„Altern“ – Versionsunterschied

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== Pathologie des Alterns ==
== Pathologie des Alterns ==
Altern ist ein physiologischer Vorgang und keine Krankheit.<ref>R. F. Schmidt, F. Lang und G. Thews: ''Physiologie des Menschen.'' Verlag Springer, 2005, ISBN 3-540-21882-3, 2005 {{Google Buch|BuchID=AT81K5wfxZ8C|Seite=933}}</ref> Das ''[[BMJ (British Medical Journal)|British Medical Journal]]'' veröffentlichte 2002 eine ‚Liste der Nicht-Krankheiten‘. Die Leser wälten dabei ‚Altern‘ (''ageing'') an die erste Stelle der Nicht-Krankheiten.<ref name="brandenburg2007">U. Brandenburg und J. P. Domschke: ''Altern ist keine Krankheit.'' In: ''Die Zukunft sieht alt aus.'' 2007, ISBN 978-3-8349-9532-2 S.&nbsp;69–71. {{DOI|10.1007/978-3-8349-9532-2_4}}</ref><ref>R. Smith: [http://www.bmj.com/cgi/content/full/324/7342/883 ''In search of "non-disease".'' In: ''BMJ'' 324, 2002, S.&nbsp;883–885. {{DOI|10.1136/bmj.324.7342.883}} PMID 11950739</ref> Aus dem Bereich der ''Anti-Aging-Bewegung'' vertreten einige [[Protagonist]]en, wie beispielsweise [[Aubrey de Grey]]<ref>[http://www.ted.com/speakers/aubrey_de_grey.html ''Speakers Aubrey de Grey: Seeker of immortality.''] bei ''ted.com'', abgerufen am 9. August 2010</ref> die Meinung, dass Altern sehr wohl eine Krankheit ist, die zu bekämpfen sei.<ref>S. Heuer: [http://www.heise.de/tr/artikel/Altern-ist-eine-Krankheit-957871.html ''"Altern ist eine Krankheit"''] In: ''Technologie Review'' 2, 2010.</ref>
Altern selbst ist keine Krankheit. Altern ist auch nie primäre Todesursache. Durch das Altern bedingte zelluläre und daraus folgende organische Veränderungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit an einer [[Alterskrankheit]], beziehungsweise an einer in jungen Jahren eher unkritischen Krankheit zu sterben. Typische Alterskrankheiten sind viele Kreislaufkrankheiten, Erkrankungen der Gehirngefäße, Bronchitis, [[Diabetes mellitus]] (Typ II), [[Osteoporose]] und auch [[Krebs (Medizin)|Krebs]].<!--Quelle nachtragen-->

Altern ist auch nie primäre Todesursache. Durch das Altern bedingte zelluläre, und daraus folgende organische, Veränderungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit an einer [[Alterskrankheit]], beziehungsweise an einer in jungen Jahren eher unkritischen Krankheit zu sterben. Typische Alterskrankheiten sind viele Kreislaufkrankheiten, Erkrankungen der Gehirngefäße, Bronchitis, [[Diabetes mellitus]] Typ II, [[Osteoporose]] und auch [[Krebs (Medizin)|Krebs]].<!--Quelle nachtragen-->


Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die wichtigsten alterbedingten Veränderungen.<ref name="schwartz2003" /><!--hier Seite 177-->
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Version vom 9. August 2010, 17:46 Uhr

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Das Altern ist ein fortschreitender nicht umkehrbarer biologischer Prozess, von dem die meisten Organismen betroffen sind und der mit ihrem Tod endet.

Das Altern ist ein Teil des menschlichen Lebens. Die Mechanismen der Alterung sind hochkomplexe, vielfach noch unverstandene, physiologische Vorgänge. Auf die Frage nach dem warum altern überhaupt Organismen gibt es zwar eine Vielzahl unterschiedlichster Antworten, aber bis heute noch keine allgemein akzeptierte Antwort.

