Stift Zwettl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. März 2013 um 23:59 Uhr durch KLBot2 (Diskussion | Beiträge) (Bot: 6 Interwiki-Link(s) nach Wikidata (d:Q691787) migriert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Stift Zwettl
Prälatenhof mit Turm
Prälatenhof mit Turm
Lage Osterreich Österreich
Liegt im Bistum Diözese St. Pölten
Koordinaten: 48° 37′ 1″ N, 15° 12′ 0″ OKoordinaten: 48° 37′ 1″ N, 15° 12′ 0″ O
Ordnungsnummer
nach Janauschek
133
Gründungsjahr 1138
Mutterkloster Stift Heiligenkreuz
Primarabtei Kloster Morimond
Kongregation Österreichische Zisterzienserkongregation
Fassade am Prälatenhof
Übersichtskarte am Stiftsportal
Kreuzganghof
Romanischer Brunnen

Stift Zwettl ist ein Kloster der Zisterzienser und liegt im Waldviertel in Niederösterreich. Es besteht ohne Unterbrechung seit seiner Gründung im Jahr 1138 und ist damit nach dem Stift Rein und Stift Heiligenkreuz das drittälteste existierende Zisterzienserkloster weltweit. Es liegt unweit der gleichnamigen Stadt Zwettl. Typisch für ein Zisterzienserstift liegt der Klosterbau am Talboden und wurde in einer Flussschleife des Kamps errichtet. Verwaltungstechnisch liegt das Stift in einer eigenen Katastralgemeinde der Stadt Zwettl-Niederösterreich mit der Bezeichnung Zwettl Stift. Auch der Ort um das Stift trägt diese Bezeichnung.

Geschichte

Das Stift wurde 1138 vom Kuenringer Hadmar I. als erste Klostergründung von Stift Heiligenkreuz gestiftet und gehörte damit der Filiation der Primarabtei Morimond an. König Konrad III. bestätigte in einer Urkunde vom Oktober 1139 die von Hadmar gestifteteten Besitzungen und gewährte dem Kloster Schutz und Freiheit von jeder Vogtei.[1] 1159 wurde die Stiftskirche geweiht. 1185 gelangte ein Teil des südböhmischen Wittingau an das Stift. Dieser Teil wurde um 1250 an die Landsteiner Linie der Witigonen zurückverkauft.[2] 1266 übergab Čeč von Weleschin mit Zustimmung seiner Gemahlin Gisela von Kuenring das Dorf Reinprechts dem Zisterziensterstift Zwettl.[3]

Einige Kuenringer wurden im Stift beigesetzt. Von großer Bedeutung war die Schreibstube (Scriptorium) des Stiftes, die für ein rasches Anwachsen des Buchbestandes sorgte. Das Zwettler Stiftungsbuch, die bekannte „Bärenhaut“ von 1311, ist eine der wichtigsten erhaltenen Handschriften aus dieser Zeit.

Von besonderer Bedeutung ist der spätromanische bzw. frühgotische Kreuzgang, der den Kreuzganghof einschließt. Der Kreuzganghof versinnbildlicht das Paradies. Weitere Gärten sind der nach Art der italienischen Palastarchitektur erbaute Abteihof und der Prälatengarten, ein seltener neobarocker Ziergarten nach englischem Vorbild. Bedeutsam sind weiters das frühgotische Brunnenhaus und der romanische Kapitelsaal mit beeindruckender Einsäulenarchitektur.

1427 wurde das Stift durch die Hussiten großteils zerstört. Nach und nach erholte sich das Kloster, etwa um 1490 wurde die prächtige gotische Stiftskirche fertiggestellt. In dieses Jahrhundert fällt auch die Gründung des Sängerknabenchors. 1544 wurde die erste Orgel von Jakob Künigswerth installiert.

Im 18. Jahrhundert erfuhr die Klosteranlage eine massive Barockisierung, in dieser Zeit wurde unter anderem die barocke Westturmfassade von Joseph Munggenast nach den Plänen von Matthias Steinl errichtet. Der Turm ist mit 82 Metern Höhe der zweithöchste Turm Niederösterreichs. Auch die Stiftsbibliothek, für deren farbenprächtige Deckenfresken der Barockmaler Paul Troger verantwortlich war, stammt aus dieser Zeit.

In den Jahren 1728 bis 1731 konzipierte Johann Ignaz Egedacher aus Passau die berühmte Egedacher-Orgel, die zu den größten und kostspieligsten Orgelprojekten in Wien und Niederösterreich zählt.

Mit der Errichtung des angrenzenden Truppenübungsplatzes 1938 durch die Nationalsozialisten verlor das Stift über 700 Hektar Wald und Ackerflächen durch Zwangsverkäufe.

Wirtschaft

Heute sind Land- und Forstwirtschaft, Fischzucht und die Weinproduktion im Weingut Schloss Gobelsburg die wirtschaftliche Grundlage für die Erhaltung des Stiftes.

Seit dem 17. Jahrhundert werden in den Gärten auch exotische Pflanzen gezogen. Diese Gärten wurden in den letzten Jahren renoviert. Anlässlich der Veranstaltung Festival der Gärten – Kamptal 2006 wurden die renovierten Gebäude mit den Orangerien wiedereröffnet.

Veranstaltungen

Seit der Restaurierung der barocken Orgel 1983 findet im Stift alljährlich das „Internationale Orgelfest“ statt.

