Adachiit

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Adachiit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2012-101[1]

IMA-Symbol

Adc[2]

Chemische Formel
  • CaFe2+3Al6(Si5AlO18)(BO3)3(OH)3OH[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

VIII/E.19-110
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal[3]
Kristallklasse; Symbol 3/mVorlage:Kristallklasse/Unbekannte Kristallklasse
Raumgruppe R3m (Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160
Gitterparameter a = natürlich: 15,9290(2) Å; c = natürlich: 7,1830(1) Å[3]
Formeleinheiten Z = 3[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7[3]
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,228[3]
Spaltbarkeit nicht beobachtet
Bruch; Tenazität nicht beobachtet
Farbe schwarz, bräunlich bis bläulich-violett[3]
Strichfarbe Bitte ergänzen!
Transparenz dünne Kristalle transparent[3]
Glanz Bitte ergänzen!
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,674(2)[3]
nε = 1,644(2)[3]
Doppelbrechung δ = 0,03
Optischer Charakter einachsig negativ[3]
Pleochroismus sehr stark von dunkelgrün, dunkelblau nach bräunlich gelb[3]

Das Mineral Adachiit ist ein extrem seltenes Ringsilikat aus der Turmalingruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung CaFe2+3Al6(Si5AlO18)(BO3)3(OH)3OH.[3]

Anhand äußerer Kennzeichen ist Adachiit nicht von anderen, schwarzen, schorlomitischen oder feruvitischen Turmalinen zu unterscheiden. Sie kristallisieren mit trigonaler Symmetrie und bilden schwarze bis bläulich-violette, prismatische Kristalle von einigen Millimetern bis Zentimetern Größe. Im Dünnschliff erscheinen sie dunkelgrün, dunkelblau bis bräunlich gelb.[3] Wie alle Minerale der Turmalingruppe sind sie pyroelektrisch und piezoelektrisch.

Adachiit ist bislang (2022) nur an seiner Typlokalität gefunden worden, der Kiura Mine bei Saiki in der Präfektur Ōita in Japan.[4]

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1962 beschrieben M. J. Buerger und Mitarbeiter vom Massachusetts Institute of Technology einen Dravit aus De Kalb mit 0,42 Al auf der Siliziumposition.[5] Ähnlich hohe Gehalte tetraedrischen Aluminiums (0,37 Al) dokumentierten Franklin F. Foit und Philip E. Rosenberg von der Washington State University 17 Jahre später in einem vanadiumreichen Turmalin.[6]

Der Aluminiumeinbau in der Tetraederposition wird durch hohe Temperaturen begünstigt, und für Turmaline aus amphibolith- bis granulithfaziellen Gesteinen sind um 0,4 apfu (Atome pro Formeleinheit) Aluminium auf der Siliziumposition nicht ungewöhnlich.[7][8]

In der 2011 von Darrell J. Henry und Mitarbeitern veröffentlichten Klassifikation der Turmaline werden die hohen Gehalte an tetraedrischem Aluminium erstmals mit den hypothetischen Endgliedern

  • Na Al3 Al6(Si3Al3O18)(BO3)3(OH)3OH

sowie dessen Fluor-Equivalent berücksichtigt. Den Ersatz von Silizium durch dreiwertige Kationen erklären sie mit der Tschermak-Substitution

  • [T]Si4+ + [Y](Mg,Fe,Mn)2+ = [T]Al3+ + [Y]Al3+.[9]

Den ersten Turmalin, der nominell Aluminium auf der Tetraederposition enthält, das Tschermak-Equivalent von Feruvit, wurde 2012 in Japan entdeckt und nach dem Amateurmineralogen Tomio Adachi benannt, der durch seine Führungen durch die örtlichen Mineralfundorte bekannt wurde.[3]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der strukturellen Klassifikation der IMA ist Adachiit das einzige anerkannte Mineral der Untergruppe 4 der Calcium-Gruppe in der Turmalinobergruppe.[10]

Da Adachiit erst 2012 als eigenständiges Mineral beschrieben wurde, ist es in der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz nicht verzeichnet. Nur das Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, führt das Mineral unter der System- und Mineral-Nr. VIII/E.19-110. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Ringsilikate“, wo Adachiit zusammen mit Bosiit, Chromdravit (heute Chrom-Dravit), Chromo-Aluminopovondrait (heute Chromo-Alumino-Povondrait), Darrellhenryit, Dravit, Elbait, Feruvit, Fluor-Buergerit, Fluor-Dravit, Fluor-Elbait, Fluor-Liddicoatit, Fluor-Schörl, Fluor-Tsilaisit, Fluor-Uvit, Foitit, Lucchesiit, Luinait-(OH) (heute diskreditiert), Magnesiofoitit, Maruyamait, Oxy-Chromdravit (heute Oxy-Chrom-Dravit), Oxy-Dravit, Oxy-Foitit, Oxy-Schörl, Oxy-Vanadiumdravit (heute Oxy-Vanadium-Dravit), Rossmanit, Schörl, Olenit, Povondrait, Tsilaisit, Uvit, Vanadio-Oxy-Chromdravit (heute Vanadio-Oxy-Chrom-Dravit), Vanadio-Oxy-Dravit die „Turmalin-Gruppe“ (Stand 2018).[11]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik kennt den Adachiit ebenso wenig,[12] wie die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adachiit ist das Tschermak-Analog von Feruvit bzw. das Calcium-Aluminium-Analog von Schörl und hat die idealisierte Zusammensetzung [X]Ca[Y](Fe2+3)[Z]Al6[T](Si5Al O18)(BO3)3[V](OH)3[W]OH, wobei [X], [Y], [Z], [T], [V] und [W] die Positionen in der Turmalinstruktur sind. Für den Adachiit aus der Typlokalität wurde folgende empirische Zusammensetzung ermittelt:[3]