Definition und Abgrenzungen

Das biologische Alter eines Organismus (hier beim Menschen), wird durch dessen Vitalität charakterisiert. Nach der Geburt steigt dieser Wert in der Entwicklungsphase auf ein Maximum an. In der Seneszenz fällt er kontinuierlich und erreicht mit dem Tod den Wert Null. Bei einer normierten Zeitachse ergeben sich für alle Säuge- und Wirbeltiere ähnliche Kurven.[1]

Für das Altern selbst gibt es keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition. Eine weiter gefasste neuere Definition sieht jede im Laufe des Lebens eines Organismus stattfindende zeitgebundene Veränderung als Altern an.[2][3] Darunter fallen sowohl die als „positiv“ bewerteten Reifungsprozesse in der Kindheit, als auch die negativ gesehenen degenerativen Erscheinungen bei alten Erwachsenen.[4] Aus dieser Definition abgeleitet beginnt das Altern höherer Organismen unmittelbar nach der Vereinigung von Samenzelle und Eizelle[5][6] und endet mit seinem Tod.[7] Andere Gerontologen definieren das Altern nur über die negativen zeitlichen Veränderungen eines Organismus, beispielsweise den Funktionsverlust von Organen oder die Vergreisung (Seneszenz) nach dem Erwachsenwerden (Adoleszenz).[2] Der deutsche Mediziner und Begründer der Gerontologie, Max Bürger, definierte 1960 das Altern als eine irreversible zeitabhängige Veränderung von Strukturen und Funktionen lebendiger Systeme.[8] Die Gesamtheit der körperlichen und geistigen Veränderungen – von der Keimzelle – bis zum Tod wird nach Bürger Biomorphose genannt.[9] Welche Veränderungen man dabei allerdings dem Altern zuordnet, das lässt viel Spielraum für Interpretationen.[10]

Über diese naturwissenschaftlichen Definitionen hinaus ist das Altern beim Menschen ein sozial komplexes vieldimensionales Durchlaufen der Lebensspanne von Geburt bis Tod. Die genetische Disposition und die biologischen Veränderungen sind das zentrale Element der komplexen Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt.[11] Die Alterungsprozesse unterliegen subjektiven, biologischen, biographischen, sozialen und kulturellen Bewertungen. Das Altern selbst ist ein Phänomen mit sowohl biologischen, als auch psychischen und gesellschaftlichen Aspekten.[12][3]

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Altern weitgehend mit negativen Veränderungen, mit Verfall, Verschlechterung und Degeneration der sensorischen und körperlichen Fähigkeiten, assoziiert. Diese Veränderungen werden besser mit dem Begriff Seneszenz wiedergegeben.[13][14] Der Begriff Alterung sollte dagegen nur für unbelebte Materie vewendet werden.[15]

Primäres und sekundäres Altern

Beim Altern wird zwischen zwei Formen unterschieden: das primäre Altern und das sekundäre Altern.

Ann Pouder (1807–1917) an ihrem 110. Geburtstag. Sie ist eine der ganz wenigen Menschen, die in den Bereich der maximal erreichbaren Lebensspanne kam.
  • Primäres Altern, auch physiologisches Altern genannt, wird durch zelluläre Alterungsprozesse hervorgerufen, die in Abwesenheit von Krankheiten ablaufen. Diese Form der Alterung definiert für einen Organismus seine maximal erreichbare Lebensspanne.[16] Beim Menschen wird dieser Wert üblicherweise auf 110 bis 120 Jahre geschätzt.[17] (Siehe auch: Ältester Mensch) Das primäre Altern verläuft für jede Spezies spezifisch und hat im wesentlichen genetische Ursachen. Bisher sind keine evidenzbasierten Mittel (beispielsweise Arzneistoffe) und Methoden bekannt, durch die das primäre Altern beim Menschen verzögert oder gar verhindert werden kann. In verschiedenen Tiermodellen konnte das primäre Altern durch bestimmte Maßnahmen, wie beispielsweise Kalorienrestriktion[18] oder die Gabe von Rapamycin[19], verzögert werden.

Der Gegenstand dieses Artikels ist im wesentlichen das primäre Altern. Mit den Vorgängen des sekundären Alterns befasst sich die Geriatrie.[16] Zwischen den beiden Formen des Alterns lässt sich in der Praxis nicht immer eindeutig unterscheiden.[22] Die Gerontologie ist dagegen die Alters- und Alternswissenschaft, und behandelt entsprechend alle Aspekte des Alterns. Beides sind vergleichsweise junge Wissenschaftsgebiete, die in den 1930er Jahren begründet wurden.[3][23]

