„Onkologie“ – Versionsunterschied

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Da zu Beginn nur operierte Patienten überhaupt eine Heilungschance hatten, kam es noch bis in das 20. Jahrhundert zu heroischen, nach heutigem Maßstab unmenschlichen Eingriffen, etwa Halsteds "radikale Mastektomie", bei der auch Brustmuskeln und Rippenteile entfernt wurden.<ref>{{Internetquelle |autor=Catherine Offord |url=https://www.the-scientist.com/foundations/a-radical-intervention-1894-29872 |titel=A Radical Intervention, 1894 |werk=The Scientist |datum=2018-04-01 |abruf=2021-02-28 |sprache=en}}</ref> Sie wurden erst verlassen, als die [[Strahlentherapie]] und später die [[Chemotherapie]] als weitere "Säulen" der Krebsbehandlung neben der Chirurgie errichtet wurden.
Da zu Beginn nur operierte Patienten überhaupt eine Heilungschance hatten, kam es noch bis in das 20. Jahrhundert zu heroischen, nach heutigem Maßstab unmenschlichen Eingriffen, etwa Halsteds "radikale Mastektomie", bei der auch Brustmuskeln und Rippenteile entfernt wurden.<ref>{{Internetquelle |autor=Catherine Offord |url=https://www.the-scientist.com/foundations/a-radical-intervention-1894-29872 |titel=A Radical Intervention, 1894 |werk=The Scientist |datum=2018-04-01 |abruf=2021-02-28 |sprache=en}}</ref> Sie wurden erst verlassen, als die [[Strahlentherapie]] und später die [[Chemotherapie]] als weitere "Säulen" der Krebsbehandlung neben der Chirurgie errichtet wurden.


Als erster [[Strahlentherapie|Strahlentherapeut]] der Welt gilt der Wiener [[Leopold Freund]], der 1897 zu veröffentlichen begann und 1908 schon eine Übersicht seiner Erfahrung mit Röntgenstrahlen gegen Karzinome publizierte. Den physikalischen Entdeckungen auf Schritt und Tritt folgend verbreitete sich zuerst die Behandlung mit Strahlung aus Röntgenröhren (die nur geringe Tiefen erreichte), dann mit natürlichen radioaktiven Proben meist aus dem von den [[Marie Curie|Curies]] entdeckten [[Radium]], dann mit künstlichen Radionukliden wie [[Radiojodtherapie|I-131]], und zuletzt mit hochenergetischer Photonen- und Teilchenstrahlung aus [[Beschleuniger]]n. Zunächst arbeiteten [[Radiologe]]n mit allen diesen Vefahren. 1980 machte die zunehmende Differenzierung es notwendig, neue Facharztbezeichnungen für Strahlentherapie und [[Nuklearmedizin]] in der Weiterbildungsordnung einzuführen, die in größeren Krankenhäusern nun gemeinsam die onkologischen Konferenzen besetzen müssen. Etwa jeder zweite Krebspatient wird heute auch, oder nur, mit Strahlentherapie behandelt.
Als erster [[Strahlentherapie|Strahlentherapeut]] der Welt gilt der Wiener [[Leopold Freund]], der 1897 zu veröffentlichen begann und 1908 schon eine Übersicht seiner Erfahrung mit Röntgenstrahlen gegen Karzinome publizierte. Den physikalischen Entdeckungen auf Schritt und Tritt folgend verbreitete sich zuerst die Behandlung mit Strahlung aus Röntgenröhren (die nur geringe Tiefen erreichte), dann mit natürlichen radioaktiven Proben meist aus dem von den [[Marie Curie|Curies]] entdeckten [[Radium]], dann mit künstlichen Radionukliden wie [[Radiojodtherapie|I-131]], und zuletzt mit hochenergetischer Photonen- und Teilchenstrahlung aus [[Teilchenbeschleuniger|Beschleunigern]]. Zunächst arbeiteten [[Radiologe]]n mit allen diesen Vefahren. 1976 machte die zunehmende Differenzierung es notwendig, neue Facharztbezeichnungen für Strahlentherapie<ref>{{Literatur |Autor=Eberhard Scherer |Titel=Vorwort zur ersten Auflage. In: Strahlentherapie. |Auflage=2 |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=1980 |ISBN=978-3-540-09780-8 |Seiten=VIII}}</ref> und [[Nuklearmedizin]] in der Weiterbildungsordnung einzuführen, die in größeren Krankenhäusern nun gemeinsam die onkologischen Konferenzen besetzen müssen. Etwa jeder zweite Krebspatient wird heute auch, oder nur, mit Strahlentherapie behandelt.