  • [X](Ca0,62Na0,280,10) [Y](Fe2+1,58Al0,81Mg0,55Ti4+0,06) [Z](Al5,15Fe2+0,14Mg0,05) [[T](Si5,15Al0,85)O18](B3O3)3 [V](OH)3 [W][(OH)0,56O0,44]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adachiit kristallisiert mit trigonaler Symmetrie in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 160)Vorlage:Raumgruppe/160 mit 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des natürlichen Mischkristalls aus der Typloklaität sind: a = 15,9290(2) Å, c = 7,1830(1) Å.[3]

Die Kristallstruktur ist die von Turmalin. Die von 9 Sauerstoffen umgebene X-Position enthält Calcium, die oktaedrisch koordinierte [Y]-Position ist vollständig mit zweiwertigen Kationen, überwiegend Eisen (Fe2+), besetzt und die kleinere, ebenfalls oktaedrisch koordinierte [Z]-Position enthält Aluminium (Al3+). Die tetraedrisch koordinierte [T]-Position ist gemischt besetzt mit 5 Silizium (Si4+) und einem Aluminium und die [W]-Anionenposition ist mit einem OH--Ion besetzt.[3]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Typlokalität und einziges bekanntes Vorkommen (Stand 2022) ist die Kiura Mine bei Saiki, eine Schmirgellagerstätte in der Präfektur Ōita in Japan. Diese metamorphen Laterite bestehen vorwiegend aus Korund und Hercynit und enthalten seltene Minerale wie Sadanagait, Baddeleyit, Zirkonolith und Calzirtit. Durchzogen wird der Schmirgel von hydrothermalen Gängen, die neben Margarit, Chloriten und Diaspor auch prismatische Turmalinkristalle von bis zu 2 cm Länge führen. Die Turmaline sind zoniert mit Schörl-reichen Kern und Adachiit-reichen Randbereichen.[3]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adachiit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung;
  • Adachiite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy; (englisch).
  • Darrellhenryite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 134 kB; abgerufen am 21. März 2022]).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r Daisuke Nishio–Hamane, Tetsuo M. Inakawa, Jun–ichi Yamaura, Takashi Oyama, Masayuki O. Hnishi and Norimasa Shimobayashi: Adachiite, a Si–poor member of the tourmaline supergroup from the Kiura mine, Oita Prefecture, Japan. In: Journal of Mineralogical and Petrological Sciences. Band 109, 2014 (englisch, jstage.jst.go.jp [PDF; 618 kB; abgerufen am 21. März 2022]).
  4. Fundortliste für Adachiit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 21. März 2022.
  5. M. J. Burger, Charles W. Burnham, Donald R. Peacor: Assessment of the several structures proposed for tourmaline. In: Acta Crystallographica. Band 15(6), 1962, S. 583–590, doi:10.1107/s0365110x62001486 (englisch).
  6. Franklin F. Foit, Jr. and Philip E. Rosenberg: The structure of vanadium-bearing tourmaline and its implications regarding tourmaline solid solutions. In: American Mineralogiste. Band 64, 1979, S. 788–798 (englisch, minsocam.org [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 19. Dezember 2021]).
  7. Andreas Ertl, Ekkehart Tillmanns, Theodoros Ntaflos, Carl Francis, Gerald Giester, Wilfried Körner, John M. Hughes, Christian Lengauer, Markus Prem: Tetrahedrally coordinated boron in Al-rich tourmaline and its relationship to the pressure-temperature conditions of formation. In: European Journal of Mineralogie. Band 20(5), 2008, S. 881–888, doi:10.1127/0935-1221/2008/0020-1869 (englisch).
  8. Andreas Ertl, John M. Hughes, Stefan Prowatke, Thomas Ludwig, Christian L. Lengauer, Hans-Peter Meyer, Gerald Giester, Uwe Kolitsch, AND Albert Prayer: Alumino-oxy-rossmanite from pegmatites in Variscan metamorphic rocks from Eibenstein an der Thaya, Lower Austria, Austria: a new tourmaline that represents the most Al-rich end-member composition. In: American Mineralogiste. in press (englisch, minsocam.org [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 20. November 2021]).
  9. Darrell J. Henry, Milan Novák (Chairman), Frank C. Hawthorne, Andreas Ertl, Barbara L. Dutrow, Pavel Uher, Federico Pezzotta: Nomenclature of the tourmaline-supergroup minerals. In: The American Mineralogist. Band 96, 2011, S. 895–913 (englisch, [1] [PDF; 617 kB; abgerufen am 13. Dezember 2020]).
  10. Darrell J. Henry, Barbara L. Dutrow: Tourmaline studies through time: contributions to scientific advancements. In: Journal of Geosciences. Band 63, 2018, S. 77–98 (englisch, jgeosci.org [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 12. August 2020]).
  11. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 28. Februar 2021 (englisch).