Günther K. H. Zupanc

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Günther Zupanc im Jahr 2009

Günther Karl-Heinz Zupanc (* 20. Oktober 1958 in Augsburg) ist ein Neurobiologe, Hochschullehrer, Autor zahlreicher Bücher, Herausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften und Initiator mehrerer Reformen im Bildungsbereich. Er arbeitet als Professor an der Fakultät für Biologie der Northeastern University in Boston, Massachusetts (USA).

Journalistische Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abitur am Gymnasium bei Sankt Stephan in Augsburg und dem Wehrdienst in Murnau arbeitete Günther Zupanc als Wissenschaftsjournalist beim Münchner Merkur sowie als freier Mitarbeiter für zahlreiche deutsche Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften und Buchverlage. Für seinen Artikel “Seine zweite Heimat ist ‘Neritica’ im Roten Meer” erhielt er 1980 den ersten Preis im Wettbewerb Reporter der Wissenschaft.[1][2]

Studium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Günther Zupanc studierte Biologie und Physik an der Universität Regensburg. Er promovierte in Neurowissenschaften an der University of California, San Diego, (1990) und habilitierte sich für das Fach Tierphysiologie an der Universität Tübingen (1995).[3]

Akademische Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Günther Zupanc arbeitete als Forschungsassistent und Wissenschaftler an der Scripps Institution of Oceanography in La Jolla, Kalifornien (1987–1992), als Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen (1992–1997), als Senior Lecturer (dies entspricht einer W2-Professur an staatlichen deutschen Universitäten) an der University of Manchester im Vereinigten Königreich (1997–2002) und als Full Professor (dies entspricht einer W3-Professur an staatlichen deutschen Universitäten) an der International University Bremen (die 2007 in Jacobs University Bremen umbenannt wurde).

Seit 2009 ist Zupanc als Professor an der Northeastern University in Boston, Massachusetts (USA) tätig, wo er von 2009 bis 2012 die Fakultät für Biologie leitete.

Er war außerdem Gastprofessor an der Medizinischen Fakultät der University of Ottawa in Kanada (1994–1997) sowie Gastwissenschaftler an der University of California, San Diego, der University of Chicago, dem Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, dem Salk Institute for Biological Studies und dem Scripps Research Institute (beide in La Jolla, Kalifornien), der Tufts University in Medford, Massachusetts, und der Jacobs University Bremen.

Forschungsarbeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zupanc hat sich einen Namen durch seine Forschungsarbeiten in mehreren Bereichen der Biologie, insbesondere in der Neuroethologie, der Neuroanatomie, der Neuroendokrinologie und der Entwicklungsneurobiologie, gemacht.

Während seiner Doktorarbeit zeigte er, dass saisonal bedingte Änderungen in spezifischen Verhaltensweisen, die während sozialer Interaktionen von Tieren auftreten, mit markanten Veränderungen in der Struktur von Nervenzellen, die dieses Verhalten im Gehirn steuern, einhergehen.[4]

Im Mittelpunkt zahlreicher Forschungsprojekte, die er und seine Arbeitsgruppe durchgeführt haben, steht das Verhalten schwachelektrischer Fische. Diese Untersuchungen haben unter anderem zu der Entdeckung einer vorher unbekannten Verhaltensweise, der Echo-Reaktion, geführt.[5]

Auf dem Gebiet der Neuroendokrinologie gelang es Zupanc und seinen Kooperationspartnern, den ersten Somatostatin-Neuropeptidrezeptor bei einem Nicht-Säuger zu klonieren und pharmakologisch zu charakterisieren.[6]

Seine Arbeitsgruppe entwickelte eine neuartige In-vitro-Methode zur Identifizierung und Charakterisierung neuronaler Verbindungen im Gehirn.[7] Basierend auf diesem Ansatz wurden zahlreiche vorher unbekannte Nervenbahnen im Gehirn von Knochenfischen entdeckt.

