Birklar

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. August 2016 um 10:47 Uhr durch Färber (Diskussion | Beiträge) (lf). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Birklar
Stadt Lich
Wappen von Birklar
Koordinaten: 50° 30′ N, 8° 49′ OKoordinaten: 50° 29′ 44″ N, 8° 48′ 50″ O
Höhe: 193 m ü. NHN
Fläche: 4,57 km²[1]
Einwohner: 681 (Dez. 2015)[2]
Bevölkerungsdichte: 149 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1970
Postleitzahl: 35423
Vorwahl: 06404

Birklar ist einer von neun Stadtteilen der Stadt Lich im Landkreis Gießen in Hessen.

Geografische Lage

Birklar liegt am Nordrand der Wetterau, an den Ausläufern des Taunus zum Vogelsberg. Dieser Höhenrücken, der sich kaum vom Gelände erhebt, erlaubt auf seinen höchsten Punkten eine weite Fernsicht: im Westen über die Burg Münzenberg bis hin nach Butzbach, im Osten seitlich in den Vogelsberg. Das Dorf liegt in einem Seitental der Wetter.

Geschichte

Limesverlauf in der Wetterau

Gegen Ende des 1. Jahrhunderts nach Christus errichtete das Imperium Romanum eine erste befestigte Grenze, den Limes, gegen die germanischen Chatten. Diese Befestigung war Teil des Obergermanisch-Raetischen Limes. Seine letzte Ausbauphase erreichte der Limes um 200, bevor er ca. 260 n. Chr. aufgegeben wurde. Ein Teilabschnitt des Wetterau-Limes ist noch heute in der Gemarkung Birklar erkennbar.

Mittelalter

Die älteste bekannte Erwähnung Birklars findet sich im Lorscher Codex und datiert auf 791: „in Birchinlare (Birchenlare) marca“ sowie in „Birkenlare marca.“ [3] Walthelm schenkte 791 dem Kloster Lorsch aus dem Besitz eines Albert in der Birklarer Mark zwölf Tagwerke Ackerland, außerdem im gleichen Jahr aus dem Besitz des Frunolf in der Birklarer und Muschenheimer Mark insgesamt 30 Tagwerke an das Kloster. Der in der Schenkung erwähnte Frunolf war „ein kleiner Grundherr.“ Seine Mutter hieß Adelwiz. [4]

Der Ortsname soll sich auf „Birke“ zurückführen. Dagegen bezieht die neuere Namensforschung die Endung „Lar“ in Birchenlare und Birkenlare auf Gewässernamen wie in Larbach, erwähnt 775.[5]

Herrschaft

Die Herren des Ortes waren im Hochmittelalter die Grafen von Falkenstein, welche den größten Teil des Besitzes der Reichsministerialen von Hagen-Münzenberg 1255 geerbt hatten.

Zu den Erben der Familie von Hagen-Münzenberg gehörten auch die Grafen von Hanau. Reinhard von Hanau war verheiratet mit Adelheid von Münzenberg. Reinhard und sein naher Verwandter Engelhard von Weinsberg erlaubten 1265 dem Johann von Gridel, genannt „Birgenschild,“ dass er einem Wetzlarer Bürger ihr Lehen, eine Hufe zu Güll, verkauft. Dafür gab er eine Hufe zu Birklar.[6]

1335 hatte Johann von Birklar eine Hufe als Falkensteiner Lehen.[7]

Das Marienstift Lich verlieh 1349 Philipp dem Älteren von Falkenstein-Münzenberg 500 Pfund Heller gegen eine jährliche Gülte aus der Bede des Gerichts zu Muschenheim, Bettenhausen, Birklar und Wetter. Die Wüstung Wetter liegt in der Muschenheimer Gemarkung.[8]

1357 gestattete Philipp der Ältere von Falkenstein seinem Licher Burgmann Dietrich von Muschenheim, seine Güter zu Muschenheim und Birklar als Landsiedel zu verleihen. Diese Landsiedel waren Falkenstein nicht dienstpflichtig.[9]

Nachdem der letzte Falkensteiner, Graf Werner von Falkenstein, als Erzbischof von Trier 1418 verstorben war, fiel 1423 Birklar in den Besitz der Grafen zu Solms.

