Altes Land

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. September 2016 um 14:22 Uhr durch JamesP (Diskussion | Beiträge) (fixed typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Willkommensschild in Francop

Das Alte Land ist ein Teil der Elbmarsch südlich der Elbe in Hamburg und in Niedersachsen. Es umfasst die Gemeinde Jork, die Samtgemeinde Lühe und den Neu Wulmstorfer Ortsteil Rübke in Niedersachsen sowie die Hamburger Stadtteile Neuenfelde, Cranz und Francop.

Im Jahre 2012 nominierte das Land Niedersachsen die Kulturlandschaft Altes Land für die deutsche Tentativliste bei zukünftigen UNESCO-Welterbeanträgen. Weitere Entscheidungen über den Erfolg der Bewerbung fallen 2013 durch die Kultusministerkonferenz und frühestens ab dem Jahre 2017 durch die UNESCO.[1]

Geschichte

Denkmal von Priester Heinrich in Steinkirchen
Bei der 1975 errichteten Hogendiekbrücke über die Lühe in Steinkirchen ist der Einfluss der holländischen Besiedlung hier offensichtlich
Reich verziertes Zweiständerhaus im typischen Stil des Alten Landes
Prunkpforte „Grot Dor“ als Zeichen des Wohlstandes
Die wertvollen alten Orgeln des Alten Landes, hier die Orgel von St. Martini et Nicolai (Steinkirchen) von Arp Schnitger
Das Alte Land als beliebtes Naherholungsziel, hier der Elbdeich mit drei Leuchttürmen

Der Name Altes Land hat nichts mit „alt“ zu tun, sondern weist auf die Besiedlungsgeschichte hin. Auf Plattdeutsch heißt das Gebiet Olland (hochd. „Altland“). Dieser Name geht auf die Kolonisierung durch niederländische Kolonisten zwischen 1130 und 1230 zurück. Auch der Name der Altländer Gemeinde Hollern geht auf die Holländer zurück. Das Alte Land verfügte seit dem Mittelalter über eine Selbstverwaltung, zuletzt seit 1885 in Gestalt des preußischen Landkreises Jork, der neben dem Alten Land auch die Stadt Buxtehude und die Gemeinde Neuland umfasste. Die Auflösung des Landkreises 1932 bedeutete das Ende dieser Selbstverwaltung; der Teil westlich der Este wurde dem Landkreis Stade, der östlich davon dem Landkreis Harburg angeschlossen. Durch das Groß-Hamburg-Gesetz wurden 1937 die Gemeinden Cranz, Neuenfelde und Francop Hamburg angegliedert und 1938 eingemeindet. 1972 wurden die Orte Hove und Moorende aus dem Landkreis Harburg der Gemeinde Jork angeschlossen und gehören seitdem zum Landkreis Stade. Als einziger Teil des Alten Landes verblieb die Ortschaft Rübke – heute Teil der Gemeinde Neu Wulmstorf – beim Landkreis Harburg.

Seit 1993 erinnert ein Denkmal vor der St.-Martini-et-Nicolai-Kirche in Steinkirchen an den in der ersten Kolonisationsurkunde holländischer Siedler im Elbe-Weser-Dreieck von um 1113 genannten Priester Heinrich.

Geografie

Lage

Das Alte Land ist in drei Meilen gegliedert, die Erste, Zweite und Dritte Meile. Diese Meilen stellen Zonen entlang des Elbufers dar. Die Erste Meile, zwischen den Flüssen Schwinge und Lühe, wurde zuerst eingedeicht und (um 1140) besiedelt. Die Zweite Meile umfasst das östlich davon gelegene Gebiet zwischen Lühe und Este, dessen Eindeichung Ende des 12. Jahrhunderts abgeschlossen war. Die Eindeichung der Dritten Meile zwischen Este und Süderelbe wurde erst Ende des 15. Jahrhunderts abgeschlossen, da das Gebiet besonders stark durch Sturmfluten gefährdet und betroffen war. Das Alte Land ist das größte geschlossene Obstanbaugebiet Europas.[2]