Seit den frühen 1990er Jahren hat sich die Arbeitsgruppe von Zupanc durch ihre Pionierleistungen auf dem Gebiet der Erforschung des Phänomens der adulten Neurogenese (der Bildung neuer Nervenzellen im adulten Zentralnervensystem) bei Knochenfischen hervorgetan.[8] Er und seine Mitarbeiter führten die erste Kartierung von Proliferationszonen im adulten Gehirn von Vertebraten durch (1995)[9] und etablierten Zebrafische (2005)[10] und Tilapia-Buntbarsche (2012)[11] als neue Modellsysteme zur Erforschung der adulten Neurogenese. Als Versuch, die biologische Funktion der adulten Neurogenese zu erklären, entwickelte Zupanc das Passungsmodell (Matching Hypothesis).[12][13][14] Das Kernelement dieses Modells ist die Aussage, dass die Neurogenese im adulten Zentralnervensystem durch die fortwährende Neubildung von Muskelzellen und sensorischen Rezeptorzellen in der Peripherie bedingt wird. Um ein konstantes Verhältnis der motorischen und sensorischen Elemente in der Peripherie und der neuronalen Elemente im Zentralnervensystem zu gewährleisten, zieht jede zahlenmäßige Veränderung in der Peripherie eine entsprechende zahlenmäßige Änderung (Degenerierung oder Neubildung von Nervenzellen) im Zentralnervensystem nach sich.

Er und sein Team zeigten, dass die fortwährende Bildung neuer Neurone im adulten Zentralnervensystem bei Knochenfischen eng mit dem hohen Regenerationsvermögen dieser taxonomischen Gruppe verbunden ist.[15][16][17] Diese Fähigkeit umfasst sowohl die Neubildung von Nervengewebe als auch die Wiederherstellung von Verhaltensfunktionen, die aufgrund von Hirntrauma oder Rückenmarksverletzungen verloren gegangen sind. Durch Verwendung eines proteomischen Ansatzes gelang es der Arbeitsgruppe von Zupanc, Veränderungen in der globalen Proteinexpression im großen Maßstab zu analysieren und zahlreiche Proteine, die potentiell an der Regulierung von Regenerationsprozessen im Zentralnervensystem beteiligt sind, zu identifizieren.[18][19]

Die Forschungsarbeiten von Günther Zupanc zeichnen sich durch einen multidisziplinären Ansatz aus — die Methoden und Konzepte, die in seinen wissenschaftlichen Untersuchungen Anwendung finden, entstammen einem breiten Spektrum naturwissenschaftlicher Disziplinen, wie der Molekularbiologie, der Zellbiologie, der Neuroanatomie, der Neurophysiologie, der Computational Neuroscience, der Verhaltensneurobiologie, der Biophysik und der analytischen Chemie.

Herausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Günther Zupanc war von 2007 bis 2011 Herausgeber des Journal of Zoology und ist seit 2008 Herausgeber des Journal of Comparative Physiology-A. Er hat außerdem Sonderhefte der wissenschaftlichen Zeitschriften Brain, Behavior and Evolution, Journal of Comparative Physiology-A und European Journal of Neuroscience herausgegeben. Zupanc war Mitglied des redaktionellen Beirats der Fachzeitschriften Brain, Behavior and Evolution und Journal of Comparative Physiology-A. Zurzeit ist er im Beirat der Zeitschriften Regenerative Medicine und Journal of Neurorestoratology tätig.

Buchautor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Günther Zupanc veröffentlichte 1982 – zu einem Zeitpunkt, als er noch Student war – sein Erstlingswerk Fische und ihr Verhalten.[20] Dieses Buch, das auch in einer englischen Ausgabe (Fish and Their Behavior)[21] erschien, wurde ein Bestseller. 1988 folgte Praktische Verhaltensbiologie,[22] für das Zupanc als Herausgeber verantwortlich zeichnete. Diese Sammlung von Praktikumsanleitungen, geschrieben von renommierten Autoren, entwickelte sich zu einem Standardwerk im Rahmen der Ausbildung von Biologiestudenten an deutschsprachigen Hochschulen. Sein jüngstes Werk Behavioral Neurobiology: An Integrative Approach (2004; 2. Auflage 2010)[23] ist das weltweit am häufigsten benutzte Lehrbuch im Bereich der Verhaltensneurobiologie. In einer Buchbesprechung der Fachzeitschrift Integrative and Comparative Biology wurde es als ein „Meilenstein in der neuroethologischen Literatur“ bezeichnet.[24]