Seneszenz

Seneszenz (lat. senescere = ‚alt werden‘, ‚altern‘) ist kein Synonym für Altern. Seneszenz kann als altersbedingte Zunahme der Mortalität (Sterberate) und/oder Abnahme der Fertilität (Fruchtbarkeit) definiert werden.[24] Die Seneszenz ist der degenerative Abschnitt des Altern. Altern kann zur Seneszenz führen. Dies ist bei Säugetieren generell der Fall – wenn sie diesen Lebensabschnitt überhaupt erreichen. Nur wenn die schädlichen Effekte graduell und langsam akkumulieren, sollte man von Seneszenz sprechen. Häufig lässt sich dennoch nicht sauber zwischen Altern und Seneszenz unterscheiden.[25] Der Anfang der Seneszenz wird meist auf einen Zeitraum nach dem Ende der Reproduktionsphase gelegt. Dies ist eine willkürliche Festlegung, die den Vorgängen bei verschiedenen Spezies nicht gerecht wird. So zeigen Wirbeltiere Phänomene der Seneszenz, wie beispielsweise die Anreicherung des Alterspigmentes Lipofuszin noch während ihrer fruchtbaren Phase und Wasserflöhe legen trotz Seneszenz bis zu ihrem Tod fertile Eier.[15]

Lebenserwartung und Lebenspotenzial

Das Lebenspotenzial ist die Lebensdauer, die für den Organismus eines Individuums die maximal verfügbare Zeit darstellt. Diese maximale Lebensdauer ist für verschiedene Tierarten sehr unterschiedlich. Eintagsfliegen und Galápagos-Riesenschildkröten sind dabei Extrembeispiele. Die extremen Unterschiede zwischen den einzelnen Spezies wird von einigen Wissenschaftlern mit einer genetischen Bestimmung begründet, was allerdings umstritten ist. Das Altern selbst folgt keinem genetischen Programm.[1] Die statisch ermittelte Lebenserwartung eines Individuums ist bei jedem Organismus erheblich geringer als die maximale Lebensdauer. Beim Menschen kann über die letzten 100 Jahre eine zunehmende Annäherung der mittleren Lebenserwartung der Bevölkerung an die maximale Lebensdauer beobachtet werden.

In natürlichen Lebensräumen ist die Sterblichkeit von Organismen – mit Ausnahme des Menschen – vor allem auf externe Ursachen (Katastrophentod) zurückzuführen. Lediglich ein kleiner Teil der Todesfälle ist alternsbedingt. Aus diesem Sachverhalt heraus lässt sich ableiten, dass ein genetisches „Todesprogramm“, als Ergebnis einer evolutionären Selektion, sehr unwahrscheinlich ist. Das Altern ist weniger auf deterministische (zukünftige Ereignisse sind durch Vorbedingungen festgelegt) als auf stochastische Prozesse (zeitlich geordnete, zufällige Vorgänge) zurückzuführen.[26]

Vom Altern betroffene Organismen

Von allen Lebewesen kennen nur einige einfache Organismen, wie beispielsweise Süßwasserpolypen (hier Hydra viridis), keine Alterung und können unter optimalen Umweltbedingungen theoretisch unendlich alt werden.
Auch Algen, wie hier Micrasterias radiata, altern nicht.
Die Überlebenskurven für fünf unterschiedliche Organismen (Mensch, Elefant, Krähe, Krokodil und Löwenzahn).

Altern ist ein Vorgang, der alle höheren Organismen ihr ganzes Leben begleitet und in letzter Konsequenz zu ihrem Tod führen kann. Alle Organismen mit differenzierten somatischen Zellen („normale“ diploide Körperzellen) und Gameten (Keimzellen, das heißt haploide Zellen) altern und sind sterblich. Nur niedere Organismen, die keine Trennung in Keimbahn und Soma aufweisen, altern nicht und sind potenziell unsterblich. Man spricht dabei auch von einer somatischen Unsterblichkeit.[10] Zu diesen potenziell unsterblichen Organismen gehören die Prokaryoten, viele Protozoen (beispielsweise Amöben und Algen) und Arten mit ungeschlechtlicher Teilung (beispielsweise auch Mehrzeller wie Süßwasserpolypen (Hydra)[27]). Faktisch haben diese Organismen allerdings sehr wohl eine begrenzte Lebensdauer. Extrinsische Faktoren, wie beispielsweise ökologische Veränderungen oder das „Fressen und gefressen werden“ (Nahrungskette) limitieren die Lebenserwartung erheblich und führen zum sogenannten Katastrophentod.[28]

