Chlortoluron

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Strukturformel
Strukturformel von Chlortoluron
Allgemeines
Name Chlortoluron
Andere Namen
  • 3-(3-Chlor-4-methylphenyl)-1,1-dimethylharnstoff
  • 3-(3-Chlor-p-tolyl)-1,1-dimethylharnstoff
  • CTU
  • Dicuran
Summenformel C10H13ClN2O
Kurzbeschreibung

weißes, kristallines Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 15545-48-9
EG-Nummer 239-592-2
ECHA-InfoCard 100.035.978
PubChem 27375
ChemSpider 25472
Wikidata Q411273
Eigenschaften
Molare Masse 212,68 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,4 g·cm−3[1]

Schmelzpunkt

148,1 °C[2]

Dampfdruck

0,005 mPa (25 °C)[3]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser: 0,074 g·l−1 (20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 351​‐​361d​‐​410
P: 201​‐​273​‐​308+313[2]
Toxikologische Daten

5800 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Chlortoluron ist eine organisch-chemische Verbindung aus der Stoffgruppe der Phenylharnstoffe und wird als selektives Boden- und Blattherbizid bei Getreidekulturen eingesetzt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chlortoluron wurde 1969 von Ciba (heute BASF Schweiz AG) unter dem Handelsnamen Dicuran als selektives Boden- und Blattherbizid zur Bekämpfung von breitblättrigen Unkräutern und Ungräsern in Getreidekulturen eingeführt.[5][6]

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die kommerzielle Synthese von Chlortoluron geht man meist von Toluol (1) aus. Dieses wird zunächst mit Nitriersäure (Mischsäure aus Salpeter- und Schwefelsäure) zu einem Gemisch der Nitrotoluole umgesetzt, von denen das p-Nitrotoluol (2) isoliert wird. Eine anschließende Chlorierung in Gegenwart von Lewis-Säuren wie Eisen(III)-chlorid (FeCl3) liefert nach dem Mechanismus der elektrophilen aromatischen Substitution 2-Chlor-4-nitrotoluol (3). Dieses wird mit Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators zu 2-Chlor-4-aminotoluol (4) reduziert (katalytische Hydrierung). Dieses reagiert nun mit Phosgen unter Abspaltung von Chlorwasserstoff zu Chlormethylphenylisocyanat (5). Die darauf folgende Umsetzung mit Dimethylamin liefert schließlich Chlortoluron (6).[6]

Reaktionsschema für die Herstellung von Chlortoluron
Reaktionsschema für die Herstellung von Chlortoluron

In Deutschland wird es beispielsweise von ADAMA Deutschland GmbH unter dem Handelsnamen Trinity als Gemisch mit den Wirkstoffen Pendimethalin und Diflufenican vermarktet.[7]

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chlortoluron wurde als Pflanzenschutzmittel (Harnstoffherbizid) unter anderem in Winterweizen und Wintergerste verwendet. Der Wirkmechanismus nach Aufnahme über die Wurzeln beruht auf der Hemmung der Photosynthese am Photosystem II.

Vorkommen im Trinkwasser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zeitraum 2001–2002 haben die niederländischen Wasserwerke mehrfach die Entnahme von Rheinwasser zur Trinkwassergewinnung aufgrund zu hoher Konzentrationen der Herbizide Isoproturon und Chlortoluron unterbrochen.

Zulassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vom 1. Juli 2001 bis 2008 war die Anwendung von Chlortoluron in Deutschland verboten. In den Niederlanden endete die Zulassung am 1. Mai 2000; seit dem 1. Mai 2002 gilt dort ein Anwendungsverbot. In Belgien, Frankreich und Luxemburg ist Chlortoluron zugelassen.[8][9]

Aktuell sind in vielen Staaten der EU wie auch in Deutschland und Österreich sowie der Schweiz Chlortoluron-haltige Präparate zugelassen.[10]

Sicherheitshinweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Chlortoluron besteht der Verdacht auf eine krebserzeugende Wirkung.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b International Chemical Safety Card (ICSC) für Chlortoluron bei der International Labour Organization (ILO), abgerufen am 26. Dezember 2017.
  2. a b c d Eintrag zu 3-(3-Chlor-4-methylphenyl)-1,1-dimethylharnstoff in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Februar 2023. (JavaScript erforderlich)
  3. a b Eintrag zu Chlortoluron in der Pesticide Properties DataBase (PPDB) der University of Hertfordshire, abgerufen am 4. Mai 2014.
  4. Eintrag zu Chlorotoluron im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Eintrag zu Chlortoluron. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 29. Mai 2021.
  6. a b Thomas A. Unger: Pesticide Synthesis Handbook. William Andrew, 1996, ISBN 0-8155-1401-8, S. 220 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. TRINITY®. ADAMA Deutschland GmbH, abgerufen am 30. Mai 2021.
  8. IKSR CIPR ICBR ICPR: 135. Synthesebericht zu Isoproturon und Chlortoluron. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Juni 2019; abgerufen am 6. Juni 2019.
  9. Richtlinie 2005/53/EG (PDF) der Kommission vom 16. September 2005 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG.
  10. Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission: Eintrag zu Chlorotoluron in der EU-Pestiziddatenbank; Eintrag in den nationalen Pflanzenschutzmittelverzeichnissen der Schweiz, Österreichs (Eingabe von „Chlortoluron“ im Feld „Wirkstoff“) und Deutschlands, abgerufen am 12. März 2016.