Bei den Teilungen der Solmser Grafen kam Birklar an Graf Bernhard zu Solms-Braunfels. Eine Freiung von 1434 durch die Grafen von Solms und von Eppstein betraf die Höfe und Landsiedel des Klosters Arnsburg in Birklar, Bellersheim, Utphe, Muschenheim und anderen Orten von allen Diensten, Steuern und Beden. Die herkömmlichen Dienste waren ausgenommen.

Solmische Lehnsleute waren die Stürzelsheim von Bellersheim. Die Brüder Kraft und Henne von Bellersheim 1440 erhielten von Graf Johann von Solms u. a. die Vogteien zu Bettenhausen und eine Hufe Land zu Birklar.[10]

Besitz des Klosters Arnsburg

1198 erwarb das Kloster Arnsburg in Dorf-Güll drei Hufen mit Zustimmung Kunos von Hagen-Münzenberg und anderer Lehnsherren. Dazu gehörten auch die auf den Hufen befindlichen Gebäude. Die Dorf-Güller Bauern wurden auf andere Güter in Obbornhofen, Wetter und Birklar umgesetzt wurden.

Die Falkensteiner verkauften 1269 dem Kloster Arnsburg ihre Güter zu Birklar.[11] 1282 erwarb das Kloster von Ulrich I. (Hanau) und seiner Frau, der Gräfin Elisabeth von Rieneck, deren Erbe, den Wald Hard bei Birklar.[12]

In den folgenden Jahren setzte das Kloster seine Erwerbungen in Birklar und Umgebung fort. Es kaufte 1287 mit Erlaubnis der von Falkenstein einen Hof mit sechs Huben von Konrad, gen. Hobeman de Birklar, sowie im gleichen Ort Besitz von Bertold von Wetter.

Weitere Verkäufe an das Kloster Arnsburg fanden 1308, 1311, 1334 und 1337/38, 1340, 1357 und 1398 statt. Die Verkäufer waren alle Ritter aus der Gegend, die in Birklar begütert waren.

Neuzeit

Der Dreißigjährige Krieg zog nicht spurlos an Birklar vorbei, vieles fiel der Plünderung anheim, die Einwohner hatten unter Einquartierung und Kontributionen zu leiden.

Um 1720 etablierte sich im Ort eine Leineweberzunft und damit Berufe wie Spinner und Weber.

Bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches gehörte Birklar zum Fürstentum Solms-Braunfels.

Das ehemalige Schulgebäude.

Zwischen 1780 und 1810 marodierten verschiedene Räuberbanden in der Provinz Oberhessen, wobei einige von ihnen im Ort ihr Lager hatten. Der ortsansässige Johannes Müller, genannt der Birklarer Schneider oder Grabenschneider, gehörte zur Vogelsberger Bande. [13] Müller war mit anderen Räubern an einem Einbruch in Södel beteiligt, an der Beraubung eines Fuhrmanns in Laasphe und an einem versuchten Straßenraub bei Münzenberg mit Ludwig Funk und Martin Knaus. Er wurde im Frühjahr 1812 in Marburg hingerichtet. Ebenfalls aus Birklar stammte der Räuber Gilbert Eller, der im Dezember 1812 in Marburg durch das Schwert hingerichtet wurde.[14]

Der Anschluss an die Elektrizität gelang noch vor dem Ersten Weltkrieg, 1912 folgte der Bau der Wasserleitung. 1904 bekam der Ort Anschluss an die Butzbach-Licher Eisenbahn; die Strecke wurde in den sechziger Jahren stillgelegt, seitdem verkehren Linienbusse.

