Kurd Laßwitz

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Kurd Laßwitz
Auf zwei Planeten (Originalausgabe, Emil Felber, Weimar 1897)

Kurd Laßwitz (* 20. April 1848 in Breslau; † 17. Oktober 1910 in Gotha; eigentlich Carl Theodor Victor Kurd Laßwitz) war ein deutscher Schriftsteller. Er publizierte zudem unter dem Pseudonym L. Velatus und gilt als Begründer der deutschsprachigen Science Fiction. Sein Roman Auf zwei Planeten aus dem Jahr 1897 gehört zu den wichtigen deutschen Science-Fiction-Romanen und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Leben

Kurd Laßwitz – Sohn des Unternehmers und Politikers Karl Wilhelm Laßwitz – studierte Mathematik und Physik an den Universitäten in Breslau und Berlin. 1873 folgte die Promotion „magna cum laude“ mit einer Arbeit »über Tropfen, welche an festen Körpern hängen und der Schwerkraft unterworfen sind«. Im Folgejahr legte er das Staatsexamen für den höheren Schuldienst in den Fächern Mathematik, Physik, Philosophie und Geographie ab.

1876 siedelte er nach Gotha über. Dort trat er eine Stelle als Gymnasiallehrer am Ernestinum in Gotha an, wo unter anderem Hans Dominik sein Schüler war. 1884 erfolgte die laufbahnübliche Ernennung zum Gymnasialprofessor und 1909 zum Hofrat. Letzteres verdankt er besonders seinem Wirken in der bildungsbürgerlichen „Mittwochsgesellschaft zu Gotha“, die mit populären Vorträgen aus dem Bereich von Naturwissenschaft, Literatur und Philosophie zur Volksbildung beitrug. Die Mittwochsgesellschaft war 1884 gegründet worden, was wesentlich auf der Initiative von Laßwitz selbst basierte. Im Jahr 1884 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.

Er korrespondierte mit zahlreichen Geistesgrößen seiner Zeit, mit Ludwig Anzengruber und Martin Buber. Bertha von Suttner versuchte ohne Erfolg, Kurd Laßwitz für ihre Friedensbewegung zu gewinnen, da sie nach Lektüre seiner Werke in ihm einen Geistesverwandten sah.

Kurd Laßwitz starb im Alter von 62 Jahren in Gotha, wo er im Krematorium Gotha eingeäschert wurde. Seine Urne ist auf dem Hauptfriedhof in einem von der Stadt gepflegten Ehrengrab beigesetzt.

Rezeption

Laßwitz gilt als einer der Väter der modernen Science Fiction. Er schrieb Bücher über Physik, Erkenntnistheorie sowie Immanuel Kant und bearbeitete eine kritische Ausgabe von Gustav Theodor Fechner, dem Begründer der Psychophysik. Anders als Jules Verne und stärker als Herbert George Wells verwendete Kurd Laßwitz die SF vor allem für belehrende und kritisierende Zwecke. Seine Zukunftsentwürfe sind mutiger als die Werke seiner beiden Kollegen und Zeitgenossen, weil sie weiter in die Zukunft reichen. Daher stößt er nach eigener Aussage immer wieder an die Grenzen „des mit heutigen Begriffen Erklärbaren“. Sein Roman Auf zwei Planeten (1897) mit seinen über tausend Seiten gehört zu den wichtigsten deutschen Science-Fiction-Romanen. Er wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und mehrmals neu aufgelegt. Auf zwei Planeten war eine wichtige Inspiration für den Raumfahrtpionier Eugen Sänger und für den Himmelsmechaniker Karl Stumpff Anlass, sich in seiner Jugend der Astronomie zuzuwenden. Das Werk hatte Anfang des 20. Jahrhunderts, trotz zunächst beschränkter Verbreitung, einigen (noch ungenügend erforschten) Einfluss auf andere Autoren – etwa die des Expressionismus. Sichergestellt ist ein Einfluss auf Georg Heym; Arno Schmidt schätzte den Roman. Eine größere Verbreitung fanden Laßwitz’ Werke erst in den 1920er Jahren.

Seine gesellschaftskritischen Texte gerieten größtenteils in Vergessenheit, nachdem sie von den Nationalsozialisten verboten worden waren, deren Anschauungen mit Laßwitz’ humanistischen und pazifistischen unverträglich waren.