Im Pflanzenreich findet sich eine Vielzahl von Arten, die – nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand – nicht altern. Beispielsweise produziert eine über eintausend Jahre alte Stieleiche jedes Jahr Blätter und Eicheln von immer derselben Qualität. Wenn der Baum stirbt, dann durch äußere Einflüsse, wie beispielsweise Brände oder Pilzbefall.[10]

Bei nichtalternden Organismen ist die Wahrscheinlichkeit des Todes unabhängig von Alter und Zeitpunkt. Die altersspezifische Mortalitätsrate, das ist die Anzahl der Todesfälle in einer bestimmten Altersklasse, ist deshalb konstant. Die Überlebenskurve nichtalternder Organismen ist daher in halblogarithmischer Darstellung eine Gerade.[29]

Pathologie des Alterns

Altern ist ein physiologischer Vorgang und keine Krankheit.[30] Das British Medical Journal veröffentlichte 2002 eine ‚Liste der Nicht-Krankheiten‘. Die Leser wälten dabei ‚Altern‘ (ageing) an die erste Stelle der Nicht-Krankheiten.[31][32] Aus dem Bereich der Anti-Aging-Bewegung vertreten einige Protagonisten, wie beispielsweise Aubrey de Grey[33] die Meinung, dass Altern sehr wohl eine Krankheit ist, die zu bekämpfen sei.[34]

Altern ist auch nie primäre Todesursache. Durch das Altern bedingte zelluläre, und daraus folgende organische, Veränderungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit an einer Alterskrankheit, beziehungsweise an einer in jungen Jahren eher unkritischen Krankheit zu sterben. Typische Alterskrankheiten sind viele Kreislaufkrankheiten, Erkrankungen der Gehirngefäße, Bronchitis, Diabetes mellitus Typ II, Osteoporose und auch Krebs.

Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die wichtigsten alterbedingten Veränderungen.[3]

Organ bzw. System altersbedingte Veränderungen mögliche Folgen
Sinnesorgane Augen: Alterssichtigkeit (Presbyopie), Linsentrübungen verminderte Akkomodation (Auge)
  Ohren: Hochtonverluste (Presbyakusis) (umweltabhängig) eingeschränkte Wortdiskrimination bei Hintergrundgeräuschen
Hormonsystem beeinträchtigte Glucosetoleranz erhöhter Blutzuckerspiegel bei akuten Krankheiten
  Abnahme der Vitamin-D-Absorption und -Aktivierung in der Haut[35] u.a. Osteopenie
  Abnahme der Thyroxinausscheidung und -produktion verminderte Thyroxin-Dosis bei Hypothyreose notwendig
  Abnahme des Blutöstrogenspiegels bei der Frau  
  Abnahme des Testosteron-Estradiol-Quotienten beim Mann  
Herz-Kreislauf-System und Atemtrakt abnehmende Anpassung der Arterien, zunehmender systolischer und diastolischer Blutdruck (abhängig von Umwelt und Lebensweise) orthostatische Probleme
  verzögerte Blutdruckregulation
  Einschränkung des Herzschlagvolumens Belastungen können nur durch eine erhöhte Herzfrequenz kompensiert werden
  Abnahme der Lungenelastizität abnehmender Sauerstoffpartialdruck
Urogenitaltrakt Perzeption von Durst nimmt ab, die Perzeption der Sättigung nimmt zu erhöhte Gefahr der Exsikkose
  Harnblase: Tonus nimmt zu, Kapazität nimmt ab häufigeres Urinieren, meist mit verkürzter Drangzeit
erhöhter Wasserverlust
  Niere: glomeruläre Filtrationsrate nimmt ab mangelnde Ausscheidung von Medikamenten und Drogen
  benigne Prostatahyperplasie (gutartige Vergrößerung der Prostata)  
Blut- und Immunsystem Abnahme der Knochenmarkreserve (vermutet) verminderte Immunantwort
  abnehmende Funktion der T-Lymphozyten
  Zunahme der Autoantikörper
Stütz- und Bewegungsapparat Abnahme der Muskelmasse reduzierte Beweglichkeit und Kraft
  Skelettmuskulatur nimmt ab  
  Bänder, Sehnen und Muskeln sind weniger dehnbar  
  Abnahme des Mineralstoffgehaltes der Knochen erhöhte Anfälligkeit für Knochenbrüche
  die Beweglichkeit der Gelenke nimmt ab
Nervensystem Abnahme der Ganglienzelle und Neurotransmitter erhöhte Aufnahme schädlicher Substanzen
  Reduzierung der Phospholipide in Zellmembranen
  Beeinträchtigung der Funktion der Rezeptoren verminderte Aufnahme von Glucose

