Netra

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Netra
Gemeinde Ringgau
Koordinaten: 51° 6′ N, 10° 6′ OKoordinaten: 51° 5′ 37″ N, 10° 5′ 33″ O
Höhe: 305 m ü. NHN
Fläche: 13,7 km²[1]
Einwohner: 537 (Mai 2011)[2]
Bevölkerungsdichte: 39 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 37296
Vorwahl: 05659
Blick auf Netra
Blick auf Netra

Netra ist ein Ortsteil und der Verwaltungssitz der Gemeinde Ringgau im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Netra liegt im Tal der Netra im Zentrum der Landschaft Ringgau auf etwa 304 m über NN. Der Ort ist das nach Einwohnerzahl drittgrößte Dorf der Gemeinde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ortskern mit Ev. Kirche

Bereits 1025 wird Netra als „Nederne in Reinicgowe“ als damaliges Reichsgut erwähnt, als König Konrad II. den Ort dem Kloster Fulda schenkte. 1073 wurden erstmals die Herren von Netra genannt, die vermutlich auch die erste Burg errichteten. Diese trugen sie 1318 den Landgrafen von Thüringen zu Lehen auf. Im Laufe der Zeit übergaben die Herren von Netra Teile ihres Besitzes an das Kloster Germerode. Teile Netras erkauften 1366 die von Herren von Boyneburg-Hohenstein von den von Netra.

1556 starb das Geschlecht derer von Netra aus, die dortige Wasserburg und der übrige dazugehörige Besitz fiel erblich an die Hohenstein, die die Burg zu einem Wasserschloss umbauten. In Netra waren Ende des 16. Jahrhunderts 86 Untertanen verschiedener Herren ansässig: Neben einer Mehrheit boyneburg-hohensteinischer Untertanin befanden sich hier 18 germerödische Männer (Untertanen des ehemaligen Klosters Germerode, das nach der Reformation vom Landgrafen übernommen wurde) sowie einige Untertanen der Kurpfalz, die zusammen mit der Hälfte Röhrdas als Lehen vergeben wurden. Das Dorf kam entgegen oft wiederholter, aber falscher Behauptungen nicht 1654 zum landgräflichen Amt Bischhausen, sondern blieb bis zum Aussterben derer von Boyneburg-Hohenstein 1792 Teil des Gerichts Boyneburg.[3] 1792 gingen Netra und seine Burg in Staatsbesitz über. Das Gut wurde Staatsdomäne. 1818 war in Netra der Sitz eines Justizamtes im Amt Eschwege, welches 1866 zum Amtsgericht Netra wurde.[1] Ab 1821 gehörte der Ort zum Kreis Eschwege.

Netra nach der Gebietsreform[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten zum 31. Dezember 1971 die bis dahin selbständigen Gemeinden Grandenborn, Lüderbach, Netra, Renda und Rittmannshausen freiwillig zur neuen Gemeinde Ringgau. Datterode und Röhrda schlossen sich am 1. April 1972 in der Gemeinde Netratal zusammen. Diese beiden Gemeinden wurde am 1. Januar 1974 kraft Landesgesetz zur neuen Großgemeinde Ringau zusammengeschlossen.[4][5] Sitz der Gemeindeverwaltung wurde der Ortsteil Netra. Für alle nach Ringgau eingegliederten Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]

Im 1976 errichteten Gemeindezentrum finden sich alle behördlichen Einrichtungen der Gemeinde. Angegliedert sind ein Dorfgemeinschaftshaus und das Feuerwehrhaus bis 1993.

