Bischöfliches Knabenseminar
Als Bischöfliches Knabenseminar, Kleines Seminar oder Bischöfliches Studienseminar bezeichnete man ein Internat der Katholischen Kirche für Knaben, die den Wunsch haben, Priester zu werden.[1]
Geschichte
Beim Konzil von Trient (1545–1563) wurde beschlossen, dass
- „jede Kathedral-, Metropolitan- oder noch höhere Kirche [...] eine gewisse Zahl von Knaben aus der Stadt und der Diözese […] in einem Kollegium […] zu verpflegen, religiös zu erziehen und in den kirchlichen Wissenschaften heranzubilden verpflichtet sein soll.“ (Sess. XXIII c. 18)
Das Knabenseminar wurde von einem Rektor gemeinsam mit dem Vizerektor geleitet; einem Spiritual oblag die Gestaltung des religiösen Lebens. Die erzieherische Betreuung der Zöglinge erfolgte durch Studienpräfekten. Der Eintritt der Knaben erfolgte meist mit 10 Jahren. Sie blieben im Knabenseminar bis zur Matura bzw. bis zum Abitur. Danach hatten sie die Möglichkeit, in ein Priesterseminar einzutreten.
Im deutschsprachigen Raum wurden die ersten bischöflichen Knabenseminare bereits wenige Jahrzehnte nach dem Konzil von Trient gegründet; parallel dazu erfolgte bald die Gründung von Jesuitenschulen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren wurden die Knabenseminare zunehmend für alle katholischen Schüler geöffnet und dienen einer allgemeinen christlichen Erziehung und nicht mehr speziell der Hinführung auf das Priesteramt. Vielfach sind sie heute koedukative Privatschulen mit angegliedertem Internat.
Das Katholische Kirchenrecht (CIC von 1983) fördert die Einrichtung der „Kleinen Seminare“, legt aber fest, dass in jedem Fall die allgemeine Hochschulreife erworben werden muss; ein „Fachabitur“ für Theologen ist damit ausgeschlossen:
- Can. 234 - § l. Wo Kleine Seminare oder andere Einrichtungen dieser Art bestehen, sind sie beizubehalten und zu fördern; in diesen ist zur Förderung von Berufungen dafür zu sorgen, dass eine besondere religiöse Bildung in Verbindung mit einer geistes- und naturwissenschaftlichen Ausbildung vermittelt wird; wo es der Diözesanbischof für nützlich hält, hat er die Errichtung eines Kleinen Seminars oder einer ähnlichen Einrichtung zu veranlassen.
- § 2. Wenn nicht in bestimmten Fällen die Umstände etwas anderes nahelegen, sind die Jugendlichen, die sich mit dem Gedanken tragen, auf das Priestertum zuzugehen, mit der geistes- und naturwissenschaftlichen Ausbildung auszustatten, mit der Jugendliche in dem jeweiligen Gebiet für das Hochschulstudium vorbereitet werden.
Liste von aktuellen und ehemaligen Knabenseminaren
Knabenseminare in Deutschland
- Baden-Württemberg
- Kolleg St. Josef in Ehingen (Donau), Bistum Rottenburg-Stuttgart (ehemals)
- Bayern
- Haus St. Richard, Eichstätt, ehemals
- Kleines Seminar St. Willibald, Eichstätt
- Ottanium in Bamberg, Erzbistum Bamberg, 1999 aufgelöst
- Ottanium in Landshut, Knabenseminar bis 1882, heute Jugendherberge
- Studienseminar St. Michael in Traunstein, Erzbistum München und Freising, seit der Gründung 1929 mit schulischer Ausbildung am staatlichen Chiemgau-Gymnasium Traunstein[2]
- Bischöfliches Studienseminar Sankt Wolfgang, Straubing[3]
- Bischöfliches Knabenseminar St. Joseph, Dillingen an der Donau[1][4]
- Kempten, gegründet 1952[1]
- Bischöfliches Studienseminar Weiden in der Oberpfalz, gegründet 1955, geschlossen 1989[5][1]
- Bischöfliches Studienseminar St. Altmann, Burghausen, gegründet 1956[1]
- Nürnberg, gegründet 1957[1]
- Königshofen, gegründet 1964[1]
- Bischöfliches Studienseminar im Kloster Metten
- Studienseminar St. Wolfgang (Regensburg), im Stift Obermünster, Regensburg, gegründet 1882[6]
- Nordrhein-Westfalen
- Collegium Marianum in Bonn, Erzbistum Köln (ehemals)
- Collegium Liborianum, Erzbischöfliches Knabenseminar in Paderborn (1847–1979), jetzt Bildungsstätte des Erzbistums Paderborn
- Die Apostolische Schule des Ordens der Legionäre Christi ist das einzige Knabenseminar im deutschsprachigen Raum, in dem minderjährige Seminaristen wohnen und eigens beschult werden. 2008 wurde es in Bad Münstereifel neu eröffnet.
Knabenseminare in Österreich
- Knabenseminar Hollabrunn (Erzdiözese Wien), als Knabenseminar bis 1992, heute nur Gymnasium.
- Knabenseminar Sachsenbrunn (Erzdiözese Wien), als Knabenseminar 1959 bis 1992, heute nur Gymnasium.
- Bischöfliches Gymnasium Petrinum (Diözese Linz), als Knabenseminar bis 1999.
- Knabenseminar Tanzenberg (Diözese Gurk), heute Bundesgymnasium
- Kollegium Borromaeum Salzburg (Erzdiözese Salzburg), heute Erzbischöfliches Privatgymnasium
- Bischöfliches Seminar Graz der Diözese Graz-Seckau, als Teil des Bischöflichen Zentrums für Bildung und Berufung "Augustinum"
- Bischöfliches Studienheim und Gymnasium Paulinum der Diözese Innsbruck, seit 1999 (Schließung des Internates) Gymnasium unter kirchlicher Trägerschaft
Knabenseminare in Italien
- Johanneum (Dorf Tirol), Südtirol: 2001 geschlossen, bis 1997 Knabenseminar.
- Vinzentinum (Brixen), Südtirol: heute humanistisches Gymnasium und Schülerheim.
- Collegio Arcivescovile Celestino Endrici: heute Gymnasium, Schüler- und Studentenheim der Erzdiözese Trient.
Weblinks
- Volker Laube: Bischöfliche Knabenseminare. In: Historisches Lexikon Bayerns
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Historisches Lexikon Bayern: Bischöfliche Knabenseminare
- ↑ Volker Laube: Das Erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein und sein Archiv. Schriften des Archivs des Erzbistums München und Freising 11, Regensburg 2006.
- ↑ Xaver Arbesmeier: Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Bischöflichen Studienseminars. Straubing, Juli 1985, 178 Seiten.
- ↑ Joseph Funk (Hg.): Das Bischöfliche Knabenseminar St. Joseph in Dillingen. Jubiläums-Festschrift, Dillingen, 1912
- ↑ Bischöfliches Studienseminar Weiden in der Oberpfalz 1955-1989: Erinnerungschronik an 34 Jahre Seminar Weiden herausgegeben an alle ehemaligen Schüler anläßlich der Schließung des Seminars am 31. August 1989 vom Direktorat des Bischöflichen Studienseminars Weiden.
- ↑ Christian Vieracker: Das Bischöfliche Studienseminar St. Wolfgang in Regensburg: Schlaglichter zur Geschichte des Knabenseminars Obermünster – Westmünster. Universitätsverlag Regensburg, 1999, ISBN 3-930480-70-0.