Überschwemmungen in Ostafrika 2024
Anfang 2024 kam es zu starken Überschwemmungen in Ostafrika. Besonders betroffen waren Kenia, Tansania, Somalia, Burundi und Ruanda. In Kenia kamen mindestens 277 Menschen ums Leben und mindestens 166 in Tansania. Auch in den anderen Ländern kam es zu Todesfällen durch Überschwemmungen und Erdrutsche.
Ursachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits während der kurzen Regenzeit von Oktober bis November 2023 kam es bei Überschwemmungen am Horn von Afrika in Somalia, Äthiopien und Kenia zu mindestens 238 Todesopfern. Die Ende März einsetzende lange Regenzeit (März bis Mai) brachte wochenlangen Dauerregen. 2024 fällt er jedoch wegen zweier natürlich auftretender Phänomene intensiver aus. Das eine ist der Indische-Ozean-Dipol, eine natürlich vorkommende Anomalie der Meeresoberflächentemperatur am äquatorialen Indischen Ozean, das andere ein starker El Niño, der im Juni 2023 einsetzte.[1] Nach einer Zuordnungsstudie der World Weather Attribution von Mai 2024 war der Einfluss beider Phänomene jedoch vernachlässigbar.[2]
Anfang Mai brachte der heranziehende Zyklon Hidaya schwere Niederschläge mit sich, die die Küstenregionen Tansanias betrafen. Der Sturm traf am 4. Mai auf die Küste und erreichte Windgeschwindigkeiten von 120 km/h.[3][4]
Für Juni bis September wurden in Ostafrika, darunter in Djibouti, Eritrea, Zentral- bis Nordäthiopien, die West- und Küstenregionen Kenias, Uganda, Sudan und Südsudan, ebenfalls überdurchschnittlich hohe Niederschläge prognostiziert. Vor einem Überschwemmungsrisiko wurde insbesondere für den Sudan und Südsudan gewarnt. In den im März bis Mai besonders schwer getroffenen Ländern Burundi, Ruanda, Kenia, Tansania, Uganda, Somalia und Teilen Äthiopiens beginnt dagegen die Trockenzeit.[5]
Verlauf und Folgen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über 637.000 Menschen waren von den Niederschlägen und Überschwemmungen betroffen, davon mussten rund 234.000 ihre Häuser verlassen.[6]
Burundi
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Starkregenfälle betrafen über 179.200 Menschen im Land. Schätzungen nach sind etwa 40.000 Hektar Landwirtschaftsfläche von den Überschwemmungen betroffen, was etwa 10 Prozent der landwirtschaftlichen Gesamtfläche Burundis ausmacht. Etwa 80 Prozent der Familien in Burundi erwerben ihr Geld in der Landwirtschaft.[6] Der Wasserspiegel des an der Westgrenze des Landes gelegenen Tanganjikasees stieg durch die Regenfälle seit März um 1,76 Meter auf ein Höhenniveau von 776,76 Meter. Es war der stärkste Anstieg seit 60 Jahren.[7] Die Überschwemmungen betrafen 39 Unterbezirke (collines, dt. „Hügel“) in den neun Bezirken (communes) Mutimbuzi und Kabezi in der Provinz Bujumbura Rural, Muha, Mukaza und Ntahangwa in der Provinz Bujumbura Mairie, Muhuta, Bugarama und Rumonge in der Provinz Rumonge und Nyanza-Lac in der Provinz Makamba.[8] Der Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen verschlechterte sich durch das Hochwasser insbesondere in Bujumbura Mairie, Mutimbuzi und Rumonge, wo bereits seit Januar ein Anstieg von Cholera-Fällen verzeichnet wird.[6]
In der Nacht vom 19. auf den 20. April ereignete sich ein großflächiger Erdrutsch in Gabirano im Bezirk Muhuta der Provinz Rumonge, der fast 500 Häuser zerstörte. Mindestens ein Mensch kam ums Leben, weitere 4 wurden verletzt. Der Erdrutsch zerstörte zudem ein kleines Wasserkraftwerk am Fluss Kirasa.[9]
Die Europäische Union stellte in Zusammenarbeit mit den burundischen Behörden humanitäre Hilfe in Höhe von 200.000 Euro (620 Mio. BIF) bereit.[10]
Kenia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Kenia kam es bereits zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 zu durch El Niño verstärkten Überschwemmungen, die mindestens 174 Menschen töteten und mehr als 500.000 aus ihren Häusern zwangen.[11] Durch die neueren Überschwemmungen ab März 2024 starben Stand 14. Mai mindestens 277 Menschen. Zudem wurden mindestens 188 verletzt und 75 werden noch vermisst.[12] Etwa 380.000 Menschen waren von den Überschwemmungen insgesamt betroffen, darunter rund 280.000 Menschen, die aus ihren Häusern vertrieben wurden.[13][12] Nach Überschwemmungen im Westen Kenias bei Mai Mahiu im Nakuru County wurden dort mindestens 71 Todesopfer bestätigt und 110 Verletzte in den Krankenhäusern (Stand 29. April).[14] Die Flüsse Nairobi und Athi traten über die Ufer.[15] Die Hauptstadt Nairobi war insbesondere Ende April betroffen. Stand 27. April starben dort mindestens 32 Menschen.[16] Anstatt der üblichen 150 mm Niederschlag im April beliefen sich die Niederschläge auf schätzungsweise 200 bis 300 mm.[13] Die Kenya Coast Guard Service brachte am 4. Mai mehrere Fischerboote in Sicherheit, die durch Zyklon Hidaya u. a. von der Insel Pemba in Tansania bis Kipini an der Grenze der Tana River und Lamu Countys getrieben wurden. Ein Fischer ertrank.[17] In der Landwirtschaft wurden rund 168 km² Ackerland beschädigt und mindestens 9.900 Tiere verloren. Zu den weiteren Schäden zählen Stand 9. Mai mindestens 61 beschädigte Straßen, 886 Unternehmen, 1.967 Schulen, 1.465 Wasserquellen und 62 Gesundheitseinrichtungen.[13]
