Christoph von Rantzau

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Christoph von Rantzau (* ~1623 auf Gut Schmoel; † 16. Januar 1696 in Köln) entließ als erster holsteinischer Gutsbesitzer 1688 seine Bauern aus der Leibeigenschaft.

Leben

Christoph von Rantzau war der Sohn von Heinrich von Rantzau (1590–1644) und Ida von Pogwisch (1605–1659). Sein Vater war Statthalter des dänischen Königs in Glückstadt[1] und Besitzer der Güter Schmoel und Hohenfelde. Oevelgönne hatte die Mutter in die Ehe eingebracht. Nach dem Tod ihres Ehemannes besaß sie die alleinige Verfügungsgewalt über dessen gesamten Besitz.

Rantzau besuchte zunächst die Ritterakademie Sorö und begab sich 1645 zum Studium nach Leiden. Auf dem Weg dorthin wurde er in Münster Zeuge der Friedensgespräche, die den Dreißigjährigen Krieg beenden sollten, und nahm erste Beziehungen zu Jesuiten auf.[2] Nach kurzer Zeit setzte er seine Studien in Amsterdam fort, wo er sich vor allem den Kirchenvätern widmete. In den Niederlanden beeindruckte ihn die dort praktizierte religiöse Toleranz. 1647 kehrte er nach Hause zurück. 1649 ging er auf die Universität Helmstedt, wo der in der lutherischen Orthodoxie als Synkretist verschriene Ireniker Georg Calixt lehrte.

Konversion zum Katholizismus

Im Herbst desselben Jahres begab Rantzau sich nach Rom, um am Jubeljahr teilzunehmen. Wie seine Cousine Elisabeth von Rantzau wenige Jahre zuvor, konvertierte er unter dem Einfluss Lukas Holstes zum Katholizismus. Calixt versuchte seinen Schüler mit einem Schreiben von diesem Schritt abzuhalten, den Rantzau mit Catholica epistola responsoria ad Georgii Calicti … dehortatoriam à fide catholica rechtfertigte. Als Lohn für die Konversion wurde Rantzau 1652 in Wien von Kaiser Ferdinand III. in den Rang eines Reichsgrafen erhoben und zum Wirklichen Kammerherrn und Hofrat ernannt.

In den folgenden Jahren befand Rantzau sich meist auf Reisen. Da seine kaiserlichen Ämter nicht sehr einträglich waren, ihm als Katholik eine Karriere in Dänemark verwehrt blieb und er zudem finanziell von seiner Mutter abhängig war, bemühte er sich um eine Chorherren-Pfründe in Heidelberg, jedoch vergeblich. Nach dem Tod seiner Mutter prozessierte er jahrelang gegen seine Schwester Lucia Ölgard von Burchersroda geb. Rantzau (1635–1705) um die holsteinischen Güter. Erst nachdem diese ihm 1672 zugesprochen wurden, kehrte er nach Holstein zurück. Dank seines geschickten Wirtschaftens konnte er notleidende Konvertiten sowie die katholische Mission in Schleswig-Holstein und Skandinavien mit zahlreichen mildtätigen Stiftungen unterstützen.

1679 heiratete Rantzau Hedwig Dorothea von Schleswig-Holstein-Norburg (1636–1692), eine Tochter des Herzogs Friedrich von Norburg. Sie hatte seit 1652 im evangelischen Stift Gandersheim gelebt, zuletzt 12 Jahre als dessen Äbtissin, und war 1678 zum Katholizismus konvertiert. Sie lebte jedoch nicht lange mit Rantzau zusammen, sondern begab sich auf eine Reise nach Südeuropa. Von Rom meldete sie 1681 die Geburt des einzigen Sohnes Alexander Leopold Anton († 1747), dessen Patin die ebenfalls in Rom lebende ehemalige schwedische Königin Christina war, die sich nach ihrer Konversion Maria Alexandra nannte. Rantzau war trotz der Versicherungen seines Schwagers Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel anfangs misstrauisch. Obwohl Hedwig Dorothea bei ihrer Rückkehr aus Rom geschworen hatte, das Kind sei ehelich, bestritt er 1695 die Vaterschaft und schloss den Jungen vom Erbe aus.

