auch Piwdennoukrajinsk (ukrainisch Південноукраїнська АЕС, russisch Южно-Украинская АЭС) befindet sich in der Oblast Mykolajiw südlich der Stadt Juschnoukrajinsk am Fluss Südlicher Bug. Das Kernkraftwerk mit drei sowjetischen Reaktoren und einer Nettoleistung von 2850 Megawatt befindet sich rund 350 Kilometer südlich der Hauptstadt Kiew und ist derzeit das zweitgrößte der fünf Kernkraftwerke im Land.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit dem Bau des ersten Kernreaktors wurde am 1. März 1977 begonnen. Der Baubeginn des zweiten Reaktorblocks folgte am 1. Oktober 1979. Am 31. Dezember 1982 wurde der erste und am 6. Januar 1985 der zweite Reaktorblock erstmals mit dem Stromnetz synchronisiert. In den Jahren 1985 und 1987 wurde mit dem Bau der Reaktorblöcke drei und vier begonnen. Am 20. September 1989 ging der dritte Block in Betrieb. Da er der dritten WWER-Baureihe angehört, verfügt er im Gegensatz zu den ersten beiden Blöcken über ein Containment. Die Bauarbeiten am Reaktorblock vier wurden eingestellt.
Russischer Überfall auf die Ukraine 2022
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 19. September 2022 kurz nach Mitternacht ist laut ukrainischer Seite eine Rakete in dreihundert Metern Entfernung zum Kraftwerk eingeschlagen. Dabei wurden drei Hochspannungsleitungen sowie Teile eines nahegelegenen Wasserkraftwerkes beschädigt. Durch die Druckwelle der Explosion wurden am Kraftwerksgebäude über hundert Fensterscheiben zerstört. Die Reaktoren selbst waren nicht betroffen und blieben intakt.[1][2]
Aufgrund der massiven Stromausfälle ist am 23. November 2022 das Notfallsystem der drei AKWs Riwne, Piwdennoukrainsk und Chmelnyzkyj aktiviert worden, teilte der staatliche Betreiber Energoatom im Online-Dienst Telegram mit. Daraufhin seien alle Reaktoren automatisch vom Stromnetz abgetrennt worden.[3] Laut Energoatom blieben die Strahlungswerte in den Anlagen und ihrer Umgebung unverändert. Sobald sich das Stromnetz normalisiert habe, würden die drei Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen.[4] Im Januar 2023 beschloss die IAEO, mit eigenen Expertenteams an allen ukrainischen Atomkraftwerken präsent zu sein, um das Risiko schwerer Unfälle während des Krieges zu verringern.[5]
Leistung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei den drei Reaktorblöcken handelt es sich um WWER der dritten Generation. Es kommen in diesem Kernkraftwerk drei verschiedene Versionen dieses Reaktortyps zum Einsatz. Der Reaktor des ersten Blocks vom Typ WWER-1000 in der Version 302 ist der einzige seiner Art weltweit. Auch der Reaktor des Blocks zwei ist vom Typ WWER-1000, aber in der Version 338 wird er neben dem Block zwei in Südukraine nur noch in zwei Reaktoren im Kernkraftwerk Kalinin (Russland) eingesetzt. Beides sind Vorgängerversionen der Version 320, die im Block drei und in größerer Stückzahl in Ländern des ehemaligen Ostblocks zum Einsatz kommt. Die Nettoleistung der drei Reaktoren liegt bei jeweils 950 MW, die Bruttoleistung bei 1000 MW. Die thermische Leistung beträgt 3200 MW.
2013 wurde die Laufzeit von Reaktor 1 um zehn Jahre verlängert,[6] 2015 die von Reaktor 2.[7] Eine Laufzeitverlängerung von Reaktor 3 ist ebenso geplant.
Im Zusammenhang mit einer geplanten Lieferung von Brennelementen der Firma Westinghouse für alle WWER in der Ukraine wurden im August des Jahres 2005 im Kernkraftwerk Südukraine sechs Brennstoffbündel zur Erprobung eingebaut. Am 18. Juli 2018 wurde die Beladung von Reaktor 3 vollendet,[8] am 28. Juni 2020 die von Reaktor 2.[9]
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kernkraftwerk Südukraine ist Startpunkt der heute nicht mehr betriebsfähigen und teilweise demontierten 750-kV-Verbindung nach Rumänien und Bulgarien.
Seit Mitte der 1990er-Jahre wurden mehrere Millionen Dollar für Aufrüstungsarbeiten bei Reaktorschutz- und Kontrollsystemen investiert, die mithilfe westlicher Unternehmen und durch das deutsche Kernkraftwerk Grohnde durchgeführt wurden, mit dem das Kernkraftwerk Südukraine eine Partnerschaft zum Erfahrungsaustausch unterhält.[10]
Daten der Reaktorblöcke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kernkraftwerk Südukraine hat drei in Betrieb befindliche sowie einen verworfenen Block:
Reaktorblock[11] | Reaktortyp | Netto- leistung |
Brutto- leistung |
Baubeginn | Netzsyn- chronisation |
Kommer- zieller Betrieb |
Abschal- tung |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Südukraine-1 | WWER-1000/302 (2. Gen.) | 950 MW | 1000 MW | 01.08.1976 | 31.12.1982 | 02.12.1983 | (2023 geplant)[veraltet] |
Südukraine-2 | WWER-1000/338 (2. Gen.) | 950 MW | 1000 MW | 01.07.1981 | 06.01.1985 | 06.04.1985 | (2025 geplant) |
Südukraine-3 | WWER-1000/320 (3. Gen.) | 950 MW | 1000 MW | 01.11.1984 | 20.09.1989 | 29.12.1989 | (2029 geplant) |
Südukraine-4[12] | WWER-1000/320 (3. Gen.) | 950 MW | 1000 MW | 01.01.1987 | Bau am 1. Januar 1989 abgebrochen |
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ukraine-Krieg: Rakete schlägt nahe Atomkraftwerk ein. Abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ Ukraine-Überblick: Angriff auf AKW, Russland weist Vorwürfe zu Kriegsverbrechen zurück. In: Die Zeit. 19. September 2022, abgerufen am 20. September 2022.
- ↑ Russland greift die Ukraine an - Aktuelles zum Krieg in der Ukraine - Mehrere ukrainische Atomkraftwerke vom Netz. In: heute.de. 23. November 2022, abgerufen am 23. November 2022.
- ↑ Moldau meldet massive Stromausfälle In: n-tv.de, veröffentlicht und abgerufen am 23. November 2022
- ↑ tagesschau.de: IAEA-Beobachter nun auch permanent in Tschernobyl. Abgerufen am 19. Januar 2023.
- ↑ World Nuclear News - 10. Dezember 2013 - Life extension for South Ukraine unit 1
- ↑ Nuclear Engineering International - 10. Dezember 2015 - Ukraine extends service life of South Ukraine 2
- ↑ Nuclear Engineering International - 23. Juli 2018 - South Ukraine 3 fully loaded with Westinghouse fuel
- ↑ Nuclear Engineering International - 3. Juli 2020 - South Ukraine 2 fully loaded with Westinghouse fuel
- ↑ Atomkraftwerk Südukraine-1 – contrAtom.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Power Reactor Information System der IAEA: „Ukraine: Nuclear Power Reactors“ (englisch)
- ↑ Nuclear Power Reactor Details – SOUTH UKRAINE-4 ( vom 4. Juni 2011 im Internet Archive)