Juli Zeh

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Juli Zeh, 2004

Juli Zeh (* 30. Juni 1974 in Bonn) ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie lebt seit 1995 in Leipzig.

Leben

Zeh besuchte das Pädagogium Otto-Kühne-Schule in Bonn und machte dort Abitur. Anschließend studierte sie Rechtswissenschaften in Passau, Krakau, New York City und Leipzig. Studienschwerpunkt war das Völkerrecht, insbesondere das Nation Building. 1998 bestand die Autorin das Erste Juristische Staatsexamen; es folgte ein juristischer Aufbaustudiengang "Recht der Europäischen Integration", der mit dem Magister der Rechte abschloss. Im Jahr 2003, nach dem Rechtsreferendariat, absolvierte Zeh das Zweite Juristische Staatsexamen; derzeit arbeitet sie an ihrer Promotion zu einer völkerrechtlichen Frage.[1]

Das Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig (DLL) hatte Zeh 1996, noch vor Abschluss des Jurastudiums, begonnen und im Jahr 2000 mit dem Diplom abgeschlossen. Ihren literarischen Ruf setzt Juli Zeh mittlerweile auch politisch ein. Im Bundestagswahlkampf 2005 gehörte sie zu den Autorinnen und Autoren, die den Aufruf von Günter Grass zur Unterstützung der Rot-Grünen Koalition unterschrieben haben. Außerdem leiht sie als „Tierschutzbotschafterin” der Vier Pfoten Stiftung ihre Stimme.

Zeh ist die Tochter eines der - damals - ranghöchsten deutschen Beamten, des ehemaligen Direktors beim Deutschen Bundestag, Professor Dr. Wolfgang Zeh.

Werk

Nach eigenen Angaben schreibt Zeh seit ihrem siebten Lebensjahr; bisher (2005) hat sie zwei Romane veröffentlicht. Der Debütroman Adler und Engel, in 28 Sprachen übersetzt, spielt im Milieu international tätiger Juristen und der Drogenmafia. Der Biographie der Autorin entsprechend hat der Roman einen juristischen Gehalt: Er thematisiert das Völkerrecht und damit eine „sehr spezielle Rechtsform, die eigentlich den Charakter oder den Namen Recht nur zur Hälfte verdient,“ weil es in „jeder Sekunde immer noch im Entstehen begriffen“ sei, sich „ständig mit [seinem] eigenen Untergang konfrontiert“ sehe und „mit [seiner] eigenen Wirkungslosigkeit.“[2]

Der Schauplatz von Spieltrieb ist ein Gymnasium in Zehs Heimatstadt Bonn. Die Protagonisten sind Schüler und Lehrer der Schule, an deren Verhalten und Einstellungen exemplarisch die rechtsphilosophische Frage nach der objektiven Existenz von Recht und Unrecht thematisiert wird. Mit einem Auszug aus dem Roman nahm Juli Zeh 2004 am Ingeborg-Bachmann-Preis teil. Ihr Text stieß auf geteiltes Echo bei der Jury. Der Roman erreichte allerdings ein breites Publikum und erhielt überwiegend positive Rezensionen in den deutschen Feuilletons. Bernhard Studlar erarbeitete aus diesem Roman ein gleichnamiges Bühnenstück, welches am 16. März 2006 im Deutschen Schauspielhaus Hamburg uraufgeführt wurde und seit Anfang 2007 auch am Jungen Theater Bremen läuft.

Das Reisetagebuch Die Stille ist ein Geräusch ist Produkt einer Reise nach Bosnien-Herzegowina im Sommer 2001. Es geht um die tiefe Verstörung der Menschen angesichts der Nichtbeachtung des Landes durch die Völkergemeinschaft, das Nicht-Gesehenwerden durch Europa. Ein Hund läuft durch die Republik ist eine gemeinsam mit David Finck und Oskar Ters herausgegebene Anthologie mit Erzählungen junger Bosnier in deutscher Sprache über die Situation in ihrem Land. Das Kleine Konversationslexikon für Haushunde mit Photographien von David Finck erschien 2005. Darin erklärt Othello, der Haushund einer Schriftstellerin, die Welt, wie sie wirklich ist - aus dem Blickwinkel eines Hundes. Alles auf dem Rasen, erschienen im März 2006, ist ein Sammelband von 30 Essays.

Die Themen Zehs drehen sich um den Antagonismus von Chaos und Ordnung; sie fragt, ob und wie sich Sinn und Moral neu aufbauen lassen, wenn tradierte Werte bedeutungslos wurden. Wiederkehrende Motive sind die Fragen des Verlorengehens des Zusammenhalts und der tragenden Normen und die Lebenswelt in einer Gesellschaft der Individualisierung und Globalisierung, in der keine gemeinsame Verantwortung für die Zukunft einer Weltgemeinschaft mehr erkennbar wird.