In Erwartung von Zyklon Hidaya wurden Anfang Mai Evakuierungen um 178 Staudämme und Wasserreservoirs herum in 33 Counties angeordnet.[18] Schulen sollten am 13. Mai wieder eröffnen.[13] Kenias Präsident William Ruto erklärte den 10. Mai zu einem öffentlichen Feiertag, um der Opfer der Überschwemmungen zu gedenken.[19] Mitte Mai hielten die starken Regenfälle in weiten Teilen Kenias an, sodass Flüsse wie der Tana und Mara über die Ufer traten. Weiterhin hohe Niederschlagsmengen wurden für 15. bis 16. Mai im Südwesten Kenias vorhergesagt.[12]
Ruanda
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Distrikt Nyanza starben nach schweren Überschwemmungen 14 Menschen und nach schweren Regenfällen im Distrikt Rutsiro am 30. April kamen durch Erdrutsche zwei Menschen ums Leben.[20] 27 weitere wurden im Distrikt Burera verletzt. Im Distrikt Rusizi im Südwesten von Ruanda wurden über 240 Familien evakuiert.[6][21] Die höchsten Niederschlagsmengen zwischen 30. April und 2. Mai verzeichneten die Distrikte Burera, Nyanza, Gakenke und Ngororero mit Niederschlagsmengen zwischen 84 und 105,2 mm.[22]
Somalia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Somalia waren über 203.000 Menschen von Überschwemmungen betroffen. Stand 8. Mai sind nach Behördenangaben mindestens 9 Menschen gestorben, darunter mindestens 7 Kinder aus Somaliland und Hirshabelle.[6][23] Am 27. April überschwemmten Sturzfluten die Verbindungsstraßen zwischen Dhobley und Afmadow und deren Umgebung in Jubaland. Auch Landebahnen in beiden Orten waren nicht mehr nutzbar.[24] Am 6. Mai fielen in Doolow 117 mm Regen, damit etwa ein Viertel des üblichen Gesamtniederschlags während einer Regensaison.[23]
Tansania
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits im Januar und Februar kam es in Tansania zu überdurchschnittlich hohen Niederschlagsmengen.[26] Die Tanzania Meteorological Authority gab im Februar eine Wettervorhersage für die von März bis Mai dauernde Regenzeit heraus, die eine hohe Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittlich hohe Niederschlagsmengen durch El Niño angab. Schätzungen nach waren von den Regenfällen im Land Stand 29. April rund 125.700 Menschen betroffen. Am 7. April kam es nach Starkregen zu Überschwemmungen in den Distrikten Rufiji und Kibiti in der Region Pwani im Osten des Landes. Besonders betroffen waren Orte entlang des Rufiji und seiner Zuflüsse.[6] Insgesamt kamen im Land mindestens 166 Menschen durch Überschwemmungen und Erdrutsche ums Leben.[27][28]
Zyklon Hidaya schwächte sich ab, bevor er am 4. Mai auf die Küste Tansanias traf. Fährverbindungen zwischen der Hafenstadt Daressalam und Sansibar wurden ausgesetzt.[4] Die Schäden durch den Zyklon waren vor allem in den südöstlichen Regionen Mtwara, Lindi, Pwani und Morogoro hoch. Es wurden mindestens 678 Häuser zerstört sowie 877 beschädigt und 543 unter Wasser gesetzt. Über 18.000 Personen waren betroffen. Einige Straßen und Brücken sowie Strommasten wurden zerstört.[27] Die Fernstraße zwischen Daressalam und den weiter südlich gelegenen Regionen Lindi und Mtwara wurde am 5. Mai geschlossen, nachdem durch nächtlichen Starkregen Brücken über die Flüsse Mbwemkuru, Somanga, Mikereng’ende und Matandu im Distrikt Kilwa in der Region Lindi weggespült wurden.[29] Durch den Zyklon kam es zu weitläufigen Stromausfällen.[4]
Weitere Länder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch in Teilen Ugandas, des Südsudans und im Osten Äthiopiens kam es im April zu Überschwemmungen, die Schäden an Gebäuden und Infrastruktur sowie Landwirtschaftsflächen verursachten.[30]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Joyce Kimutai et al.: Urban planning at the heart of increasingly severe East African flood impacts in a warming world. 23. Mai 2024, doi:10.25561/111671 (englisch).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eastern Africa: Heavy rains and flooding Flash Update #1 (3 May 2024). ReliefWeb (englisch).