In Deutschland hat sich, wie in vielen anderen Industrienationen auch, die Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren nahezu verdoppelt. Die Ursache hierfür sind im wesentlichen verbesserte Hygienebedingungen, Reduzierung der Sterblichkeitsrate von Neugeborenen und effektivere Therapien und Prophylaxen einer Vielzahl von akuten Krankheiten.[36] Die Folge ist, dass immer mehr Menschen älter werden. Die maximale Lebensspanne von 110 bis 120 Jahren hat sich durch diese Maßnahmen jedoch nicht verändert.

Ob ein Mensch ein hohes Lebensalter erreichen kann, ist außer von seinem Lebensstil, zu einem Teil von seiner Genetik bestimmt. Man schätzt den Anteil der genetischen Disposition an der Lebenserwartung auf 30 %.[36] Statistisch gesehen steigt beim Menschen bis ungefähr zum 92. Lebensjahr die Sterbewahrscheinlichkeit exponentiell an. Für noch ältere Altersgruppen flacht sie aber überraschenderweise wieder ab. Die Sterblichkeit verlangsamt sich (engl. late-life mortality deceleration), geht aber keinesfalls zurück. Dies bedeutet eine Abweichung von dem 1825 von dem Briten Benjamin Gompertz formulierten „Gesetz der Mortalität“ (Gompertz-Makeham-Modell). Frauen und Männer oberhalb eines Alters von 92 Jahren bilden bezüglich der Mortalität eine eigene Gruppe.[37] Für dieses Phänomen werden im Allgemeinen die Erbanlagen („Altersgene“) und das für das Erkennen und Vernichten von Krebszellen wichtige Immunsystem verantwortlich gemacht. Der Einfluss der Erbanlagen auf die Langlebigkeit ist beim Menschen und einer Vielzahl von Modellorganismen eindeutig belegt. Entsprechend erreichen Kinder mit hochbetagten Eltern durchschnittlich ein höheres Lebensalter als Menschen, deren Eltern früher verstorben sind. Aus der Zwillingsforschung weiß man, dass bei zweieiigen Zwillingen der mittlere Unterschied in der Lebensdauer doppelt so hoch ist, wie bei den genetisch identischen eineiigen Zwillingen.[26]

Umgekehrt kann aus der genetischen Disposition bezüglich des Alterns nicht auf ein genetisches Programm Altern oder ein spezifisches „Alternsgen“, das das Altern eines Organismus fördert, geschlossen werden. Ein solches nachteiligen Gen wäre nach einer Mutation, die es funktionslos machen würde, durch die Evolution längst ausselektiert worden. Es gibt keine Gene für das Altern.[6] Die Genetik des Alterns ist hochkomplex. Das Altern wird durch ein kontinuierliches Ansammeln von somatischen Schäden hervorgerufen, die eine Folge einer begrenzten Investition des Körpers in seine Wartung und Reparatur sind. Diese Reparaturmechanismen, wie beispielsweise DNA-Reparatur und die Bekämpfung von oxidativem Stress, werden werden von Genen kontrolliert, die dadurch Einfluss auf die Langlebigkeit und das Altern des Organismus haben.[38]

Alternstheorien

Zur Klärung der Frage, warum alle höheren Organismen altern, gibt es bis zum heutigen Tag keine allgemein wissenschaftlich akzeptierte Antwort. Die Ursachen des primären Alterns sind sehr vielschichtig und äußerst komplex. Als Folge davon gibt es zur Zeit etwa 300 verschiedene Theorien zum Altern.[15]

Beschreibende Theorien

Programmtheorien

Mathematische Theorien

Schadenstheorien

Evolutionstheorien

Das Altern in der Geschichte der Menschheit

Darstellung eines Jungbrunnens von Lucas Cranach d. Ä. von 1546

Das Interesse am Altern dürfte fast so alt sein wie die Menschheit selbst. Der Erhalt der Jugend, Lebensverlängerung oder gar Ewiges Leben sind uralte Menschheitsträume, die sich in einer Vielzahl mythischer Erzählungen und religiöser Überlieferungen wieder finden.[39]