Äbte

  • Hermann, 1137/38–1147
  • Ruker, 1147/48–1149
  • Poto, 1149–1156
  • Rapoto, 1156–1161
  • Rudiger, 1161–1191/92
  • Wolfing (auch Bolfing genannt), 1191/92–1204(?)
  • Richer, 1207–1208
  • Marquard, 1208(?)–1227
  • Heinrich I., 1227–1233
  • Gottschalk, 1233–1248
  • Bohuslaus, 1248–1258
  • Konrad, 1258–1266
  • Pitrolf, 1267–1273
  • Ebro, 1273–1304
  • Otto I., 1304–1325
  • Gregor, 1325–1331
  • Dietrich, 1331–1334
  • Otto II. Grillo, 1334–1362
  • Eberhard, 1362–1371
  • Nikolaus I., 1371–1382
  • Michael I., 1382–1389
  • Nikolaus II., 1389–1392
  • Albert (auch Albrecht genannt), 1392–1402
  • Heinrich II., 1402–1404
  • Ulrich I. Offerl, 1404–1408
  • Nikolaus III. Gretzel, 1408–1410
  • Friedrich, 1410–1424
  • Thomas Paynger, 1425–1427
  • Michael II., 1428–1429
  • Johann I., 1429–1434
  • Johann II., 1434–1447
  • Johann III., 1447–1451
  • Georg, 1451–1453
  • Johann IV. Waltpekh, 1453–1474
  • Wolfgang I. Joachimi, 1474–1490
  • Koloman Bauernfeind, 1490–1495
  • Wolfgang II. Örtl, 1495–1508
  • Michael III., 1508
  • Ägid, 1508–1512
  • Erasmus Leisser, 1512–1545
  • Jakob Grünwald, 1545–1560
  • Joseph Scheuchenpflug, 1560–1561
  • Martin I. Steingaden, 1561–1566
  • Laurenz Hengenmüller, 1567–1577
  • Johann V. Ruoff, 1580–1585
  • Ulrich II. Hackl, 1586–1607
  • Johann VI. Neuner, 1608–1611
  • Johann VII. Seyfried, 1612–1625
  • Martin II. Günter, 1625–1639
  • Georg II. Nivard Koweindl, 1639–1645
  • Johann VIII. Bernhard Linck, 1646–1671
  • Kaspar Bernhard, 1672–1695
  • Robert Schöller, 1695–1706
  • Melchior Zaunagg, 1706–1747
  • Rainer I. Kollmann, 1747–1776
  • Rainer II. Sigl, 1776–1786 (1804 resigniert)
  • (Kom.abt Ignaz Weikopf), 1786–1804
  • Alois Pruckner, 1804–1808
  • Berthold Gamerith, 1808–1828
  • Julius Hörweg, 1834–1847
  • Augustin Steininger, 1847–1875
  • Anselm Brawenz, 1876–1878
  • Stephan Rössler, 1878–1923
  • Leopold Schmidt, 1923–1935
  • Bertrand Koppensteiner, 1935–1961
  • Ferdinand Gießauf, 1961–1980
  • Bertrand Baumann, 1980–1993
  • Paulus Winkelbauer, 1993–1996
  • Wolfgang Wiedermann, seit 1996, seit 2007 Abtpräses der Österreichischen Zisterzienserkongregation

Literatur

  • Karl Kubes, Joachim Rössl, Herbert Fasching: Stift Zwettl und seine Kunstschätze. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, Wien 1979, ISBN 3-85326-481-6
  • Ursula Pechloff: Stift Zwettl. Kunstverlag Peda, Passau, 1995, ISBN 3-930102-71-4
  • Johann Tomaschek: Zisterzienserstift Zwettl. Brandstätter, Wien 1989, ISBN 3-85447-323-0
  • Evelyn Benesch, Bernd Euler-Rolle, Claudia Haas, Renate Holzschuh-Hofer, Wolfgang Huber, Katharina Packpfeifer, Eva Maria Vancsa-Tironiek, Wolfgang Vogg: Niederösterreich nördlich der Donau (= Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs). Anton Schroll & Co, Wien u. a. 1990, ISBN 3-7031-0652-2, S. 1346–1366.
  • Stefan Walli: Evaluierung der Dauerausstellung „Wer’s glaubt, wird selig?“ im Stift Zwettl. Hochschulschrift, Wirtschaftsuniversität Wien, Diplom-Arbeit, 2004
  • Walter Exner: Der Bernhardi-Altar im Stift Zwettl. Siebenberg-Verlag, Bad Wildungen, 1981
  • Burgen,Stifte und Schlösser Regionen Waldviertel, Donauraum, Südböhmen, Vysočina, Südmähren ISBN 978-3-9502262-2-5, S. 124 ff

Weblinks

Commons: Stift Zwettl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Urkunde Nr. 36 in Friedrich Hausmann (Hrsg.): Diplomata 21: Die Urkunden Konrads III. und seines Sohnes Heinrich (Conradi III. et filii eius Heinrici Diplomata). Wien 1969, S. 58–60 (Monumenta Germaniae Historica, Digitalisat)
  2. Joachim Bahlcke u. a.: Handbuch der historischen Stätten Böhmen und Mähren, Kröner-Verlag, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8, S. 666.
  3. Valentin Schmidt und Alois Picha: Urkundenbuch der Stadt Krummau in Böhmen. I. Band. 1253–1419. Prag, 1908, S. 2–4.