Liste von Kirchengebäuden mit Achsknick

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Der Achsknick im romanischen und gotischen Kirchenbau bedeutet eine unterschiedliche Orientierung der Längsachsen von Langhaus und Chor. Dieses architektonische Merkmal, das an vielen alten Kirchen zu beobachten ist, wurde erstmals im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts an Beispielen aus Ostösterreich erforscht und ist laut Erwin Reidinger auf die in zeitlichem Abstand vorgenommene Ostung der Gebäudeteile zurückzuführen.

Liste von Kirchen mit belegtem Achsknick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der folgenden Liste befinden sich Kirchengebäude, deren genau vermessener und datierter Achsknick schriftlich veröffentlicht wurde und im Inneren nach wie vor sichtbar ist.

Land Ort Gebäude Jahr Achsausrichtung Langhaus Ausrichtung Chorachse Zeitspanne Knickwinkel Bemerkung/Ansicht
Israel Jerusalem Grabeskirche 326 Karfreitag, 8. April Ostersonntag 2 Tage 1,43° Nord[1] im Jahr 1009 zerstört
Deutschland Passau Dom St. Stephan 982 Mittwoch, 8. März 2. Fastensonntag, 12. März 4 Tage 2,91° Nord[2]
Deutschland Speyer Speyerer Dom 1027 Montag, 25. September Erzengel Michael, 29. September 4 Tage 2,31° Süd[3]
Deutschland Vilshofen Stadtpfarrkirche 1205 Mittwoch, 6. April Ostersonntag 4 Tage 2,34° Nord[1] 1794 abgebrannt
Österreich Friedberg Stadtpfarrkirche 1193 Karfreitag, 26. März Ostersonntag 2 Tage 1,13° Nord[4] gotischer Neubau
Österreich Heiligenkreuz Stiftskirche 1133 Palmsonntag, 19. März Ostersonntag 7 Tage 3,56° Nord[5] Chor im 15. Jh. ersetzt
Österreich Klein-Mariazell Basilika 1136 Karfreitag, 20. März Ostersonntag 2 Tage 1,36° Nord[6] Neubau 1256
Österreich Laa an der Thaya Pfarrkirche 1207 Palmsonntag, 15. April Ostersonntag 7 Tage 2,95° Nord[1] spätere Umbauten
Österreich Linz Stadtpfarrkirche 1207 Karfreitag, 20. April Ostersonntag 2 Tage 1,13° Nord[7] barocker Neubau 1656
Österreich Muthmannsdorf St. Peter im Moos[8] 1136 Peter und Paul, 26. Juni Sonntag, 19. Juli 20 Tage 5,06° Süd[1]
Österreich Marchegg Pfarrkirche 1268 Gründonnerstag, 5. April Ostersonntag 3 Tage 1,54° Nord[9]
Österreich Wien Stephansdom 1137 Stephanitag, 26. Dezember darauf folgender Sonntag 7 Tage 1,02° Nord[9]
Österreich Wiener Neustadt Dom[8] 1192 Pfingstsonntag, 24. Mai Pfingstsonntag, 16. Mai 1193 357 Tage 2,40° Süd[9]

Liste von weiteren Gebäuden mit Achsknick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der folgenden Liste befinden sich weitere Gebäude mit abweichender Orientierung von Langhaus und Chor, deren Achsknick aber noch nicht genau untersucht wurde oder die aus anderen Gründen nicht in die obige Liste passen. Darunter fallen nicht-kirchliche Bauten.

Land Ort Gebäude Bemerkung Ansicht
Deutschland Bautzen Dom St. Petri Der Achsknick nach Süden ist sowohl innen als auch außen am First klar erkennbar[10]
Deutschland Neumarkt i. d. Opf. St. Johannes erbaut zwischen 1400 und 1440, Achsknick nach Norden
Deutschland Nürnberg St. Sebald erbaut zwischen 1225/1230 und 1273, Achsknick nach Norden
Deutschland Oberursel St. Ursula Achsknick nach Norden mit zusätzlichem Versatz der Achse des Langhauses nach Süden. Der Achsenbruch hat seinen Grund in einer Planänderung
Frankreich Quimper Kathedrale Saint-Corentin erbaut ab 1239, Achsknick nach Norden
Frankreich Batz-sur-Mer St-Guénolé erbaut im 15./16. Jahrhundert, Achsknick nach Norden
Frankreich Nevers Kathedrale von Nevers erbaut im 13./14. Jahrhundert, Achsknick nach Süden
Frankreich Vitré Notre-Dame
Großbritannien Cwmyoy St Martin’s Church Verursacht durch den instabilen Untergrund gilt St Martin als die „schiefste Kirche in Großbritannien“.
Großbritannien Whitby Whitby Abbey
Israel Jerusalem Felsendom Der älteste monumentale Sakralbau des Islam aus dem Jahr 686 zeigt einen Achsknick von ca. 2,8° Nord.[1]
Italien Brixen Brixner Dom
Österreich Bad Schallerbach Magdalenabergkirche erbaut um 1400, der Achsknick nach Norden ist auch am Dachfirst gut erkennbar
Österreich Furth bei Göttweig Stiftskirche Göttweig Die ursprünglich romanische Anlage hatte einen Achsknick von 3,31° Nord.[1]
Österreich Hall in Tirol Stadtpfarrkirche Hall in Tirol
Österreich Hellmonsödt Pfarrkirche Hellmonsödt Achsknick nach Norden
Österreich Maiersdorf Pfarrkirche Maiersdorf[8] Ostungen am Karfreitag und Ostersonntag 1166 (oder 1139)
Österreich Saxen Pfarrkirche Saxen Achsknick nach Norden
Österreich Spitz Pfarrkirche Spitz
Österreich Wartberg ob der Aist Pfarrkirche Wartberg ob der Aist Die 1508 errichtete Kirche zeigt einen Achsknick von knapp 2° Nord.
Österreich Wien Schottenkirche (Wien) Die ursprünglich romanische Anlage zeigte einen Achsknick von 1,91° Nord.[1][11]
Österreich Wiener Neustadt St. Peter an der Sperr