Die Geschichten handeln beispielsweise von Jungbrunnen als Quelle der ewigen Jugend oder des ewigen Lebens. Ein Kraut das Ewiges Leben spendet wurde vom Gilgamesch im gleichnamigen Epos um 3000 vor Christus gesucht. Die goldenen Äpfel der Hesperiden verliehen den Göttern der Griechischen Mythologie die ewige Jugend. Die Genesis berichtet von dem Baum des Lebens, zu dessen Früchten Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies – nachdem sie verbotenerweise von den Früchten des Baumes der Erkenntnis gegessen hatten – keinen Zugang mehr hatten. Prinzipiell ein früher Erklärungsansatz für die Sterblichkeit des Menschen.

Weiterführende Literatur

Populärwissenschaftlich

Fachbücher

Reviewartikel und Buchbeiträge

  • Hans-Jörg Ehni: Kann man sich Elina Makropoulos als glücklichen Menschen vorstellen? Ein Beitrag zur ethischen Debatte über den individuellen Wert eines längeren Lebens. In: Jahrbuch für Wissenschaft und Ethik L. Honnefelder u. a. (Herausgeber), Verlag Walter de Gruyter, 2009, ISBN 978-3-11-020884-9, S. 47–70. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  • T. B. Kirkwood: Evolution of ageing. In: Mech Ageing Dev 123, 2002, S. 737-745. PMID 11869731

