„Gerhard Buhtz“ – Versionsunterschied

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Version vom 12. Mai 2009, 14:54 Uhr

Gerhard Buhtz (* 24. Februar 1896 in Schönebeck (Elbe); † 26. Juni 1944 bei Minsk) war ein deutscher Gerichtsmediziner.

Werdegang

Buhtz studierte Medizin und Rechtswissenschaften. Sein Medizinstudium wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, an dem Buhtz als Kriegsfreiwilliger teilnahm. Zum Kriegsende war er Gerichts- und Ausbildungsoffizier. Nach dem Krieg nahm er das Studium wieder auf und beendete es an der Universität Greifswald 1923.[1]

Mit seiner Dissertation Der Begriff der Unfallfolgen nach den Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes unter besonderer Berücksichtigung der sogen. Unfallneurosen und deren Begutachtung in der deutschen Sozialversicherung wurde er in Greifswald promoviert. Ab 1926 war er Facharzt für Psychiatrie und in Greifswald Schüler des Gerichtsmediziners Willy Vorkastner. Danach ging er zu Martin Nippe nach Königsberg. Am 1. November 1928 wurde Buhtz in Heidelberg Assistent des Österreichers Walter Schwarzacher, der Direktor am Institut für Gerichtliche Medizin war. Am 14. November 1931 wurde er über Metallspuren in Einschusswunden habilitiert.[1]

Im April 1933 wurde Buhtz Mitglied in der SS (Mitgliedsnummer 100376) und diente in der 32. SS-Standarte „Baden“ in Heidelberg. In der SS stieg er bis zum Standartenführer auf. Er war Mitglied im NS-Dozentenbund und trat als Redner im NS-Rechtswahrerbund auf. Am 1. Mai 1933 wurde Buhtz Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 3171323).[1]

Einen Lehrauftrag in Heidelberg bekam Buhtz am 29. Januar 1934, doch bereits im 1. April 1935 ging er nach Jena, wo er als „Persönlicher Ordinarius und Direktor der Anstalt für Gerichtliche Medizin“ Nachfolger von Ernst Giese wurde. Buhtz war in Jena auch Außenstellenleiter des Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) in Jena.[2][3] In Jena blieb er bis 1938. Danach ging Buhtz an die Universität Breslau.

In seiner Heidelberger Zeit wird er später als „fanatischer Vertreter der Partei [NSDAP] an der Universität“[4] und „als einer der glühendsten Verfechter des Nationalsozialismus an der Universitat in Heidelberg“[1]bezeichnet. Die Teilnehmer der 29. Tagung der Deutsehen Gesellschaft fur gerichtliche, soziale Medizin und Kriminalistik in Innsbruck vom 15. bis 17. Mai 1940 – darunter u.a. der damalige Staatssekretär Roland Freisler – begrüßte Buhtz unter anderem mit den Worten:

„Während unserer Tagung führt die deutsche Wehrmacht mit geballter Kraft und in ungestümem Vorwärtsdringen bei dem Befreiungskampf des deutschen Volkes unter genialer politischer und militätrischer Führung entscheidende Schläge gegen unsere Unterdrücker England, Frankreich und ihre Trabanten, die die ganze Welt aufhorchen lassen. Wir sind der festen Zuversicht, daß diese schweren Kämpfe unseren Waffen den Sieg und dem deutschen Volke nach langen Jahren der Knechtung endlich Freiheit und Lebensraum geben werden. Wir grüßen die deutsche Wehrmacht, wir grüßen ihren obersten Befehlshaber, unseren Führer Adolf Hitler, mit einem dreifachen Sieg Heil!“[5]

In Jena führte Buhtz Obduktionen an Leichen aus dem KZ Buchenwald durch. So auch an der Leiche eines SS-Rottenführers, der von Lagerinsassen getötet wurde. Dabei trennte Buhtz den Kopf vom Körper der Leiche ab, um ihn im Institut der Universität weiter untersuchen zu können. Die Nachricht über diese Vorgehensweise führte zu einem Wutanfall von Heinrich Himmler und letztlich zur Versetzung an die Universität Breslau.[1]

1937 wählte ihn die Gesellschaft für gerichtliche und soziale Medizin Gerhard Buhtz zu ihrem Vorsitzenden. Er musste allerdings 1940 nach einem Streit mit Reichsärzteführer Leonardo Conti von diesem Amt zurücktreten. Der Streitgrund waren unterschiedliche Auffassungen über die Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen den Gesundheitsämtern und den Gerichtsmedizinern an den Universitäten.[1]