Durch den Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten infolge des Zweiten Weltkrieges erhöhte sich ab 1945 die Einwohnerzahl beträchtlich.

Die Kanalisation, 1930 begonnen, wurde 1959 beendet, anschließend wurden sämtliche Straßen asphaltiert. Zur feierlichen Übergabe dieses Straßenausbaus 1960 kam als Ehrengast der damalige Hessische Ministerpräsident Georg-August Zinn. 1965 erfolgte mit Fördermitteln aus dem Hessenplan der Bau eines Dorfgemeinschaftshauses, 1966 erhielt die Gemeinde Birklar anlässlich ihrer 1175-Jahr-Feier für hervorragende Leistungen die Freiherr-vom-Stein-Plakette des Landes Hessen verliehen.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Birklar am 31. Dezember 1970 auf freiwilliger Basis in die Stadt Lich eingegliedert.[15]

Statistik

Flächennutzung

  • 1854: Morgen: 1765, davon 1539 Acker, 95 Wiesen, 131 Wald.
  • 1961: Hektar: 457, davon 28 Wald.[1]

Entwicklung der Einwohnerzahl

  • 1834: 390
  • 1875: 421
  • 1925: 489
  • 1939: 447
  • 1946: 643
  • 1961: 575[16]
  • 1969: 576
  • 1970: 544[16]
  • 1988: 563
  • 2008: 708
Datenquelle: Heimatbuch der Stadt Lich; Stadtverwaltung Lich.

Wappen

Beschreibung: In Gold (Gelb) mit rotem Schildhaupt drei blaue Birkenblätter im Dreipass. Das Wappen basiert auf demjenigen der Herren von Münzenberg ergänzt um die Birkenblätter als Verweis (redendes Wappen) auf den Namen des Ortes.

Kirchliches Leben

Für das Jahr 1313 wird erstmals ein Kirchgebäude in Birklar beurkundet, ab 1323 bestand eine selbstständige Pfarrei.

Die Reformation wurde kurz nach der Mitte des 16. Jahrhunderts eingeführt. Philipp Liebrich von Kröftelbach war der erste evangelische Pfarrer von Muschenheim und Birklar, die schon damals „in ein Pfarr geordnet“ waren.[17]

Das im Verfall begriffene Kirchlein wird 1818 abgerissen, an seine Stelle wird der ehemalige Bibliotheksbau des säkularisierten Klosters Arnsburg dort abgetragen und nach Birklar versetzt. Lediglich der Kirchturm wurde neu errichtet. Dabei soll es finanziell unsolide zugegangen sein, „es wurden nur die Hälfte jener Kapitalien auf die Kosten des eigentlichen Kirchenbaus verwendet, das Übrige aber unbefugter Weise verzehrt worden“ heißt es in der Chronik. Von den 1819 angeschafften drei Bronzeglocken mussten zwei im Ersten Weltkrieg als Metallspende abgegeben werden; das heutige Geläut besteht aus Stahlglocken von 1920.

Schulwesen

Bereits im 17. Jahrhundert hat es eine Schule in Birklar gegeben: Für 1850 notiert der damalige Pfarrer Karl Christian Friedrich an vorhandenen öffentlichen Gebäuden „1. ein neuer einstöckiger Schulsaal von 1842 [Anm.: rechts vor der Kirche], (...), 3. ein altes Schulgebäude, welches (...) dem Schulsaal gegenüber steht.“ – Die heutige „ehemalige“ Schule wurde in den Jahren 1904/05 erbaut. In ihr wurde bis 1969 unterrichtet, danach wurde das Gebäude verkauft. Die Grundschüler werden seitdem in Langsdorf unterrichtet, die Schüler ab der 5. Klasse schon seit 1960 in der Mittelpunktschule Lich (Dietrich-Bonhoeffer-Schule).

