Sfax

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Druckversion wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Sfax
صفاقس
Fußgängerzone und Rathaus in Sfax
Fußgängerzone und Rathaus in Sfax
Fußgängerzone und Rathaus in Sfax
Verwaltung
Staat Tunesien Tunesien
Gouvernement Sfax
Bürgermeister Fethi Derbel
Postleitzahl 3000
Demographie
Bevölkerung 265.131 Einw. (2004[1])
Geographie
Sfax (Tunesien)
Sfax (Tunesien)
Sfax
Koordinaten 34° 44′ N, 10° 45′ OKoordinaten: 34° 44′ N, 10° 45′ O

Sfax (arabisch صفاقس, DMG Ṣafāqus, Zentralatlas-Tamazight ⵙⵉⴼⴰⴽⵙ Sifaks) ist eine Hafen- und Industriestadt in Tunesien und Hauptstadt des Gouvernements Sfax. Sie liegt am Mittelmeer, ungefähr 270 km südlich von Tunis und ist heute mit rund 270.000 Einwohnern[1] die zweitgrößte Stadt des Landes. Sie ist vor allem als Wirtschaftszentrum bekannt.

Satellitenfoto von 2015 der Medina von Sfax mit Teilen des Hafens und der kreisförmigen Geländestruktur des insgesamt 420 ha großen Taparura Entwicklungsprojekts, für das durch Ablagerung von Phosphorgips, einem Abfallprodukt der Phosphatgewinnung, 260 ha Neuland gewonnen wurden.[2]

Geschichte

Das antike Taparura wurde von den Römern ungefähr 3 km entfernt von der heutigen Stadt Sfax errichtet. Es blieben kaum Überreste erhalten. Als die Aghlabiden die muslimische Stadt im 9. Jahrhundert aufbauten, wurde Taparura als 'Steinbruch' genutzt. Das unter Hadrian zur Colonia erhobene Thaenae lag 12 km weiter südlich.

Die Etymologie des Namens ist unklar. Manche Quellen führen ihn auf eine Bezeichnung für ein Gurkengemüse der Region zurück.[3] Andere vermuten, dass Sfaks in s fa ekez zerlegt werden kann, was auf Berberisch „derjenige, der die Überwachung ausdehnt“ bedeutet (die griechische Übersetzung Taphrouria bedeutet Überwachungsposten), das von Historikern wie Ptolemäus in Taphrura transkribiert wurde.[4] Eine dritte Theorie besagt, die Bezeichnung Sfax sei vom Namen eines Gouverneurs der Stadt, Sfâ, abgeleitet worden.

Die Stadt erlangte wirtschaftliche Bedeutung als Exporteur von Olivenöl und getrocknetem Fisch. Von 1148 an war sie vom normannischen König von Sizilien, Roger II., besetzt, welcher 1159 von den Almohaden unter Abd al-Mu'min vertrieben wurde. Ende des 17. Jahrhunderts kam die Händlerfamilie Fourati[5] von Kerbala im Irak nach Sfax, von wo ein Familienzweig nach Tunis zog und dort Teil der Aristokratie wurde.

Bei der Eroberung durch französische Truppen 1881 wurde Sfax schwer beschädigt. Frankreich errichtete im Bardo-Vertrag ein „Protektorat“.

Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Stadt 1942 und 1943 Schäden während der Schlacht um Tunesien zwischen den Achsenmächten und den Alliierten. Auf dem Friedhof der Commonwealth War Graves Commission in Sfax sind 1255[6] britische und westalliierte Gefallene des Zweiten Weltkriegs beerdigt.[7]

Sfax ist ein Zielort für viele Migranten und Flüchtlinge aus zahlreichen anderen afrikanischen Staaten. Schlepper starten von dort mit Booten nach Lampedusa, Pantelleria, Sizilien und aufs italienische Festland. Die Europäische Union versucht, Tunesien dazu zu bewegen, mehr gegen irreguläre Migration in die EU zu tun.[8][9] Tunesien überholte 2023 das unsichere Nachbarland Libyen als häufigster Ausgangspunkt für die Überquerung des Mittelmeers für Migranten.[10] Sfax gilt dabei als einer der wichtigsten Häfen am Mittelmeer, von denen sich Migranten aus Afrika mit Booten auf den Weg machen, um sich Zutritt zu Europäischen Union zu verschaffen. Das führte im Sommer 2023 zu Protesten und Übergriffen von Einwohnern in Sfax, die sich von den Migranten aus Subsahara-Afrika bedroht fühlten.[11][10]

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Die Wirtschaft in der Region von Sfax basierte ursprünglich auf der Produktion von Olivenöl und der Fischerei. Seit dem Beginn der Gewinnung von Phosphat in den 1960er Jahren erlebt Sfax einen Aufschwung. Die Zahl verarbeitender Gewerbebetriebe nahm zu, begleitet vom schnellen Wachstum des Dienstleistungssektors und der Diversifikation der Landwirtschaft.