Hexenprozess in Schmoel

1686 verurteilte Rantzau in einem aufsehenerregenden Prozess achtzehn leibeigene Bauern seines Guts Schmoel, zwölf Frauen und sechs Männer, wegen Hexerei zum Tode.[3] Obwohl die Angeklagten ihre Geständnisse vor dem Pastor widerriefen, ließ Rantzau sie erdrosseln und auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Aufgrund der Angaben des Pastors stellten die Landesherren, Herzog Christian Albrecht und der dänische König Christian V.,[4] eine Untersuchung wegen „informellen Prozedierens“ an, denn als Gutsherr stand Rantzau zwar die Hohe Gerichtsbarkeit über seine Leibeigenen zu, Hinrichtungen ohne Geständnis oder Zeugen waren jedoch nach der Constitutio Criminalis Carolina rechtswidrig. Aus Angst vor den Konsequenzen seines Rechtsbruchs verließ Rantzau Holstein und begab sich nach Köln, um sich von dort aus um die Einstellung des Prozesses zu bemühen. 1688 erteilte er schließlich seinen sämtlichen Untertanen einen Freibrief, der sie aus der Leibeigenschaft befreite, wohl in der Hoffnung, dass seine Milde die Regierung ihrerseits zu einem gnädigen Urteil bewegen möge.[5] Er wurde jedoch zu einer Geldstrafe von 20000 Reichstalern verurteilt. Der Freibrief an die Bauern wurde bereits 1695 widerrufen, als Rantzau seine Güter an Johann Georg von Dernath verkaufte. Zwar zogen die Bauern dagegen mehrmals vor Gericht, erhielten jedoch weder 1741 noch 1768–1777 Recht.[6]

Rantzau kehrte nicht wieder nach Holstein zurück. Da er die Strafe nicht zahlte, strengten der dänische König und der Herzog von Schleswig-Holstein-Gottorf erneut Prozesse gegen ihn an, so dass Rantzau sich schließlich gezwungen sah, seine Güter zu verkaufen. Seinen Besitz vermachte er etlichen Stiftungen für arme Katholiken und religiöse Institute, die er zum Teil noch in seinen letzten Lebenstagen ins Leben gerufen hatte. Nach Christophs Tod kam es dann wegen des beträchtlichen Erbes zu Prozessen, wobei Christophs Schwester Lucie Ölgard von Burkersrode mit von ihr bestochenen Zeugen zu beweisen versuchte, dass Alexander nicht Christophs leiblicher Sohn sei. Dieser Versuch scheiterte aber vollständig. Die falschen Zeugen wurden verhaftet, zu Kerker verurteilt bzw. ausgewiesen und der daran beteiligte Notar Valentini zu einer 5-jährigen Galeerenstrafe verurteilt [7]. Diese gerichtliche Wendung war für Alexander von grundsätzlicher Bedeutung und hatte zugleich auch zur Folge, dass er nicht mehr vom Erbe ausgeschlossen war. Alexander Leopold von Rantzau wird seither in allen seriösen Quellen als leiblicher Sohn von Christoph von Rantzau geführt.

Nachkommen

Nach Christophs Tod im Jahr 1696 wurde sein einziger Sohn Alexander Leopold Anton mit 14 Jahren zur Vollwaise, woraufhin die Jesuiten von Köln mit allen nur erdenklichen Mitteln versuchten, nun vollen Zugriff auf Christophs immenses Vermögen zu erlangen, nachdem dieser sie bereits mit „mehreren Millionen“ bedacht hatte, wie Alexanders Sohn Georg Ludwig Albrecht von Rantzau in Band 2 seiner Memoiren berichtet [8].

