Moly

Moly (griechisch μῶλυ) bezeichnet in der antiken Mythologie eine zauberwirksame Pflanze.
Erstmals erwähnt wird das Gewächs im zehnten Gesang der Odyssee. Odysseus berichtet dort, wie Hermes es ihm als Schutz gegen die Hexenkünste der Kirke mitgegeben habe:
- Also sprach Hermeias, und gab mir die heilsame Pflanze,
- Die er dem Boden entriss, und zeigte mir ihre Natur an:
- Ihre Wurzel war schwarz, und milchweiß blühte die Blume;
- Moly wird sie genannt von den Göttern. Sterblichen Menschen
- Ist sie schwer zu graben; doch alles vermögen die Götter.[1]
Die italienischen Botaniker der Renaissance erkannten, höchstwahrscheinlich richtig, darin eine Allium-Art, da diese in Griechenland wie in ganz Europa als Hauptabwendungsmittel von Bezauberung gelten (molyein ‚entfernen, abwenden‘; sc. Zauber), und hielten Allium magicum L. (Hexen-Lauch)[2] oder Allium Moly L. (Gold-Lauch) dafür. Da diese Arten jedoch gelbe oder rötliche Blüten tragen, Homer die Blüten aber milchweiß nennt, so stimmt nach Sprengel[3] Allium nigrum L. (Schwarz-Lauch) besser sowohl mit der Beschreibung des Homer als mit jener des Theophrast überein.
Auch eine Deutung als Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) kommt in Betracht.[4]
Andere Versuche, die vielumdeutete Pflanze in der weißen Seerose oder schwarzen Nieswurz etc. zu erkennen, sind völlig haltlos.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Hugo Rahner: Die seelenheilende Blume. Moly und Mandragore in antiker und christlicher Symbolik. In: Eranos-Jahrbuch, Bd. 12, 1945, S. 118–239
- Mechthild Siede: Moly. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band 24, Hiersemann, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7772-1222-7, Sp. 1105–1112
- Jerry Stannard: The Plant Called Moly. In: Osiris 14, 1962, S. 254–307
- August Steier: Moly. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XVI,1, Stuttgart 1933, Sp. 29–33.
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Homer: Odyssee 10, 302–307; Übersetzung von Johann Heinrich Voß
- ↑ Samuel Hahnemann: Apothekerlexikon. 1. Abt., 2. Teil, Leipzig 1795, S. 416: Hexenlauch
- ↑ Kurt Sprengel: Geschichte der Botanik. Erster Theil. Brockhaus 1817. Seite 37 books.google, S. 427 books.google und S. VI.
- ↑ Thomas Richter: Das Schneeglöckchen zwischen Mariensymbolik und moderner Indikation. In: Tempora mutantur et nos? Festschrift für Walter M. Brod zum 95. Geburtstag. Mit Beiträgen von Freunden, Weggefährten und Zeitgenossen. Hrsg. von Andreas Mettenleiter, Akamedon, Pfaffenhofen 2007, ISBN 3-940072-01-X, S. 359–362, hier: S. 359
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Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888 bis 1890. |