Ende August 1941 wurde Buhtz zum beratenden Gerichtsmediziner der VI. Armee, Heeresgruppe Mitte berufen. Dort sollte er zur Aufklärung bolschewistischer Greueltaten im Baltikum beitragen. Er arbeitete als Oberstabsarzt einer Sanitätseinheit. International bekannt wurde er durch die Leitung der Ausgrabungen des Massakers von Katyn, die er vom 29. März bis 31. Juni 1943 durchführte. Zu diesen Ausgrabungen verfasste er einen 56-seitigen gerichtsärztlichen Bericht.[1]

Am 26. Juni 1944 verunglückte Buhtz beim Verladen von Instrumentarium seiner Einheit im Raum Minsk tödlich. In Minsk leitete er ein Institut mit vier Ärzten und zwei Chemikern.[1] Nach offizieller Darstellung wurde Buhtz von einem Zug überfahren. Er wurde bei Maladsetschna beerdigt. Über die Todesursache gibt es widersprüchliche Aussagen.[6] Verschiedene Theorien sprechen von Suizid oder Liquidierung durch die SS. Der polnische Schriftsteller Roman Świątkiewicz behauptet in seinem Buch The Katyn Forest, dass Buhtz von deutscher Seite ermordet wurde.[7]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • G. Buhtz: Der Verkehrsunfall. Gerichtsärztlich kriminalistische Beurteilung unter besonderer Berücksichtigung der Alkoholbeeinflussung Verlag Ferdinand Enke, Stuttgart, 1938.
  • G. Buhtz: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden‎. Verlag Urban & Schwarzenberg, 1934.
  • G. Buhtz: Methoden der gerichtlichen Medizin und Kriminalistik. Verlag Urban & Schwarzenberg, 1934
  • G. Buhtz: Schriftstücke (spez. Selbstmörderbriefe), ihre versicherungsrechtliche Bedeutung. In: International Journal of Legal Medicine 33, 1940, S. 185–194. doi:10.1007/BF01771139
  • G. Buhtz: Der Begriff des Unfalls und des Betriebsunfalls. Greifswald, 1923.
  • G. Buhtz: Der Begriff der Unfallfolgen unter besonderer Berücksichtigung der Unfallneurosen. Greifswald, 1923.
  • G. Buhtz: Gesetzgebung und höchstrichterliche Rechtsprechung in Unfallsachen spez. bei Neurosen. Greifswald, 1926.
  • G. Buhtz: Die Bedeutung der Handführung und -stützung bei eigenhändigen Testamenten. In: International Journal of Legal Medicine 17, 1931. doi:10.1007/BF02252066
  • G. Buhtz: Blutbeschmutzung und Rostbildung. In: International Journal of Legal Medicine
  • G. Buhtz: Metallspuren in Einschußwunden. In: International Journal of Legal Medicine 18, 1932. doi:10.1007/BF01746891
  • G. Buhtz: Mord durch Ertränken. In: International Journal of Legal Medicine 18, 1932, doi:10.1007/BF01746884
  • G. Buhtz: Die Bedeutung pathologischer Schriftveränderungen für den Nachweis von Testamentsfälschungen. In: International Journal of Legal Medicine 18, 1932doi:10.1007/BF01746870

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h R. D. Hofheinz: 6.13 Gerichtliche Medizin. In: Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus Springer Verlag, 2006, S. 997-1030.doi:10.1007/978-3-540-39385-6_35
  2. C. Schreiber: Elite im Verborgenen. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2008, ISBN 3-486-58543-6 S. 267.
  3. W. Buchholz (Herausgeber): Die Universität Greifswald und die deutsche Hochschullandschaft im 19. und 20. Jahrhundert. Franz Steiner Verlag, 2004, ISBN 3-515-08475-4, S. 259.
  4. W. U. Eckart: 6.12 Pathologie. In: Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus Springer Verlag, 2006, S. 979.doi:10.1007/978-3-540-39385-6_35
  5. G. Buhtz: Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für gerichtliche, soziale Medizin und Kriminalistik auf der 29. Tagung in Innsbruck vom 15. bis 17. Mai 1940. In: International Journal of Legal Medicine 34, 1940, S. 1–7. doi:10.1007/BF01793793
  6. H. J. Mallach: Gerichtliche Medizin in Breslau (1911 bis 1945). In: Arch Med Sad Krym 47, 1997, S. 129–131.
  7. Romuald Świątek-Horyń: The Katyn Forest. London. Panda Press, 1988. S. 102, ISBN 1-870078-30-6

Literatur