Let’s Go Brandon

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Ein „Let’s Go Brandon“-Schild auf einem Anwesen in Florida
Besucher der Conservative Political Action Conference 2022 mit „Let’s Go Brandon“-Hüten

Let’s Go Brandon ist ein Euphemismus, der von Gegnern des 46. US-Präsidenten Joe Biden als Alternative zum Schmähruf „Fuck Joe Biden!“ und politisches Schlagwort verwendet wird.[1][2]

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit Anfang September 2021 zum Start der College-Football-Saison 2021 war der Schlachtruf „Fuck Joe Biden“ in einigen Stadien zu hören.[3][4] Außerdem konnten die Unmutsbekundungen im gleichen Monat beim Ryder Cup[5][6] und einem Megadeth-Konzert vernommen werden. Im Oktober 2021 wurde der Ruf auf einem Protest gegen die Impfpflicht für Lehrkräfte in New York City skandiert.[7]

Aus dem Interview der NBC-Reporterin Kelli Stavast mit NASCAR-Fahrer Brandon Brown Anfang Oktober 2021 war der Euphemismus Let’s Go Brandon hervorgegangen.[8] Während des Interviews schallte der Schlachtruf „Fuck Joe Biden!“ lautstark von den Rängen.[9] Die Reporterin machte aus den Schmährufen der Zuschauer gegen den US-Präsidenten den Anfeuerungsruf „Let’s Go Brandon!“.[10] Anhänger von Donald Trump meinten, die Reporterin habe sich nicht verhört, sondern den Schlachtruf absichtlich falsch ausgesprochen, um die „Anti-Biden-Stimmung“ zu vertuschen.[1] Donald Trump und seine Anhänger sahen darin Fake News, um den mehrheitlichen Willen des Volkes zugunsten einer linken Agenda zu verschweigen.[11] Durch soziale Netzwerke und konservative Sender wie Fox News verbreitete sich der Euphemismus unter Trump-Anhängern und wurde zu einem Internet-Meme.[9][10][12]

Der Politikwissenschaftler Stanley Renshon interpretierte den Erfolg des politischen Schlagwortes im Zusammenhang mit einem sinkenden Glauben an die Institutionen:

“Biden is running up against what people see, and they are saying: ‘Look. My eyes tell me one thing, and you are telling me i ought to believe something else.’”

„Biden hat damit zu kämpfen, was die Leute sehen. Sie sagen: ‚Schau, ich sehe hier das eine, und ihr erzählt mir, ich solle etwas anderes glauben.‘“

Vertrauen sei für Institutionen essenziell. „Let’s Go Brandon!“ stelle nur die Spitze des Eisberges von dessen Verlust dar.[13]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Republikaner Bill Posey aus Florida beendete seine Rede im Repräsentantenhaus mit den drei Worten „Let’s Go Brandon!“, der Abgeordnete Jeff Duncan aus dem Bundesstaat South Carolina trug den Schriftzug auf seiner Gesichtsmaske[14] und der Senator Ted Cruz, der 2016 als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat galt, posierte mit einem „Let’s Go Brandon“-Schild bei einem Baseballspiel.[1] Auch der Gouverneur von Florida Ron DeSantis nutzte den Slogan, um das Publikum bei einer Rede anzuheizen.[15] Die Kongressabgeordnete Lauren Boebert twitterte gar ein Bild, das sie in einem Kleid mit dem Aufdruck des Slogans beim Treffen mit Donald Trump zeigt.[16]

Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zeitweise schafften es vier „Let’s Go Brandon“-Songs, die Plätze eins bis vier der amerikanischen iTunes-Charts zur selben Zeit zu belegen.[10][17]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch außerhalb vom politischen Parkett, den Sportevents und Demonstrationen war der Slogan im Herbst 2021 populär.[17][18] Er war zudem sowohl millionenfach im Internet als auch in Restaurants, Bars, beim Einkaufsbummel und an sonstigen öffentlichen Orten zu hören und zu lesen.[12][18] Auf einem Flug der Southwest Airlines verabschiedete ein Pilot die Passagiere mit den Worten „Let’s Go Brandon“, worauf sich die Fluglinie zu einer öffentlichen Entschuldigung gezwungen sah.[17][19][20]

Nutzen und Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Euphemismus „Let’s Go Brandon“ dient als Erkennungszeichen für Anhänger von Donald Trump bzw. Gegner von Joe Biden.[1] Er bietet somit die Möglichkeit, Präsident Biden in der Öffentlichkeit zu beleidigen.[1] Das ermöglicht es republikanischen Politikern, sich mit der eigenen Basis zu solidarisieren, ohne gesellschaftliche Konventionen zu verletzen.[1] Der Geschichtsprofessor Mathew Demot vom Dartmouth College in New Hampshire sieht die Gründe für die Popularität des Euphemismus darin, dass die Leute ihre Verachtung auf eine witzige Art ausdrücken können.[9] Andere Quellen machen den Erfolg des Euphemismus an der mageren Erfolgsbilanz der Biden-Administration fest (unter anderem der chaotische Afghanistan-Abzug, Lieferkettenprobleme und Inflation).[17][18] Darüber hinaus lässt sich der Euphemismus auch sehr gut für den Verkauf von Merchandise-Artikeln nutzen.[1] So verkauft die Kampagne des 45. US-Präsidenten Donald J. Trump Shirts mit diesem Aufdruck für 45 US-Dollar.[10] Darüber hinaus werden auf Amazon beispielsweise Notizblöcke, Sticker und Flaggen mit dieser Aufschrift angeboten.[17] Kritiker befürchten, dass der Euphemismus eine steigende Radikalisierung der Konservativen in den USA zur Folge hat und die Spaltung in der Gesellschaft vorantreibt.[1]