Literarisches Schreiben sei, so Zeh, im Zeitpunkt des Entstehens der Texte ausschließlich Kommunikation mit sich selbst.[3] Literaturtheoretisch sieht sich die Autorin, im Einklang mit der „Mode“, nicht als Anhängerin „intentionale[n] Schreiben[s] mit Hinblick auf eine bestimmte Botschaft“, sondern gibt auf die „berühmte Frage“, die man im Deutschunterricht immer noch stelle – „Was will uns der Autor damit sagen?“ – die Antwort „Gar nichts!“[4] Zugleich geht die Autorin indes davon aus, dass man Geschichten nicht schreibe, weil „irgend etwas gut funktioniert“, sondern immer nur über das, was „nicht klappt.“[5]

Auszeichnungen

Werke

Bücher

  • Adler und Engel, Frankfurt/Main (Schöffling) 2001 (auch btb/Goldmann 2003), 444 S. ISBN 3442729262
  • Die Stille ist ein Geräusch, Frankfurt/Main (Schöffling) 2002 (auch btb/Goldmann), 263 S. ISBN 3442731046
  • Recht auf Beitritt? Ansprüche von Kandidatenstaaten gegen die Europäische Union, 2002
  • Spieltrieb, Frankfurt/Main (Schöffling) 2004, 470 S. ISBN 3895610569
  • Ein Hund läuft durch die Republik, Frankfurt/Main (Schöffling) 2004, 139 S. ISBN 3895610577
  • Kleines Konversationslexikon für Haushunde (Schöffling) 2005, 208 S. ISBN 3-89561-058-5
  • Alles auf dem Rasen (Schöffling) 2006, 300 S. ISBN 3-89561-059-3

Kurzgeschichten

  • Do ut des, in: Bettina Hesse (Hrsg.): Von Sinnen. Ein erotisches Lesebuch, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2001, S. 84–91 ISBN 3-499-23037-2
  • Feindliches Grün, in: Else Buschheuer (Hrsg.): Hochzeitstanz, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2003, S. 127–144 ISBN 3-499-23368-1

Zeitungsartikel

Interviews

  • Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204, ISBN 978-3-8305-1339-1
  • phon: Erzählen ohne Gummihandschuhe, BELLA triste Nr. 9, Hildesheim 2004.

Zitate

  • "Ein kurzes Plädoyer für Hans-Ulrich Treichel, der ganz nett schreibt und Germanist ist." |Juli Zeh|Über Recht und Literatur[6]}}
  • "Und wenn man sich dann diese aktuellen Fälle wie den Kollegen Schlink anguckt, der irgendwie Professor ist an der Humboldt-Universität und zusätzlich Romanautor und, ich glaube, auch noch Verfassungsrichter in Nordrhein-Westfalen ... dann sieht man bei ihm eben: Er gibt kein Interview, er schreibt nie einen Essay, er geht zu keiner Lesung, er lebt völlig abgeschottet, er hat völlig verzichtet auf alles, was Kontakt mit anderen Menschen ..." |Juli Zeh|Über Recht und Literatur[7]}}
  • "Wie wollen wir denn nun sein: stark, schön und erfolgreich - oder edel, hilfreich und gut?" - Juli Zeh: Alles auf dem Rasen, ISBN 978-3-89561-059-2, S.27, Z.2-3
  • "Die Begründung für die Alternativlosigkeit der Demokratie kam nie über die Bemerkung hinaus, dass Demokratie die schlechteste unter aller Staatsformen sei - abgesehen von sämtlichen anderen. Trotz nachlassenden Intresses der Bürger an der Politik wagte niemand den Gedanken, dass die Demokratie sich überlebt habe, dass die Ploitikverdrossenheit kein vorübergehendes Phänomen, sondern ein Zeichen dafür sei, dass der Wille aufhörte, vom Volke auszugehen." "Alles auf dem Rasen:kein Roman", Schöffling, Frankfurt am Main 2006, ISBN 9783895610592, S.167, Z.18-26

Nachweise

  1. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (195), ISBN 978-3-8305-1339-1
  2. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (189), ISBN 978-3-8305-1339-1
  3. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (194), ISBN 978-3-8305-1339-1
  4. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (190, siehe auch 194), ISBN 978-3-8305-1339-1
  5. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (191), ISBN 978-3-8305-1339-1
  6. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (201), ISBN 978-3-8305-1339-1
  7. Über Recht und Literatur. Ein Gespräch mit Juli Zeh und Martin Mosebach, geführt von Britta Lange und Hermann Weber, abgedruckt in: Hermann Weber (Hrsg.): Literatur, Recht und Musik. Tagung im Nordkolleg Rendsburg vom 16. bis 18. September 2005, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, S. 183-204 (195), ISBN 978-3-8305-1339-1

Weblinks