Fritz Hellwig

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Kandidatenplakat Fritz Hellwigs zur Bundestagswahl 1953

Fritz Hellwig (* 3. August 1912 in Saarbrücken) ist ein deutscher Politiker der CDU.

Leben und Beruf

Hellwig stammte aus dem später zum Saarland gehörenden Teil der Rheinprovinz. Sein Vater Friedrich Hellwig war Schulrat.

Von 1918 bis 1921 besuchte Hellwig eine Knabenschule und anschließend ab 1921 das städtische Reform-Realgymnasium in Saarbrücken, an dem er zu Ostern 1930 das Abitur „mit Auszeichnung“ bestand. Vom Sommersemester 1930 bis zum Sommersemester 1933 studierte Hellwig Geschichte, Philosophie, Erdkunde, englische Philologie und Volkswirtschaftslehre in Marburg, Wien und Berlin. 1933 legte er eine Dissertation mit dem Thema Der Kampf um die Saar 1860–1870 vor, die das Prädikat summa cum laude erhielt. Mit Bestehen seiner mündlichen Prüfung wurde Hellwig im Dezember 1933 zum Dr. phil promoviert.

Hellwig war seit 1930 Burschenschafter, absolvierte ab 1931 eine Wehrausbildung beim Reichskuratorium für Jugendertüchtigung[1] und begann im April 1933 eine Ausbildung zum Wehrsport-Hilfslehrer und Gruppenführer in der Geländesportschule Truppenübungsplatz Döberitz, von der er zu Examenszwecken beurlaubt wurde. Während seiner Berliner Zeit trat er im April 1933 in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 2.680.654). Ende 1933 tat er in Berlin bis zu seiner Übersiedelung nach Saarbrücken kurze Zeit Dienst als SA-Mann.[2] Im Saargebiet war er als NSDAP-Mitglied auch Mitglied der Deutschen Front und Agitator für die Saar-Abstimmung 1935.

Ende 1933 trat Hellwig als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter in die Geschäftsführung der Industrie- und Handelskammer Saarbrücken ein, für die er neben seiner politischen Tätigkeit bis 1939 im Saar-Wirtschaftsarchiv arbeitete. Daneben war er seit 1937 als Dozent an der Saarbrücker Hochschule für Lehrerbildung tätig. Gleichzeitig übernahm er für die Landesleitung der Deutschen Arbeitsfront Aufgaben als Referent im Kulturbeirat. 1934 leitete er zudem die Saar-Ausstellung in Köln. 1936 erfolgte in Heidelberg die Habilitation mit einer Biographie zum einhundertsten Geburtstag des preußischen Industriellen Carl Ferdinand von Stumm-Halberg, die er unter der Verpflichtung, die ihm die Forderung nach historischer Treue und die soziale Einheit des Volkes als alleiniger Standort auferlegten,[3] erstellte. Bertha Gräfin Sierstorpff, eine Tochter Stumm-Halbergs, schrieb das Geleitwort für Hellwigs umfangreiche Lebensbeschreibung. 1939/40 war Hellwig Geschäftsführer der Organisation der Eisenwirtschaft in Düsseldorf und anschließend bis 1943 der Wirtschaftsgruppe Eisenschaffende Industrie, Bezirksgruppe Südwest, zu der auch die 1940 vom Deutschen Reich okkupierten montanindustriellen Gebiete Frankreichs gehörten. Ende 1942 erfolgte die Ernennung zum Kriegsverwaltungsrat in der Wirtschaftsinspektion Mitte der Ostfront. Der Einberufung zur Wehrmacht im Februar 1943 folgte Ende 1943 die Gefangennahme.

Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft 1947 war Hellwig zunächst als beratender Volkswirt in Düsseldorf und Duisburg tätig, da er im französisch besetzten Saarland als persona non grata galt. Von 1951 bis 1959 war er Geschäftsführender Direktor des Deutschen Industrieinstituts in Köln, dem nachmaligen Institut der deutschen Wirtschaft. Daneben war er Vorsitzender des „Deutschen Saarbundes“. Die in dieser Eigenschaft von ihm erstellten Analysen haben die Saarpolitik von Konrad Adenauer entscheidend geprägt.

Partei

Fritz Hellwig war Mitglied der NSDAP und der SA; über seine Entnazifizierung ist nichts bekannt. 1947 trat Hellwig der CDU bei und wurde schon im selben Jahr Mitglied des Wirtschaftspolitischen Ausschusses für das Rheinland. Später wurde er auch in den Bundesausschuss für Wirtschaftspolitik und den Bundesvorstand der CDU gewählt. Hellwig gehörte zu den Mitautoren der Düsseldorfer Leitsätze der CDU von 1949.

Abgeordneter

Fritz Hellwig gehörte von 1953 bis zum 30. November 1959 dem Deutschen Bundestag an. Er wurde 1953 im Wahlkreis Remscheid – Solingen und 1957 im Wahlkreis Köln II direkt gewählt. Vom 21. September 1956 an war er Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Wirtschaftspolitik. Von 1953 bis 1956 war Hellwig auch stellvertretender Delegierter für den Europarat. Heute ist Fritz Hellwig der älteste noch lebende ehemalige Abgeordnete des Deutschen Bundestags; er wohnt in der Nähe von Bonn.

