Malvasier

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 6. Juli 2016 um 15:06 Uhr durch Eriom (Diskussion | Beiträge) (→‎Einleitung: WP-Verlinkung ergänzt/korrigiert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fast lesereife Malvasier-Trauben
Malvasia delle Lipari von der Insel Salina
Malvasia-Flaschen aus Istrien

Malvasia, Malvasier oder Malvoisie sind in südlichen Ländern sehr verbreitete Rebsortenfamilie verschiedener Weiß- und Rotweinsorten, vor allem aus Italien, Spanien, Portugal und Kroatien. Viele dieser Sorten sind antiken griechischen Ursprungs.

Die Bezeichnungen Malvasia und Malvasier bezeichnen teilweise dieselben, teilweise völlig verschiedene Rebsorten.

Malvoisie ist ein Name für verschiedene rote und weiße Rebsorten, der vor allem in Frankreich in der Region der Loire und Savoyen verwendet wird. Malvoisie ist unter anderem ein Synonym für Bourboulenc, Clairette Blanche, Macabeo, Pinot Gris und Torbato. In manchen Gegenden Korsikas wird der Vermentinu als Malvoisie de Corse bezeichnet. Im Wallis (Schweiz) steht Malvoisie für Pinot Gris.

In Deutschland und Österreich wird der Malvasier als Synonym für die Weißweinsorte Frühroter Veltliner verwendet. Es gibt aber keine verwandtschaftliche Beziehung zu der Sortengruppe.

Herkunft

Der Name der Sortengruppe leitet sich vom Namen der griechischen Stadt Monemvasia auf der Halbinsel Peloponnes ab, die im Mittelalter ein bedeutender Handelsplatz und eine Festung des Byzantinischen Reiches war.

Ursprünglich kommt der Malvasia-Wein wohl aus Kleinasien und wurde in der Antike von der Insel Kreta aus in die Welt gebracht, wo auch der weiße Malvasia di Candia heute noch süß ausgebaut wird. Auch trocken wird er vor allem vom Weingut Douloufakis ausgebaut. Die Insel Kreta und andere Teile Griechenlands stellen somit die ursprünglichsten und ältesten Sorten (siehe Malagousia). Griechenland ist weitestgehend als Ursprungsland einiger Malvasia-Sorten anerkannt.

Auf Mallorca hat die rote Sorte Malvasia eine besondere Bedeutung. In der Zeit der Mauren bis in das 19. Jahrhundert vorwiegend in Banyalbufar angebaut, lieferte diese Traube einen süßen, aromatischen Dessertwein, der sich reger Nachfrage auch aus europäischen Königshöfen erfreute und so den Beinamen „Wein der Könige“ erhielt. Schon Shakespeares Falstaff würdigte diesen Wein und Thomas Mann lässt in den Buddenbrooks eine „Bouteille“ Malvasier aus dem Keller holen. Auch Erzherzog Ludwig Salvator (auf Mallorca S’Arxiduc genannt) lobte den Wein wegen seines Wohlgeschmacks und seiner gesundheitsfördernden Wirkung.

Auf der Kanareninsel Lanzarote werden Malvasia-Trauben in einer besonderen Anbauform kultiviert: Hier werden große Trichter (ca. 5 m) in etwa 2 m tiefe Vulkanasche ausgehoben und mit jeweils nur einer Rebe besetzt. Durch die starke Sonneneinstrahlung entstehen Trauben mit extrem hohen Zuckeranteil. Der entstehende Wein ist ein Likörwein, der trotz vollen Durchgärens (~ 16 % Alkohol) noch immer eine starke Restsüße hat.

Malvasier findet sich in einigen bekannten Weinen dieser Welt wieder. Schon die Römer bauten diese Sorte an und süßten den daraus gekelterten Wein mit Honig. Auch Martin Luther fand Malvasierweine ansprechend.

Auf den Liparischen Inseln (vor Sizilien) wird aus der Rebsorte Malvasia di Lipari der gleichnamige Likörwein Malvasia delle Lipari produziert, der mild-lieblich und höherprozentig ist und eine goldgelbe Farbe hat. Auch eine Sorte des berühmten gespriteten Likörweines Madeira von der gleichnamigen Insel wird aus einer Malvasia-Rebsorte hergestellt, wo sie Malmsey heißt.

Zusammen mit der Rebsorte Trebbiano wird die Malvasia-Rebe in der Toskana, neben zwei Rotweintrauben, im Chianti eingesetzt. Die Winzer haben schon seit mehreren Jahren auf den Zusatz von Weißweinreben im Chianti verzichtet (seit 2006 ist die Verwendung gänzlich untersagt) und um für den Überschuss an Malvasia- und Trebbiano-Reben Verwendung zu finden, wurde ein neuer Wein erfunden – der IGT-Weißwein Galestro.

Aus getrockneten Trauben der Sorten Negroamaro und Malvasia nera (Malvasia Nera di Basilicata, Malvasia Nera di Brindisi und Malvasia Nera di Lecce) wird außerdem eine sirupähnliche Würzspezialität Vincotto gewonnen.

Malvasierriede auf Terra rossa, südliches Istrien

Sowohl die Griechen als auch die Römer schätzten den süßen und schweren Geschmack des Malvasia-Weines sehr. Auch seine Wertschätzung bis in das frühe 20. Jahrhundert beruhte genau auf diesem Charakter. Da diese Geschmacksrichtung aber heute aus der Mode ist und der Wein außerdem zur Oxidation neigt, ist er auf breiter Front von niedrigem Niveau aus auf dem Rückzug. Er verliert zunehmend sein letztes Starkgebiet Italien (50.000 ha) weil er aufgrund seines nicht zeitgemäßen Charakters selbst als Bestandteil von Mischweinen (z.B. Frascati) verdrängt wird. Ersetzt wird er meist durch den Trebbiano. Eine ähnliche Entwicklung spielt sich in Spanien ab, wo er die traditionelle Rebsorte für den langsam im Holzfass reifenden Rioja war. Dort wird er durch den frischer schmeckenden Viura verdrängt.
Sein letztes stabiles Rückzugsgebiet ist der Vino Santo, wo der schwere süße Charakter prägend ist. Aber auch auf La Palma, z.B. in Fuencaliente und Villa de Mazo, wird Malvasia angebaut. Eingeführt um 1500, wurde er seit Mitte des 16. Jahrhunderts von hier nach England und an viele europäische Fürstenhöfe exportiert.

In Italien gibt es eine Fülle von Rebsorten, die der Familie der Malvasia zugeordnet sind: wichtige Vertreter sind die Sorten Malvasia Bianca Lunga, Malvasia Bianca di Basilicata, Malvasia Bianca di Candia, Malvasia Istriana, Malvasia del Lazio, Malvasia di Candia Aromatica, Malvasia di Lipari und Malvasia di Sardegna.

Varianten von Malvasia und Synonyme sind: Malvasier, Malvoisie, Malvazija, Malvaziya beziehungsweise Malagousia. Dass die Traube früher auch in Deutschland verbreitet war, zeigt das Studentenlied „Das war der Zwerg Perkeo“ (Worte: Joseph Victor von Scheffel 1851, Melodie: Stefan Gruwe, 1862): „Perkeo stieg zum Keller; er kam nicht mehr herfür und sog bei fünfzehn Jahre am rhein'schen Malvasier.“

Literatur