- Eastern Africa: El Niño Floods Impact Snapshot (May 2024). In: ReliefWeb. 3. Mai 2024 (englisch).
- Zugbahn Zyklon Hidaya. In: Zoom Earth. (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Weather tracker: heavy rainfall causes flooding and death in east Africa. The Guardian, 26. April 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Joyce Kimutai et al.: Urban planning at the heart of increasingly severe East African flood impacts in a warming world. 23. Mai 2024, doi:10.25561/111671 (englisch).
- ↑ Anita Nkonge und Alfred Lasteck: Kenya floods: Nairobi homes demolished as Cyclone Hidaya approaches. BBC, 4. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ a b c Evelyne Musambi: Power blackouts hit Tanzania as Cyclone Hidaya intensifies toward the country’s coastline. AP News, 4. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Above-normal rainfall forecast for Greater Horn of Africa for June to September. World Meteorological Organization, 22. Mai 2024, abgerufen am 8. Juni 2024 (englisch).
- ↑ a b c d e f Eastern Africa: Heavy rains and flooding Flash Update #1 (3 May 2024). ReliefWeb, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Burundi: Floods and Landslides – Oct 2023. ReliefWeb, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ DREF Operational Update. (PDF; 11 MB) Burundi floods and landslides. IFRC Disaster Response Emergency Fund (DREF), abgerufen am 8. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Une catastrophe de plus: une collina à cède... Croix Rouge du Burundi, 22. April 2024, abgerufen am 8. Mai 2024 (französisch).
- ↑ L’Union européenne se mobilise pour accompagner les victimes d’inondations et de glissements de terrain au Burundi. European Union External Action, 29. April 2024, abgerufen am 8. Mai 2024 (französisch).
- ↑ El Niño floods worsen humanitarian needs in Kenya. In: ReliefWeb. 22. April 2024, abgerufen am 5. Mai 2024 (englisch).
- ↑ a b c Published ECHO Daily Flash of 14 May 2024. ERCC – Emergency Response Coordination Centre, 14. Mai 2024, abgerufen am 15. Mai 2024 (englisch).
- ↑ a b c d Kenya: Heavy Rains and Flooding Update – Flash Update #5 (10 May 2024). Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, 10. Mai 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Larry Madowo, Irene Nasser und Helen Regan: Dozens killed in Kenya as weeks of heavy rain devastate region. CNN, 29. April 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Kieren Williams: Devastating flooding in east Africa claims dozens of lives and displaces thousands. Sky News, 24. April 2024, abgerufen am 5. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Agence France-Presse in Nairobi: Kenya flood death toll rises as more torrential rain forecast. The Guardian, 27. April 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Cyclone Hidaya: 22 sailors from Zanzibar rescued in Kenya, one dead. Daily Nation, 5. Mai 2024, abgerufen am 13. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Kenya, Tanzania brace for Cyclone Hidaya as flood death toll rises. In: aljazeera.com. 3. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Evelyne Musambi: Kenya declares public holiday to mourn flood victims. AP News, 8. Mai 2024, abgerufen am 12. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Rwanda heavy rains kill 10 people. Daily Nation, 1. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Michel Nkurunziza: 49 people lose lives as Rwanda records 300 disaster cases in two months. The New Times, 3. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Rwanda: Floods – Apr 2024. ReliefWeb, abgerufen am 10. Mai 2024 (englisch).
- ↑ a b Somalia: 2024 Gu (April to June) Season Floods Weekly Situation Report No. 1 – as of 10 May 2024. ReliefWeb, 10. Mai 2024, abgerufen am 10. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Somalia: Floods – Apr 2024. In: ReliefWeb. Abgerufen am 5. Mai 2024 (englisch).
- ↑ a b Destructive Floods Afflict Tanzania. NASA, 2. Mai 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Extreme Weather Report for January and February, 2024. (PDF; 679 KB) Tanzania Meteorological Authority, 11. März 2024, abgerufen am 4. Mai 2024 (englisch).
- ↑ a b Tanzania counts losses after Cyclone Hidaya swept coastline. The East African, 10. Mai 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Almost 1 Million People in Kenya, Burundi, Tanzania, and Somalia Affected as Unprecedented Heavy Rains Continue to Wreak Havoc in Eastern Africa. ReliefWeb, 9. Mai 2024, abgerufen am 10. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Tanzania closes major highway after floods wash away bridges. The East African, 6. Mai 2024, abgerufen am 11. Mai 2024 (englisch).
- ↑ Extensive flooding across parts of East Africa. Famine Early Warning Systems Network, 30. April 2024, abgerufen am 15. Mai 2024 (englisch).