Historische Namen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Schreibweise des Ortsnamens wechselte im Laufe der Jahrhunderte mehrfach, je nachdem wie der Schreiber der jeweiligen Urkunde das Gehörte ins Schriftliche zu übertragen suchte: Nederne (1025), Neddere (1075), Nedere circa flumen Nederaha (1140/41), Netre (1255), Neythere (1327), Netern (1344), Netter (1495).[1]

Wasserburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wasserburg Netra

Bereits um 1073 wird anstelle der heutigen Wasserburg die Burg der Herren von Netra erwähnt. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts erbauten die Herren von Boyneburg-Hohnstein die Wasserburg. Sie befindet sich am westlichen Ortsrand. 1922 stürzte der Treppenturm ein; er wurde 1957 erneuert. Das Gebäude befindet sich heute in Privatbesitz.

Einwohnerentwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einwohnerstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Netra 537 Einwohner. Darunter waren 3 (= 0,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 72 Einwohner unter 18 Jahren, 222 waren zwischen 18 und 49, 126 zwischen 50 und 64 und 117 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 243 Haushalten. Davon waren 78 Singlehaushalte, 66 Paare ohne Kinder und 75 Paare mit Kindern, sowie 21 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 54 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 153 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[2]

Einwohnerzahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Netra: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011
Jahr  Einwohner
1834
  
762
1840
  
797
1846
  
876
1852
  
877
1858
  
821
1864
  
832
1871
  
763
1875
  
759
1885
  
771
1895
  
747
1905
  
685
1910
  
669
1925
  
663
1939
  
639
1946
  
931
1950
  
920
1956
  
833
1961
  
749
1967
  
706
1970
  
686
1980
  
?
1987
  
701
2000
  
?
2011
  
537
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2]

Religionszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

• 1885: 680 evangelische (= 88,20 %), ein katholischer (= 0,13 %), 90 jüdische (= 11,67 %) Einwohner[1]
• 1961: 643 evangelische (= 85,85 %), 96 katholische (= 12,82 %) Einwohner[1]

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jüdischer Friedhof Netra

Jüdische Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Netra gab es eine Synagoge beziehungsweise einen Betsaal. Vermutlich Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Fachwerkbau mit Hofgebäude erbaut. Über das Aussehen des Gebäudes ist nichts Näheres bekannt. 1971 wurde das Gebäude wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Synagoge befand sich in der Brauhausstraße 19, die Religionsschule in Datterode in der Leipziger Str. 45.[7]

Jüdischer Friedhof[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Jüdische Waldfriedhof hat eine Fläche von 16 ar. 1985 waren noch 91 Grabsteine (Mazewa) vorhanden. Der Friedhof liegt etwa 1,5 km südlich von Netra, nahe der Straße von Netra nach Grandenborn innerhalb des Waldes am Waldrand.[8]

Jakobskirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der mächtige Chorturm mit den vier zu Ecktürmchen ausgestalteten Wichhäuschen wurde 1480 errichtet und war ursprünglich Bestandteil einer Wehrkirche. Die seit der Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen evangelische Kirche ist im gotischen Stil gebaut und ist dem Apostel Jakob geweiht. Sie wurde 1842/43 durch eine klassizistische Kirche ersetzt.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Caspar (1883–1954), deutscher Pilot, Flugzeugbauunternehmer und Jurist

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Netra – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Netra, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 9. Juli 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b c d Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 56 und 112, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statistik.hessen.de
  3. Thomas Diehl: Adelsherrschaft im Werraraum. Das Gericht Boyneburg im Prozess der Grundlegung frühmoderner Staatlichkeit (Ende des 16. bis Anfang des 18. Jahrhunderts). Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen, Darmstadt und Marburg 2010, ISBN 978-3-88443-314-0 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 159).
  4. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Eschwege und Witzenhausen (GVBl. II 330-21) vom 28. September 1973. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1973 Nr. 25, S. 353, § 4 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,3 MB]).
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 388–389.
  6. Hauptsatzung. (PDF; 105 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Ringgau, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Mai 2021; abgerufen im Mai 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ringgau.de
  7. Synagoge Netra bei Alemannia-Judaica
  8. Jüdischer Friedhof bei Alemannia-Judaica