5-Fluoruracil

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Strukturformel
Strukturformel von 5-Fluoruracil
Strukturformel des Dioxo-Tautomers
Allgemeines
Freiname 5-Fluorouracil
Andere Namen
  • Fluoruracil
  • 5-FU
  • 5-Fluor-1H-pyrimidin-2,4-dion (IUPAC)
Summenformel C4H3FN2O2
Kurzbeschreibung

weißes Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 51-21-8
PubChem 3385
DrugBank APRD00516
Wikidata Q238512
Arzneistoffangaben
ATC-Code

L01BC02

Wirkstoffklasse

Zytostatikum

Eigenschaften
Molare Masse 130,08 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

282–286 °C (Zersetzung)[1]

Löslichkeit

löslich in Wasser (11,1 g·l−1 bei 22 °C)[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Gefahr

H- und P-Sätze H: 301​‐​312​‐​315​‐​319​‐​335​‐​340​‐​360FD
P: 261​‐​280​‐​362​‐​305+351+338​‐​405​‐​502[3]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

5-Fluoruracil (5-FU), auch Fluorouracil (INN), ist eine heterocyclische organische Verbindung mit einem Pyrimidingrundgerüst und zwei Carbonylgruppen an den Positionen 2 und 4 sowie einem Fluor an Position 5. Es ist ein Derivat der Nukleinbase Uracil.

Es ist ein Arzneistoff, welcher als Zytostatikum in der Chemotherapie, vor allem beim kolorektalen Karzinom und bei Brustkrebs verwendet wird. Es wurde von dem amerikanischen Chemiker Charles Heidelberger entwickelt und 1962 von der Pharmafirma Hoffmann-La Roche auf den Markt gebracht.

5-Fluoruracil findet auch Anwendung als Warzen-Therapeutikum (Verrumal®).

Eigenschaften

5-Fluoruracil ist ein Feststoff, der bei 282–286 °C unter Zersetzung schmilzt.[1]

Von 5-Fluoruracil gibt es sechs mögliche tautomere Formen im festen Zustand, wobei die Dioxo-Form (1) bevorzugt ist.

Tautomere Formen von 5-Fluoruracil

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkung

5-Fluoruracil ist ein Antimetabolit, der bei der Zellteilung aufgrund der Strukturähnlichkeit mit den Pyrimidinbasen Cytosin und Thymin (DNA-Nukleotide) beziehungsweise Uracil (RNA-Nukleotid) anstatt dieser in die DNA und RNA eingebaut wird. So wandelt das Enzym UMP-Pyrophosphorylase (EC 2.4.2.9) 5-Fluoruracil in 5-Fluor-UMP um, das dann weiter zu 5-Fluor-UTP phosphoryliert und in die RNA eingebaut wird. Dieses bewirkt die Synthese fehlerhafter RNA, wodurch die Protein-Biosynthese gehemmt wird.

5-Fluor-dUMP hemmt darüber hinaus auch die Thymidylat-Synthase (EC 2.1.1.45), was letztendlich dazu führt, dass die DNA-Synthese und die Zellteilung inhibiert werden.[4]

Die Synthese von dTMP (1b) aus dUMP (1a) wird durch die Thymidylat-Synthase (A) katalysiert, dabei wird N5,N10-Methylentetrahydrofolat (2) zu 7,8-Dihydrofolat (3) umgesetzt. 5-Fluor-dUMP inhibiert das Enzym und damit diese Reaktion.

Es wirkt insbesondere in der Interphase des Zellzyklus. Neben einer Hemmung der DNA- und RNA-Synthese inhibiert es auch den sogenannten Exosomkomplex, der für die Zelle lebensnotwendig ist.

5-Fluoruracil wird in Form der Prodrugs Capecitabin oder 5-Fluorcytosin verabreicht und erst in der Zelle zum aktiven Metaboliten umgewandelt. Beispielsweise wird 5-Fluorcytosin durch eine Cytosin-Permease in die Zelle aufgenommen und dort sofort durch die Cytosin-Desaminase zu 5-Fluoruracil desaminiert.[5]

Desaminierung von 5-Fluorcytosin zu 5-Fluoruracil

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen, Schleimhautentzündungen, Knochenmarkschädigung) können beträchtlich sein (siehe Abschnitt Nebenwirkungen im Artikel Zytostatikum).

Als langfristige Nebenwirkungen wurden bei Tierexperimenten und Patientenuntersuchungen Gehirnschäden durch Schädigung von Gliazellen ausgemacht.[6]

Durch die zusätzliche Gabe von Tetrahydrofolsäure bzw. Folinsäure ist eine höhere Dosierung von 5-FU möglich, man nutzt diesen Effekt für Kombinationstherapien. Eine Wirkungsverstärkung bewirkt auch Interferon-α.

Der Abbau von 5-Fluoruracil geschieht über das Enzym Dihydropyrimidindehydrogenase.[7] Bei Patienten, die von der seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankung Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Mangel (DPD) betroffen sind, kann die Behandlung mit 5-Fluorouracil zu schwersten Intoxikationen führen. [8] Betroffene Personen sind häufig asymptomatisch. Die Ausschlussdiagnostik erfolgt durch die Analyse der Purine & Pyrimidine und den konkreten Untersuchungsauftrag "Ausschluß DPD bei geplanter 5-Fluorouracil-Therapie" aus Urin.

Siehe auch

Handelsnamen

Monopräparate

Benda-5 FU (D), Efudix (D, CH), Haemato-fu (D), Neofluor (D), Onkofluor (D), Ribofluor (D), diverse Generika (D, A, CH)

Kombinationspräparate

Verrumal (D, A, CH)

Einzelnachweise

  1. a b c d Datenblatt 5-Fluorouracil bei Sigma-Aldrich (PDF).Vorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben
  2. a b c Eintrag in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar).
  3. a b Eintrag zu 5-Fluoruracil in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  4. Joachim Morschhäuser: Resistenzen und Resistenzmechanismen: Wie entkommen Pilze der Therapie? in: Pharmazie in unserer Zeit, 2003, 32 (2), S. 124–129 (doi:10.1002/pauz.200390029).
  5. F. von Bruchhausen: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis: Drogen A-K, 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-540-61618-7, S. 226.
  6. Wie 5-Fluorouracil das Gehirn schädigt.
  7. S. Maurer, J. Thödtmann: Das Mammakarzinom: Diagnostik und Therapie. Govi-Verlag, Eschborn 2003, ISBN 978-3-7741-0996-4.
  8. Van Kuilenburg ABP (2004) Dihydropyrimidine dehydrogenase and the efficasy and toxicity of 5-fluorouracil. Eur J Cancer 40:939–950.

Weblinks