Einzelnachweise

  1. a b H. Niedermüller und G. Hofecker: Lebensdauer: Genetische Determinierung und lebensverlängernde Strategien. In: Molekularmedizinische Grundlagen von altersspezifischen Erkrankungen. D. Ganten und K. Ruckpaul (Herausgeber), Verlag Springer, 2004, ISBN 3-540-00858-6 S. 9. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „ganten2004“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  2. a b R. L. Bowen und C. S. Atwood: Living and dying for sex. A theory of aging based on the modulation of cell cycle signaling by reproductive hormones. In: Gerontology 50, 2004, S. 265–290. PMID 15331856 (Review)
  3. a b c d F. W. Schwartz: Das Public Health Buch. Elsevier, Urban&Fischer Verlag, 2003, ISBN 3-437-22260-0 S. 163. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  4. E. I. Masoro: Aging: Current Concepts. In: Handbook of Physiology. Sektion 11: Aging, Oxford University Press, 1995, ISBN 0-195-07722-9 S. 3–21.
  5. M. Bürger: Altern und Krankheit. Verlag Thieme, 1954
  6. a b P. M. Kappeler: Verhaltensbiologie. Verlag Springer, 2008, ISBN 3-540-68776-9, S. 62. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  7. Universitas. Band 13, Ausgaben 7–12, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 1958, S. 739.
  8. M. Bürger: Altern und Krankheit als Problem der Biomorphose. 4. Auflage, VEB Thieme, Leipzig, 1960, ASIN B0000BGYOW
  9. U. M. S. Röhl: Ältere Mitmenschen als Randgruppe in der Diaspora-Gemeinde – in der soziologischen sowie christlich ethischen Diskussion. GRIN Verlag, 2009, ISBN 3-640-44681-X eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  10. a b c T. Braun: Altern von Gastrophysa viridula (DeGeer). Dissertation, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 2008, S. 4f
  11. F. Schulz-Nieswandt: Sozialpolitik und Alter. Verlag W. Kohlhammer, 2006, ISBN 3-170-18142-4 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  12. P. B. Baltes und M. M. Baltes: Gerontologie: Begriff, Herausforderung und Brennpunkte. In: Zukunft des Alterns und gesellschaftliche Entwicklung P. B. Baltes und J. Mittelstraß (Herausgeber), Verlag W. de Gruyter, 1992, ISBN 3-110-13248-6, S. 1–34.
  13. A. Baudisch: How Ageing is shaped by Trade-offs. MPIDR Working Paper, Verlag Max Planck Institute for Demographic Research, 2009.
  14. P. B. Medawar: An Unsolved Problem of Biology. In: Uniqueness of the Individual. Verlag H. K. Lewis, London, 1952, S. 44–70.
  15. a b c K. G. Collatz: Altern. In: Wissenschaft-Online Spektrum Akademischer Verlag, abgerufen am 8. August 2010
  16. a b M. Tostlebe: Disproportionalität der Aktivitäten der mitochondrialen Atmungskettenkomplexe im Myokard und in der Skelettmuskulatur im Alter. Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2005.
  17. M. J. Levitt: Biology of Aging. Florida International University, abgerufen am 1. September 2010
  18. J. O. Holloszy und L. Fontana: Caloric Restriction in Humans. In: Exp Gerontol 42, 2007, S. 709–712. PMID 17482403
  19. D. E. Harrison u. a.: Rapamycin fed late in life extends lifespan in genetically heterogeneous mice. In: Nature 460, 2009, S. 392–395. PMID 19587680 PMC 2786175 (freier Volltext)
  20. [1]
  21. H. H. Dickhuth: Sportmedizin für Ärzte. Deutscher Ärzteverlag, 2007, ISBN 3-769-10472-2, S. 601. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  22. E. Freiberger und D. Schöne: Sturzprophylaxe im Alter: Grundlagen und Module zur Planung von Kursen. Deutscher Ärzteverlag, 2010, ISBN 3-769-10557-5, S. 9. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  23. D. Schäfer und F. P. Moog: Gerokomie – Gerontologie – Geriatrie. Geschichte der Altersheilkunde im Spiegel ihrer Benennungen. In: Dtsch med Wochenschr 130, 2005, S. 2719–2722. doi:10.1055/s-2005-922062
  24. A. Baudisch: Hamilton's indicators of the force of selection. In: PNAS 102, 2005, S. 8263–8268. PMID 15919822 PMC 1140481 (freier Volltext)
  25. R. F. Evert u. a.: Esaus Pflanzenanatomie. R. Langenfeld-Heyser (Herausgeber), Verlag Walter de Gruyter, 2009, ISBN 3-110-20592-0, S. 103. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  26. a b H. W. Wahl und A. Kruse: Zukunft altern: Individuelle und gesellschaftliche Weichenstellungen. Verlag Springer, 2009, ISBN 3-827-42058-X, S. 112–113. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  27. D. E. Martinez: Mortality patterns suggest lack of senescence in hydra. In: Exp Gerontol 33, 1998, S. 217–225. PMID 9615920
  28. E. Voland: Warum altern wir? Die biologische Evolution der Vergänglichkeit. In: Gemessene Zeit – Gefühlte Zeit H. Heller (Herausgeber), LIT-Verlag, Münster, 2006, ISBN 3-825-89588-2 S. 43–62. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  29. T. B. Kirkwood und M. R. Rose: Evolution of senescense: late survival sacrificed for reproduction. In: Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci 332, 1991, S. 15–24. PMID 1677205
  30. R. F. Schmidt, F. Lang und G. Thews: Physiologie des Menschen. Verlag Springer, 2005, ISBN 3-540-21882-3, 2005 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  31. U. Brandenburg und J. P. Domschke: Altern ist keine Krankheit. In: Die Zukunft sieht alt aus. 2007, ISBN 978-3-8349-9532-2 S. 69–71. doi:10.1007/978-3-8349-9532-2_4
  32. R. Smith: In search of "non-disease". In: BMJ 324, 2002, S. 883–885. doi:[https://doi.org/10.1136/bmj.324.7342.883 10.1136/bmj.324.7342.883 PMID 11950739
  33. Speakers Aubrey de Grey: Seeker of immortality. bei ted.com, abgerufen am 9. August 2010
  34. S. Heuer: "Altern ist eine Krankheit" In: Technologie Review 2, 2010.
  35. M. F. Holick: Environmental factors that influence the cutaneous production of vitamin D. In: Am J Clin Nutr 61, 19995, S. 638S–645S. PMID 7879731
  36. a b E. Nieschlag: Andrologie: Grundlagen und Klinik der reproduktiven Gesundheit des Mannes. Verlag, Springer, 2009, ISBN 3-540-92962-2, S. 246. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  37. Expertisen zum Vierten Altenbericht der Bundesregierung. Band 1, Deutsches Zentrum für Altersfragen (Herausgeber), Vincentz Network GmbH & Co KG, 2002, ISBN 3-878-70921-8, S. 37. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  38. T. B. Kirkwood: Understanding ageing from an evolutionary perspective. In: J Intern Med 263, 2008, S. 117–127. PMID 18226090
  39. U. Jongebloed: Alterung und Seneszenz des Phloems und des Blattes von Ricinus communis L. Dissertation, Universität Bayreuth, 2003

Kategorie:Gerontologie