Landgericht Hamburg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Mai 2016 um 13:55 Uhr durch Qaswed (Diskussion | Beiträge) (→‎Pressekammer: +Kritik). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strafjustizgebäude des Amts- und Landgerichts Hamburg

Das Landgericht Hamburg ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit und das einzige Landgericht im Bezirk des in Hamburg ansässigen Hanseatischen Oberlandesgerichts. Aktuelle Präsidentin ist Sibylle Umlauf.

Gerichtssitz und -bezirk

Sitz des Gerichts ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Der 755 km² große Gerichtsbezirk erstreckt sich auf das gesamte Gebiet des Stadtstaates mit 1.794.453 Einwohnern.

Das Landgericht Hamburg ist außerdem zuständig in Rechtsstreitigkeiten über technische Schutzrechte für das Gebiet der Freien Hansestadt Bremen sowie der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.[1]

Gebäude

Das Gericht ist am Sievekingplatz 1 (Ziviljustizgebäude) und am Sievekingplatz 3 (Strafjustizgebäude) untergebracht. Das Ziviljustizgebäude, sein Anbau, das gegenüber liegende Strafjustizgebäude mit der angeschlossenen Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis und dem Oberlandesgericht bilden als Justizforum Hamburg ein denkmalgeschütztes Ensemble.[2]

Über- und nachgeordnete Gerichte

Dem Landgericht Hamburg ist das Hanseatische Oberlandesgericht übergeordnet. Nachgeordnet sind die Amtsgerichte Altona, Barmbek, Bergedorf, Blankenese, Harburg, Hamburg, St. Georg und Wandsbek.

Bekannte Verfahren

Zwischen 1963 und 1965 fanden vor dem Schwurgericht des LG Hamburg die Mariotti-Prozesse statt, bei denen die Angeklagte zunächst verurteilt und später freigesprochen wurde.

Im deutschsprachigen Internet erlangte das Landgericht Hamburg vor allem um die Jahrtausendwende einige Bekanntheit, da viele Betreiber von Webseiten sich mit einem Disclaimer pauschal vom Inhalt der von ihnen verlinkten externen Webseiten distanzierten und als Grund dafür ein Urteil des Landgerichtes Hamburg zitierten, das angeblich dieses Vorgehen als wirksame Distanzierung von rechtswidrigen verlinkten Inhalten anerkannt hatte. Das Gericht hatte aber nie dazu geraten, sondern im Gegenteil festgestellt, dass es bei der Verlinkung einer fremden Seite von der eigenen Website aus nicht ausreicht, zur wirksamen Distanzierung auf die Eigenverantwortung des Autors der verlinkten Seite hinzuweisen.[3]

Pressekammer

Am Landgericht Hamburg existiert eine ganze Reihe von Zivilkammern mit Spezialzuständigkeiten. Die für urheberrechtliche und (zusammen mit der Zivilkammer 25) für presserechtliche Streitsachen zuständige Zivilkammer 24 des Landgerichts Hamburg unter ihrem Vorsitzenden Andreas Buske[4] war von 2000 bis 2011 bundesweit durch eine Rechtsprechung bekannt, die in einem auch unter Experten umstrittenen Maß den Vorrang des Persönlichkeitsrechts vor den Belangen der Presse- und Meinungsfreiheit betonte und bei Internet-Veröffentlichungen sehr strenge urheberrechtliche Anforderungen stellte.[5] Aufgrund des Prinzips des fliegenden Gerichtsstands wurden deshalb am Landgericht Hamburg oft[6] auch Fälle verhandelt, bei denen weder Kläger noch Beklagte einen Bezug zu Hamburg hatten.[7][8][9]

Kritik

Im Mai 2016 kritisierte Udo Vetter das "Hamburger Monopol",[10] als "merkwürdige Konzentration der Deutungshoheit im Äußerungsrecht".[10] Als Grund, warum "die allermeisten Kläger"[10] den fliegenden Gerichtsstand dort wählen sieht er darin, dass "[d]as Landgericht Hamburg [...] als die sicherste Bank [gilt], wenn es darum geht, im Äußerungsrecht für die Kläger zu entscheiden. Also im Ergebnis gegen die Meinungsfreiheit."[10] Von der Böhmermann-Affäre, in deren Verlauf Recep Tayyip Erdoğan eine einstweilige Verfügung am Landgericht Hamburg beantragte, erhoffte er sich "genug Schub, um mal energisch diesen seltsamen fliegenden Gerichtsstand zu hinterfragen. Die Deutungshoheit der Hamburger Justiz über das, was in Deutschland gesagt werden darf und was nicht, gehört jedenfalls auf den Prüfstand."[10]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. § 1 des Abkommen über die Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg für Rechtsstreitigkeiten über technische Schutzrechte, GVOBl. M-V 1993, S. 919.
  2. Denkmalliste der Freien und Hansestadt Hamburg (PDF; 9,3 MB), unter den Identitätsnummern 12620–12622.
  3. Urteil des Landgerichts Hamburg, Aktenzeichen 312 O 85/98
  4. Geschäftsverteilungsplan des LG Hamburg für 2010 (PDF; 1,3 MB), S.52
  5. LG Hamburg: Googles Bildersuche ist urheberrechtswidrig. heise online, 14. Oktober 2008.
  6. Der fliegende Gerichtsstand. Jan-Philipp Hein, Kölner Stadtanzeiger, 23. Oktober 2007
  7. Gnadenlose Richter gefährden Web 2.0 in Deutschland. Konrad Lischka, Spiegel Online, 21. Juni 2007
  8. Das Ende des Interviews? Adrian Schimpf, Spiegel Online, 8. Mai 2008
  9. Journalistenfrust - Gerichtsurteile behindern Berichterstattung (Memento vom 11. Februar 2010 im Internet Archive). Gita Datta, Josy Wübben, Manuskript zur NDR-Fernsehsendung Zapp, 27. Mai 2009
  10. a b c d e Udo Vetter: Das Hamburger Monopol. law blog, 18. Mai 2016, abgerufen am 18. Mai 2016.

Koordinaten: 53° 33′ 20,3″ N, 9° 58′ 34,9″ O