  • Landwirtschaft: Die Region von Sfax ist bekannt für Oliven- und Mandelbäume. In der Region stehen ungefähr 6,1 Mio. Olivenbäume und 5 Mio. Mandelbäume. 40 % des tunesischen Olivenöls und 30 % der Mandeln werden in der Umgebung von Sfax produziert. Weniger verbreitet sind Gemüse- und Obstanbau. Die Viehzucht ist ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftssektor und die Region ist der wichtigste Milchproduzent in Tunesien. Ungefähr 50 % der Geflügelproduktion in Tunesien kommt aus Sfax. In der Fischwirtschaft sichert Sfax mit einer jährlichen Produktion von 25.000 t 25 % der nationalen Produktion und 70 % der Exporte.
  • Industrie: Mit 2300 Gewerbebetrieben und 16 Gewerbegebieten ist Sfax nach dem Großraum Tunis das zweite Industriezentrum in Tunesien. Die meisten Gewerbe sind in den Sektoren Nahrungsproduktion, Bauindustrie, Chemische Industrie (hauptsächlich Phosphatverarbeitung), Textilindustrie, Maschinenbau und Energie tätig. Es werden jährlich rund 1,2 Mio. Tonnen Erdöl und 1,7 Mrd. m³ Gas gefördert.
  • Dienstleistungssektor: Rund 100.000 Beschäftigte sind in diesem Sektor tätig. Besonders der Handelssektor spielt dabei eine wichtige Rolle. Sfax gilt als Handelsmetropole; auch mit Libyen wird Handel getrieben.

Verkehr

Diesellokomotive im Bahnhof von Sfax
  • Autoverkehr: In Sfax führen die großen Straßen alle zum am Meer gelegenen Stadtzentrum. Mehrere Ringe um die Stadt tragen dazu bei, den Autoverkehr zu entlasten. Die Stadt hat die Struktur eines Spinnennetzes. Sfax ist mit den anderen Regionen des Landes durch die Landstraßen GP1, GP13, GP14 sowie andere Straßen verbunden. Sfax liegt am des Trans-African Highway 1, eine küstennahe Straße zwischen Dakar und Kairo.
  • ÖPNV: Es gibt mehrere Buslinien zwischen dem Stadtzentrum und den Vororten sowie zwischen den Vororten. Auch Taxis sind ein wichtiges Verkehrsmittel.
  • Schienenverkehr: Der SNCFT-Bahnhof von Sfax liegt an den Bahnstrecken Tunis-Sfax, Tunis-Gabès und Tunis-Gafsa-Tozeur, für die Tunis-Sfax die Hauptachse ist.
  • Luftverkehr: 7 km vom Stadtzentrum entfernt liegt der internationale Flughafen Sfax-Thyna. Der Flughafen wird für Inlandsflüge sowie für Flüge nach Libyen, Frankreich und in der Haddsch-Saison auch nach Saudi-Arabien genutzt.
  • Schiffsverkehr: Der Hafen von Sfax ist nach La Goulette der zweitgrößte des Landes. Er erstreckt sich über die gesamte Länge des Stadtzentrums. Hauptsächlich dient der Hafen dem Transport von Industrie- und Handelsgütern. Eine Fähre erkehrt zwischen Sfax und den 20 km entfernten Kerkenna-Inseln.

Kultur und Sport

Maison de France

Ein Teil des Romans Les Choses (Die Dinge) von Georges Perec spielt im Sfax der 1960er Jahre. Dorthin fliehen die beiden Protagonisten des Romans, Sylvie und Jérôme.

Museen

  • Das Archäologische Museum enthält eine Sammlung von Mosaiken, Töpferwaren und Münzen aus der römischen Zeit, die in der Region gefunden wurden.
  • Das „Dar Jellouli“ Museum der traditionellen Kunst ist in der Medina in einer Residenz aus dem 17. Jahrhundert untergebracht. Außer traditionellen Kleidungsstücken werden auch alte Holzkunstwerke und Haushaltsgegenstände ausgestellt.
  • Das „La Kasbah“ Museum der traditionellen Architektur

Sport

In Sfax bestehen 40 Sportvereine mit zusammen ungefähr 7200 Sportlern. Am verbreitetsten sind die Sportarten Fußball, Volleyball, Basketball, Handball, Tennis, Leichtathletik, Gewichtheben, Schwimmen, Judo und Boxen. Die bekanntesten Sportvereine der Stadt sind der Club Sportif Sfaxien, Sfax Railways Sports sowie Stade Sportif Sfaxien.

