Neue Deutsche Welle

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Die Neue Deutsche Welle (NDW) ist die Bezeichnung für die deutschsprachige Variante des Punk und New Wave, die ab 1976 aufkam und Anfang der 1980er Jahren ihren kommerziellen Höhepunkt erfuhr.

Die NDW stellte keinen einheitlichen Musikstil dar, sondern zeigte sich sehr mannigfaltig. Es lassen sich für viele der Künstler Attribute finden, die sie von der Masse anderer Künstler unterscheiden würden. Kennzeichnend waren jedoch vor allem die deutsche Sprache, die relative Kurzlebigkeit und die häufige Rohheit und Kühle. Aber auch Minimalismus und Sanftheit der Darbietungen sind Stilmittel gewesen. Nur wenige der Künstler sind noch heute musikalisch aktiv, einige konnten um die Jahrtausendwende ein Comeback verzeichnen.

Geschichte

Begriffsentstehung

Eine frühe Erwähnung des Begriffes Neue Welle findet sich im 1977 erschienenen Fanzine Die 80er Jahre des Joseph-Beuys-Schülers Jürgen Kramer. Der Begriff Neue Deutsche Welle tauchte erstmals in einer Anzeige des Berliner Plattenversands Der Zensor (Burkhardt Seiler) im Hamburger Musikmagazin Sounds im August 1979 auf. In der Anzeige wurde er zur Kategorisierung des ersten Albums der Deutsch Amerikanischen Freundschaft benutzt. Zwei Monate später wurde der Begriff von dem damaligen Musikjournalisten und späteren Labelbetreiber Alfred Hilsberg für den Titel einer dreiteiligen Artikelserie in Sounds verwendet („Neue Deutsche Welle – Aus grauer Städte Mauern“[1]).

NDW als Untergrundmusik

Im ersten halben Jahrzehnt bis etwa 1981 war die Neue Deutsche Welle, obwohl sie damals noch nicht so hieß, eine Untergrundbewegung, deren Ursprünge auf die britischen Punk- und New-Wave-Musik zurückgehen. Sehr schnell entstand aus diesen Anfängen eine originäre Formensprache, die stark geprägt war von der (im Vergleich zum Englischen) eckigeren und kantigeren Rhythmik der deutschen Sprache, für die sich ein großer Teil der Bands bereits früh entschieden hatte. Zu den Vertretern dieser Phase zählen Mittagspause, Abwärts, The Wirtschaftswunder, Der Plan oder DAF. Soundspezifisch bildeten Synthesizer, die in jenen Jahren zu erschwinglichen Preisen auf den Markt kamen, die klangliche Basis für viele Werke, etwa elektronische Instrumente wie die Korg-Modelle MS-10 und MS-20.

Die NDW dieser Jahre hatte im wesentlichen drei Hauptstädte, nämlich Berlin (West), Düsseldorf (Labels Rondo, Schallmauer-Records und Ata Tak) und Hamburg (ZickZack Records). Kleinere Nebenzentren waren unter anderem Limburg, der Raum Rhein-Main (Mainz, Wiesbaden, Frankfurt) und Hannover (No Fun Records).

Ein wichtiger Bestandteil der NDW in dieser Zeit war ihre Verbindung zur bildenden Kunst. Wichtige Veranstaltungsorte wie der Ratinger Hof oder zeitweise das SO36 wurden von Künstlern geführt, Künstler wie Jürgen Kramer mit seinen Bands Das Weltende und Das Zwanzigste Jahrhundert sowie seinem Fanzine Die 80er Jahre bzw. der Berliner Salomé (Geile Tiere), Martin Kippenberger oder Die Tödliche Doris machten diese Verbindung deutlich.

NDW als Populärmusik

Bei den großen Plattenfirmen galt die NDW zunächst als unkommerziell und deshalb nicht oder zumindest schwer vermarktbar. Auch bei den Bands gab es, wie auch beim Publikum, Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit der Industrie. Dies änderte sich allerdings, als erste Vermarktungskampagnen mit Gruppen wie Fehlfarben oder DAF auf überraschend viel Resonanz stießen. Als die NDW immer erfolgreicher wurde, vermarktete man unter diesem Etikett auch deutschsprachig singende Bands, die mit der NDW eigentlich nichts gemein hatten, oder schuf einschlägige Retortenbands. Das Genre wurde schließlich zunehmend von Interpreten beherrscht, die in modernisierter, teils auch ironischer Form Elemente des Schlagers verwendeten. Dazu gehörten etwa Hubert Kah, Markus, UKW und Combo Colossale.

Einige Gruppen kamen zu beachtlichen internationalen Erfolgen. Nena (99 Luftballons), Trio (Da da da), Falco (Der Kommissar, Rock Me Amadeus) und Peter Schilling (Major Tom) konnten selbst im angelsächsischen Raum Hits platzieren, wobei sich hier meist eigens produzierte englische Versionen durchsetzten.

Die Kommerzialisierung durch die Musikindustrie führte bei den Urhebern der Bewegung, den Untergrund-Bands, zu Frustration, und die NDW-Bewegung löste sich schnell wieder auf. Aber auch die kommerzielle Variante der NDW büßte rasch an Bedeutung ein. Durch die inflationäre Veröffentlichungspolitik der Plattenfirmen und die massive Medienpräsenz des Genres fühlte sich das Publikum bald übersättigt. Viele Musiker beendeten ihre Karrieren und nur wenige Projekte überlebten. Die NDW ging so in den Jahren 1983–84 zu Ende.

Historische Bedeutung

Die NDW führte dazu, dass sich im Anschluss deutsch singende Musiker leichter kommerziell etablieren konnten, selbst wenn sie stilistisch nicht der NDW zuzuordnen waren. Zu nennen wären hier beispielsweise BAP, Die Toten Hosen oder Herbert Grönemeyer.

Die NDW bildete auch immer wieder einen Anknüpfungspunkt für neue musikalische Bewegungen, so beispielsweise die Hamburger Schule.

Bands und Musiker der NDW

Siehe: Liste der Bands der Neuen Deutschen Welle

Einzelbelege

  1. Katja Mellmann über die Neue Deutsche Welle (PDF)

Literatur

  • Hollow Skai: Alles nur geträumt: Fluch und Segen der Neuen Deutschen Welle. Hannibal, Innsbruck 2009, ISBN 3-85445-302-7.
  • Frank Apunkt Schneider: Als die Welt noch unterging. Ventil, Mainz 2007, ISBN 978-3-931555-88-7.
  • Jürgen Teipel (Hrsg.): Verschwende Deine Jugend. Ein Doku-Roman über den deutschen Punk und New Wave. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-518-39771-0.
  • M.O.C. Döpfner, Thomas Garms: Neue deutsche Welle – Kunst oder Mode? Ullstein, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1984, ISBN 3-548-36505-1.
  • Kid P.: „Die Neue Deutsche Welle. Ihr Entstehen und Versagen. Ihre Sternchen und ihr Erscheinen in den Medien“, in: Diedrich Diederichsen (Hrsg.): Staccato. Musik und Leben. Kübler Verlag Michael Akselrad, Heidelberg 1982. S. 9–55 ISBN 3-921265-29-0