Jochen Schmidt (Autor)

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Jochen Schmidt (2014)

Jochen Schmidt (* 9. November 1970 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jochen Schmidt wuchs in einem christlich geprägten Elternhaus in Ost-Berlin auf.[1] Beide Eltern sind Sprachwissenschaftler.[2] Bis zum Abschluss der 8. Klasse besuchte Jochen Schmidt eine POS in Berlin-Buch, um 1985 auf die EOS „Heinrich Hertz“ zu wechseln, eine Schule für mathematisch begabte Schüler. Dort legte er 1989 das Abitur ab.[1] Danach studierte Schmidt erst Informatik, dann Germanistik und Romanistik an der Berliner Humboldt-Universität.[2] Während seiner Studienzeit hielt er sich in Brest, Valencia, Rom, New York und Moskau auf, daneben arbeitete er als Französisch-Übersetzer.[3]

1999 war er Mitbegründer der Berliner Lesebühne Chaussee der Enthusiasten,[4] zu der auch die Autoren Dan Richter, Andreas Kampa, Stephan Serin, Kirsten Fuchs, Volker Strübing und Robert Naumann gehörten. In dieser Lesebühne trug Schmidt seitdem regelmäßig Texte vor, die als Kurzprosa teils auch veröffentlicht wurden. Daneben verfasst er Kolumnen für verschiedene Zeitungen, schreibt Reiseführer und Blogtexte und ist als Übersetzer tätig.[2]

Von Juli 2006 bis Januar 2007 las Schmidt jeden Tag 20 der 3900 Seiten von Prousts Suche nach der verlorenen Zeit und veröffentlichte dazu unter dem Titel Schmidt liest Proust jeweils einen Blogbeitrag.[5] Die gesammelten Beiträge – halb Lektürebericht, halb Tagebuch – erschienen 2008 bei Voland & Quist, und wurden im Feuilleton der überregionalen Zeitungen durchgehend positiv besprochen.[6] Der Proust-Experte Michael Maar nannte Schmidts Werk in der Süddeutschen „das originellste Proust-Buch seit Alain de Bottons How Proust can change your life“ (1997).[7] Beginnend 2011 erschienen in der FAZ zwei Serien kurzer Texte von Schmidt, jeweils illustriert von Line Hoven. Die erste Serie mit dem Titel Dudenbrooks[8] erschien nach Abschluss bei Jacoby & Stuart. Die zweite Serie trug den Titel Schmythologie,[9] und befasste sich mit Wörtern, die ihren Ursprung in der griechischen Sprache haben. Auch diese Serie erschien als Buch, diesmal bei C. H. Beck.

Schmidts literarisches Schaffen ist durch eine „Ambivalenz von pointierter Komik und existenzieller Traurigkeit“ geprägt (Killy Literaturlexikon[2]). Gerade weil Schmidts oft autobiographisch inspirierte Texte in der Endzeit der DDR (Schneckenmühle) bzw. der Nachwendezeit (Müller haut uns raus) historisch genau zu verorten sind, falle die Distanz zu politischen Themen auf. Es überwiegen melancholische Erinnerungen an den Alltag. Auch abseits seiner eigenen Erfahrungen konzentriert sich Schmidt auf Charaktere, die scheinbar „aus der Zeit gefallen“[2] sind, die Geschehnisse werden trotz ihrer Skurrilität mit einem Ton vorgetragen, der Sprachwitz und Ironie einerseits mit Melancholie und „stoischem Erzähltempo“ andererseits vereint.[2]

Schmidt lebt in Berlin und ist aktives Mitglied der deutschen „Autorennationalmannschaft“.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Autograph von Jochen Schmidt

Übersetzungen

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Susanne Ledanff: Hauptstadtphantasien. Berliner Stadtlektüren in der Gegenwartsliteratur 1989-2008, Bielefeld 2009.
  • Michael Weise: Schmidt, Jochen. In: Killy Literaturlexikon, Bd. 10. 2., vollständig überarbeitete Aufl., Berlin / Boston 2011, S. 454.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Jochen Schmidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Jochen Schmidt: Als interessierter Schüler in der DDR. In: Geschichten, die die Schule schrieb, taz vom 11. Dezember 2004.
  2. a b c d e f Michael Weise: Schmidt, Jochen. In: Killy Literaturlexikon, Bd. 10. 2., vollständig überarbeitete Aufl., Berlin / Boston 2011, S. 454.
  3. Verlagsangaben zu Jochen Schmidt als Klappentext auf Perlentaucher.de
  4. Falko Hennig: Geschichte der Lesebühnen auf der Website von Falko Hennig, abgerufen am 7. Mai 2008.
  5. Die Beiträge zu den ersten 447 Seiten des Proust-Werks sind auf dem Blog vertr.antville.org veröffentlicht.
  6. Rezensionsnotizen zu Schmidt liest Proust bei Perlentaucher.
  7. Michael Maar: Rezension von Schmidt liest Proust. In: Süddeutsche Zeitung, 22. April 2009.
  8. a b Andreas Platthaus: Lesen Sie „Dudenbrooks“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. Juli 2011.
  9. a b Andreas Platthaus: Schmythologie. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Januar 2012.
  10. Gerrit Bartels: Entspanntes Vorspiel. In: Der Tagesspiegel vom 1. Juni 2007