Namensgebend

  • Als Laßwitzweg wurde am 4. Dezember 1930 eine Straße[1] in Berlin-Johannisthal benannt. Die Benennung erfolgte in einem Gebiet mit nach Schriftstellern benannten Straßen. Während der Zeit des Nationalsozialismus galt er wegen „radikalliberaler und demokratischer Tendenzen“ als „unerwünscht“.[2] Der Laßwitzweg wurde am 23. Mai 1938 in die am 16. Mai 1938 benannte Draesekestraße überführt.
  • Im Westteil des Gothaer Schlossparks wurde ein Weg nach ihm benannt.[3]
  • Am 15. Mai 1977 entdeckte Hans-Emil Schuster an der Europäischen Südsternwarte einen Asteroiden des inneren Hauptgürtels. Die Benennung erfolgte am 7. April 2005 als (46514) Lasswitz.[4]
  • Kurd-Laßwitz-Preis: Er wird seit 1980 nach dem Vorbild des amerikanischen Nebula Award für deutschsprachige Science Fiction verliehen.[5]
  • Kurd-Laßwitz-Stipendium der Residenzstadt Gotha[6]: Das Im Jahr 2007 gestiftete und mit 3000 Euro dotierte Stipendium wurde erstmals 2008 vergeben. Bewerben können sich einmal jährlich deutschsprachige Schriftsteller, die mindestens ein Werk der Kinder- und Jugendliteratur veröffentlicht haben. Die Bewerber müssen bereit sein, während der sechsmonatigen Förderungsdauer und bei einem Aufenthalt in der möblierten Kurd-Laßwitz-Wohnung ein neues Manuskript zu verfassen, das als Stipendiumsausgabe erscheinen wird.

Nachlass

Laßwitz' Nachlass befindet sich in der Forschungsbibliothek Gotha. Er ist durch ein gedrucktes Verzeichnis erschlossen, welches online[7] zur Verfügung steht.

Bibliografie

  • 1871: Bis zum Nullpunkt des Seins.
    • Neuausgabe: Bis zum Nullpunkt des Seins und andere Erzählungen. Allitera, München 2001, ISBN 3-935284-82-9.
  • 1874: Bilder aus der Zukunft. Zwei Erzählungen aus dem 24. und 39. Jahrhundert.
    • Werkausgabe: Bilder aus der Zukunft. Dieter von Reeken, Lüneburg (2008)
  • 1878: Atomistik und Kriticismus. Ein Beitrag zur erkenntnistheoretischen Grundlegung der Physik. Vieweg & Sohn, Braunschweig
  • 1878: Natur und Mensch.
    • Werkausgabe: Natur und Mensch und andere Vorträge und Aufsätze. Bd. II/8. Dieter von Reeken, Lüneburg 2009, ISBN 978-3-940679-27-7.
  • 1883: Die Lehre Kants von der Idealitaet des Raumes und der Zeit im Zusammenhange mit seiner Kritik des Erkennens allgemeinverständlich dargestellt. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin
    • Werkausgabe: Die Lehre Kants von der Idealität des Raumes und der Zeit. Bd. II/2. Dieter von Reeken, Lüneburg (2008), ISBN 978-3-940679-34-5.
  • 1890: Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton. Band 1: Die Erneuerung der Korpuskulartheorie. Band 2: Höhepunkt und Verfall der Korpuskulartheorie des siebzehnten Jahrhunderts. Voss, Hamburg u. Leipzig
    • Reprint: Geschichte der Atomistik vom Mittelalter bis Newton. Olms, Hildesheim, ISBN 3-487-00490-9.
  • 1894: Seifenblasen. Moderne Märchen. Felber, Weimar
    • Werkausgabe: Seifenblasen. Moderne Märchen. Bd. I/3. Dieter von Reeken, Lüneburg (2008), ISBN 978-3-940679-24-6.
  • 1896: Gustav Theodor Fechner. Frommanns, Stuttgart
  • 1897: Auf zwei Planeten. Roman. Felber, Weimar
    • Neuausgabe: Auf zwei Planeten. Geleitwort von Wernher von Braun. Scheffler, Frankfurt 1969
  • 1900: Wirklichkeiten. Beiträge zum Weltverständnis. Felber, Berlin
  • 1902: Nie und immer. Neue Märchen: Traumkristalle. Homchen − ein Tiermärchen aus der oberen Kreide. Illustration von Heinrich Vogeler. Diederichs, Leipzig
  • (1905): Aspira. Roman einer Wolke. Elischer, Leipzig
  • (1909): Sternentau. Die Pflanze vom Neptunsmond.
    • Werkausgabe: Sternentau. Die Pflanze vom Neptunsmond. Bd. I/8. Dieter von Reeken, Lüneburg (2008), ISBN 978-3-940679-15-4.
  • 1981: Traumkristalle. Sammlung aller phantastischen Kurzgeschichten. Moewig Verlag, München (1981), ISBN 3-8118-3535-1.