„Dark Brandon“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem Joe Bidens Administration im Sommer 2022 mehrere politische Erfolge verzeichnen konnte (unter anderem Inkrafttreten des Inflation Reduction Act, Tötung von Aiman az-Zawahiri, steigende Umfragewert im Vorfeld der Midterm-Wahlen), verbreiteten sich zunehmend Internet-Memes, die auf „Let’s Go Brandon“ anspielen.[21][22] Biden wird hierbei scherzhaft als übermächtige, sämtliche Probleme aus dem Weg räumende Figur namens „Dark Brandon“ (Anspielung auf The Dark Knight) karikiert.[23][24][25] Biden selbst machte im April 2023 beim White House Correspondents’ Dinner eine selbstironische Anspielung auf „Dark Brandon“-Meme.[26]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Let's go, Brandon! – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Let’s go, Brandon! – Die Bedeutung des kryptischen Slogans, der die USA aufwühlt. In: Focus Online. 3. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  2. „Let’s go Brandon“ – warum taucht dieser Spruch derzeit überall in den USA auf? In: RTL News. 3. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  3. Tyler O’Neil: College students chant ‘F--- Joe Biden’ at football games. In: Fox News Channel. 12. September 2021, abgerufen am 5. November 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Ewan Palmer: “F**k Joe Biden” chants break out at college football games across the country. In: Newsweek. 6. September 2021, abgerufen am 5. November 2021 (englisch).
  5. Samantha Lock: “F*** Joe Biden” chant breaks out at Ryder Cup as U.S. beat Europe. In: Newsweek. 27. September 2021, abgerufen am 5. November 2021 (englisch).
  6. Ron Dicker: NBC NASCAR Reporter’s Response To Anti-Biden Chant Is Hilarious. In: Huffpost. 4. Oktober 2021, abgerufen am 5. November 2021 (englisch).
  7. Luke Gentile: Protesters chant ‘f*** Joe Biden and de Blasio’ as thousands of teachers lose work due to vaccine mandate. In: Washington Examiner. 4. Oktober 2021, abgerufen am 5. November 2021 (englisch).
  8. Dirk Hautkapp: „Let’s go Brandon“: Wie die Biden-Beleidigung der Trump-Anhänger entstand. In: WAZ. 3. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  9. a b c Claudia Sarre: „Let’s go Brandon“: Rätselhafter neuer Schlachtruf der Trump-Fans. In: tagesschau.de. 5. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  10. a b c d Julian Schmelmer: „Let’s Go Brandon!“: Das steckt hinter dem neuen Schlachtruf der Trump-Bewegung. In: Stern. 3. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  11. Daniel Dillmann: „Let’s go Brandon“ – Ein neuer Slogan macht unter Trump-Fans die Runde. In: Frankfurter Rundschau. 3. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  12. a b Andreas Schmid: Let’s go Brandon: Wie Biden von Trump-Anhängern mit einem kryptischen Code beleidigt wird. In: Merkur. 3. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  13. ABC 7 Chicago: ‘Let’s Go Brandon’: How a misheard chant became conservative code for insulting President Joe Biden. 1. November 2021, abgerufen am 15. November 2021 (englisch).
  14. Unfreiwilliges Symbol für Hass. In: Zeit Online. 30. Oktober 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  15. Houston Keene: Florida’s DeSantis dubs Biden admin the ‘Brandon administration’. In: Fox News Channel. 3. November 2021, abgerufen am 6. November 2021 (amerikanisches Englisch).
  16. Megan Sheets: Lauren Boebert just awkwardly tried to troll AOC’s Met Gala dress. In: Independent. 5. November 2021, abgerufen am 6. November 2021 (englisch).
  17. a b c d e Annett Meiritz: US-Präsident in der Krise: „Let’s go, Brandon“ – Der neue Schlachtruf der Rechten zeigt Bidens Probleme. In: Handelsblatt. 2. November 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  18. a b c Biden-Kritiker schreien «Let’s go Brandon» – dahinter verbirgt sich ein vulgärer Angriff. In: watson.ch. 27. Oktober 2021, abgerufen am 5. November 2021.
  19. Gutfeld reacts to left losing it over ‘Let’s Go Brandon’. In: Fox News. 2. November 2021, abgerufen am 6. November 2021 (Video auf YouTube).
  20. Joe Concha: Is ‘Let’s go Brandon!’ a form of hate speech? In: The Hill. 2. November 2021, abgerufen am 6. November 2021 (englisch).
  21. Rex Huppke: Dark Brandon vs. The Pronoun Patrol: The Illustrated Origin Story of a Joe Biden Meme. In: USA Today. 17. August 2022, abgerufen am 26. August 2022 (englisch).
  22. Sarakshi Rai: What is the ‘Dark Brandon’ meme that has taken the White House by storm? In: The Hill. 9. August 2022, abgerufen am 26. August 2022 (englisch).
  23. Blake Hounshell: Dark Brandon vs. The Pronoun Patrol: The Illustrated Origin Story of a Joe Biden Meme. In: New York Times. 17. August 2022, abgerufen am 26. August 2022 (englisch).
  24. Alex Thompson, Allie Bice: Dark Brandon Begins: How WH aides appropriated the meme of their boss as an underworld kin. In: Politico. 8. August 2022, abgerufen am 26. August 2022 (englisch).
  25. Gita Jackson: Joe Biden Supporters Embrace ‘Dark Brandon’. In: Vice. 8. August 2022, abgerufen am 26. August 2022 (englisch).
  26. Alexander Nazaryan: Dark Brandon, Roy Wood Jr. delight White House Correspondents’ dinner crowd. In: Yahoo News. 30. April 2023, abgerufen am 4. Juni 2023 (englisch).