Sfax war Austragungsort der Fußball-Afrikameisterschaft 2004 und der Handball-Weltmeisterschaft der Herren 2005.

Städtepartnerschaften

Partnerstädte von Sfax[12] sind

  • Senegal Dakar (Senegal), seit 1965
  • Deutschland Marburg (Deutschland), seit 1971
  • Marokko Casablanca (Marokko), seit 1981
  • FrankreichFrankreich Grenoble (Frankreich), seit 1998
  • Algerien Oran (Algerien), seit 1989
  • RusslandRussland Machatschkala (Russland), seit 1990

Kooperationsabkommen gibt es mit

Söhne und Töchter der Stadt

Klimatabelle

Sfax
Klimadiagramm
JFMAMJJASOND
 
 
23
 
17
6
 
 
19
 
18
7
 
 
23
 
20
8
 
 
18
 
22
11
 
 
9
 
25
14
 
 
4
 
29
18
 
 
2
 
32
20
 
 
6
 
32
21
 
 
24
 
30
20
 
 
56
 
26
16
 
 
23
 
21
11
 
 
29
 
18
7
_ Temperatur (°C)   _ Niederschlag (mm)
Quelle: wetterkontor.de
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Sfax
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Tagesmax. (°C) 16,7 18,0 19,5 21,8 25,4 28,9 32,0 32,2 29,8 26,0 21,4 17,6 24,1
Mittl. Tagesmin. (°C) 5,8 6,5 8,4 11,0 14,4 17,8 19,9 21,1 19,8 16,1 10,6 6,7 13,2
Niederschlag (mm) 23 19 23 18 9 4 2 6 24 56 23 29 Σ 236
Sonnenstunden (h/d) 6,4 7,2 7,7 8,6 10,0 11,1 12,2 11,2 9,1 7,8 7,0 6,3 8,7
Regentage (d) 3 3 4 3 3 1 0 1 3 4 4 3 Σ 32
Wassertemperatur (°C) 15 14 15 17 19 20 24 26 26 24 20 16 19,7
Luftfeuchtigkeit (%) 65 63 63 63 62 60 59 63 65 66 65 66 63,3
Commons: Sfax – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Sfax – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Institut National de la Statistique – Tunisie: Résultats du Recensement 2004 (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ins.nat.tn (französisch)
  2. Stéphanie Wenger: « Tunisie : comment Sfax veut récupérer « sa » mer ». In: La Tribune, 29. Juli 2013.
  3. Dominique Mataillet: « D’où vient le nom de Sfax ? ». In: Jeune Afrique, 10. Juni 2007.
  4. Antoine du Paty de Clam: Fastes chronologiques de la ville de Sfaks. Éditions Augustin Challamel, Paris 1890.
  5. Jamila Binous: Houses of the Medina – Tunis. Photographs by Salah Jabeur, translated by Anne-Marie Ward Driss. Dar Ashraf Editions, Tunis 2003, ISBN 9973-755-14-6, S. 70.
  6. Karim Chaibi, in: Le Monde arabe et la Seconde guerre mondiale – Guerre, société, mémoire (= Alya Aglan, Julie d’Andurain, Fayçal Chérif, Mohamed Lazhar Gharbi, Hedi Jellab, Pierre Vermeren [Hrsg.]: Histoires en partage en Afrique du Nord et au Moyen-Orient. Band 1). Maisonneuve & Larose-Nouvelles Éditions/Hémisphères Éditions, Paris 2022, ISBN 978-2-37701-141-4, nicht paginierter Kartenteil zwischen den Seiten 158 und 159 (die Angaben zu den Soldatenfriedhöfen basieren auf Karim Chaibi: Principaux cimetières militaires de la Seconde Guerre mondiale en Tunesie dans le Monde arabe et Deuxième guerre mondiale, Maisonneuve & Larose, Paris 2022, sowie der Commonwealth War Graves Commission und der Konsularabteilung der französischen Botschaft in Tunis).
  7. laut www.cwgc.org sind dort1253 Gefallene aus Commonwealth-Staaten bestattet.
  8. Hans-Christian Rößler: „Als könnte man übers Wasser nach Europa laufen“ (Reportage). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Juni 2023.
  9. Heiner Hoffmann, Selene Magnolia: Hier hausen Schwangere unter Bäumen und kleine Mädchen ertrinken (Reportage). In: Der Spiegel, 8. Oktober 2023.
  10. a b Anthony Faiola: The racist roots of the rise in migration to Europe this year. In: The Washington Post, 30. Juni 2023.
  11. Tunisia, centinaia di residenti protestano contro i migranti subsahariani: “Proteggiamo Sfax”. In: Il Fatto Quotidiano, 25. Juni 2023.
  12. Gemeinde Sfax – Coopération internationale > Relations de Jumelage et d'amitié, abgerufen am 25. März 2018