Eine auf zwanzig Bände angelegte Werkausgabe erscheint als Kollektion Laßwitz seit 2008 im Verlag Dieter von Reeken, Lüneburg.

Literatur

  • Walter Dimter: Laßwitz, Kurd. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 681 f. (Digitalisat).
  • Bartholomäus Figatowski: Zwischen utopischer Idee und Wirklichkeit. Kurd Laßwitz und Stanislaw Lem als Vertreter einer mitteleuropäischen Science fiction. Förderkreis Phantastik in Wetzlar, Wetzlar 2004
  • William B. Fischer: The empire strikes out. Kurd Lasswitz, Hans Dominik, and the development of German science fiction. Bowling Green, Ohio: Bowling Green State Univ. Popular Press 1984, ISBN 0-87972-257-6.
  • Hans Lindau: Kurd Laßwitz und seine modernen Märchen. Breslau: Schottlaender 1903
  • Franz Rottensteiner: Laßwitz wiedergelesen. In: Pandora. Science Fiction und Fantasy. Bd. 4, herausgegeben von Hannes Riffel und Jakob Schmidt, Shayol Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-926126-82-5, S. 202–209.
  • Rudi Schweikert: Kurd Laßwitz. Eine illustrierte Bibliografie seiner Werke. Dieter von Reeken, Lüneburg (2010), ISBN 978-3-940679-39-0.
  • Rudi Schweikert: "Ko Bate!". Kurd Laßwitz’ Roman Auf zwei Planeten im Werk Arno Schmidts; nebst einigen Anmerkungen zur Schmidtschen Zitierkunst und zu seinem Realitätsverständnis. München: Edition Text + Kritik 1977
  • Rudi Schweikert: Germanistisches Elend. Wider die Pseudo-Wissenschaftlichkeit. Mit den "Opfern" Arno Schmidt, Kurd Lasswitz und Karl May. Frankfurt am Main: Bangert u. Metzler 1985, ISBN 3-924147-17-5.
  • Heike Szukaj: Empfundenes und Erkanntes. Kurd Lasswitz als Wissenschaftspopularisator 1848–1910. Münster: Univ. Diss. 1996
  • Dietmar Wenzel: Kurd Lasswitz – Lehrer, Philosoph, Zukunftsträumer. Die ethische Kraft des Technischen. Meitingen: Corian-Verlag Wimmer 1987 (= Edition futurum; Bd. 10)
  • Francoise Willmann: Kurd Lasswitz’ Popularisierungswerk. Wissenschaft im Märchen. In: Christine Maillard, Michael Titzmann (Hrsg.): Literatur und Wissen(schaften) 1890–1935. Stuttgart, Weimar: Metzler 2002, S. 97–109.

Hörfunk

  • Thomas Gaevert: Schiefe Gedanken von Martiern, Menschen und Ameisen - Die phantastischen Welten des Kurd Laßwitz; Produktion: Südwestrundfunk 2006; Länge: 30 Minuten; Erstsendung: 23. März 2006 SWR2

Weblinks

Wikisource: Kurd Laßwitz – Quellen und Volltexte
Commons: Kurd Laßwitz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Werke online

Einzelnachweise

  1. Laßwitzweg auf Luise-Berlin.de
  2. zur Person Laßwitz
  3. Lasswitz (1848-1910)
  4. Asteroid Lasswitz
  5. Kurd-Laßwitz-Preis
  6. gotha.de: kurd-lasswitz-stipendium.html
  7. online auf db-thueringen.de