Sehenswürdigkeiten

Lich-Birklar, ev. Kirche
  • Evangelische Kirche Birklar. Ehemaliges barockes Bibliotheksgebäude des Klosters Arnsburg; nach dessen Säkularisation 1818 nach Birklar als Kirchgebäude umgesetzt und dort in etwas veränderter Form im Stil des Klassizismus wiedererrichtet.

Söhne und Töchter des Ortes

Vereine

  • Gesangverein Harmonie Birklar, gegr. 1855
  • Freiwillige Feuerwehr Birklar, gegr. 1895
  • Sport-Gemeinschaft Germania 1946, gegr. 1946
  • Förderverein Gemeinde Birklar, gegr. 2013

Einzelnachweise

  1. a b „Birklar, Landkreis Gießen“. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 11. November 2014). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Steckbrief der Stadt Lich, abgerufen im Juli 2016.
  3. Karl Glöckner, Codex Laureshamensis 3, Darmstadt 1929–1936, Nachdruck 1963. Bd. III; Nr. 2945=3757b und Nr. 2946=3758b.
  4. Jürgen Steen, Königtum und Adel in der frühmittelalterlichen Siedlungs-, Sozial- und Agrargeschichte in der Wetterau. Studien zum Verhältnis von Landnahme und Kontinuität am Beispiel einer Randlandschaft des Merowingerreichs, Ffm 1979 = Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main XIV, S. 155, 179 f, 182.
  5. Jürgen Stehen, Königtum und Adel, S. 180.
  6. Heinrich Reimer, Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau. Teil 1. Leipzig 1891, Nr. 399.
  7. Anette Löffler: Die Herren und Grafen von Falkenstein (Taunus): Studien zur Territorial- und Besitzgeschichte, zur reichspolitischen Stellung und zur Genealogie eines führenden Ministerialengeschlechts; 1255–1418. (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 99), Darmstadt 1994. ISBN 3-88443-188-9, Bd. Nr. 845.
  8. Georg Wilhelm Justin Wagner, Die Wüstungen im Großherzogthum Hessen, Provinz Oberhessen. Darmstadt 1854, S. 167.
  9. Friedrich Battenberg, Solmser Urkunden. Regesten zu den Urkundenbeständen und Kopiaren der Grafen und Fürsten von Solms im Staatsarchiv Darmstadt (Abteilungen B 9 und F 24 B), im gräflichen Archiv zu Laubach und im fürstlichen Archiv zu Lich. 1131-1913. Bd. 1-5, Darmstadt 1981-1986. Bd. 1, Nr. 283, 346.
  10. Friedrich Uhlhorn, Geschichte der Grafen von Solms im Mittelalter, Marburg 1931, S. 400.
  11. Ludwig Baur, Urkundenbuch des Klosters Arnsburg in der Wetterau. Heft 3. Darmstadt 1851, Nr. 2, 122.
  12. Heinrich Reimer, Urkundenbuch Hanau I, Nr. 611.
  13. Friedrich Ludwig Adolph Grolman, Actenmäßige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandenen Verbrecher. Nebst Personal-Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Mundart dermalen versprengter Diebe und Räuber; Mit einer Kupfertafel, welche die getreuen Bildnisse von 16 Haupt-Verbrechern darstellt. Gießen 1813, S. 18, 270, 475.
  14. Schwencken, S. 554.
  15. K.-H. Gerstenmeier: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Melsungen 1977, S. 303.
  16. a b Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27. 5. 1970 bis 31. 12. 1982. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart und Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 364.
  17. Wilhelm Diehl, Reformationsbuch der evangelischen Pfarreien des Großherzogtums Hessen. Friedberg 1917, S. 358.

Literatur

  • Adolf Lechens, Birklar. In: Licher Heimatbuch. Die Kernstadt und ihre Stadtteile. Bearbeitet von Paul Görlich, herausgegeben vom Magistrat der Stadt Lich 1989.

Weblinks

  1.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!