Leibniz schreibt in seinem Brief [9] von 1699 an die Kurfürstin Sophie von seinem Gespräch mit Herzog Anton Ulrich über Alexander, der gerade in Wolfenbüttel angekommen ist. Leibniz schließt den Brief mit der Einschätzung, dass die ganze Geschichte um den jungen Grafen voll von Merkwürdigkeiten und Romanhaftem sei. Alexander von Rantzau wurde am Wolfenbüttler Hof aufgenommen, erzogen und brachte es bis zum General.[10] 1702 heiratete er Catharina Sophia von Hoym (1684–1748). Erst 1706 bekam er einen Teil des väterlichen Erbes zugesprochen.

Einer seiner zahlreichen Söhne, Christoph Ferdinand Anton von Rantzau (1711–1802), machte Karriere als holländischer Oberstleutnant [11] und Landdrost von Ceylon und hinterließ zahlreiche Nachkommen [12]. Der Enkel Ludvig Carl von Rantzau sowie der Urenkel Ferdinand Heinrich von Ranzau waren Gouverneure auf Java.[13]

Alexanders Sohn Georg Ludwig Albrecht von Rantzau (1714 – 1786) hat mit obigen Memoiren, insbesondere mit Band. 1, der Nachwelt eine reiche historische Originalquelle für weitergehende Forschungen hinterlassen.

Literatur

  • Wolfgang Prange: Christoph Rantzau auf Schmoel und die Schmoeler Leibeigenschaftsprozesse. Neumünster 1965 (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins 49).
  • Wolfgang Prange: Rantzau, Christoph Graf von. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck 3, 260f.
  • Jürgen Stillig: Jesuiten, Ketzer und Konvertiten, Untersuchungen zum Religions- und Bildungswesen im Hochstift Hildesheim in der Frühen Neuzeit. Hildesheim 1993; S. 273–298.
  • Manfred Jacobsen: Christoph von Rantzau und seine Hexenprozesse. Gut Schmoel in dunkler Zeit. Eigenverl. der Arbeitsgemeinschaft Heimatgeschichte im Amt Panker, Hohenfelde 1996.
  • Georg Ludwig Albrecht von Rantzau: Mémoires du Comte de Rantzow. Pierre Mortier Amsterdam, 1741 und Übersetzung von Bd. 1 ins Deutsche von Renate Ricarda Timmermann: Die Memoiren des Grafen von Rantzau, Profund-Verlag 2015, ISBN 978-3-932651-14-4
  • Louis Bobé: Stamtavle over Slaegten Rantzau. Saertryk af Danmarks Adels Aaarbog J.H. Schultz Bogtrykkeri, Kjobenhavn, 1930, S. 150
  • Ernst Heinrich Kneschke: Deutsche Grafenhäuser der Gegenwart 2. Teil. Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig, 1853, S. 244

Einzelnachweise

  1. Stillig (Lit.), S. 275
  2. Stillig (Lit.), S. 278
  3. Rolf Schulte: Hexenverfolgung in Schleswig–Holstein vom 16.–18.Jahrhundert, Heide 2001, S. 122, S. 133, S. 138f, S. 142.
  4. Gut Schmoel gehörte zu den gemeinschaftlich regierten adligen Gutsbezirken.
  5. Prange: Leibeigenschaftsprozesse (Lit.), S. 81.
  6. Geschichte von Schwartbuck
  7. Prange: Rantzau, Christoph, S. 98
  8. Mémoires du Comte de Rantzow von 1741, Pierre Mortier Amsterdam, Bd. 2, S. 175
  9. Leibniz an Kurfürstin Sophie, 18. (28.) April 1699
  10. Prange: Rantzau, Christoph, S. 260
  11. Kneschke (Lit.),S. 244
  12. Bobé (Lit.),S. 150
  13. Rantzau-Stammbaum siehe Linie 3 (Schmoel) (pdf - abgerufen 13. Januar 2013)