Bildungspolitische Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Günther Zupanc war unter den ersten Professoren, die an die International University Bremen nach deren Gründung im Jahr 2001 berufen wurden. Aufgrund ihrer einzigartigen internationalen Ausrichtung und der Kombination von Elementen europäischer und amerikanischer Hochschulsysteme hat sich diese Universität rasch einen hervorragenden Ruf erworben. Als Full Professor of Neurobiology spielte Zupanc eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Etablierung des Studiengangs Biologie an dieser Institution. Im Jahr 2009 erhielt dieser Studiengang die beste Bewertung aller Biologie-Studienprogramme, die vom Center for Higher Education (CHE) evaluiert worden waren.[25] Zupanc wurde auch für seine Veröffentlichungen zur Didaktik der Biologie,[26] Wissenschaftsgeschichte,[27][28] Internationalisierung im Bildungsbereich[29] und Hochschulpolitik[30][31][32][33] bekannt.

Persönliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Günther K.H. Zupanc ist mit Marianne Zupanc, einer Mikrobiologin und Lehrerin an einer Internationalen Schule, verheiratet. Sie haben zusammen drei Kinder, Frederick, Christina und Daniel.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. „Reporter der Wissenschaft“. In: Die Zeit. Nr. 21/1980 (online).
  2. Günther K. H. Zupanc: I. Preis beim Wettbewerb „Reporter der Wissenschaft“: Seine zweite Heimat heißt „Neritica“. In: Die Zeit. Nr. 21/1980 (online).
  3. http://www.oup.com/uk/orc/bin/9780199208302/01student/author_biography/
  4. Zupanc, G.K.H., Heiligenberg, W.F.: Sexual maturity-dependent changes in neuronal morphology in the prepacemaker nucleus of adult weakly electric knifefish, Eigenmannia. Journal of Neuroscience 9, 3816-3827 (1989)
  5. Zupanc, G.K.H., Sîrbulescu, R.F., Nichols, A., Ilies, I.V.: Electric interactions through chirping behavior in the weakly electric fish, Apteronotus leptorhynchus. Journal of Comparative Physiology A 192, 159-173 (2006)
  6. Zupanc, G.K.H., Siehler, S., Jones, E.M.C., Seuwen, K., Furuta, H., Hoyer, D., Yano, H.: Molecular cloning and pharmacological characterization of a somatostatin receptor subtype in the gymnotiform fish Apteronotus albifrons. General and Comparative Endocrinology 115, 333-345 (1999)
  7. Zupanc, G.K.H.: An in vitro technique for tracing neuronal connections in the teleost brain. Brain Research Protocols 3, 37-51 (1998)
  8. Zupanc, G.K.H., Zupanc, M.M.: Birth and migration of neurons in the central posterior/pre-pacemaker nucleus during adulthood in weakly electric knifefish, Eigenmannia sp. Proceedings of the National Academy of Sciences U.S.A. 89, 9539-9543 (1992)
  9. Zupanc, G.K.H., Horschke, I.: Proliferation zones in the brain of adult gymnotiform fish: a quantitative mapping study. Journal of Comparative Neurology 353, 213-233 (1995)
  10. Zupanc, G.K.H., Hinsch, K., Gage, F.H.: Proliferation, migration, neuronal differentiation, and long-term survival of new cells in the adult brain of zebrafish. Journal of Comparative Neurology 488, 290-319 (2005)
  11. Teles, M.C., Sîrbulescu, R.F., Wellbrock, U.M., Oliveira R.F., Zupanc, G.K.H.: Adult neurogenesis in the brain of the Mozambique Tilapia, Oreochromis mossambicus. Journal of Comparative Physiology-A 198, 427-449 (2012)
  12. Zupanc, G.K.H.: Adult neurogenesis and neuronal regeneration in teleost fish. Brain, Behavior and Evolution 58, 250-275 (2001)