Die [[Chemotherapie]] begann nur wenige Jahre nach der Strahlentherapie ausgehend von der Beobachtung,
Die [[Chemotherapie]] begann nur wenige Jahre nach der Strahlentherapie ausgehend von der Beobachtung,

Version vom 28. Februar 2021, 16:28 Uhr

Die Onkologie (altgriechisch ὄγκος onkos ‚Anschwellung‘ und -logie - Lehre, veraltet Cancerologie) oder Lehre von den Geschwulstkrankheiten ist eine medizinische Wissenschaft, die sich insbesondere mit der Erkrankung Krebs befasst. Sie widmet sich der Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge von malignen (bösartigen) Tumoren.

Die Onkologie ist von der interdisziplinären Zusammenarbeit medizinischer Fachrichtungen geprägt. Folgende Fachrichtungen können beispielhaft, etwa im Rahmen eines Tumorboards, beteiligt sein: Alle chirurgischen Fachdisziplinen, Internistische Onkologie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Pathologie, Psychoonkologie, Interventionelle Radiologie, Diagnostische Radiologische Endoskopie, Interventionelle Endoskopie.[1]

Geschichte

Bereits in der Antike beschäftigten sich Ärzte mit Krebserkrankungen. Oft wird ein Abschnitt im Papyrus Edwin Smith (ca. 2500 v. Chr.) zitiert, der knapp einen Brusttumor beschreibt. Bekannt sind auch die lakonischen Beschreibungen von "versteckten Krebsen" (karkinoi kryptoi) im Corpus Hippocraticum in der Brust und anderen Körperteilen. Die Schwellungen galten als unheilbar, auch wenn es Versuche gab, sie durch operative Eingriffe zu entfernen (Archigenes, 2. Jhdt.). Auch während des Mittelalters konnten die überkommenen pathogenetischen Vorstellungen nicht zu einer erfolgreichen Therapie führen. Erst lange nach Beginne der Aufklärung konnten Forscher wie Henry François Le Dran (1685-1770) in Körpern Verstorbener die wesentlichen Entwicklungsschritte (wenn auch noch nicht die Ursache) von Krebserkrankungen nachvollziehen, und Chirurgen wie John Hunter (1728-1793) erkannten, dass bei soliden Tumoren vor der tödlichen Ausbreitung noch örtlich begrenzt sind.

Chirurgie war im 19. und frühen 20. Jahrhundert die erste Disziplin, die eine stadiengerechte, individuell angepasste Vorgehensweise gegenüber Krebserkrankungen entwickelte; dazu in die Lage versetzt durch Entwicklungen der Asepsis und der Anästhesie, verbunden mit Namen wie William Stewart Halsted, Theodor Billroth, Sampson Handley, und vielen weiteren. Eine wesentliche Aufgabe der Chirurgen war damals, und ist es noch heute, die örtlich begrenzten, operablen Tumoren auszuwählen und nutzlose Eingriffe zu vermeiden. War der Krebs einmal metastasiert, musste man sich auf palliative Behandlungen beschränken. Arbeiten wie die von Stephen Paget brachten subtilere Kenntnisse über die zu erwartende Ausbreitung. Entdeckte man sie dennoch erst während der Operation, so musste man diese unverrichteter Dinge beenden. Bis heute gibt es noch solche diagnostischen Eingriffe, etwa in der Bauchhöhle (explorative Laparotomie), allerdings werden sie mit der Verbesserung der radiologischen Bildgebung immer seltener.

Da zu Beginn nur operierte Patienten überhaupt eine Heilungschance hatten, kam es noch bis in das 20. Jahrhundert zu heroischen, nach heutigem Maßstab unmenschlichen Eingriffen, etwa Halsteds "radikale Mastektomie", bei der auch Brustmuskeln und Rippenteile entfernt wurden.[2] Sie wurden erst verlassen, als die Strahlentherapie und später die Chemotherapie als weitere "Säulen" der Krebsbehandlung neben der Chirurgie errichtet wurden.

Als erster Strahlentherapeut der Welt gilt der Wiener Leopold Freund, der 1897 zu veröffentlichen begann und 1908 schon eine Übersicht seiner Erfahrung mit Röntgenstrahlen gegen Karzinome publizierte. Den physikalischen Entdeckungen auf Schritt und Tritt folgend verbreitete sich zuerst die Behandlung mit Strahlung aus Röntgenröhren (die nur geringe Tiefen erreichte), dann mit natürlichen radioaktiven Proben meist aus dem von den Curies entdeckten Radium, dann mit künstlichen Radionukliden wie I-131, und zuletzt mit hochenergetischer Photonen- und Teilchenstrahlung aus Beschleunigern. Zunächst arbeiteten Radiologen mit allen diesen Vefahren. 1976 machte die zunehmende Differenzierung es notwendig, neue Facharztbezeichnungen für Strahlentherapie[3] und Nuklearmedizin in der Weiterbildungsordnung einzuführen, die in größeren Krankenhäusern nun gemeinsam die onkologischen Konferenzen besetzen müssen. Etwa jeder zweite Krebspatient wird heute auch, oder nur, mit Strahlentherapie behandelt.

