Gravis (Typografie)

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`
Diakritische Zeichen
Bezeichnung Zeichen
Akut, einfach ◌́
Akut, doppelt ◌̋
Breve, darüber ◌̆
Breve, darunter ◌̮
Cedille, darunter ◌̧
Cedille, darüber ◌̒
Gravis, einfach ◌̀
Gravis, doppelt ◌̏
Haken ◌̉
Hatschek ◌̌
Horn ◌̛
Komma, darunter ◌̦
Koronis ◌̓
Makron, darüber ◌̄
Makron, darunter ◌̱
Ogonek ◌̨
Punkt, darüber ◌̇
Punkt, darunter ◌̣
Querstrich ◌̶
Ring, darüber ◌̊
Ring, darunter ◌̥
diakritischer
Schrägstrich
◌̷
Spiritus asper ◌̔
Spiritus lenis ◌̓
Tilde, darüber ◌̃
Tilde, darunter ◌̰
Trema, darüber ◌̈
Trema, darunter ◌̤
Zirkumflex ◌̂
Àà Èè Ìì
Òò Ùù `

Ein Gravis (von lateinisch gravis „schwer“, „heftig“; accentus gravis; französisch accent grave; englisch grave [accent]) ist ein diakritisches Zeichen, genauer ein Akzent zur Kennzeichnung einer besonderen Aussprache, Betonung oder Bedeutung eines Buchstabens. Es ist ein in Schreibrichtung schräg abfallender, kurzer Strich über dem Buchstaben (z. B. à, è), das Gegenstück zum Akut. Der Gravis wird in verschiedenen Sprachen verwendet; die genaue Bedeutung unterscheidet sich dabei von Sprache zu Sprache.

Verwendung

Griechisch

Ὰὰ Ὲὲ Ὴὴ Ὶὶ
Ὸὸ Ὺὺ Ὼὼ

Der Gravis trat zuerst im 3. Jahrhundert v. Chr. im Altgriechischen auf, wo er βαρεῖα bareîa („Schwere“) genannt wurde. Im Neugriechischen ist er in der amtlichen Orthographie seit 1976 obsolet.

Französisch

Heute kommt er insbesondere im Französischen vor und wird dort accent grave ([akˈsɑ̃ː ɡʀav]) genannt. Seine Bedeutung ist abhängig vom Vokal, auf dem er eingesetzt wird.

  • à und ù treten nur in wenigen Fällen auf und haben in der Regel keine phonetische, sondern lediglich eine semantische Differenzierung zum Zweck. Wortbeispiele: a („[er/sie/es] hat“) – à („nach“, „je“, „zu“) oder ou („oder“) – („wo“).
  • è (Lautwert: ​[⁠ɛ⁠]​) zeigt ein offenes e an (es entspricht in etwa dem deutschen ä). Es unterscheidet sich phonetisch klar vom é mit Accent aigu (Lautwert ​[⁠e⁠]​, entspricht einem kurz gesprochenen deutschen eh) oder von e, das entweder den Schwa-Laut anzeigt (Lautwert entspricht ungefähr unbetontem deutschen e wie in murmeln) oder gar nicht ausgesprochen wird (vor allem am Wortende). Das è wird genauso wie ê mit Accent circonflexe ausgesprochen.

Der accent grave zeigt jedoch nicht die Betonung an, da im Französischen immer nur das Ende eines Wortes oder Syntagmas betont wird. Unbetontes è ist nicht sehr häufig, kommt jedoch in einigen Wörtern vor (z. B. in évènement).

Andere romanische Sprachen

Auch in anderen romanischen Sprachen tritt der Gravis auf. Im Italienischen zeigt er erstens in manchen Fällen die Betonung des jeweiligen Vokals an, wenn er von der Standardbetonung abweicht, beispielsweise in caffè („Kaffee“; im Gegensatz hierzu im Französischen café mit Accent Aigu), zweitens markiert er die veränderlichen Vokale /e/ und /o/ als offen ([ɛ] und [ɔ]). Zudem kann er auch zum Ausdruck eines Bedeutungsunterschiedes eingesetzt werden, beispielsweise in den Wörtern è („[er/sie/es] ist“) gegenüber e („und“). Im Katalanischen markiert der Gravis eine Silbe, die abweichend von den generellen Betonungsregeln den Ton trägt: à in „català“ („Katalanisch“), „demà“ („morgen“) oder „caràcter“ („Charakter“), è in València oder "francès" ("französisch"). Im Portugiesischen bezeichnet der Gravis die Krasis der Präposition a mit den nachfolgenden Artikeln a und as sowie den Demonstrativpronomina aquele, aqueles, aquela, aquelas und aquilo, also à, às, àquele usw. Phonetisch wird so die offene Aussprache [a] des unbetonten a bezeichnet, das sonst wie [ɐ] lauten würde.

Keltische Sprachen

Im Schottischen Gälisch dient der Gravis der Kennzeichnung der Länge von Vokalen.

Im Walisischen dient er hingegen zur Kennzeichnung der Kürze von Vokalen in Wörtern, in denen sonst eine lange Aussprache erwartet würde, hier kommen auch vokalisch ausgesprochenes Ẁẁ ​[⁠ʊ⁠]​ und Ỳỳ ​[⁠y⁠]​ oder ​[⁠ɪ⁠]​ vor. z. B. mẁg [mʊɡ] „Tasse“ gegenüber mwg [muːɡ] „Rauch“.

Chinesisch

Für die Lautumschrift der chinesischen Sprache (Hanyu Pinyin) wird der Gravis verwendet, um den vierten Ton (fallend) zu verdeutlichen.

IPA

Analog zum Doppelakut «  ̋» gibt es auch einen Doppelgravis « ̏», der u. a. im Internationalen Phonetischen Alphabet verwendet wird.

Informatik

In der Informatik wird das alleinstehende Zeichen fachsprachlich als backtick oder backquote (engl. für „rückwärts geneigtes Hochkomma“ bzw. „einfaches Anführungszeichen“) bezeichnet und paarweise zur Klammerung etwa von Bezeichnern (MySQL) oder eingebetteten Kommandozeilen­befehlen (Unix-Shell, Perl usw.) verwendet.

Darstellung auf dem Computer

Ein vergrößerter Gravis

Zeichensätze

Im Zeichensatz ASCII kommt der alleinstehende Gravis ` vor. In den Zeichensätzen der ISO-8859-Familie kommen ausgewählte Zeichen mit Gravis vor, ISO 8859-1 beispielsweise enthält die Zeichen À, à, È, è, Ì, ì, Ò, ò, Ù und ù.

Unicode enthält weitere fertig zusammengesetzte Zeichen mit Gravis. Außerdem kann auf Unicodebasis jedes beliebige Zeichen mit Gravis durch Nachstellen eines kombinierenden Gravis dargestellt werden. Das einzelne Zeichen hat die Unicode-Bezeichnung GRAVE ACCENT (Nummer U+0060).

TeX und LaTeX

TeX und LaTeX können beliebige Zeichen mit Gravis darstellen. Es gibt dazu zwei verschiedene Befehle.

  • Im Textmodus für den Textsatz erzeugt \`a ein à.
  • Im mathematischen Modus für den Formelsatz erzeugt \grave a die Formel .

Weblinks