Schwerpunkt der Besiedlung sind die elbnahen Gebiete. Sie umfassen den fruchtbarsten Marschboden, während sich zur Geest hin ein Moorgürtel anschließt. Aufgrund der Fruchtbarkeit des Bodens bildete sich eine besondere bäuerliche Kultur aus. Die Dörfer sind Marschhufendörfer, bei denen die Höfe an der Straße liegen und das Land gleich hinter den Höfen beginnt. Kennzeichnend sind reich verzierte Bauernhäuser sowie insbesondere die typischen Prunkpforten.

Naturräumliche Zuordnung

Das Alte Land (Nr. 670.02) gehört in der naturräumlichen Haupteinheit Harburger Elbmarschen (670) zu den Niedersächsische Elbmarschen, in dem sich elbaufwärts von Hamburg die Winsener und die Lüneburger Elbmarsch und westlich von Stade das Land Kehdingen anschließen. Diese bilden zusammen mit den Holsteinischen Elbmarschen die Haupteinheitengruppe Untere Elbeniederung (Elbmarsch) (67).

Südöstlich grenzt das Alte Land an die Harburger Berge als Teil der Schwarzen Berge (640.00) in der naturräumlichen Haupteinheitengruppe Lüneburger Heide (64). Südwestlich schließt sich die Zevener Geest (634) der Haupteinheitengruppe Stader Geest (63) an.

Obstbau

Erstmals schriftlich erwähnt wird der Obstanbau an der Niederelbe im Stadtbuch von Stade, wo am 25. März 1312 von einem innerhalb der Stadt gelegenen Pomarium (Obstgarten) der Herren des Klosters Sankt Georg die Rede ist.[3] Im 17. Jahrhundert wurde bereits auf 200 ha Obst angebaut. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Obstbau zur dominierenden Nutzung im Raum und beherrscht somit seit über 150 Jahren das Gebiet. Heute reifen auf 10.700 ha Äpfel, Kirschen, Birnen und anderes Obst. 77 Prozent der Obstbäume im Obstbaugebiet Altes Land sind Äpfel und 12,7 Prozent Kirschen.

Im gesamten Alten Land war ein Brauch verbreitet: Um die weit verbreiteten Kirschbäume vor räuberischen Vögeln, hauptsächlich vor Staren (auf plattdeutsch „Spreen“) zu schützen, stellten die Landwirte in den Sommermonaten mit Propangas betriebene Knallapparate (auch „Kirschböller“, „Spreenkanone“ oder „Spreenhüter“ genannt) in die Obsthöfe. Diese ersetzten seit Ende der 1980er-Jahre nach und nach die bis dahin hauptsächlich verwendeten „Klappermühlen“ (kleine Windmühlen an langen Stangen, die laute klappernde Geräusche von sich geben) und das Spreenhüten mit Handklappern und Rufen (verbreitet waren z. B. die Rufe „Hoi hoi hoi“ und „Schu schu“). Diese kanonenähnlichen Apparate verursachen Explosionen, die täglich bis zu 15 Stunden lang je nach Windrichtung kilometerweit zu hören waren. Heute wird diese Technik mehr und mehr von Vogelschutznetzen verdrängt, die kurz vor dem Beginn der Kirschenzeit über die Baumreihen gezogen werden.

