Schwenninger Moos
Das Schwenninger Moos ist ein Regenmoor auf der Baar bei Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg.
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Moorgebiet ist drei Quadratkilometer groß, befindet sich 705 m ü. NHN und ist Naturschutzgebiet. Durch das Moor verläuft die Europäische Wasserscheide, welche die Zuläufe von Rhein und Donau trennt: Im Moor ist der Ursprung des 362 Kilometer langen Neckars, der bei Mannheim in den Rhein mündet. Eine Kalkmergel-Quelle innerhalb des Moores könnte am ehesten als Neckarursprung bezeichnet werden, liegt aber in einem geschützten Gebiet und ist daher für Besucher nicht zu sehen. Außerdem ist das Moor Quellgebiet des Talbachs, der bei Marbach, einem Stadtbezirk Villingen-Schwenningens, in die Brigach, einen der beiden Quellflüsse der Donau, mündet.
Entstehung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mittels der Pollenanalyse von Bohrkernen kann die Entstehung des Schwenninger Mooses nachvollzogen werden. Etwa 12.000 v. Chr., also am Ende der letzten Kaltzeit, befand sich an dem Ort, an dem heute das Schwenninger Moos ist, noch ein See. In diesem begann ungefähr 6.000 bis 5.000 v. Chr. das Torfwachstum, nach dem Erblinden des Sees aufgrund von Sedimentation. Zu dieser Zeit wuchsen dort hauptsächlich Röhrichte und Seggenriede, Pflanzen, welche heutzutage ebenfalls noch einen relativ großen Anteil des Moores einnehmen. Rund 2000 Jahre später stieg der Anteil des Regenwassers in den Torfen an, während der Anteil des Grundwassers immer weiter schwand. Das Fortschreiten dieses Vorgangs führte etwa 2.000 v. Chr. zu einer Trennung der Torfpflanzen vom mineralstoffreichen Grundwasser und bewirkte somit den Übergang zum Hochmoor.[1]
Gefährdung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Flächenverbrauch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts gab es rund um das Schwenninger Moos beinahe nur Wiesen- und Waldgebiete. Durch diese Erhebungen wurde dem Schwenninger Moos ständig Wasser zugeführt.
Ab dem Jahr 1869 wurde die Umgebung des Schwenninger Mooses zunehmend bebaut. Die Eisenbahnstrecke von Villingen-Schwenningen nach Rottweil im Westen des Moores und Straßen und Gebäude im Osten verminderten die Wasserversorgungen des Moores.
Torfabbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Schwenninger Moos wurde ab 1748 bis in die 1950er Jahre Torf abgebaut. Bevor das Moor abgebaut werden konnte, musste es erst entwässert werden. Dazu wurden Entwässerungsgräben in einer Länge von 28,4 km gebaut. Es gab mehrere Abbauphasen und pro Abbauphase wurde etwa anderthalb Meter Torf abgestochen. Das heißt, dass das Moor zwischen drei und vier Meter verloren hat.
Wiederbewaldung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1944 waren 6 % des Moores mit Wald bedeckt, 1968 waren 24, 2014 40 % mit Wald bewachsen. Dieser Prozess ist aufgekommen, nachdem der Torfabbau ein Ende hatte. Da die Menschen nicht mehr dafür sorgten, dass es keinen Bewuchs des Moores gab, konnten Bäume sich ungehindert verbreiten und tragen durch ihren Wasserverbrauch wiederum zur Entwässerung bei.[1]
Renaturierungsmaßnahmen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1987 gründete sich ein Runder Tisch aus zahlreichen lokalen Institutionen, um das Schwenninger Moos zu retten.[2]
Durch Sperrenbau in den Gräben konnte die Verwaldung zurückgedrängt und eine Renaturierung erreicht werden. Seit 2003 werden die Moorwiesen durch Moorschnucken beweidet, die den aufkommenden Bewuchs durch Birkensprösslinge im Inneren des Mooses bekämpfen. Durchgeführt werden diese und weitere Arbeiten durch den Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg des BUND.
Pflanzen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Moor gibt es über 400 verschiedene Pflanzenarten. Darunter sind viele gefährdete Pflanzen.
