Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei

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Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei
Rechtsform GmbH
Gründung 1842
Sitz Berlin
Leitung Wolfhard Buß, Jens Caßens
Mitarbeiterzahl 420
Branche Getränkeherstellung und -vertrieb
Website www.schultheiss.de
Hauptstandort Indira-Gandhi-Straße in Berlin-Alt-Hohenschönhausen

Die Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei GmbH produziert in Berlin-Hohenschönhausen Biere der Marken Berliner Pilsner, Berliner Kindl, Engelhardt, Schultheiss und Berliner Bürgerbräu. Sie gehörte zu Brau & Brunnen und ist seit 2004 Teil der Radeberger Gruppe im Oetker-Konzern. Die Jahresproduktion liegt bei 1,5 Millionen Hektolitern.[1]

Geschichte

Reklame-Postkarte von 1910
Teilschuldverschreibung über 1000 Mark der Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG vom März 1922

Die Schultheiss-Brauerei wurde 1842 gegründet und 1864 von dem bis dahin im Textil-Einzelhandel tätigen Kaufmann Adolf Roesicke (1817–1886) erworben. Er betraute seinen Sohn Richard Roesicke (1845–1903) mit der Leitung der Brauerei, der sie – dem Trend der Gründerzeit folgend – zu einer industriellen Großbrauerei ausbaute. Um zusätzliches Kapital für die Expansion zu erlangen, wurde die Brauerei 1871 zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt.

Im Jahr 1891 fusionierte die Schultheiss-Brauerei mit einer ihrer wichtigsten Konkurrentinnen, der Kreuzberger Tivoli-Brauerei. Die neue Gesellschaft firmierte allerdings weiterhin unter Schultheiss, die Tivoli-Produktionsanlagen in Kreuzberg wurden als Abteilung II bezeichnet.

Die Familie Roesicke erwarb 1877 unabhängig vom Ausbau der Schultheiss-Brauerei zusätzlich die Waldschlösschen-Brauerei in Dessau, die 1896 als Abteilung III ebenfalls in den Schultheiss-Konzern eingegliedert wurde.

Weitere Angliederungen waren 1898 der Erwerb der Borussia-Brauerei in Berlin-Niederschöneweide als Abteilung IV, 1910 der Erwerb der Pfeifferhof-Brauerei in Breslau als Abteilung V und 1914 die Fusion mit der Berliner Unions-Brauerei in der Hasenheide als Abteilung VI, aus deren Eigentum zwei weitere Braustätten in Eberswalde und Schneidemühl zu Schultheiss gelangten.

In den Jahren 1914–1917 ließ die Unternehmensleitung in Berlin-Schöneberg an der Bessemerstraße eine neue Malzfabrik errichten.[2] Obwohl der Erste Weltkrieg wirtschaftliche Probleme mit sich brachte, wurden sowohl die neue Malzfabrik fertiggestellt als auch weitere Zukäufe getätigt wie die Spandauer Bergbrauerei und die Brauerei Pfefferberg.

Schultheiss fusionierte 1920 schließlich mit einer weiteren großen Berliner Brauerei, der Aktien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe vormals Patzenhofer, zur Schultheiss-Patzenhofer Brauerei AG. Dass Schultheiss in dieser Fusion der stärkere Partner war, zeigte sich auch nach außen deutlich, als 1937 der Namensbestandteil Patzenhofer fallen gelassen wurde und die Firma wieder Schultheiss Brauerei AG lautete. Im gleichen Jahr wurde sie mit allen ihren Produktionsstätten vom NS-Regime zum Nationalsozialistischen Musterbetrieb ernannt.

Nach 1946 gehörten nur noch sieben Braustätten in Berlin (Ost und West) und eine in Dessau zum Schultheiss-Konzern. Aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 124 wurden die im sowjetischen Machtbereich liegenden Betriebe dem Zugriff der Schultheiss AG entzogen. Sie produzierten jedoch unter dem bekannten Markennamen weiter Bier.[3]

Filterraum der VEB Schultheiss-Brauerei (1958)

Die ehemalige Abteilung I – also die ursprüngliche Schultheiss-Braustätte – an der Schönhauser Allee steht seit den 1970er Jahren unter Denkmalschutz.[4][5]

(→ Hauptartikel: Kulturbrauerei)

Die Abteilung II der Schultheiss-Brauerei befand sich von 1891 bis 1994 am Tivoli-Standort in der Methfesselstraße in Kreuzberg. Die denkmalgeschützten ehemaligen Brauereigebäude sind inzwischen Teil des Viktoria-Quartiers am Südhang des Kreuzbergs.[6]

In Ost-Berlin gehörte eine im damaligen Bezirk Schöneweide angesiedelte Brauerei als Betriebsteil zu Schultheiß, nach 1959 wurde sie als Bärenquell-Brauerei ausgegliedert.

