Nadorit

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Nadorit
Gruppe aus tafeligen Nadoritkristallen vom Djebel Debar, Provinz Constantine, Algerien (Größe: 4,7 cm × 2,9 cm × 2,7 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Nad[1]

Andere Namen

Ochrolith

Chemische Formel PbSbO2Cl[2][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/D.10
III/D.10-010

3.DC.30
10.02.05.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m
Raumgruppe Cmcm (Nr. 63)Vorlage:Raumgruppe/63[3]
Gitterparameter a = 5,603(5) Å; b = 12,245(8) Å; c = 5,448(7) Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Zwillingsbildung nach (101)
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 7,02; berechnet: 7,06[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {010}[4]
Farbe rauchbraun, bräunlichgelb bis gelb
Strichfarbe gelb bis gelblichweiß
Transparenz durchscheinend
Glanz Harzglanz bis Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,300[5]
nβ = 2,340 bis 2,350[5]
nγ = 2,360 bis 2,400[5]
Doppelbrechung δ = 0,060 bis 0,100[5]
Achsenwinkel 2V = 85° (gemessen); 88° (berechnet)[5]

Nadorit (auch Ochrolith[6]) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung PbSbO2Cl,[2] ist also chemisch gesehen ein Blei-Antimon-Oxihalogenid mit Chlor.

Nadorit entwickelt meist tafelige oder pseudokubische bzw. pseudooktaedrische Kristalle mit harz- bis diamantähnlichem Glanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form grob radialer, konzentrischer Massen vor. Die Kristalle sind durchscheinend und von rauchbrauner oder gelber bis bräunlichgelber Farbe. Auf der Strichtafel hinterlässt das Mineral einen gelben bis gelblichweißen Strich.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals entdeckt wurde Nadorit im Bergwerk „Nador n’Bails“ (französisch Mine du Nador N’Baïls) am Berg Djebel Nador in der algerischen Provinz Constantine und beschrieben 1870 durch Theodore Flajolot,[7] der das Mineral nach seiner Typlokalität benannte.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Nadorit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Oxihalogenide“, wo er zusammen mit Mendipit die „Mendipit-Nadorit-Gruppe“ mit der System-Nr. III/D.10 und den weiteren Mitgliedern Asisit, Blixit, Damarait, Ekdemit, Heliophyllit, Kombatit, Mereheadit, Parkinsonit, Penfieldit, Perit, Philolithit, Pinalit, Sahlinit, Schwartzembergit, Seeligerit, Sundiusit, Symesit und Thorikosit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Nadorit in die erweiterte Abteilung der „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Pb (As, Sb, Bi) ohne Cu“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Perit die nach ihm benannte „Nadoritgruppe“ mit der System-Nr. 3.DC.30 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Nadorit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“ ein. Hier ist er zusammen mit Perit in der „Perit-Reihe“ mit der System-Nr. 10.02.05 innerhalb der Unterabteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel A(O,OH)Xq“ zu finden.

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nadorit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe Cmcm (Raumgruppen-Nr. 63)Vorlage:Raumgruppe/63 mit den Gitterparametern a = 5,603(5) Å; b = 12,245(8) Å und c = 5,448(7) Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kräftig gelber Nadoritkristall aus Långban, Värmland, Schweden (Bildbreite: 1,3 mm)

Nadorit bildet sich metasomatisch als Umwandlungsprodukt aus anderen Mineralen in der Oxidationszone von hydrothermal gebildeten Antimon-Lagerstätten. Als Begleitminerale können unter anderem Anglesit, Bindheimit, Cerussit, Galenit, Jamesonit, Mimetesit, Senarmontit, Smithsonit, Sphalerit und Valentinit auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Nadorit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) etwa 15 Fundorte bekannt sind.[8] Seine Typlokalität „Nador n’Bails“ (Mine du Nador N’Baïls) am Djebel Nador ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Algerien.

In Deutschland konnte das Mineral bisher nur in der Grube „Reichensteinerberg“ bei Reichenstein (Puderbach) in Rheinland-Pfalz entdeckt werden und der bisher einzige Fundort in Österreich ist eine Schlackenhalde nahe der Ortschaft Waitschach in Kärnten.

Weitere bisher bekannte Fundorte sind unter anderem Broken Hill im australischen Bundesstaat New South Wales, die Madjarovo-Lagerstätte in den Rhodopen in der bulgarischen Oblast Chaskowo, die Tsumeb Mine in Namibia, die Grubengemeinde Långban und die Harstigen Mine bei Pajsberg in der schwedischen Gemeinde Filipstad (Värmland), einige Gruben in der englischen Grafschaft Cornwall und die Crestmore-Steinbrüche im Riverside County des US-Bundesstaates Kalifornien.[9]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • T. Flajolot: Note sur des combinaisons cristallisées d'oxyde de plomb et d'oxyde d' antimoine, d'oxyde de plomb el d'acide antimonique, de la province de Constantine (Algérie). In: Comptes Rendus Hebdomadaires des Séances de l’Académie des Sciences. Band 71, 1870, S. 237–239 (rruff.info [PDF; 145 kB; abgerufen am 10. Mai 2017]).
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 495 (Erstausgabe: 1891).
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 339.
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 370.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nadorite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 177.
  3. a b c d G. Giuseppetti, C. Tadini: Riesame della struttura cristallina della nadorite: PbSbO2Cl. In: Periodico di Mineralogia. Band 42, 1973, S. 335–345 (rruff.info [PDF; 584 kB; abgerufen am 28. Juli 2017]).
  4. a b Nadorite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 67 kB; abgerufen am 10. Mai 2017]).
  5. a b c d e Mindat – Nadorite
  6. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 495 (Erstausgabe: 1891).
  7. Directeurs et anciens professeurs de l'Ecole des mines de Saint-Etienne
  8. Mindat – Anzahl der Fundorte für Nadorit
  9. Fundortliste für Nadorit beim Mineralienatlas und bei Mindat