Joachim Richborn

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. September 2016 um 13:12 Uhr durch Wikiwal (Diskussion | Beiträge) (typo). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Orgel in Buttforde, 1681

Joachim Richborn († 1684) war ein deutscher Orgelbaumeister. Er wirkte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Norddeutschland und in Skandinavien und gilt als einer der bedeutendsten Hamburger Orgelbauer vor und während Arp Schnitger.

Leben

Joachim Richborn stammte aus Hamburg und war möglicherweise ein Schüler des Orgelbauers Friedrich Stellwagen. 1676 war er an der Reparatur der Orgel in der Kirche St. Maria Magdalena zu Hamburg beteiligt und hat auch Arbeiten in Møgeltønder (Dänemark) abgeliefert.

Sein erster großer Orgelneubau war in der Hauptkirche Sankt Michaelis (Hamburg). An der Marienkirche (Lübeck) führte er 1673 für Dieterich Buxtehude und an der Hauptkirche Sankt Katharinen (Hamburg) 1674 für Johann Adam Reincken einen großen Umbau durch. 1671–1673 erfolgte Richborns umfassender Erweiterungsumbau in der Jakobikirche (Lübeck) auf 51 Register und drei Manuale.

Von ihm sind die Orgelbauten im Bereich der deutschen Nord- und Ostseeküste von Ostfriesland über Nordfriesland bis nach Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Skandinavien bekannt. Im Wesentlichen haben nur zwei Instrumente die Jahrhunderte überstanden. Die bedeutende Orgel in Buttforde (1681) ist nahezu vollständig erhalten.

Eine kleine Richborn-Orgel von 1684[1] in der Schlosskapelle zu Bützow ließ 1794 die Fürstin Juliane zu Schaumburg-Lippe für eine Spende von 150 Reichstaler in die Dorfkirche zu Ruchow umsetzten. Dort wurde sie 1796 durch den Orgelbaumeister Heinrich Schmidt aus dem Kloster Dobbertin aufgestellt,[2] wo sie in umgebauter Form bis 2012 erhalten blieb. Sie ist die älteste Orgel in Mecklenburg-Vorpommern.[3] 2012 durch den Orgelsachverständigen und Leiter des Mecklenburgischen Orgelmuseums Friedrich Drese in Malchow als Richborn-Positiv wieder entdeckt, wurde sie durch den Orgelbauer Jemlich restauriert und am 4. Juni 2016 geweiht.[4]

Im Jahre 1684 begann Richborn mit dem Bau der Orgel für die Nikolaikirche zu Elmshorn, verstarb aber während der Arbeiten. Diese Orgel wurde wahrscheinlich von Arp Schnitger fertiggestellt. Nach Richborns Tod begann die kurze, aber erfolgreiche Zeit von Schnitger in Ostfriesland. Sein Sohn Otto Diedrich Richborn wurde ebenfalls Orgelbauer und führte die Schnitger-Tradition fort.

Werke

In der fünften Spalte der Tabelle bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal und die arabische Zahl in der sechsten Spalte die Anzahl der klingenden Register.

Jahr Ort Gebäude Bild Manuale Register Bemerkungen
1663 Steinbek Steinbeker Kirche Wiederherstellung der beschädigten Orgel
1664 Pakens Kirche Zum Heiligen Kreuz I/p 8 Neubau; Gehäuse und Pfeifen in einigen Registern erhalten; 1951–1960 von Alfred Führer erweitert (II/P/15)
1667 Håbo (Schweden) Kloster Skokloster, Klosterkirche II 10 Zweimanualiges Positiv möglicherweise von Richborn[5]
1667–1668 Altenbruch St.-Nicolai-Kirche II/P 25 Reparatur (heute III/P/35)
1668 Groden St. Abundus Reparatur
um 1670 Hamburg St. Michaelis II/P 20 Neubau; nicht erhalten
1671 Hamburg Waisenhaus Umbau des Positivs
1671 Uetersen Umbau; nicht erhalten
1671–1673 Lübeck Jakobikirche (große Orgel)
III/P 51 Erweiterungs-Umbau und Reparatur; einige Register erhalten → Große Orgel der Jakobikirche (Lübeck)
1673 Lübeck Jakobikirche (Lettnerorgel)
I 8 Neubau einer Kleinorgel; das Pfeifenwerk wurde 2003 von Mads Kjersgaard rekonstruiert; das Gehäuse ist erhalten → Richborn-Positiv der Jakobikirche (Lübeck)
1674 Grevesmühlen St. Nikolai I/P 12 Neubau
1684 [6] Schloss Bützow Schlosskirche I 5 1796 durch Heinrich Schmidt in die Dorfkirche Ruchow umgesetzt, erweitert (I/p/7) und mit hölzernem Umbau versehen, 2012 wieder entdeckt, durch Orgelbau Jehmlich in Dresden restauriert, am 4. Juni 2016 Orgelweihe
1676–1677 Hamburg St. Maria Magdalena Reparatur
1677 Berdum Pfarrkirche Maria-Magdalena I 6 Neubau; 1789 nach Grimersum verkauft und dort später ersetzt
1679 Møgeltønder Møgeltønder Kirke
I 9 Neubau Zuschreibung; 1906 von Marcussen & Søn umdisponiert und 1957 von Rudolf von Beckerath um ein Rückpositiv erweitert
1679 Norrköping 18 Neubau
1681 Buttforde St.-Marienkirche
I/p 9 Neubau; fast vollständig erhalten → Orgel von St. Marien (Buttforde)
1664–1682 Hamburg St. Katharinen
IV/P 58 verschiedene Reparaturen und einige neue Register, darunter ein Prinzipal 32′ für das Pedal; einige Register erhalten → Orgel
1682 Barmstedt Heiligen-Geist-Kirche II 9 Neubau; 1718 im Zuge des Kirchenneubaus verkauft
1681–1683 Tönning St. Laurentius II/P 30 Neubau; 1739 ersetzt, Gehäuse erhalten
1683 Hamburg-Moorfleet St. Nikolai
II/P Neubau; Prospekt erhalten
1684 Elmshorn Nikolaikirche II/P 23 Vollendung durch Arp Schnitger; Gehäuse und Prospekt erhalten

Literatur

  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Gustav Fock: Hamburgs Anteil am Orgelbau im niederdeutschen Kulturgebiet. In: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Nr. 38, 1939, S. 289–373 (online – Richborn auf S. 361–364).
  • Walter Kaufmann: Die Orgeln Ostfrieslands – Orgeltopographie. Verlag Ostfriesische Landschaft, Aurich 1968.
  • Mads Kjersgaard, Dietrich Wölfel: Zwei Positive des Orgelbauers Jochim Richborn von 1667 und 1673. Schmidt-Römhild, Lübeck 2005, ISBN 3-7950-1267-8.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2. Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4.

Einzelnachweise

  1. Baujahr nach Balgeninschrift 1684.
  2. LHAS 3.2-3/1 Landeskloster/Klosteramt Dobbertin. Nr. 3185 Nachlass des Orgelbaumeisters Schmidt 1787/98 aus Dobbertin.
  3. Gabriele Struck: Wertvolle Richborn-Orgel aus 17. Jahrhundert entdeckt. In: Hamburger Abendblatt vom 4. November 2013, abgerufen am 16. Februar 2015.
  4. Rüdiger Rump:Ruchow durch Orgeln international. SVZ Schwerin, Anzeiger für Sternberg, Brüel, Warin. 6. Juni 2016.
  5. Richbornorgeln i Skokloster kyrka (schwedisch), gesehen 24. Oktober 2010.
  6. Baujahr nach Balgeninschrift 1684.