  13. Zupanc, G.K.H.: Neurogenesis and neuronal regeneration in the adult fish brain. Journal of Comparative Physiology A 192, 649-670 (2006)
  14. Zupanc, G.K.H.: Adult neurogenesis and neuronal regeneration in the brain of teleost fish. Journal of Physiology (Paris) 102, 357-373 (2008)
  15. Sîrbulescu, R.F., Zupanc, G.K.H.: Spinal cord repair in regeneration-competent vertebrates: adult teleost fish as a model system. Brain Research Reviews 67, 73-93 (2011)
  16. Zupanc, G.K.H., Sîrbulescu, R.F.: Adult neurogenesis and neuronal regeneration in the central nervous system of teleost fish. European Journal of Neuroscience 34, 917-929 (2011)
  17. Archivlink (Memento des Originals vom 8. April 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.northeastern.edu
  18. Zupanc, M.M., Wellbrock, U.M., Zupanc, G.K.H.: Proteome analysis identifies novel protein candidates involved in regeneration of the cerebellum of teleost fish. Proteomics 6, 677-696 (2006)
  19. Ilieş, I., Zupanc, M.M., Zupanc, G.K.H.: Proteome analysis reveals protein candidates involved in early stages of brain regeneration in teleost fish. Neuroscience 219, 302-313(2012)
  20. Zupanc, G.K.H.: Fische und ihr Verhalten. Die Erforschung der geheimnisvollen Welt unter Wasser. Tetra Verlag, 1982, ISBN 3-923880-11-1, 182 S.
  21. Zupanc, G.K.H.: Fish and Their Behavior. How Fishes Live. 2. Ausgabe, ISBN 3-923880-19-7. Tetra-Press, 1988, 187 S. .
  22. Zupanc, G.K.H. (Hrsg.): Praktische Verhaltensbiologie. Serie: Pareys Studientexte 61, Verlag Paul Parey, 1988, ISBN 3-489-62936-1, 274 S.
  23. Zupanc, G.K.H.: Behavioral Neurobiology: An Integrative Approach. 2. Ausgabe, Oxford University Press, 2010, ISBN 978-0-19-920830-2
  24. Book Review: Behavioral Neurobiology: An Integrative Approach, Second Edition. Günther K. H. Zupanc.@1@2Vorlage:Toter Link/www.oup.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Integrative and Comparative Biology S. 1 doi:10.1093/icb/icq133
  25. jacobs-university.de: CHE-Ranking 2009: Jacobs University achieves top results in Germany’s most prestigious university ranking. (Memento des Originals vom 30. Juli 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.jacobs-university.de Vom 6. Mai 2009
  26. [1]
  27. Zupanc, G.K.H., Bullock, T.H.: Walter Heiligenberg: the jamming avoidance response and beyond. Journal of Comparative Physiology A 192, 561-572 (2006)
  28. Zupanc, G.K.H.: Theodore H. Bullock (1915-2005): Trailblazer in neurobiology. Nature 439, 2006, S. 280
  29. Zupanc, G.K.H., Zupanc, M.M.: Global revolutions in higher education: the international schools’ perspective. The International Schools Journal 29 (1), 50-59 (2009)
  30. Gute Noten allein reichen nicht für ein Stipendium. (PDF; 2,4 MB) Interview in: Beate Bartoldus, Marei John-Ohnesorg (Hrsg.): Bildungsgerechtigkeit in der Begabtenförderung – Ein Widerspruch in sich? S. 174–177
  31. Zupanc, G.K.H.: Undergraduate research and inquiry-based learning: the revitalization of the Humboldtian ideals. Bioscience Education 19-10 (2012)
  32. Zupanc, G.K.H.: Amerika studiert sich in den Ruin: In den USA steigen die Gebühren an vielen Hochschulen exorbitant ˗ darunter leidet das ganze Land. Süddeutsche Zeitung Nr. 23, S. 13, 28. Januar 2013 (2013)
  33. Zupanc, G.K.H.: Bildung übers Internet: Billige Mittelmäßigkeit für viele, teure Exzellenz für wenige? Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte No. 6, 50-53 (2013)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]