Benutzer:Roehrensee/Baustelle 7

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Neues Projekt: Renaissance der Straßenbahn in Frankreich

Die Renaissance der Straßenbahn in Frankreich beschreibt

Niedergang der alten Straßenbahnbetriebe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lange vor dem Zweiten Weltkrieg begann in den 1920er Jahren der Niedergang der Straßenbahn in Frankreich. Nachdem Clermont-Ferrand 1890 als erste französische Stadt einen elektrischen Straßenbahnbetrieb eingeführt hatte, war deren Zahl bis 1914 auf weit über 100 Systeme angewachsen. Um die Jahrhundertwende hatten die Betriebe ihre Netze oft stürmisch, aber häufig in einfachster Trassierung ausgebaut. Erhoffte Verkehrszuwächse blieben jedoch vielfach aus. Bereits in den 1920er Jahren fehlten vielen Betrieben die Finanzmittel, um in die unzureichende Infrastruktur und das veraltete Wagenmaterial zu investieren.[1]

Straßenbahn im Pariser Vorort Aubervilliers, vor 1914

Bereits früh war ein gewisser Lobbyismus seitens der französischen Autoindustrie zu erkennen, der zu administrativen Benachteiligungen der Straßenbahn gegenüber dem Bus führte. Die Höchstgeschwindigkeit für Straßenbahnzüge wurde gesetzlich auf 30 km/h beschränkt, während sie für Busse 45 km/h betrug. Konzessionsrechtiche Grundlagen existierten nicht, was zu ruinösen Konkurrenzkämpfen zwischen den verschiedenen Gesellschaften führte. Aus diesen mussten die Straßenbahnen, gegenüber den neu auf den Markt drängenden Busbetreibern, zwangsläufig als Verlier hervorgehen. Zunächst verschwanden die Netze der kleineren Städte, dann die Überlandbahnen. Mitte der 1930er Jahre war die Zahl der Betriebe schon wieder auf etwa 70 geschrumpft. Bis 1938 wurde auch das über 600 km lange Straßenbahnnetz in Paris und seinen Vorstädten komplett eingestellt.[1]

Nach 1945 galt auch in Frankreich das Credo der „autogerechten Stadt“. Jede Einflussnahme der öffentlichen Hand zugunsten der Sanierung oder gar Weiterentwicklung der Straßenbahnen blieb daher aus. 1960 existierten nur noch zwölf Netze, 1971 waren nur noch drei Betriebe übrig. Die Schnellstraßenbahn von Lille in die Nachbarstädte Tourcoing und Roubaix überlebte, da sie 1909 mit eigenem Bahnkörper an breiten Boulevardstraßen konzipiert worden war. In Marseille verblieb eine 3 km lange Rumpfstrecke, da sie einen ca. 600 m langen Tunnel unter der Innenstadt nutzte. Nur in Saint-Étienne gab es noch herkömmlichen Straßenbahnverkehr, aber auch dort nur noch auf einer 5,5 km kurzen Reststrecke.[1]

Umdenken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

PCC-Wagen in Saint-Étienne, 1981

Die verbliebenen Busnetze wurden allmählich jedoch nur noch benutzt, wenn es unumgänglich war. Abseits von Paris war der französische ÖPNV in den 1970er Jahren quasi nicht mehr existent. Im Großraum Grenoble mit 380.000 Einwohnern wurden im Jahr 1973 nur noch 17 Millionen Fahrgäste in den städtischen Bussen gezählt. Angesichts des ausufernden Individualverkehrs und der Ölkrise von 1973/74 wurden erstmals verstärkt Stimmen laut, die die komplette Abschaffung der Straßenbahnnetze als voreilig bezeichneten. Saint-Étienne mit seiner erhalten gebliebenen Straßenbahn war plötzlich weniger ein Anachronismus als vielmehr ein Wegweiser in Richtung einer veränderten Verkehrspolitik.[1]

1975 kam es zu einem richtungsweisenden Beschluss des französischen Staates zur finanziellen Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel. In den Großstädten sollten die U-Bahnen weiter ausgebaut, in mittelgroßen Räumen hingegen neue schienengebundene Systeme an der Oberfläche installiert werden. Acht große Städte (Bordeaux, Grenoble, Nancy, Nizza, Rouen, Straßburg, Toulon und Toulouse) wurden im Rahmen des Wettbewerbs „Concours Cavaillé“ in jenem Jahr aufgefordert, entsprechende Konzepte vorzulegen. Die Forderung, erneut oberirdische Straßenbahnen zu errichten, traf angesichts des technologischen Fortschrittsglaubens jener Zeit nicht überall auf offene Ohren. Einige Städte entschieden sich für den Bau vollautomatischer Kleinprofil-Métros des VAL-Systems, andere für Tramways sur pneumatiques der Systeme TVR und – später – Translohr.[1] In Rouen wurde ein Stadtbahn-ähnliches System mit einem Tunnel unter der Innenstadt verwirklicht.

Einer der Preisträger des Concours Cavaillé war im Juni 1976 die Firma Alsthom, die das Konzept eines standardisierten Straßenbahnfahrzeugs vorgelegt hatte. Der sechsachsige Gelenktriebwagen Tramway français standard (TFS) war 28,3 m lang, 2,3 m breit und wies 60 Sitz- und 178 Stehplätze auf.[2]

Neue Strecken und Netze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zweiteiliger TFS in Nantes, 1988

1983 ging in Saint-Étienne mit der Verlängerung der vorhandenen Reststrecke die erste Neubaustrecke nach dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb. Drei weitere Straßenbahnen waren in jenem Jahr bereits auf den Weg gebracht: Nantes, Grenoble und Saint-Denis/Bobigny. In Nantes, wo im Stadtzentrum breite Boulevards zu Verfügung standen, hatte man 1981 mit den Bauarbeiten begonnen. Zwar wurde, nach einem Wechsel des Bürgermeisters, die Straßenbahn wieder in Frage gestellt, aufgrund der weit fortgeschrittenen Baumaßnahmen dann aber doch realisiert. Als erstes französisches Straßenbahnsystem der 2. Generation wurde der Betrieb am 7. Januar 1985 eröffnet.[1]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Christoph Groneck: Mit Straßenbahnen eine Stadt verschönern. In: Straßenbahn Magazin. Nr. 8, 2008, S. 50 ff.
  2. Der Stadtverkehr 2/1982, S. 84.