Torfmoose sind die wichtigsten Pflanzen im Moor. Sie sind optimale Wasserspeicher, da sie kleine lebende Zellen besitzen die Photosynthese betreiben und große tote Zellen die Wasser speichern können. Das Sphagnum-Torf zum Beispiel kann ein Wassergehalt über 90 % enthalten. Durch diese Eigenschaft können sie den gesamten Wasserhaushalt des Moores regulieren. Torfmoose sind außerdem effektive Nährstoffsammler. Moose sind auf Regenwasser angewiesen, da sie keine Wurzeln besitzen. Das Moos bindet Nährstoffe an seine Zellwand und gibt während dessen Protonen ab, weshalb der Moorboden sauer wird.
In den nassen Bereichen wachsen zum Beispiel Sumpf-Veilchen, Sumpf-Blutaugen und das Schmalblättrige Wollgras. Die trockenen Bereiche werden zum Beispiel von der Heide-Nelke, Teufelskrallen und Blassgelbem Klee bewohnt. Da es im Moor wenig Nährstoffe gibt, gehen einige Pflanzen, zum Beispiel das Heidekraut, eine Symbiose mit Pilzen ein. Fleischfressende Pflanzen wie der Verkannte Wasserschlauch erhalten durch die Beutetiere Stickstoff, Phosphor und andere Nährstoffe.
Früher kam hier wohl auch die Moltebeere (Rubus chamaemorus) im Schwenninger Moos vor.[3] G.F.R Rösler schreibt 1788: Sie tragen insonderheit viele gegen das Spätjahr reifwerdende und von den Kindern begierig zur Speise aufgesuchte rothe Beere, Rubus Chamaemorus, Multbeere ...[4] Es war das südlichste Vorkommen der Art in Mitteleuropa. Die Art ist dort anscheinend vor 1800 ausgestorben.[3] Auch die Zwerg-Birke (Betula nana) kam einmal hier vor, sie wurde fossil nachgewiesen.[5]
Wissenswertes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um das Kerngebiet des Schwenninger Mooses führt ein Wanderweg durch Fichten- und Birkenwald, von dem aus man teilweise auf die freie Moorfläche sehen kann. Über einen kurzen Steg kann man die sich regenerierende Vegetation des Moors aus der Nähe ansehen, ohne widerrechtlich das Moor zu betreten oder zu schädigen. Im Schwenninger Moos beginnt auch der Fernwanderweg Neckarweg, der dem Neckarlauf bis zur Mündung in Mannheim folgt.
2008 wurde mit „Moosgeschichten. Begegnungen am Ursprung des Neckars“ von Klaus Peter Karger ein Dokumentarfilm über das Schwenninger Moos veröffentlicht, der in regionalen Kinos zu sehen war und auf DVD erhältlich ist.[6][7][8]
2010 fand die Landesgartenschau in Villingen-Schwenningen statt. Im Zuge der Arbeiten hierfür wurde im Stadtbezirk Schwenningen die sanierungsbedürftige Industriebrache des ehemaligen Güterbahnhofs in eine großzügige Parkanlage, den Neckarpark, verwandelt. Daran schließt sich der Stadtpark Möglingshöhe mit der symbolischen Neckarquelle sowie der Landschaftspark Bauchenberg an. Diese durchgehende Grünanlage verbindet nun die Innenstadt mit dem Schwenninger Moos.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Liste der Naturschutzgebiete in Baden-Württemberg
- Liste der Naturschutzgebiete im Schwarzwald-Baar-Kreis
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Schlenker, Georg: Das Schwenninger Zwischenmoor und zwei Schwarzwald-Hochmoore in bezug auf ihre Entstehung, Pflanzen‑ und Tierwelt.‑ Mitt. geol. Abt. K. Württ. Stat. Landesamt (5): I‑IV, 1‑279, auch: 2. Beilage zu Jh. Ver. vaterl. Naturkde. Württ., 64. Stuttgart 1908
- Landesstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Baden-Württemberg in Verbindung mit der Stadt Schwenningen am Neckar (Hrsg.): Das Schwenninger Moos – Der Neckarursprung. Ludwigsburg 1968.