Die Chemotherapie begann nur wenige Jahre nach der Strahlentherapie ausgehend von der Beobachtung,

Prävention

Unter Krebsprävention fallen Maßnahmen oder Verhaltensregeln, die die Entstehung von Krebserkrankungen verhindern oder zumindest die Wahrscheinlichkeit für eine solche Erkrankung herabsetzen sollen. Von zentraler Bedeutung ist es, Risikofaktoren zu erkennen. Wird ein Risikofaktor erkannt, versucht man diesen zu reduzieren. Beispiele sind Expositionsverhinderung durch TRK-Werte für krebsauslösende Substanzen oder Verhaltensinterventionen bei Raucherentwöhnung. Anhand von Risikofaktoren können auch besonders gefährdete Personengruppen identifiziert und Screening-Untersuchungen zugeführt werden. Ziel ist hier, malignes Zellwachstum zu erkennen und zu behandeln, möglichst bevor eine Krebserkrankung ausbricht oder sich ausbreitet (Früherkennung).

Wesentlicher Teil der Prävention ist auch die Investition in Forschung über Krebs.

Diagnostik

Neben Anamnese und körperlicher Untersuchung werden durch den Arzt unter Umständen Blutuntersuchungen, Bildgebende Verfahren oder die Entnahme von Gewebeproben durchgeführt.

Durch die Stadienbestimmung (englisch staging) wird der Fortschritt einer Tumorerkrankung ermittelt.

Therapie

Behandlungsmethoden der Onkologie sind unter anderem:

Die Therapien der Onkologie zielen entweder auf die Entfernung oder Zerstörung des gesamten Tumorgewebes (kurative Therapie) oder, wenn dies nicht mehr möglich ist, auf die Verkleinerung des Tumorgewebes mit dem Ziel, die Lebenszeit zu verlängern und tumorbedingte Beschwerden zu reduzieren (Palliation).

Für verschiedene Geschwulstarten haben sich spezielle Therapieschemata etabliert, die in großen internationalen Untersuchungen laufend optimiert werden (Therapieoptimierungsstudien). Ausgehend vom festgestellten Stadium werden mit dem Patienten mögliche Therapieoptionen erörtert. Hierbei spielen der körperliche Allgemeinzustand und die Begleiterkrankungen eine wesentliche Rolle. Die nach aktuellem Stand der Wissenschaft erfolgversprechende Therapieform wird dem Patienten vorgeschlagen. Möglichkeiten sind die einmalige oder mehrmalige Chemotherapie und/oder Bestrahlung und/oder eine Operation zur Entfernung des Tumorgewebes. Verschiedene Chemotherapeutika können kombiniert werden.

Weitere mögliche Therapiebestandteile mit Onkologiebezug:

  • Psychoonkologie zur Mitbehandlung psychischer Komplikationen onkologischer Erkrankungen
  • Patientenkompetenz zur Stärkung der mentalen und emotionalen Verfassung von Krebspatienten
  • Chronoonkologie zur Verbesserung der Effizienz der Tumorbehandlung bei gleichzeitiger Verringerung unerwünschter Nebenwirkungen

Ärztliche Weiterbildung

In Deutschland können sich Fachärzte für Innere Medizin oder Allgemeinmedizin gemäß der Musterweiterbildungsordnung über sechs Jahre Weiterbilden um die Schwerpunktbezeichnung „Hämatologie und Internistische Onkologie“ erlangen.

Kinderonkologie

Die Kinderonkologie befasst sich mit Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter von 0 bis 18 Jahren.[4] Bei rechtzeitiger Behandlung können drei Viertel der jährlich rund 2.000 erkrankten Kinder und Jugendlichen ein Leben ohne weitgehende Einschränkungen führen.[4]

Literatur

  • Wolfgang Hiddemann, Claus R. Bartram, H. Huber: Die Onkologie. Teil 1: Epidemiologie - Pathogenese - Grundprinzipien der Therapie; Teil 2: Solide Tumoren - Lymphome - Leukämien. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-06671-3 (E-Book).

Historisch

  • Paul Obrecht: Klinische Cancerologie. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 352–375.
Wiktionary: Onkologie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Onkologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Hiddemann, Claus R. Bartram, H. Huber: Die Onkologie. Teil 1: Epidemiologie - Pathogenese - Grundprinzipien der Therapie; Teil 2: Solide Tumoren - Lymphome - Leukämien. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-06671-3, S. 466 (E-Book).
  2. Catherine Offord: A Radical Intervention, 1894. In: The Scientist. 1. April 2018, abgerufen am 28. Februar 2021 (englisch).
  3. Eberhard Scherer: Vorwort zur ersten Auflage. In: Strahlentherapie. 2. Auflage. Springer, Berlin 1980, ISBN 978-3-540-09780-8, S. VIII.
  4. a b Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Abgerufen am 17. Juni 2019.