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Achsknick – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g Erwin Reidinger: Ostern 1136. Neue Erkenntnisse zur Gründung von (Klein-) Mariazell in Österreich (= M.CellA. Beiträge zu Geschichte, Kunst und Kultur des ehemaligen Benediktinerstiftes Mariazell in Österreich. Band 2). Diözesanarchiv St. Pölten, St. Pölten 2016, ISBN 978-3-901863-51-6, S. 17 (heimat.eu [PDF]).
  2. Erwin Reidinger: Passau, Dom St. Stephan 982: Achsknick = Zeitmarke. In: Der Passauer Dom des Mittelalters. Vorträge des Symposiums Passau, 12. bis 14. März 2007 (= Veröffentlichungen des Instituts für Kulturraumforschung Ostbaierns und der Nachbarregionen der Universität Passau. Band 60). 2009, ISBN 978-3-932949-91-3, ISSN 0479-6748, S. 7–32 (heimat.eu [PDF]).
  3. Erwin Reidinger: 1027: Gründung des Speyerer Domes. Sonne–Orientierung–Achsknick–Gründungsdatum–Erzengel Michael (= Schriften des Diözesan-Archivs Speyer. Band 46). Pilger Verlag Annweiler, Speyer 2014, ISBN 978-3-942133-76-0, S. 111 (heimat.eu [PDF]).
  4. Erwin Reidinger: Friedberg (Steiermark), Pfarrkirche Jakobus der Ältere – Plan. In: academia.edu. 2019, abgerufen am 21. November 2020 (Grundrissdarstellung der romanischen und gotischen Kirche).
  5. Erwin Reidinger: Die Stiftskirche von Heiligenkreuz. Achsknick und Orientierungstage. Antworten aus der Gründungsplanung (= Sancta Crux. Zeitschrift des Stiftes Heiligenkreuz. 70. Jahrgang, Nr. 126). 2010, ZDB-ID 302220-1, S. 57, 62–63, 71 (heimat.eu [PDF] Diese Berechnung bezieht sich auf den romanischen Kirchenbau, dessen Chor im 15. Jahrhundert durch einen gotischen Neubau ersetzt wurde).
  6. Erwin Reidinger: Ostern 1136. Neue Erkenntnisse zur Gründung von (Klein-) Mariazell in Österreich (= M.CellA. Beiträge zu Geschichte, Kunst und Kultur des ehemaligen Benediktinerstiftes Mariazell in Österreich. Band 2). Diözesanarchiv St. Pölten, St. Pölten 2016, ISBN 978-3-901863-51-6, S. 6–48 (heimat.eu [PDF]).
  7. Erwin Reidinger: Mittelalterliche Stadtplanung am Beispiel Linz. In: Archiv der Stadt Linz (Hrsg.): Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 2001. Linz 2003, S. 35–39, 70 und 87–89 (heimat.eu [PDF] Durch den Achsknick konnte das genaue Jahr der Stadterweiterung berechnet werden).
  8. a b c Hannes Steindl: Warum manche Kirchen einen Knick haben. In: noe.ORF.at. Österreichischer Rundfunk, 13. April 2022, abgerufen am 6. Mai 2022 (mit eingebetteten Videos zu Wiener Neustadt und Muthmannsdorf; neueste Forschungen präferieren für Maiersdorf aber das Jahr 1166 statt 1139).
  9. a b c Erwin Reidinger: Stadtplanung im hohen Mittelalter: Wiener Neustadt – Marchegg – Wien. In: Ferdinand Opll, Christoph Sonnlechner (Hrsg.): Europäische Städte im Mittelalter (= Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte. Hrsg. vom Verein für Geschichte der Stadt Wien. Band 52). StudienVerlag Innsbruck–Wien–Bozen, Wien 2010, ISBN 978-3-7065-4856-4, S. 159–169 (heimat.eu [PDF] Wiener Neustadt S. 159–169, Marchegg S. 169–172, Wien S. 172–174).
  10. Gottfried Kiesow: Die Sonne und der Achsenknick. Vier Thesen zur Achsenverschiebung im Kirchenbau. In: monumente-online.de. Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, März 2005, abgerufen am 17. November 2020 (am Beispiel des Doms von Bautzen).
  11. Erwin Reidinger, Peter Csendes, Helmut Flachenecker: Die Schottenkirche in Wien: Lage – Orientierung – Achsknick – Gründungsdatum. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege. Heft 2/3, Wien 2007, S. 181–213.