Bewerbung für die Tentativliste als Welterbestätte

Das Alte Land ist im Jahre 2012 vom Bundesland Niedersachsen als Kulturlandschaft für die deutsche Tentativliste bei zukünftigen UNESCO-Welterbeanträgen nominiert worden. Am 18. Juni 2012 gab das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur seine Entscheidung nach einem 2011 begonnenen Auswahlverfahren bekannt. Die Kultusministerkonferenz hat sich 2013 gegen den Antrag entschieden, das Alte Land auf die deutsche Tentativliste zu setzen.[4]

Begründet wurde die Kandidatur des Alten Landes damit, dass die Landschaft ein herausragendes Beispiel einer hochmittelalterlichen Kolonisation durch Entwässerung des Sumpflandes durch holländische Siedler sei. Die damals angelegten linearen Strukturen der Landschaft seien gut erhalten und die zugehörigen Siedlungsstrukturen werden durch einen reichen und dichten bäuerlichen Gebäudebestand ergänzt. Auch der heute vorherrschende Obstanbau weist eine Kontinuität seit dem späten Mittelalter auf. Erfolgsaussichten bei der Kandidatur erhoffte sich das Land Niedersachsen dadurch, dass das Alte Land zu den unterrepräsentierten Kategorien der Kulturlandschaften und der bäuerlichen Architektur innerhalb des Welterbes gehöre.[5]

Blütenkönigin

Blütenkönigin 2014/15

Jedes Jahr zum Blütenfest wird eine Blütenkönigin gekürt, die die traditionelle Altländer Hochzeitstracht trägt.[6]

Literatur

  • Gertrud Schauber: Kindheit unterm Kirschenbaum. Alltag im Alten Land an der Elbe 1940 bis 1958. Zeitgut Verlag Berlin 2005, ISBN 3-933336-85-6.
  • Outi Tuomi-Nikula: Der Altländer Hof im Wandel. Veränderungen der sozialen Strukturen und des Alltagslebens im Alten Land bei Hamburg im 20. Jahrhundert. Publikationen der Kulturstiftung Altes Land, Bd. 1, Husum Verlag, Husum 2006, ISBN 978-3-89876-288-5.
  • Oliver Falkenberg/Linda Sundmaeker: Das Alte Land – Ein illustriertes Reisehandbuch. 3. Aufl. 2011, Edition Temmen, ISBN 978-3-86108-957-5.
  • Oliver Falkenberg/Linda Sundmaeker: Das Alte Land – Ein Portrait. 2. Auflage 2010, Edition Temmen, ISBN 978-3-86108-957-5.
  • Wolfgang Kaiser: Obstland im Norden. Die Geschichte des Obsthandels im Alten Land. Publikationen der Kulturstiftung Altes Land, Bd. 3, Husum Verlag, Husum 2009, ISBN 978-3-89876-421-6.
  • Hans-Cord Sarnighausen: Hannoversche Amtsjuristenfamilien von 1715 bis 1866 in Jork, Altes Land. Jahrbuch des Altländer Archivs, Beiträge zur Ortsgeschichte, Jork 2012, S. 53–80.
  • Michael Ehrhardt: "Ein guldten Bandt des Landes". Zur Geschichte der Deiche im Alten Land, Stade 2003, ISBN 3-931 879-11-9.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Altes Land – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Altes Land – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Wer wird Welterbe? in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 18. Juni 2012
  2. Artikel Altes Land bei Hamburg: Ein Herz für Äpfel in Spiegel online vom 15. August 2014, abgerufen am 22. Oktober 2014
  3. Karl-Heinz Tiemann (Verf.), Kulturstiftung Altes Land (Hrsg.): Der Erwerbsgartenbau an der Niederelbe mit dem Zentrum Altes Land. Publikationen der Kulturstiftung Altes Land, Band 5, Verlag des Obstbauversuchsringes des Alten Landes, Jork 2012, ISBN 978-3-00-037230-8.
  4. http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2013/2013_07_23-Tentativliste.pdf
  5. Pressemitteilung: „Altes Land“ und „Rundlingsdörfer des Hannoverschen Wendlandes“ werden für die deutsche Tentativliste gemeldet des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vom 18. Juni 2012
  6. Tourismusverein: Die Altländer Blütenkönigin

Koordinaten: 53° 32′ N, 9° 40′ O