Heinz Hopf

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Heinz Hopf (rechts) in Oberwolfach, zusammen mit Hellmuth Kneser

Heinz Hopf, eigentlich Heinrich Hopf (* 19. November 1894 in Gräbschen bei Breslau; † 3. Juni 1971 in Zollikon), war ein deutsch-schweizerischer Mathematiker und ein Pionier der algebraischen Topologie.

Herkunft und Ausbildung

Hopf wurde in Gräbschen in Schlesien als Sohn des jüdischen Brauereibesitzers Wilhelm Hopf und dessen Ehefrau Elisabeth Kirchner geboren. Seine Mutter stammte aus einer evangelischen Familie und der Vater konvertierte zum Protestantismus.[1] Nach dem Besuch des König-Wilhelm-Gymnasiums zu Breslau studierte er ab 1913 an der schlesischen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Breslau Mathematik. In Breslau lehrten damals Adolf Kneser, Max Dehn, Ernst Steinitz, Erhard Schmidt und Rudolf Sturm.

Werdegang

Sein Studium wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen. Er meldete sich 1914 freiwillig und verbrachte den ganzen Krieg als Leutnant an der Westfront. Bei Verdun wurde er schwer verwundet. (Eisernes Kreuz 1918). Während der Erholungszeit 1917 konnte er in Breslau bei Erhard Schmidt Kurse besuchen, und die Beschäftigung mit den von Schmidt gestellten Problemen waren in seiner restlichen Soldatenzeit nach seinen eigenen Worten ein Lichtblick. Nach dem Krieg studierte er in Heidelberg (bei Paul Stäckel und Oskar Perron) und Berlin, bei Issai Schur, Ludwig Bieberbach und Erhard Schmidt. 1925 wurde er bei Erhard Schmidt in Berlin mit einer Arbeit über den Zusammenhang von Krümmung in der Differentialgeometrie und Topologie[2] promoviert. Darin wurden auch die dreidimensionalen einfach zusammenhängenden riemannschen Mannigfaltigkeiten konstanter Krümmung klassifiziert (Clifford-Klein Raumproblem, 3 Fälle hyperbolisch, euklidisch, sphärisch). Unter Schmidt studierte er auch intensiv die frühen topologischen Arbeiten von Brouwer und Henri Poincaré.

Von 1925 bis 1926 lebte er in Göttingen, wo er bei Emmy Noether hörte und den russischen Topologen Alexandroff kennenlernte, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Insbesondere von Emmy Noether lernten beide, die Homologietheorie gruppentheoretisch zu behandeln. In seiner Göttinger Habilitation von 1926 untersuchte er Homotopieklassen von Abbildungen n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten in Sphären, untersuchte damit Abbildungsklassen von Vektorfeldern auf solchen Mannigfaltigkeiten und gab einen Beweis von Solomon Lefschetzs Indextheorem für Vektorfelder auf geschlossenen Mannigfaltigkeiten (Summe der Indizes gibt Euler-Charakteristik, also eine fundamentale topologische Invariante, heute bekannt als Satz von Poincaré-Hopf).[3] 1928 entwickelte er diese Ideen von Lefschetz weiter und gab einen Beweis des Lefschetz-Fixpunktsatzes, in dem erstmals Homologiegruppen auftauchten.[4] Gleichzeitig definierte er für die Zyklen in Schnitt-Mannigfaltigkeiten über die Schnittzahl ein Produkt, dass sich später als frühes Kohomologie-Konzept erwies. 1927–1928 war er mit Alexandroff als Rockefeller-Stipendiat in Princeton, wo sie mit Oswald Veblen, James Alexander und Lefschetz zusammenarbeiteten. Im Oktober 1928 heiratete er Anja von Mickwitz (1891–1967). Hopf hatte ab 1931 eine Professur an der ETH Zürich als Nachfolger des nach Göttingen gewechselten Hermann Weyl, u.a. auf Empfehlung von Schur, dem er selbst später auf dessen Flucht vor den Nationalsozialisten 1936 an der ETH vorübergehend Unterschlupf verschaffen konnte. In Zürich nahm Hopf 1943 auch die Schweizer Staatsbürgerschaft an.[1]

1931 definierte er die Hopf-Zahl als topologische Invariante der Abbildung von Sphären verschiedener Dimension.[5] 1935 veröffentlichte er mit Alexandroff das bekannte Lehrbuch Topologie in der Grundlehren-Reihe des Springer Verlages, das als eines der ersten Lehrbücher dieses Gebietes gilt und großen Einfluss hatte (von den geplanten drei Bänden erschien nur der erste). 1939 behandelte er die Topologie kompakter Liegruppen, wobei er die Hopf-Algebren einführt, die später in der Theorie der Quantengruppen von fundamentaler Bedeutung wurden.[6]

Eine Arbeit von 1941 Fundamentalgruppe und zweite Bettische Gruppe[7] wird als eine der ersten Arbeiten zur homologischen Algebra angesehen, die kurze Zeit später besonders von Samuel Eilenberg und Norman Steenrod entwickelt wurde.