Außerdem gehörte Hellwig vom 25. Februar bis zum 14. September 1959 auch dem Europaparlament an.

Öffentliche Ämter

Hellwig legte sein Bundestagsmandat nieder, um Mitglied der Hohen Behörde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zu werden. Als diese 1967 mit den Kommissionen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Euratom zusammengelegt wurde, wurde er Vizepräsident der neu entstandenen Kommission der Europäischen Gemeinschaften bis 1970.

Mitgliedschaften, Sammlertätigkeit

Hellwig sammelte über lange Zeit Landkarten, Stiche, Schriften und Bücher über Saar-Lor-Lux und die anschließenden Regionen. Teile seiner Sammlung schenkte er nach und nach dem Landesarchiv Saarbrücken. 2002 erhielt es eine Porträtsammlung mit etwa 320 Stichen und Drucken aus der Zeit von 1550 bis 1816. 2008 vermachte er dem Landesarchiv 846 historische Karten, das diese Schenkung mit der grenzüberschreitenden Wanderausstellung 500 Jahre Saar-Lor-Lux würdigte, deren Katalog mit beinhaltendem Findbuch Fritz Hellwig gewidmet ist.[4] 2010 erhielt das Landesarchiv 1175 Stiche und Drucke von Ortsansichten und historischen Geschehnissen.

Hellwig ist Mitglied der Marburger Burschenschaft Rheinfranken und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Stiftung

Anlässlich seines 100. Geburtstages stiftete Hellwig am 3. August 2012 einen Preis für wissenschaftliche Forschung zu Funktionsweise und Wirkung von Bürokratien in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Der Preis soll ab 2013 alle zwei Jahre vergeben werden und vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln betreut werden.[5]

Schriften (Auswahl)

  • Der Kampf um die Saar 1860 – 1870. Beiträge zur Rheinpolitik Napoléons des Dritten. Berlin 1933.
  • Carl Freiherr von Stumm-Halberg. Westmarck, Heidelberg/Saarbrücken, 1936 [Habilitation Heidelberg].
  • Lothringen-Stahl statt Ruhr-Stahl? Düsseldorf 1947.
  • Die wirtschaftlichen Verflechtungen der Saar. Düsseldorf 1947.
  • Konrad Adenauer. Zum 125. Geburtstag. In: Historisch-Politischen Mitteilungen, Heft 8, 2001, Seiten 1-10.
  • Europäische Integration aus historischer Erfahrung. Ein Zeitzeugengespräch mit Michael Gehler, Bonn 2004 ISSN 1435-3288 ISBN 3-936183-29-5 (PDF; 0,6 MB).

Literatur

  • Alexander Hesse: Die Professoren und Dozenten der preußischen Pädagogischen Akademien (1926–1933) und Hochschulen für Lehrerbildung (1933–1941). Dt. Studien-Verl., Weinheim 1995, 828 S., ISBN 3-892-71588-2.
  • Rudolf Vierhaus und Ludolf Herbst (Hrsg.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002. Band 1, A–M, Saur, München 2002, ISBN 3-598-23781-2, S. 325–326.
  • Leidenschaftlicher Marktwirtschaftler und überzeugter Europäer – Fritz Hellwig zum 100. Geburtstag. Herausgegeben vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln, ISBN 978-3-602-14898-1.
  • Klaus Malettke, Klaus Oldenhage (Hrsg.): Fritz Hellwig. Saarländer, Deutscher, Europäer. Eine Festschrift zum 100. Geburtstag. In: Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert. Bd. 20, Heidelberg 2012.

Weblinks

Commons: Fritz Hellwig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv Berlin: Ehemaliges BDC, RK-Akte zu Fritz Hellwig (* 3. August 1912) (als Mikrofilm gegenwärtig erhältlich als RK I 231 "Heller, Franz bis Hengst, Erich", Bilder 915 bis 950), BArch R 9361 V/21803
  2. Hellwig war möglicherweise auch Mitglied der Schutzstaffel (SS). Sein von ihm am 25. April 1935 bei der Reichsschrifttumskammer ausgefüllter Personalbogen ist an der Stelle (bewusst) uneindeutig markiert.
  3. Fritz Hellwig: Carl Freiherr von Stumm-Halberg, 1936, S. 3
  4. Ludwig Linsmayer (Hg.): 500 Jahre Saar-Lor-Lux. Die Kartensammlung Fritz Hellwig im Saarländischen Landesarchiv. Historische Beiträge des Landesarchivs Saarbrücken. Quellen und Inventare 2. Herausgegeben im Auftrag der Vereinigung zur Förderung des Landesarchivs Saarbrücken. Echolot, Saarbrücken 2010, ISBN 978-3-9811672-4-5
  5. Fritz-Hellwig-Preis zur Wirkung von Bürokratien