- Görs, Sabine: Die Flora des Schwenninger Mooses. In: Das Schwenninger Moos ‑ Der Neckarursprung.‑ Natur‑ u. Landschaftsschutzgebiete Bad.-Württ., 5: 148‑189; Ludwigsburg 1968.
- Görs, Sabine: Der Wandel der Vegetation im Naturschutzgebiet Schwenninger Moos unter dem Einfluss des Menschen in zwei Jahrhunderten. In: Das Schwenninger Moos. Natur- und Landschaftsschutzgebiete Bad.-Württ. 5:190-284. Karlsruhe 1968.
- Irsslinger, Wiltrud: Das Schwenninger Moos in der östlich des Schwarzwald gelegenen Baar. Telma 13:53-71. Hannover 1983.
- Haas, Hans: Die Pilzflora im Schwenninger Moos. In: Das Schwenninger Moos. Ein naturkundlicher Führer.‑ Führer Natur‑ u. Landschaftsschutzgebiete Bad.‑Württ., 12: 92‑106. Karlsruhe 1986.
- Irsslinger, Wiltrud: Die Pflanzengesellschaften im Schwenninger Moos. In: Das Schwenninger Moos. Ein naturkundlicher Führer.‑ Führer Natur‑ u. Landschaftsschutzgebiete Bad.‑Württ., 12: 28‑72. Karlsruhe 1986.
- Irsslinger, Wiltrud: Botanische Rundwanderung ums Schwenninger Moos (Exkursionsvorschläge). In: Das Schwenninger Moos. Ein naturkundlicher Führer.‑ Führer Natur‑ u. Landschaftsschutzgebiete Bad.‑Württ., 12: 200‑208. Karlsruhe 1986.
- Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.): Das Schwenninger Moos – ein naturkundlicher Führer. 216 S. Karlsruhe 1986.
- Regierungspräsidium Freiburg (Hrsg.): 75 Jahre Naturschutzgebiet Schwenninger Moos - Eine Erfolgsgeschichte. 48 S. Freiburg 2014.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Steckbrief des Naturschutzgebietes im Schutzgebietsverzeichnis der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg
- Schwenninger Moos in der World Database on Protected Areas (englisch)
- Das Schwenninger Moos, Eine Erfolgsgeschichte im Naturschutz
- Das Schwenninger Moos
- BUND Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg Infos zum Moorschnucken-Pilotprojekt
- Suche nach der Moos Dilldapp(e) Satirisches Kunstprojekt über das berühmte Schwenninger Fabeltier.
- Naturschutzgebiet Schwenninger Moos
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Naturschutzgebiet Schwenninger Moos. Referat 56-Naturschutz und Landschaftspflege, Regierungspräsidium Freiburg, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 20. Dezember 2016; abgerufen am 17. Dezember 2016. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Das Schwenninger Moos – der Ursprung nicht nur des Neckars. Umweltzentrum Schwarzwald Baar Neckar, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 28. April 2015; abgerufen am 14. September 2014. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b Siegmund Seybold: "Rosaceae". In Oskar Sebald u. a.: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. 1. Auflage Band 83, Seite 34–37. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1992. ISBN 3-8001-3314-8
- ↑ G.F.R.Rösler: Beyträge zur Naturgeschichte des Herzogthums Wirtemberg. Nach der Ordnung und den gegenden der daselbe durchströmenden Flüsse. Heft 1, Tübingen 1788. S. 44.
- ↑ P.Stark: Beitrag zur Kenntnis der eiszeitlichen Fauna und Flora. Diss. Freiburg 1912.
- ↑ Silke Kohlmann: Elsa musste zurück ins Moor. Badische Zeitung, 22. April 2009, abgerufen am 18. Oktober 2015 („Moosgeschichten“: Klaus Peter Karger hat einen Film über den Ursprung des Neckar gedreht).
- ↑ Moosgeschichten. Begegnungen am Ursprung des Neckars. Internet Movie Database, 16. November 2008, abgerufen am 18. November 2015.
- ↑ Moosgeschichten – Begegnungen am Ursprung des Neckars. Kino.de, 2008, abgerufen am 18. Oktober 2015.
Koordinaten: 48° 2′ 31,3″ N, 8° 31′ 40,4″ O
- Moor in Baden-Württemberg
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