Schultheiss-Standort Berlin-Schöneweide (1898–1959), Aufnahme 2013

Am 1. Juli 1972 übernahm Schultheiß, in der alten Bundesrepublik im gleichen Jahr zur Gruppe DAB zusammengeschlossen, auch die Schlegel-Brauerei in Bochum.[7]

Nach 1990 kam die ehemalige Abteilung III der Kindl-Brauerei Berlin-Weißensee (Ortsteil Alt-Hohenschönhausen) hinzu. Die im 19. Jahrhundert an der damaligen Lichtenberger Straße (seit 1987 Indira-Gandhi-Straße) als Brauerei Gabriel & Richter [8] (später: Kindl-Brauerei genannt) eröffnete Produktionsstätte mit mehreren Gebäuden ist nun Hauptstandort der Brauerei. Die Mälzerei mit dem 33 Meter hohen Siloturm wurde 1929 nach Plänen der Architekten Hans Claus und Richard Schepke als Klinker-Verblendbau hinzugefügt. In der DDR-Zeit gehörte diese Brauerei zum VEB Getränkekombinat Berlin, zusammen mit der Aktien-Brauerei-Gesellschaft Friedrichshöhe, vorm. Patzenhofer und der Berliner Bürgerbräu.

Lieferfahrzeug der Schultheiss-Brauerei

Die deutsche Wiedervereinigung führte schließlich dazu, dass etliche der früheren Schultheiß-Betriebsteile wieder zusammengeschlossen wurden, die so entstandene Gesellschaft gab sich den Namen Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei GmbH.

Malzfabrik Schöneberg, Südseite der Mälzerei (2013)

Die Malzfabrik Schöneberg stand seit 1990 etliche Jahre leer, von 2001 bis 2007 nutzte der KitKatClub einen Teil, seit 2009 wird sie von einem Schweizer Unternehmer als Kreativzentrum neu belebt.[2]

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Jürgen Müller: 175 Jahre Schultheiss – Ein Rückblick auf die Geschichte der bedeutendsten Berliner Traditionsbrauerei. In: Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens e. V. [GGB] (Hrsg.): GGB-Jahrbuch 2017, S. 133
  • Erich Borkenhagen: 125 Jahre Schultheiss-Brauerei. Die Geschichte des Schultheiss-Bieres in Berlin von 1842–1967, Berlin 1967
  • Hasso Spode: Der Kreuzberg und das Bier. Geschichte und Vorgeschichte der Schultheiss-Brauerei. In: Jahrbuch der Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens (GGB), 1993, S. 118–135
Commons: Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ernüchterung in deutschen Brauereien. In: Der Tagesspiegel, 3. Februar 2018.
  2. a b Malzfabrik Schultheiß
  3. Der Schultheiss-Konzern. In: Neues Deutschland, 10. Januar 1947.
  4. Institut für Denkmalpflege (Hrsg.): Die Bau- und Kunstdenkmale der DDR. Hauptstadt Berlin-II. Henschelverlag, Berlin 1984, S. 150.
  5. Mälzerei und Verwaltungsgebäude der ehemaligen Kindl-Brauerei, Indira-Gandhi-Straße 66-69 in der Berliner Landesdenkmalliste
  6. Ehemalige Schultheiss-Brauerei (Abt. II) am Kreuzberg
  7. 130 Jahre Schlegelbrauerei in Bochum Info auf der Webseite der Stadt Bochum, abgerufen am 17. September 2016.
  8. Handel- und Gewerbetreibende. In: Berliner Adreßbuch, 1905, Teil 5, Weißensee, S. 385.

Koordinaten: 52° 32′ 31,7″ N, 13° 28′ 15,3″ O