Vokuhila

Der Vokuhila (Kurzform für „vorne kurz, hinten lang“; auch Mullet) ist eine Frisur. Sie zeichnet sich durch Ponyfransen an der Stirn und am Hinterkopf durch schulterlanges Haar aus und wird oft mit einer Dauerwelle kombiniert. Die TAZ bezeichnete den Vokuhila als eines „der schlimmsten haarmodischen Desaster seit Hitlerbart und Minipli“.[1]
Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Antike Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
2018 wurde bei den Vorbereitungen für einen neuen Parkplatz auf dem Wimpole Estate, England, eine Metallfigur aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. ausgegraben. Nach Ansicht der Archäologen deutet diese darauf hin, dass die Einheimischen im alten Britannien während der römischen Besatzung ihr Haar ähnlich wie einen Vokuhila getragen haben könnten.[2] Auch im antiken Griechenland soll die Frisur verbreitet gewesen sein.[3]
Voreuropäisches Amerika[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Mourts Relation beschrieb der Autor Edward Winslow 1621 die erste Begegnung der Plymouth-Pilger mit den amerikanischen Ureinwohnern, Samoset von den Abenaki:
Er war ein großer Mann, mit schwarzem Kopfhaar, hinten lang und nur vorne kurz, kein Haar im Gesicht; ... — Mourts Relation[4]
1960er[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Tom Jones trug einen Vokuhila bei zwei seiner drei Auftritte seines Hits It's Not Unusual in der Ed Sullivan Show am 2. Mai 1965 und am 13. Juni 1965.[5]
1970er[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vokuhilas wurden in den frühen 1970er Jahren von den Rockstars David Bowie, Rod Stewart, Keith Richards und Paul McCartney getragen.[6][7] Als Greg Prato im Januar 2020 die Grabrede für Neil Peart hielt, behauptete er, dass Peart einen Vokuhila trug, basierend auf seinen Beobachtungen eines Videos von 1974, und deutete weiter an, dass „er auch einer der ersten Rocker gewesen sein könnte, der eine andere Frisur trug – den Rattenschwanz“, basierend auf einem Video von 1985, „The Big Money“.[8]
1980er bis zur Gegenwart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Diese Frisur war während der 1980er Jahre weit verbreitet. Seinerzeit wurde sie auch als Nackentapete, Manta-Matte oder Nackenspoiler bezeichnet.[9] Bekannte Träger dieser Frisur aus der Pop- und Schlagermusik waren unter anderem Bono und Nik Kershaw 1983[10], George Michael, Richard Dean Anderson, Andre Agassi, Dieter Bohlen, Matthias Reim, David Hasselhoff, Wolfgang Petry, Chuck Norris, Patrick Swayze, Hartmut Engler, Jaromír Jágr (in Tschechien wird diese Frisur auch als „Jágr“ bezeichnet). In Deutschland trugen in Ost und West zahlreiche Fußballer nebst zugehörigen Fans eine Vokuhila-Haarschnitt. Einer seiner Protagonisten war der Profi-Fußballer Rudi Völler.
Die Kombination des Vokuhila-Schnitts mit einem Schnurrbart nennt man Vokuhila-Oliba (wobei Oliba die Abkürzung für „Oberlippenbart“ ist) oder Vokuhila-Mischna (Mischna ist die Abkürzung für „mit Schnauzer“). Während Oliba in Deutschland verbreiteter ist, sagt man Mischna vor allem in Österreich.
Die Vokuhila-Frisur taucht bis heute immer wieder in Abwandlungen auf. In den USA erfreut sie sich in jüngster Zeit insbesondere bei Anhängern der Alt-Right wachsender Beliebtheit.
Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Musikgruppe Die Ärzte widmete dem Vokuhila auf ihrem im Jahr 1996 erschienenen Konzeptalbum Le Frisur, das sich ausschließlich mit dem Thema Haare befasst, ein eigenes Lied. Die Elektroband Massiv in Mensch schrieb ebenfalls ein Lied über diese „Spezies“.
Die Band Fokuhila aus Österreich widmet sich exklusiv dem Vokuhila-Phänomen und all seinen Auswüchsen in einer kompletten, abendfüllenden Show, die ursprünglich durch ihre satirische Aufarbeitung des Musikantenstadl entstanden ist.
Mats Söderlund (den meisten bekannt als Günther) trägt auch eine Vokuhila-Oliba-Frisur in seinen Musikvideos.
Der Musiker Finch Asozial trug bis etwa Ende 2020 Vokuhila-Oliba, jedoch meist in Kombination mit einem Baseballcap.[11]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Rolf Hosfeld, Hermann Pölking: Die Deutschen 1972 bis heute. Auf dem Weg zu Einheit und Freiheit. Piper, München 2007, ISBN 978-3-492-04927-6, S. 223.
- ↑ Unearthed figurine suggests ancient Britons favoured mullets. Archaeologists say figure found in National Trust dig could represent 1st-century man or Celtic deity. In: The Guardian. 19. Februar 2021, abgerufen am 28. Januar 2022 (englisch).
- ↑ From Ancient Greece to 'Tiger King': The Hilarious History of the Mullet. 2. April 2020, abgerufen am 14. März 2023 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Edward Winslow William Bradford: Mourt's Relation, or Journal of the Plantation at Plymouth. Hrsg.: J. K. Wiggin. Boston 1865 (archive.org).
- ↑ Alexandra Currie: 145 Ways to Wear a Mullet Haircut in 2020 and Get Away with It. In: MensHair.Style. Abgerufen am 28. Januar 2022 (englisch).
- ↑ Willion Wilson: Gobbledygook. ISBN 978-1-4405-2925-2, S. 166: „David Bowie's Ziggy Stardust rocked a mullet, and so did Wings-era Paul McCartney.“
- ↑ Andrew Grant Jackson: Still the Greatest. 2012, ISBN 978-0-8108-8223-2: „he sported the mullet that Bowie would as Ziggy Stardust; cousin to the shag popularized by David Cassidy, Florence Henderson, and Rod Stewart. It almost looks cool in those early days, but when McCartney added the mustache ...“
- ↑ Greg Prato: 10 Moments That Show the Awesomeness of Rush’s Neil Peart. From air drummers to Freaks and Geeks, the beloved stickman made a lasting impact. 12. Januar 2020, abgerufen am 28. Januar 2022 (englisch).
- ↑ Rolf Hosfeld, Hermann Pölking: Die Deutschen 1972 bis heute. Auf dem Weg zu Einheit und Freiheit. Piper Verlag, München 2007, ISBN 978-3-492-04927-6, S. 223.
- ↑ „1983“ Süddeutsche Zeitung (Hrsg.), München 2005
- ↑ Alina Amin: Finch Asozial ändert seinen Namen & Aussehen. In: Hiphop.de. 2. Mai 2021, abgerufen am 4. Mai 2021.