Freiseele

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. August 2016 um 13:30 Uhr durch Neitram (Diskussion | Beiträge) (während dieser in Trance, Ohnmacht oder Schlaf liegt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Freiseele in Gestalt des Ba-Vogels im Ägyptischen Totenbuch

Als Freiseele (freie Seele) bezeichnet die Religionswissenschaft und die Ethnologie (Völkerkunde) die Vorstellung von einer Seele, die auch unabhängig vom biologischen Körper existieren kann. Sie hat je nach Lehre bereits vor der Entstehung des Körpers existiert oder nicht, und überlebt dessen Tod als Totenseele oder Schatten. In der Parapsychologie gibt es das verwandte Konzept der „Exkursionsseele“ (von lateinisch excursio „Streifzug“), die ihren Körper bereits zu Lebzeiten vorübergehend verlassen kann, während dieser in Trance, Ohnmacht oder Schlaf liegt.

Im Gegensatz zur Freiseele ist eine „Körperseele“ oder „Vitalseele“ untrennbar an den Körper gebunden; sie entsteht und stirbt mit ihm und kann ihn grundsätzlich nicht verlassen. Sie regelt die körperlichen Funktionen eines Menschen (oder eines Tieres). Je nach Religion kann eine Person sowohl eine Körperseele als auch eine oder sogar mehrere Freiseelen haben.[1]

Konzepte

Konzepte zur Seele finden sich in vielen Mythologien und Religionen weltweit. Einige gehen davon aus, dass die Seele schon vor dem Körper existiert (Präexistenz einer unsterblichen Seele), andere nehmen an, dass die Seele zugleich mit dem Körper entsteht oder von einer Gottheit geschaffen wird. Mit dem Tod trennt sich die Seele endgültig vom Körper und führt fortan als Totenseele ein eigenständiges Dasein, wobei sie entweder in einem jenseitigen Totenreich weilt oder sich als „Geist“ unter den Menschen aufhält. Durch ihre Unsterblichkeit ermöglicht die Seele das individuelle Fortbestehen der Person.

Vorstellungen eines Lebens nach dem Tod gab es beispielsweise in den mesopotamischen Religionen,[2] im alten Ägypten (Ka und Ba) und im antiken Griechenland (Unterwelt, Hades). Sie sind noch heute bei vielen ethnischen Gruppen und indigenen Völkern verbreitet. Auch die Vorstellung der Wiedergeburt (Reinkarnation) geht von einer Seele aus, die verschiedene Körper nacheinander bewohnen kann („Seelenwanderung“), beispielsweise in den indischen Religionen Hinduismus und Jainismus und im Buddhismus (siehe Wiedergeburt im Buddhismus).

Das Konzept der „Exkursionsseele“ beschreibt die Vorstellung, die Seele könne bereits zu Lebzeiten eines Menschen seinen Körper zeitweilig verlassen, ohne dass dies seinen Tod herbeiführe, beispielsweise im Schlaf oder Traum („Traumseele“), im Zustand einer Ekstase oder Ohnmacht, oder bewusst erlebt als außerkörperliche Erfahrung, etwa bei einer Nahtoderfahrung.[1][3] Zum Teil wird postuliert, dass ein Astralleib die freie Seele unsichtbar und wolkenartig umgibt.

Seele im Christentum

Entweichen der Seele, Holzschnitt aus dem frühen 16. Jahrhundert

Während das Judentum noch kein Konzept einer vom Körper lösbaren, unsterblichen Seele kannte, übernahm das Christentum diese Vorstellung aus hellenistischen Überlieferungen, insbesondere dem Platonismus.[4]

Dass die Seele des Menschen schon vor seinem Körper existiere, wurde im frühen Christentum in der Präexistenzlehre des platonistisch geprägten Kirchenvaters Origenes vertreten, die jedoch im 6. Jahrhundert als Häresie verurteilt wurde. Die Kirche lehrt, Ausführungen über den Kreatianismus des Kirchenvaters Laktanz zugrundelegend, dass die Seele jedes Menschen im Moment seiner Zeugung von Gott geschaffen wird. Die bei der Zeugung geschaffene Seele überdauert jedoch dennoch den Tod des Körpers.

Die Lehre von den letzten Dingen ist Gegenstand der Eschatologie des Christentums. Es sind Tod, Gericht, Himmel und Hölle. Die Lehre der römisch-katholischen Kirche kennt das Fegefeuer, in dem die Seelen, mit Ausnahme derjenigen, die direkt in den Himmel eingehen, eine Läuterung erfahren, bevor sie in den Himmel aufgenommen werden.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Hans-Peter Hasenfratz: Seele I: 2. Seele, Arten und Eigenart seelischer Epiphanien. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 30, Gruyter, Berlin/New York 1999, S. 734 (Seitenansicht in der Google-Buchsuche).
  2. Annette Zgoll: Der oikomorphe Mensch. Wesen im Menschen und das Wesen des Menschen in sumerisch-akkadischer Perspektive. In: Bernd Janowski (Hrsg.): Der ganze Mensch. Zur Anthropologie der Antike und ihrer europäischen Nachgeschichte. Akademie, Berlin 2012, ISBN 978-3-05-005113-0, S. 83–108, hier S. 95 (Seitenansicht in der Google-Buchsuche).
  3. Johann Figl, Hans-Dieter Klein: Der Begriff der Seele in der Religionswissenschaft. Königshausen & Neumann, 2002, ISBN 978-3-8260-2377-4, S. 121 f. (books.google.com).
  4. Markus F. Peschl: Die Rolle der Seele in der Kognitionswissenschaft und der Neurowissenschaft: auf der Suche nach dem Substrat der Seele. Königshausen & Neumann, 2005, ISBN 978-3-8260-2909-7, S. 28 (books.google.com).