1940 bewies er mit topologischen Hilfsmitteln, dass reelle kommutative, aber nicht unbedingt assoziative, Divisionsalgebren maximal die Dimension 2 über den reellen Zahlen haben, gibt es ein Einselement sind die komplexen Zahlen bis auf Isomorphie die einzige solche Algebra (in diesem Fall folgt dann also Assoziativität aus Kommutativität).[8][9]

Zu seinen Studenten in Zürich zählen Beno Eckmann, Hans Samelson, Eduard Stiefel.

Würdigungen

Nach ihm benannt sind die Hopf-Faserungen, H-Räume, H-Gruppen, Hopf-Invariante, Hopf-Algebren, die Hopf-Verschlingung und der Satz von Hopf-Rinow über die geodätische Vollständigkeit riemannscher Mannigfaltigkeiten.[10]

Hopf war sechsfacher Ehrendoktor (u.a. Sorbonne, Princeton), erhielt den Moskauer Lobatschewski-Preis, war Mitglied der Accademia Nazionale dei Lincei, der National Academy of Sciences der USA und von 1954 bis 1958 Präsident der Internationalen Mathematischen Union. 1950 hielt er einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Cambridge (Massachusetts) (Die n-dimensionalen Sphären und die projektiven Räume in der Topologie). Im Jahr 1958 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt, 1961 in die American Academy of Arts and Sciences. Seit 1949 war er korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Heinz-Hopf-Preis

Die ETH Zürich vergibt alle zwei Jahre den Heinz-Hopf-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen im Gebiet der reinen Mathematik. Die Preisübergabe erfolgt jeweils anlässlich der Heinz-Hopf-Vorlesungen, die vom Preisträger gehalten werden.

Schriften

Viele Aufsätze von Hopf z.B. aus den Mathematischen Annalen, Comm.Math.Helvetici sind hier online:[1] Einige Aufsätze aus den Proc.Nat.Acad. sind hier online:[2]

Literatur

  • Johann Jakob Burckhardt: Hopf, Heinz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 607 (Digitalisat).
  • Hans Samelson: Zum wissenschaftlichen Werk von Heinz Hopf, in: Jahresbericht DMV, Bd. 78, 1976, S. 126
  • Frei, Stammbach: Heinz Hopf, in I. James (Hrsg.): History of topology, Amsterdam 1999
  • Hans Freudenthal: Hopf, in: Dictionary of Scientific Biography

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hopf, Heinz (Biografie, engl., pdf; 74 kB)
  2. Zum Clifford-Kleinschen Raumproblem, Über die Curvatura integra geschlossener Hyperflächen, Mathematische Annalen Bd.95, 1926
  3. Abbildungsklassen n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten, Vektorfelder n-dimensionaler Mannigfaltigkeiten, Mathematische Annalen Bd.96, 1927
  4. A new proof of the Lefschetz Formula for invariant points, Proc.Nat.Acad.Sciences Bd.14, 1928 (Online; PDF; 421 kB), verbessert in Eine Verallgemeinerung der Euler-Poincaréschen Formel, Nachrichten der Göttinger Akademie der Wissenschaften, 1928 (Online)
  5. Über die Abbildung der dreidimensionalen Sphäre auf die Kugeloberfläche, Mathematische Annalen Bd. 104, 1931
  6. Über den Rang geschlossener Liescher Gruppen, Comm.Math.Helv. Bd.13, 1941/2
  7. Comm.Math.Helvetici Bd.14, 1941/2
  8. Hopf, Systeme symmetrischer Bilinearformen und euklidische Modelle der projektiven Räume, Vierteljahreszeitschrift der Naturforschenden Gesellschaft Zürich, Band 85, 1940, Beiblatt Nr. 32, Festschrift Rudolf Fueter, nachgedruckt in Hopf, Selecta, Springer 1964
  9. M. Koecher, R. Remmert, Isomorphiesätze von Frobenius und Hopf, in: H.-D. Ebbinghaus u.a., Zahlen, Springer 1983, S. 156, 162ff
  10. Hopf, Rinow Über den Begriff der vollständigen differentialgeometrischen Fläche, Comm.Math.Helv. Bd.3, 1931, S.209